Test

Mit stählerner Faust

5. Juli 2021 -
Steel Action HS, montiert mit Leica Magnus 1,8–12×50i - © Oliver Deck
© Oliver Deck

Mit Jean-Claude Van Damme sollte man sich im bekannten Actionfilm aus den Neunzigern nicht anlegen. Die neue Steel Action, ebenfalls komplett aus Stahl, sollte man hingegen auf jeden Fall anlegen!

Ein neuer Geradezugrepetierer von Steel Action hat vor nicht allzu langer Zeit Aufsehen ­erregt, weil die Büchse nahezu vollkommen aus Stahl gefertigt ist. Daher haben wir diese Büchse, eine Steel Action HS, mit dem Schall­dämpfer Hausken XTRM MK II bestückt, ­umfassend getestet und manches in der rauen Jagdpraxis erfahren dürfen. Als Zielhilfe wurde das neue Leica ­Magnus 1,8–12×50i mit Fixmontage ­angebracht; dieses Premiumzielfernrohr verspricht einen flexiblen jagd­lichen Einsatzbereich. Als Munition haben wir die neue bleifreie Laborierung von FOX Bullets ebenfalls auf deren Präzision geprüft und uns die Wirkungsweise dieses neuen Geschosses vor Augen ­geführt. Wie sich die Büchse, das ­Zielfernrohr, der Schalldämpfer und die Munition dann aber tatsächlich im Revier für den Jäger bewähren, zeigt dieser Praxis­test.

Geradezugrepetierer

Der Geradezugrepetierer von Steel ­Action in der Modellausführung HS („Hunting Short“) steht – kurz gesagt – für einen kompakten Jagdrepetierer. Die äußerst massive Bauweise offeriert einen ersten positiven Eindruck. In die massive Verschlusshülse aus Stahl ist der 51 cm-Lauf im Kaliber .308 Win. mit einem Mündungsdurchmesser von 19 mm (Semi-Weight-Lauf) und einem M 15×1-Mündungsgewinde eingeschraubt. Der Verschluss verriegelt durch drei massive Verschlusswarzen. In einer durch den Repetiervorgang gesteuerten Drehbewegung des Verschlusskopfes wird der Verschluss ver- bzw. entriegelt. Dieses System ist nicht neu, über ein ähnliches Verschluss­system verfügt zum Beispiel das AUG von Steyr oder der Maral von Browning. Wenn man etwas länger zurückblickt, war bereits beim Mann­licher 1895 ein ähnliches Geradezugverschlusssystem zu finden. Erst, wenn beim Steel Action der ­Verschluss vollständig verriegelt ist, hat der Schlagbolzen freien Schlagweg auf das Zündhütchen, weshalb man hier von einer sicheren Konstruktion sprechen kann. Der Verschluss gleitet wie ein Uhrwerk – engste Fertigungstoleranzen erlauben einen genauen und zudem leisen Verschlussgang. Die Steel Action ist mit einem Handspannsystem ausgestattet, das heißt, die Büchse muss vor dem Schuss gespannt und anschließend wieder entspannt werden. Somit führt man im Revier stets eine ungespannte Büchse – aus unserer Sicht das beste Büchsensicherheitssystem.
Da das Spannen des Systems keine schiefe oder schräge Ebene zu überwinden hat und nur durch einen ­geraden Druck auf den Spannschieber vollzogen wird, lässt sich die Büchse mit wenig Kraft spannen; darüber ­hinaus sind das Spannen und Ent­spannen absolut geräuschlos möglich! Es ist allerdings nicht einfach, den ­Verschluss aus dem Verschlussgehäuse auszubauen: Der offene Verschluss muss zunächst mit Druck auf eine Klinke entspannt werden, ­danach ­werden der Abzug und ein Verschluss­halter gedrückt, um den Verschluss herausnehmen zu können. Das Zusammenbauen erfolgt in um­gekehrter Reihenfolge. Dies erfordert Übung, ins­besondere für jene, die mit Waffentechnik nichts am Hut haben. Auf der Oberseite der Verschlusshülse ist eine Picatinny-Schiene an­ge­fräst, womit der Einsatz vieler am Markt befindlicher Weaver- und Picatinnymontagen möglich ist, die teilweise sehr kostengünstig sind.
Das zweireihige Magazin fasst fünf Patronen. Somit ist man bei der Riegeljagd mit sechs Patronen (eine im Lauf) gut ausgerüstet. Unsere Testbüchse wurde im Kaliber .308 Win. geliefert, und für dieses Kaliber wäre auch ein 10-Schuss-Magazin erhältlich. Die ­gesamte Büchse ist aus Stahl gefertigt, die Oberfläche ist nitrocarburiert ­(vergütete Oberfläche), lediglich der Zubringer des Magazins besteht aus Kunststoff. Die Büchse spricht damit Kunden an, die in erster Linie auf Stahl vertrauen. Der Direktabzug stand zwar nicht ganz trocken, war aber mit einem Abzugsgewicht von 760 g bestens für eine jagdliche Schussabgabe justiert. Daher fühlt sich der Abzugswiderstand durch das relativ breite Abzugszüngel deutlich geringer an, als die Abzugswaage anzeigt. Der Abzugswiderstand lässt sich aber noch verändern – laut Herstellerangabe zwischen 500 g und 2.500 g –, was aber im Zuge des Tests nicht überprüft wurde. Der Holzschaft mit ansehnlichem Schaftholz gilt nicht als der schlankste, was wohl einem Niedrighalten der Herstellungskosten geschuldet ist. Betrachtet man die Schaftgeometrie, so passt der Schaft gut; die Büchse liegt gut im Anschlag. Eine verstellbare Schaftbacke ermöglicht noch dazu eine perfekte Justierung auf die optimale Anschlagshöhe im Bereich des Schaftrückens bzw. auf die Montagehöhe des Zielfernrohrs. Leider gibt es keine Möglichkeit, die Höhe der Schaft­backeneinstellung wiederzufinden, nachdem der Verschluss ausgebaut worden ist. Denn um den Verschluss aus­zubauen, muss auch die Schaft­backe ganz nach unten gestellt werden, damit der Verschluss aus dem System genommen werden kann. Eine Fischhaut am Pistolengriff und am Vorderschaft erhöht die Griffigkeit bei der Handhabung der Büchse, die Haptik des Schaftes kann also als gut be­zeichnet werden.

Leica Magnus 1,8–12×50i

Das Testzielfernrohr Leica Magnus 1,8–12×50i ist in seinen Abmessungen für ein Zielfernrohr (ZF) mit 50er-­Objektiv auf den ersten Blick kompakt gebaut. Dieses Zielfernrohr mit 6,7-fach-Zoom kann als Universaloptik be­zeichnet werden, wobei als Haupt­einsatzgebiete wohl die Ansitz-, aber auch die Birschjagd zu nennen sind. Die formschöne Schiene nimmt die etwas wuchtig wirkende Fixmontage auf, liefert in seiner Gesamtheit eine relativ niedrige Montagehöhe und ­verleiht der Büchse damit eine gute Anschlagsdynamik. Das Abkommen (Fadenkreuz durchgehend mit be­leuchtetem Punkt) ist in der zweiten Bildebene verbaut, wodurch es beim Zoomwechsel nicht mitvergrößert wird. Der Vorteil liegt damit in der Möglichkeit, auf größere Distanzen am Wild ganz genau abkommen und das Fadenkreuz bei kleiner Vergrößerung, etwa bei der Birsch, rasch am Wildkörper platzieren zu können. Das Absehen ist beleuchtet, und an der Oberseite des Objektivs kann mit einem Drehschalter zwischen Tages- und Dämmerungs­beleuchtung gewählt werden. Mit etwas Gefühl gelingt dies beinahe lautlos, und selbst mit Handschuhen ist dieser Drehschalter einfach und sicher handhabbar. Mittels eines Drucktasters an der Oberseite des Drehschalters kann die Intensität des Leuchtpunkts verändert werden. In der Praxis ließ sich die Abkommenbeleuchtung selbst bei strahlendem Sonnenlicht gut erkennen, und in der Dämmerung konnte sie bis auf ein Minimum abgedimmt werden. Eine intelligente Abschaltautomatik, die die Beleuchtung bei Lageveränderung von mehr als 75° (Abstellen oder Ab­legen der Büchse) deaktiviert, spart Strom, welcher übrigens aus einer CR 2032-­Batterie bereitgestellt wird. Ein Batteriewechsel ist im Falle des Falles recht einfach: Ohne Werkzeug lässt sich der Drehschalter an der Oberseite abschrauben und die Batterie ganz ­einfach entnehmen.

Steel Action HS

Technische Daten

Steel Action HS

Abzugcharakteristik Direktabzug (Abzugswiderstand 760 g, justierbar von 500–2.500 g)
Kaliber .308 Win.
Laufmündungsdurchmesser 19 mm
Magazinkapazität 5+1
Mündungsgewinde M15×1
Preis € 3.025,–
Schaft Nussbaumholz mit Maserung mittlerer Qualität
System Geradezugrepetierbüchse aus Vollstahl, Oberfläche nitrocarburiert

Dieses jagdliche Gespann wurde mit dem Schalldämpfer (SD) Hausken Jakt XTRM MK II bestückt. Das mit Drahtgeflecht befüllte Innenleben garantiert bei kurzer Bauweise eine sehr gute Schalldruckreduktion. Nur um 11 cm verlängert sich die Gesamtlänge der Büchse durch diesen Overbarrel­schalldämpfer, der sich um etwas mehr als 7 cm über den Lauf stülpt.
Die Schussleistung wurde mit einer bleifreien Laborierung (FOX-­Geschoss, 130 gr.) geprüft. Nach WEIDWERK-Standard konnte auf 100 m mit kaltem Lauf eine Fünfer-Schussgruppe mit ­äußerst beeindruckenden 22 mm Durchmesser erreicht werden. Mit warmem Lauf waren es dann „nur“ noch 32 mm, obwohl der SD schon derart Hitze abstrahlte, dass es schon sehr schwierig war, noch genau am Haltepunkt ab­zukommen. Damit lieferte die Büchse eine exzellente Schussleistung, die jagdlich beste Voraussetzungen für einen sicheren Treffer am Wild garantiert.
Kommen wir zur Führigkeit, die sich aus mehreren Komponenten zusammen­setzt. Was die Gesamtlänge betrifft, ließ sich die Büchse mit 113,6 cm inkl. SD noch gut handhaben und ­führen. Das Gewicht drückte dann aber doch auf den Faktor Führigkeit. Mit 4,9 kg inkl. Büchse, ZF und SD lag die Büchse beim Birschen ganz schön in der Schulter, dafür offerierte sie bei der Schussabgabe eine perfekte Performance. Noch etwas: Mit diesem Geradezug­verschlusssystem gelangen uns extrem kurze Nachlade­geschwindig­keiten. Beim Schießen auf bewegte Ziele war es ­einfach ein Genuss, die Büchse nach­zuladen. Der Rückstoß, unterstützt durch das nicht allzu starke Kaliber .308 Win. und den SD, war kaum ­spürbar. Dies wird natürlich auch durch die perfekte Schäftung unterstützt. Ein etwas schlankeres Design im Bereich des Pistolengriffes und des Vorderschafts würde der Büchse unserer Meinung nach zwar guttun, dennoch liegt sie sehr gut im Anschlag. Die optimale Schaftrückenhöhe kann, wie schon erwähnt, durch die verstellbare Schaftbacke noch exakt auf die Bedürfnisse des Schützen angepasst werden. Die beiden Verstellschrauben sind zwar Geschmackssache, allerdings stehen sie vom Schaft ab und können somit beim Birschen ein Hängen­bleiben verursachen.
Das Zielfernrohr zeichnet sich als Allround-Zielfernrohr aus, das fast alle jagdlichen Anforderungen bestens erfüllte. Nur die Riegeljagd, also der dynamische Büchsenschuss, ist nicht die Domäne dieses Zielfernrohrs. Das Gesichtsfeld von 22,5 m auf 100 m bei kleinster Vergrößerung ist für eine Riegel­jagd zwar nicht die Welt, aber für eine gelegentliche Ansitzriegeljagd mit Abstrichen in der Erkennung der Ausdehnung des Kugelfangbereiches (was eine gewisse Zeit erfordert) reicht es allemal. Alle Geräte und Einrichtungen an Büchse, Zielfernrohr, Schalldämpfer und Munition funktionierten während des gesamten Tests einwandfrei. Alle Bedienelemente sind selbst mit Handschuhen gut bei der Jagd erreich- und handhabbar. Die Steel Action HS ist summa summarum eine gelungene Ganzstahlbüchse, die bei jeder Jagdart bestens eingesetzt werden kann. Auch das Zielfernrohr offerierte eine Optik im Premiumbereich, die jede Jagdart (Riegel­jagd mit Abstrichen) bestens ­bedient. Gesamt gesehen, ein nicht ganz leichtes, aber schlagkräftiges Duo für die Jagd bei einem passenden Preis-Leistungs-Verhältnis.

Steel Action HS, montiert mit Leica Magnus 1,8–12×50i - Der Verschluss dieses Geradezugrepetierers gleitet wie ein Uhrwerk. - © Oliver Deck

Der Verschluss dieses Geradezugrepetierers gleitet wie ein Uhrwerk. © Oliver Deck

FOX Bullets

Das bleifreie Büchsengeschoss FOX Bullets (130 gr.) ist aus dem Vollen gedreht und besteht aus einer Kupfer-Zink-Legierung. Es wirkt als Deformations­geschoss, was per se schon ­bemerkenswert ist, denn gedrehte Geschosse sind im bleifreien Geschosssegment bislang fast ausschließlich als Teilzerlegungsgeschosse konzipiert. Das Geschoss ist von der Spitze weg mit einer 12 mm langen und 2,3 mm starken Bohrung versehen und mit einer ballistischen Haube aus Kunststoff verschlossen. Das Geschoss pilzt (deformiert) auf und sollte keine Splitter abgeben. Das Geschoss wurde mit einer großen Entlastungsrille ausgestattet, um den Einpresswiderstand gering zu halten. Die Anfangs­geschwindig­keit von 920 m/s (Herstellerangaben) ist rasant, allerdings ist der ballistische Koeffizient mit .259 nicht besonders hoch. Für jagdliche Ent­fernungen bis 200 m ist das nicht ­relevant, allerdings verliert das Geschoss bei größeren Schussentfernungen schon viel Geschwindigkeit und kommt bei einer Schussentfernung von 300 m nur noch mit 588 m/s am Wildkörper an. Das Geschoss wurde von uns nicht auf dessen Tötungswirkung getestet, daher kann auch keine diesbezügliche Aussage getroffen werden. Als universelles Jagdgeschoss ist es auf den ersten Blick sehr vielversprechend.

Hausken Jakt

Der aus hochwertigem Aluminium ­gefertigte Schalldämpfer Hausken Jakt JD 184 XTRM MK II wird in Norwegen hergestellt. Mit einer Dämpfungs­leistung von 31–37 dB (Hersteller­angabe) liegt der SD eindeutig unter der ­gesundheitsschädigenden Grenze. Der Overbarreldämpfer verfügt im ­Inneren über ein Drahtgeflecht, das bei kompakten Abmessungen – Gesamtlänge von 184 mm – für die Reduktion des Schalldrucks sorgt. Dieser SD verlängert die Gesamtlänge der Büchse um nur 10 cm ab Laufmündung. Im Test haben wir allerdings 11 cm (Laufüberstand) gemessen, was vermutlich dem kurzeren Mündungsgewinde geschuldet ist. Der SD saß nach dem ­Aufsetzen gut und sicher auf der Büchse und musste während des ­gesamten Tests nicht nachgezogen werden.

Steel Action HS, montiert mit Leica Magnus 1,8–12×50i - Die Schussleistung mit der bleifreien Laborierung FOX Bullets, 130 gr., ist äußerst beeindruckend. - © Oliver Deck
Die Schussleistung mit der bleifreien Laborierung FOX Bullets, 130 gr., ist äußerst beeindruckend. © Oliver Deck
Steel Action HS, montiert mit Leica Magnus 1,8–12×50i - Das zweireihige Magazin fasst fünf Patronen. - © Oliver Deck
Das zweireihige Magazin fasst fünf Patronen. © Oliver Deck
Steel Action HS, montiert mit Leica Magnus 1,8–12×50i - Der Verschluss dieses Geradezugrepetierers gleitet wie ein Uhrwerk. - © Oliver Deck
Der Verschluss dieses Geradezugrepetierers gleitet wie ein Uhrwerk. © Oliver Deck
Leica Magnus 1,8–12×50i - © Oliver Deck
© Oliver Deck
Steel Action HS, montiert mit Leica Magnus 1,8–12×50i - Der Schalldämpfer Hausken Jakt JD 184 STRM MK II verfügt über eine Dämpfungsleistung von 31–37 dB. - © Oliver Deck
Der Schalldämpfer Hausken Jakt JD 184 STRM MK II verfügt über eine Dämpfungsleistung von 31–37 dB. © Oliver Deck