News 22. Mai 2023

Steinzeit-Jäger als Architekten

Kürzlich wurden im Nahen Osten urzeitliche Steintafeln, die eine maßstabgetreue Darstellung von "Wüstendrachen", also gezogenen Mauern, die eine Jagd auf Gazellen ermöglichten, entdeckt.

Gazellen, hier eine Indische Gazelle, wurden durch Steinzeit-Jäger effizient bejagt. - © Helmut und Eva Pum
© Helmut und Eva Pum

Bekannt waren diese Mauern, die niedrig und sich paarig bis zu fünf Kilometer lang durch die Wüste zogen, schon seit den 1920er-Jahren, als Piloten diese aus dem Flugzeug bemerkten. Die Mauern laufen trichterförmig zusammen und enden in einer sternenförmigen, rund ein Hektar großen Einfriedung, in denen Gruben zur Bejagung von Gazellen gegraben wurden. Diese Form der Bejagung war dermaßen effektiv, dass Gazellen in dieser Region beinahe ausgerottet wurden. Rund 6.300 Stück dieser Einfriedungen, auch "Wüstendrachen" genannt, wurden im Nahen Osten und Zentralasien gezählt.

Zwei Steintafeln, die kürzlich in Saudi Arabien bzw. Jordanien vom Team um Rémy Crassard von der Universität in Lyon entdeckt wurden (siehe dazu im Journal Plos One vom 17.5.), lieferten nun erstaunliche Details über diese Wüstendrachen: Im Gegensatz zu anderen bereits gefundenen Steintafeln aus der Urzeit zeigen sie maßstabsgetreue Abbildungen dieser Bejagungskonstruktionen. Somit gelten diese als älteste bekannten Architekturzeichnungen der Menschheit, die Datierung weist ein Alter der Konstruktionspläne von 8.000 bis 9.000 Jahren auf. Somit wiesen die steinzeitlichen Jäger ein erstaunliches Verständnis von Zahlen, Maßen und Kalkulationen auf, was man ihnen bisher noch nicht zugesprochen hatte.