Reportage

2. Teil: Im Bann der Krähen: eine Fortsetzung!

25. Juli 2020 -
Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
© Martin Grasberger

Der Nutzen der Krähenbejagung sollte an dieser Stelle nicht mehr infrage gestellt werden – sie ist bewiesenermaßen nicht nur in Niederwild­revieren von großem Wert für die Biodiversität. Vielmehr soll es darum gehen, die Jägerinnen und Jäger für diese besonders fordernde und spannende Jagdmethode zu begeistern. – 2. und letzter Teil: der Jagdtag.

Nicht nur die „Corona-Zeit“ verändert alles – auch die längere Vorausplanung für den ersten Krähenjagdtag ist immer äußerst fordernd. Zwar hatte ich diesen Tag für mich und drei ­weitere Jagdkameraden bis ins ­Detail geplant, doch kam es anders als gedacht: Die landwirtschaftlichen Kulturen waren noch nicht so weit gereift wie angenommen, das Wetter war in den letzten Tagen vor der Jagd alles andere als gut gewesen, und zu guter Letzt mussten wir auch das Team verändern.

Am Vorabend des 1. Juli 2020 traf ich mich mit meinem Freund Martin. Mit ihm habe ich den bevorstehenden Jagdtag schon vor längerer Zeit geplant. Auch für ihn ist es nicht immer einfach, Zeit für die Krähenjagd zu finden; dennoch brach es bei der Begrüßung aus ihm heraus: „Endlich! Auf diesen Morgen freue ich mich schon seit ­Wochen!“

Ich wählte den Lockplatz in der Nähe der Kompostierung in Deutsch Haslau (Bezirk Bruck/Leitha, Niederösterreich), welcher seit einigen Wochen bereits von zahlreichen Krähen besucht wurde. Dort war der Mais (rund 2,5ha) abgefressen worden, daher entfaltete ich mein Zelt in einem Windschutzgürtel. Wir verblendeten sogleich sämtliche Utensilien für den Morgenansitz. Mein Sohn Daniel, ein Teenager, half tatkräftig mit; auch ihn habe ich ­bereits mit dem Virus „Krähenjagd“ ­infiziert!

Unverhofft kommt oft!

Während des anschließenden Besuchs beim Heurigen gab es zwei Ereignisse: Ein Jagdfreund musste krankheits­bedingt leider absagen, und kurz danach fragte mich mein „Mentor“, Hegering­leiter-Stellvertreter Stefan Mayer, ob er uns bei der morgendlichen Krähen­jagd begleiten könne. Einen weiteren Profi an der Seite zu haben – was gibt es Besseres?

Kurz vor 4Uhr Früh trafen wir ­einander, um die Vorgehensweise kurz zu besprechen. Rasch waren der Plan für die Anfahrt und die Einteilung der Stände geklärt.

Das Wetter war wolkenlos, es war windstill – eigentlich nicht ideal für eine Krähenjagd. Nach Ankunft am aus­erkorenen Platz begann der Aufbau des Lockbildes, danach wurden die Plätze im Schirm bezogen und das Schussfeld analysiert. Die Autos wurden außer Sichtweite – etwa 700m entfernt – gebracht. Mit unseren Hunden – einem Magyar Vizsla und einem Deutsch Draht­haar – kehrten wir zum Stand zurück. Dort war bereits alles vor­bereitet, und es konnte losgehen!

In den nächsten dreißig Minuten ereignete sich jedoch so gut wie überhaupt nichts – weder der Ruf noch der Flug einer Krähe. Am Vortag waren um diese Uhrzeit am selben Platz ­bereits unzählige Krähen vor Ort gewesen. Mit einigen Lockrufen versuchte ich, etwas Stimmung zu machen. ­Meiner Erfahrung nach bringt dies aber, wenn keine Krähe zu sehen ist, nicht außerordentlich viel. Nach dem Sonnen­aufgang veränderte sich die Lage jedoch blitzartig.

Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
© Martin Grasberger
Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
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Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
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Krähe im Flug - © Martin Grasberger
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Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
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Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
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Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
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Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
© Martin Grasberger
Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
© Martin Grasberger
Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
© Martin Grasberger
Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
© Martin Grasberger
Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
© Martin Grasberger
Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
© Martin Grasberger
Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
© Martin Grasberger
Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
© Martin Grasberger
Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
© Martin Grasberger
Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
© Martin Grasberger
Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
© Martin Grasberger
Im Bann der Krähen - 2. Teil - © Martin Grasberger
© Martin Grasberger

Flaute?

Nach einigen Einzelanflügen, die uns von hinten kommend überraschten, konnten die ersten beiden Krähen mit einer sauberen Dublette vom Himmel geholt werden. Unsere beiden vier­beinigen Helfer – Fina und Dexter – konnten ihr Können unter Beweis ­stellen. Sie brachten die erlegte Beute schnell und ohne Aufsehen ins Zelt. Auch sie waren in ihrer Jagdpassion so richtig glücklich.

Nun begann der Flug – zahlreiche Krähen fanden sich über dem Lockbild ein. Durch die vielen Krähen konnten wir – einmal mehr, einmal weniger – mehrfach Beute machen.

Der Flug dauerte etwa dreißig Minuten; danach fand eine Flugpause statt. Dies passiert bei Krähenansitzen des Öfteren. Nicht immer sind die „Schimpansen der Lüfte“ unterwegs; wenn sie ihren Fressplatz gefunden haben, verbleiben sie nicht selten für eine Weile an diesem Ort. Erst nach einer gewissen Zeit ­verlassen sie ihn und ziehen in einen anderen Revierteil. Auch bei uns ging es dann wieder los – weitere Anflüge folgten, und wir konnten noch einige Krähen erbeuten.

Da der Morgen besonders warm war und jeder von uns gefordert war, zu seinem Arbeitsplatz zu kommen, beschlossen wir, den Ansitz um 7.30Uhr zu beenden. Nachdem wir alles zusammen­gepackt und im Fahrzeug verstaut ­hatten, fand eine kurze Streckenlegung statt. Der zweieinhalbstündige Morgen ergab eine Strecke von 18 Nebel- und Rabenkrähen. Von der Strecke waren wir mehr als begeistert, weil es bekanntlich immer schwieriger wird, in einem ­intensiv bejagten Krähenrevier auf ­passable Strecken zu kommen.

Beim anschließenden Frühstück ließen wir einige Episoden dieses Jagdmorgens noch einmal Revue passieren. Der Anflug, die Tarnung, die Location, das Wetter, die Schussleistung, die Arbeit der Hunde und vieles mehr ­wurden aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und analysiert. Erfahrungen, die beim nächsten Mal hilfreich sein werden ...

Was bleibt, ist einerseits ein nachhaltig in Erinnerung bleibendes Jagderlebnis mit Freunden und andererseits ein wichtiger Schritt für das Niederwild und den Artenschutz.

Nur mit perfekter Tarnung, entsprechender Ausrüstung und einer ausgefeilten Taktik kann man diese intelligenten Vögel nachhaltig überlisten.

Krähenjagd & Artenschutz

Im Revier Deutsch Haslau wird die Krähenjagd nach heutigem Verständnis (wie in diesem Artikel beschrieben, mit „freundlichem“ Lockbild) bereits seit 11 Jahren durchgeführt; damals begann HRL-Stellv. Stefan Mayer, sich für die Materie „Krähenjagd“ zu interessieren; er informierte sich, las sich in das Thema ein und schaffte auf einer ­Fachmesse die erforderliche Ausrüstung an.

Während im Revier Deutsch Haslau in den Jahren zuvor lediglich bis zu fünfzig Krähenvögel im Jahr erlegt worden waren, steigerten sich die Abschuss­zahlen ab 2009 auf das Zehnfache und sogar darüber hinaus. Mayer: „Die einzig sinnvolle Methode, Krähen effizient zu bejagen, ist jene, wie wir sie hier in Deutsch Haslau praktizieren. Nur mit perfekter Tarnung, entsprechender Ausrüstung und einer ausgefeilten Taktik kann man diese intelligenten Vögel nachhaltig überlisten.“

Als Musterrevier des NÖ Jagd­verbandes legt man in Deutsch Haslau bereits seit Jahren größten Wert auf eine umfassende Niederwildhege – die nicht nur dem Niederwild zugute kommt, sondern letztlich eine Be­reicherung für die gesamte Biodiversität darstellt; zu den Hegemaßnahmen ­zählen nicht nur die Zurverfügung­stellung von ausreichend Äsung oder die Biotoppflege, sondern auch die ­Regulierung der Beutegreifer, und dazu zählen auch die Krähenvögel. „Von den Krähen geht eine enorme Gefahr für das Niederwild aus“, gibt HRL-Stellv. Mayer zu bedenken.

Jährlich werden bei den Niederwildjagden, der jagd­lichen Ernte, die erlegten Feldhasen nicht nur gezählt, sondern auch Geschlecht und Alter („Stroh’sches Zeichen“) eruiert. HRL-Stellv. Stefan Mayer legt großen Wert auf lückenlose Aufzeichnungen, anhand derer man später Rückschlüsse auf Änderungen im Biotop oder anderen Faktoren, wie zum Beispiel die Klima­erwärmung, ziehen kann.

Während bei den Feldhasen nicht sofort eine merkbare Steigerung der Strecke zu bemerken war, kam es beim Fasan ab 2010, also ein Jahr nach ­Beginn der Krähenjagd nach heutigem Standard, zu einer Verdoppelung der Jahresstrecke.

HRL-Stellv. Stefan Mayer versuchte rasch, Enthusiasten für die Krähenjagd zu finden und wurde in Reinhard Bayer fündig, der die anfänglichen Bemühungen weiterführte und mittlerweile in die „Champions League“ der Krähenjagdszene aufgestiegen ist. Seine Er­fahrungen gibt er nicht nur in Kursen des NÖ Jagd­verbandes weiter, sondern jährlich auch auf der WEIDWERK-­Bühne im Rahmen der „Hohen Jagd & Fischerei“.

Resümee

Jeder Jäger, der schon einmal bei der Krähenjagd dabei war, weiß um die ­Faszination dieser Jagdart: das frühe Aufstehen, das Erwachen des Tages, die Spannung beim Erscheinen von Krähen, das Adrenalin beim Schießen, die Arbeit des fermen Jagdhundes, der jagdliche Erfolg – all das sind Mosaiksteinchen, die sich nachhaltig im Gedächtnis mani­festieren. Manche Weidmänner ver­zichten dafür sogar auf so manchen Bockansitz ...