Neues Waffengesetz: Was ändert sich für Jäger?

Jaeger mit Flinte, Detail Aufnahme, Niederwildjagd
Bockflinte gebrochen

Im September wurde im Nationalrat das neue Waffengesetz beschlossen. Was sich ändert und was das für die Jägerinnen und Jäger bedeutet, erzählen Jörg Binder und Lutz Molter von „Jagd Österreich“ in einem Interview.

Befeuert vom Amoklauf in einem Grazer Gymnasium am 10. Juni 2025 wurde das neue Waffengesetz vor wenigen Wochen im Nationalrat beschlossen und tritt in Teilen mit Anfang November in Kraft. „Jagd Österreich“ hat in Ver­tretung der österreichischen Jagd­verbände beim Gesetzwerdungsprozess mitgewirkt und dabei – in Abstimmung mit allen eingebundenen Stakeholdern – praktikable Lösungen für die Jägerinnen und Jäger erwirkt. Mag. Jörg Binder, General­sekretär von Jagd Österreich, und sein Stellvertreter Lutz Molter Bakk.-Phil. haben uns im Interview über die wichtigsten Neuerungen erzählt: „Die grundlegendste Änderung ist, dass jede Art von Waffenbesitz – egal, welche Kategorie *) – an ein waffenrechtliches Dokument gebunden ist. Dankenswerterweise hat die Koalition auch unter dem großen gesellschaftlichen Druck erkannt, dass es vernünftige Gründe gibt, eine Waffe zu besitzen und zu führen – etwa die Jagd oder der Schießsport. Das Handwerk Jagd bedingt eine langwierige Ausbildung, die etwa den doppelten Umfang des Kfz-Führerscheins umfasst!“

Wichtig: gültige Jagdkarte

Über eine gültige Jagdkarte zu ver­fügen, ist ab sofort wichtiger denn je, da ihre Stellung als waffenrecht­liches Dokument ausgebaut wurde. Eine gültige Jagdkarte berechtigt nicht nur zum Führen von Waffen der Kategorie C, also Büchsen oder Flinten, während der Jagd, sondern wird künftig auch beim Erwerb und beim Besitz von Kat.-C-Waffen, die bis dato ohne waffenrechtliches Dokument erworben werden konnten, eine gewichtige Rolle spielen: Waffen der Kat. C können nämlich nicht mehr „einfach nur so“ mit 18 Jahren gekauft werden, sondern bedürfen eines waffen­recht­lichen Dokuments, etwa eines Waffenpasses (WP), einer Waffenbesitzkarte (WBK) oder einer gültigen Jagdkarte – und dürfen frühestens mit 21 Jahren angeschafft werden – ausgenommen Inhaber einer gültigen Jagdkarte. Binder: „Nur die gültige Jagdkarte ist Voraussetzung für den legalen Waffenbesitz für Jäger – die muss ein­gezahlt sein!“ Es gibt im Fall einer nicht eingezahlten Jagdkarte allerdings eine 18-monatige Übergangsfrist, um ein waffenrecht­liches Dokument (Verlängerung der Jagdkarte, WP, WBK) zu beschaffen. Hier gibt es eine Ausnahme für jene, die bereits im Besitz einer Jagdkarte sind – auf diese Details gehen wir in der nächsten Ausgabe ein.

Jagd Österreich Gen.-Sekr. Mag. Jörg Binder: „Nur die gültige Jagdkarte ist Voraus­setzung für den legalen Waffenbesitz für Jäger – die muss eingezahlt sein!“

Binder war hautnah am Geschehen und berichtet über Details: „Ich war bei der Abstimmung im Plenum dabei und habe die Diskussion im Nationalrat verfolgt. Es wurde dabei von einem Abgeordneten das Abstimmungsverhalten der Fraktionen bei der letzten Waffengesetz­novelle aufs Tapet gebracht: Im Zuge der Einführung der Datenschutz-Grundverordnung hat man sich vor Jahren dazu entschlossen, den – vorhandenen – Meldeweg zwischen Verteidi­gungs­ministerium und Stellungsbehörde zu unterbinden.“ Auf den Punkt gebracht heißt das, dass der Datenschutz und die nicht vorhandene Vernetzung der Ergebnisse in den Praxen der Psychologen elf Menschen das Leben gekostet haben. Zur Erinnerung: Der 21-jährige Täter, der die Waffen, darunter eine Faust­feuerwaffe, legal besessen hatte, war bei der Stellungskommission durch den psychologischen Test gefallen, hatte aber dennoch eine WBK von der Behörde ausgestellt bekommen. „Interessant ist“, so Binder weiter, „dass einzelne Abgeordnete, die damals gegen eine Wiedereinführung der Meldepflicht gestimmt haben, jetzt am lautesten nach einer solchen geschrien haben!“ Diese Lücke wird im neuen Waffen­gesetz geschlossen: Die Jagd- und Waffenbehörden unterliegen nun wechsel­seitigen Meldepflichten. Erwähnenswert erscheint auch der Umstand, dass eine Oppositionspartei die vor­liegenden Änderungen unterstützt hat, obwohl sie für eine gänzliche Abschaffung von Schusswaffen einsteht.

Ein weiterer wichtiger Punkt, den Gen.-Sekr. Binder anführt, ist: „Man hätte laut Erstentwurf des Gesetzes niemandem mehr eine Waffe überlassen dürfen, der über kein waffenrechtliches Dokument verfügt!“ Als Beispiel nannte er etwa die Schulung von Jagdschülern in der Waffenhandhabung außerhalb von Schießstätten (Seminarräumen usw.); wenn diese über keine gültige Jagdkarte verfügen bzw. kein waffenrechtliches Dokument besitzen, wäre die Überlassung zum Hantieren nicht möglich gewesen.

Kernaufgabe der Verbände war es in der kurzen Phase der Begutachtung, mögliche Auswirkungen auf die Jagd zu erkennen. „Es ging vor allem darum, das neue Waffengesetz praxistauglich zu machen: Zum Beispiel wurde das Schießstättenprivileg auf die Schulungs­stätten der Jagdkurse (z. B. Gasthäuser) ausgedehnt, um dort weiterhin den Umgang mit Waffen lehren zu können. Es gab in diesem mehrere Wochen dauernden Prozess einen intensiven Austausch u. a. mit den Fach­experten des NÖ Jagdverbandes. LJM DI Christoph Metzker hat zudem in seinem Amtsantritts-Marathon keine Gelegenheit ausgelassen, um die Agenden der Jagd vorzubringen, sodass praktikable, für die Jäger positive Lösungen erzielt werden können“, berichtet Binder, der auch von Erfolgen spricht: „Wir konnten offensichtlich sämtliche Fraktionen im Nationalrat davon überzeugen, dass die Jagd ein systemrelevantes Handwerk und somit ein vernünftiger Grund ist, eine Waffe besitzen und führen zu dürfen. Da ist es auch durchaus begrüßenswert, dass im Gegenzug ein paar Verbesserungen im Waffengesetz Einfallstore für Berufskriminelle schließen. Hierzu zählt unter anderem die Neugestaltung des Verkaufs von Schusswaffen von privat an privat, welcher zukünftig nur noch unter Ein­beziehung eines Büchsenmachers erfolgen darf. Ein Großteil der neuen Regelungen tritt erst dann in Kraft, wenn das ZWR (Zentrales Waffenregister) die Möglichkeit bietet, all diese Anforderungen abzubilden. Und das kann in der Praxis ein ganzes Jahr dauern“, weiß Binder.

Jäger sind stabiler

Die Jagdausübung ist für den Gesetz­geber ein nachvollziehbarer Grund für den Waffenbesitz: Mit der Jagd gehe eine langwierige Ausbildung einher, zudem seien die Jäger psychisch stabiler, wie Lutz Molter Bakk.-Phil. erklärt: „Nach einem vergleichbaren Amoklauf in Deutschland 2006 wurde am Institut für Rechtspsychologie der Universität Bremen eine Studie durchgeführt, die unter anderem Jäger auf ihre emotionale Stabilität untersuchte. Dabei hat man herausgefunden, dass Jägerinnen und Jäger im Vergleich zur Kontrollgruppe über ein größeres Gerechtigkeitsempfinden verfügen, eine bessere Aggressionskontrolle haben und weniger zu Depressionen neigen. Weiters hat man erkannt, dass diejenigen, die mit der Intention, die Jagd auszuüben, eine Waffe anschaffen, nicht gefährlich, sondern stabil sind.“

Jagd Österreich Gen.-Sekr. Stellv. Lutz Molter Bakk.-Phil.: „Diejenigen, die mit der Intention, die Jagd auszuüben, eine Waffe anschaffen, sind nicht gefährlich, sondern stabil!

Es sind alle Waffennutzer Österreichs gut beraten, den Kopf über den Tellerrand zu heben, aus der eigenen Blase auszubrechen und sich bewusst zu machen, dass die wahlentscheidende Mehrheit Waffen sehr kritisch sieht – was dazu führt, dass die Politik darauf vertrauen können muss, dass sich Jäger und Sportschützen ihrer erhöhten Verantwortung bewusst sind und diese auch nach außen hin leben. Mit anderen Worten: Wer Waffen trägt, muss sich im Klaren sein, dass er Verantwortung für das Bestehen eines allgemeinen Waffenrechts mitträgt.

*) Erläuterungen zu den Waffenkategorien:

Waffen der Kategorie C: langläufige Schusswaffen (Gesamtlänge > 60 cm) mit gezogenem oder glattem Lauf, die nach jeder Schussabgabe manuell nachgeladen werden müssen, also klassische Büchsen und Flinten. Erwerb und Besitz sind an ein waffenrechtliches
Dokument (Waffenpass, Waffenbesitzkarte, gültige Jagdkarte) gebunden. Mindestalter für den Erwerb: 21 Jahre, ausgenommen Inhaber einer gültigen Jagdkarte.

Waffen der Kategorie B: Faustfeuerwaffen, also Pistolen und Revolver, halbautomatische Schusswaffen, wie Selbstladeflinten und -büchsen, und Repetierflinten. Erwerb und Besitz sind an ein waffenrechtliches Dokument (Waffenpass, Waffenbesitzkarte, eine gültige Jagdkarte allein reicht nicht!) gebunden. Mindestalter für den Erwerb: 25 Jahre (sämtliche Ausnahmen werden in einem detaillierten Artikel in der Dezember-Ausgabe veröffentlicht).

Details im Dezember!

Da aktuell noch einige Fragen zu klären sind, finden Sie einen detaillierten Artikel zum neuen Waffengesetz in der Dezember-Ausgabe. 

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