Der Leberkäse zählt quasi zu den Grundnahrungsmitteln des Österreichers. Es gibt aber noch eine Steigerungsstufe dieses leckeren Fleischerzeugnisses: der selbst gemachte Wildleberkäse.
Zur Erzeugung von Wildleberkäse haben wir das Institut für Fleischhygiene der Veterinärmedizinischen Universität Wien besucht und Univ.-Prof. Dr. Peter Paulsen – selbst begeisterter Jäger – bei der Herstellung über die Schulter geschaut.
Würzen
Der Leberkäse ist nach dem Österreichischen Lebensmittelbuch eine sogenannte „Brühwurst“ und besteht aus einem zerkleinerten Fett-, Muskulatur- und Eisgemisch. Diesen drei Grundbestandteilen werden noch weitere Zutaten beigemengt. Zur Geschmacksgebung kann man eine Fertigmischung verwenden und nach Herstellerangaben würzen. In der Regel sind mehrere Gramm pro Kilo Wurstmasse notwendig, in unserem Fall werden 4 g Gewürz pro Kilogramm Brät empfohlen. Wir haben vor, 5 kg Wildleberkäse zu erzeugen, daher benötigen wir 20 g der Gewürzmischung. Ein wichtiger Bestandteil des Leberkäses ist das Pökelsalz, das zwei Funktionen erfüllt: Zum einen eine geschmackliche und zum anderen eine visuelle, da das Pökelsalz mit etwa 0,6 % Natriumnitrit besetzt ist und bewirkt, dass beim Erhitzen des Leberkäses ein stabiler roter Farbton entsteht („Umrötung“). Salz ist zudem wichtig, um die Bindung des Muskeleiweißes mit dem Wasser und dem Fett zu verbessern. Typischerweise werden 2 % Salz zugegeben, das heißt umgerechnet 20 g pro Kilogramm Wurstmasse; für 5 kg Leberkäse bedeutet das 100 g Pökelsalz.
Um den Eiweißaufschluss und damit auch den Zusammenhalt der Wurstmasse zu verbessern, kann man Phosphate zusetzen, die ebenfalls im Handel erhältlich sind. Diese Phosphate ersetzen im Fleisch natürlich vorhandene Substanzen, die nach dem Tod in der Muskulatur abgebaut werden. Wenn man Rind oder Wildwiederkäuer verarbeitet, was hier der Fall ist, bräuchte man sie nicht unbedingt; bei Schweinefleisch würde es allerdings Sinn machen, Phosphate beizumengen. Hier hält man sich ebenfalls an die Herstellerangaben.
Zuletzt folgt eine geringe Menge Ascorbinsäure (Vitamin C), die dafür sorgt, dass der Pökelstoff, der im Kochsalz vorhanden ist, sofort weiterreagieren kann und die Umfärbung des Bräts somit schneller vonstatten geht.
Zu den „technisch“ nicht unbedingt notwendigen, aber traditionell verwendeten Zutaten ist beim Leberkäse das Stärkepulver zu nennen. Wenn der Leberkäse gebacken, also trocken erhitzt wird, darf man bis zu sechs Teile Kartoffelstärke auf hundert Teile Wurstmasse zusetzen. In unserem Fall wären das – bei einer 5-kg-Wurstmasse – insgesamt 300 g Stärke. Wer will, kann die Stärke aber auch weglassen. Allerdings: Wenn der Leberkäse gebacken wird, bildet sich eine Kruste, die, wenn Stärke enthalten ist, aufgrund der entstehenden Röstaromen um eine Nuance besser schmeckt.
Zum Nachlesen gibt es die Grundrezeptur im Österreichischen Lebensmittelbuch. Ausführliche Musterrezepte werden von Gewürzfirmen zur Verfügung gestellt oder können Fachbüchern entnommen werden.
Der Fantasie sind grundsätzlich keine Grenzen gesetzt; wenn man ein Wildprodukt für den Eigenbedarf herstellt, kann man jedes „Fantasieprodukt“ kreieren. Möchte man es allerdings weitergeben, also in Verkehr bringen, ist zu beachten, dass für Fleischerzeugnisse in Österreich bestimmte Sachbezeichnungen üblich sind. Eine Debreziner ist zum Beispiel ganz klar definiert, genauso ein Leberkäse. Dafür werden chemische Mindestanforderungen festgelegt. Wenn man sich an die Musterrezeptur des Lebensmittelbuches hält, erfüllt man sämtliche Anforderungen! Damit ist gewährleistet, dass der Konsument nicht getäuscht werden kann.
Faschieren, cuttern, backen
Das Fleisch – in unserem Fall eine Hirschschulter – und weißer Speck vom Hausschwein werden anfangs kurz angefroren und danach im Fleischwolf grob faschiert. Anschießend wird zuerst das Fleisch unter Zugabe von Eis – ein Drittel der gesamten Eismenge wandert gleich in die Masse – im Cutter so weit zerkleinert, bis sich eine teigige Masse bildet. Bereits nach einigen Sekunden kann man sehen, dass die Eisflocken zerkleinert sind und aufgenommen werden; die Masse ballt sich zusammen, klebt nicht an der Schüssel fest, sondern wird teigig. Die Ingredienzien – Gewürzmischung, Pökelsalz, Brätphosphat und Ascorbinsäure – werden dann beigemengt, wenn das Muskelfleisch und das Eis im Cutter vorzerkleinert sind. Zum Schluss kommen der weiße Speck und die Kartoffelstärke hinzu, bei Bedarf kann auch (etwa mit Pfeffer) nachgewürzt werden.
Die Temperatur steigt während der Zerkleinerung um 10–15 °C an. Wenn das Brät zu warm wird, werden die Muskeleiweiße hitzegeschädigt und können beim nachfolgenden Erhitzen nicht mehr binden, d. h. den Zusammenhalt des Leberkäses bewirken.
Die Leberkäsemasse ist dann fertig, wenn sie ganz fein ist und über eine teigartige Konsistenz verfügt (nicht tropft). An dieser Stelle kann man gewürfelten Emmentaler beimengen, um einen Käse-Leberkäse zu erzeugen. Eine weitere Möglichkeit ist die Zugabe von gut abgetropften Pfefferonistücken zur Herstellung eines pikanten Leberkäses.
Ist der Teig fertig, holt man ihn mit einer Teigkarte aus dem Cutter und füllt ihn zum Beispiel in Leberkäseschalen aus backfestem und lebensmittelechtem Aluminium. Wir haben 10 Alu-Formen à 500 g vorbereitet, in welche nun die Masse gefüllt wird. Nach dem Glattstreichen werden mit der Teigkarte an der Oberseite „Soll-Bruchstellen“ eingeritzt, sodass der Leberkäse beim Backen seine typische Form erhält. Der Wildleberkäse kommt in ein vorgeheiztes Backrohr und wird bei etwa 170 °C eine halbe Stunde lang gebacken. Im Kern des Leberkäses müssen 75 °C erreicht werden (Bratenthermometer).
Achtung, Allergene!
Lebensmittelunternehmer müssen ihre Kunden darüber informieren, welche Produkte und Speisen Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen können – dies ist gesetzlich vorgeschrieben (EU-Lebensmittelinformationsverordnung 1169/2011)! Zu den Allergenen zählen etwa glutenhaltiges Getreide, Krebstiere, Eier von Geflügel, Fisch, Erdnüsse, Sojabohnen, Milch von Säugetieren, Schalenfrüchte, Senf, Sesamsamen, Schwefeldioxid, Lupinen und Weichtiere, wie Schnecken, Muscheln, Tintenfische – und daraus gewonnene Erzeugnisse. In der Praxis hält man sich ganz einfach an die verwendete Gewürzmischung; ist diese frei von Allergenen, ist auch keine Allergenkennzeichnung notwendig. Wird der Leberkäse vorverpackt, das heißt vakuumiert, müssen zudem die Zutaten auf der Verpackung ersichtlich sein (Etikett).
Nicht gefroren weitergeben!
Als Direktvermarkter darf man den Wildleberkäse – und auch andere Produkte – nicht gefroren weitergeben, sondern ausschließlich frisch (7-Tages-Frist). Ein Beispiel: Wird im Herbst
bei einer Bewegungsjagd ein Wildschwein erlegt, eingefroren und beispielsweise erst im Februar des Folgejahres verarbeitet, darf es rechtlich gesehen nicht mehr im Sinne der Direktvermarktung weitergegeben werden!