Ingenieurskunst made in Austria
Im Herzen Kärntens hat sich ein junges Start-up-Unternehmen dem modernen Waffenbau verschrieben – ohne dabei auf Wurzeln, Tradition und Handwerkskunst zu vergessen.
Versucht man, auf einer Karte mit einem Zirkel die geografische Mitte Kärntens zu finden, landet man in Arriach, einer 1.300-Seelen-Gemeinde im Bezirk Villach-Land. Seit Sommer 2022 ist dieser Luftkurort vielen Menschen ein Begriff, da er nach einem verheerenden Unwetter über Tage vom Rest der Welt abgeschnitten war.
Diese Gedanken kommen mir in den Sinn, als ich die Teuchen Landesstraße entlangfahre und eine von den Bundesheer-Pionieren errichtete Brücke überquere. Der Arriachbach muss enorme Kräfte entwickelt haben, auch Teile der Straße hat er einfach weggespült. Als ich wenig später Richtung Dreihofen abbiege, führt mich ein gewundener Güterweg steil bergauf.
Ob ich hier richtig bin? Ja, das Navi lotst mich punktgenau zu Carinthia Gun Tec, wo mich Firmenchef Florian Unterköfler bereits erwartet.
Was macht Carinthia Gun Tec?
Als „Steckenpferd“ von Carinthia Gun Tec gilt zweifellos das kürzlich auf der Hohen Jagd & Fischerei in Salzburg präsentierte Mauser-System PU22 Short-Titan, das, verbaut in einer derzeit noch „weißfertigen“ Büchse im Kal. 6,5 Creedmoor mit 52 cm-Atzl-Lauf (Dralllänge 11,33") lediglich 2,4 kg auf die Waage bringt. Dieses mit modernsten CNC-Maschinen aus dem Vollen gefräste Leichtmetall-System ist um 17 mm kürzer und um knapp 50 % leichter als ein herkömmliches.
Büchsenmachermeister Florian Unterköfler hat das Mauser-System PU22 Standard, die Normalstahl-Variante, vor einem Jahr vorgestellt. Damit beliefert er bereits Edelwaffenschmieden à la Jonathan Butzer, Hausmann & Co oder Sebastian Altmann. Diese Büchsenmacher setzen immer noch auf das bewährte, absolut zuverlässige Mauser-System, das es bereits seit dem Jahr 1898 gibt. Die PU22-Systeme werden für die Fertigung hochwertigster Edeljagdwaffen herangezogen, welche ohne Übertreibung als Kunstobjekte zu bezeichnen sind und deren Wert nicht selten im sechsstelligen Bereich zu liegen kommt. Als Vorteile seines Mauser-Systems gegenüber eines herkömmlichen nennt der Jungunternehmer etwa folgende:
- Verkürzung der Auslösezeit um 30 %
- stabilere Bauform zur Reduktion von Hülsenschwingungen
- verdeckte Systemschrauben
- optimierter Rückstoßstollen, ideal für Systembettungen
- Wahl zwischen verschiedenen Montagebasen
- verbesserte Schaftauflageflächen
Waffenbrüder
„In Österreich gibt es übrigens neben mir niemanden, der diese Mauser-Systeme selbst herstellt“, sagt Florian stolz, „und in Deutschland sind es auch nur noch zwei.“
Florian und sein jüngerer Bruder Pepi Unterköfler stellen aber nicht nur Mauser-Systeme her, sondern komplette Jagdwaffen. „Eine CNC-Maschine zu kaufen ist das eine, sie zu bedienen aber etwas völlig anderes“, verweist Florian auf seinen Bruder, „und auf diesem Gebiet ist Pepi ein absolutes Genie.“ Florian plant und designt, Pepi setzt die Vorgaben auf den Tausendstel Millimeter um. „Der Kunde erhält bei uns eine individuelle Jagdbüchse, bei der selbstverständlich auch der Schaft ,maßgeschneidert‘ ist. Apropos: Schäfte mache ich ebenfalls in Lohnfertigung.“
Eine komplett fertige Jagdwaffe gibt es bei Carinthia Gun Tec übrigens ab € 15.000,–, lediglich Gravuren und weitere Individualisierungen kommen noch dazu. Florian vergleicht dieses Investment treffenderweise mit dem Kauf eines Autos: „Während ein Auto nur etwa 15 Jahre lang hält, hat man eine Waffe zumindest ein Leben lang.“ Somit relativieren sich diese Anschaffungskosten ungemein.
Die auf der linken Seite stehend abgebildete Edeljagdbüchse von Carinthia Gun Tec im Kaliber .270 Win. verfügt über einen Lothar-Walther-Matchlauf und eine aufwendige Gravur samt zwei mühevoll in Goldkronen eingelegten Süßwasserperlen. Weitere Details: verlängerter Abzugsbügel mit Gravuren und Goldeinlagen, gravierte Stahlschaftkappe, buntgehärtetes System mit ebenfalls buntgehärteten, gravierten Zielfernrohr-Montageringen.
„Nicht alltäglich ist auch die von mir gebaute Jagdbüchse im Kaliber .28 Nosler mit 65 cm Atzl-Lauf, einer Dralllänge von 8,99" und einem Gewicht von 3,9 kg“, erzählt Florian, welche kürzlich fertig geworden ist. Dieses ungewöhnliche Gewehr, das er erstmals auf der Hohen Jagd & Fischerei gezeigt hat, ist für Long-Range-Schützen interessant, die Distanzen jenseits der 300 m zu bewältigen haben. Für alle, die es nicht wissen: Bei der .28 Nosler handelt es sich um die stärkste 7 mm-Patrone, die es auf dem Markt gibt.
Gewehr vs. Hubschrauber
Selbstverständlich muss man gerade als Jungunternehmer über eine entsprechende Auftragslage verfügen, weshalb Carinthia Gun Tec derzeit auch als CNC-Lohnfertiger für andere Unternehmen tätig ist. Interessant ist etwa, dass Florian Unterköfler und sein Bruder unter anderem Cockpitausstattungselemente für eine bekannte Hubschraubermarke herstellen. „Unser Ziel ist es, uns ganz und gar auf Waffenteile und Komplettwaffen spezialisieren zu können“, schließt Florian.
Alles in allem hat sich Carinthia Gun Tec als facettenreiches Start-up mit nicht nur besonders innovativen, sondern äußerst sympathischen Protagonisten präsentiert.
Carinthia Gun Tec
Florian Unterköfler
Dreihofen 5, 9543 Arriach
Tel. +43 (0) 664/43 84 833
Internet: www.c-guntec.at
E-Mail: office@c-guntec.at