Hochwasser 2024: Rettungsinseln für Wildtiere in Not
Das Hochwasserereignis im September 2024 führte zu massiven Schäden und Verlusten bei Wildtieren in Niederösterreich. Erfahren Sie, wie Jäger mit Wildrettungsinseln Schutzräume schufen und welche Maßnahmen zur Erholung der Bestände und Lebensräume getroffen werden.
Markerschütternde Schreie ums Überleben kämpfender Wildtiere dringen aus der Au, die etwa dreieinhalb Meter unter Wasser steht. Mit weit aufgerissenen Lichtern versuchen Rehe, Sauen und andere Wildtiere im Geäst der Sträucher Halt zu finden oder die nächste Erhöhung, die aus dem Wasser ragt, zu erreichen. Mehrere Tage lang hat es geregnet, und in einem Gebiet zwischen dem Mostviertel und dem Wienerwald wurden sogar Rekordniederschlagsmengen von 300–400 mm verzeichnet. In fünf Tagen ist dort mehr als das 5,5-Fache der langjährigen mittleren Monatssumme eines Septembers gefallen 1).
Wildrettungsinseln: Schutz für Tiere bei Hochwasser
Um zu verstehen, was es bedeutet, wenn ein Lebensraum vollkommen überschwemmt wird, haben wir das 400 ha große Eigenjagdrevier Weinzierl im Bereich der Donauauen östlich von Krems besucht und uns mit den Eigentümern Hermann und Susanne Mayer unterhalten. In diesem nördlich der Donau gelegenen Revier – das übrigens schon sehr oft überschwemmt wurde – setzt man bereits seit über dreißig Jahren auf die Errichtung kleiner Wildrettungsinseln, die auch bei diesem Hochwasserereignis zahlreiche Wildtiere vor dem sicheren Tod bewahrt haben. „Insgesamt haben wir schon 35 solcher Inseln in Eigenregie errichtet, und wieder einmal haben sie sich als wertvolle Investition erwiesen“, weiß Forstwirt DI Mayer, „weil wir mit deren Hilfe ,nur‘ etwa 10–30 % des Wildbestandes verloren haben.“ Wenn man diese Zahl mit dem 240 ha-Eigenjagdrevier Donaudorf B der Familie Kollitsch vergleicht, das sich nur etwa 3,5 km flussabwärts befindet und über keine Rettungsinseln verfügt, wird rasch klar, dass diese Rückzugsorte ihre Wirkung nicht verfehlen: Die Familie Kollitsch schätzt, beim Schwarzwild etwa 80 % der Frischlinge, beim Rehwild etwa 90 % und beim Sikawild etwa 20–30 % des Gesamtbestandes an das Hochwasser verloren zu haben. „Wir haben Dutzende Stück Fallwild entlang der Forststraßen eingesammelt und der Tierkörperverwertung zugeführt“, erklärt der 23-jährige Franz Kollitsch. Er schätzt die tatsächliche Zahl des Fallwildes jedoch deutlich höher ein, da aufgrund des Schlammes in der Au fast ausschließlich entlang der Forststraßen gesucht werden konnte. „Von diesem Hochwasser wird sich das Rehwild hier erst in den nächsten 2–3 Jahren erholt haben, das Schwarzwild – Bachen und Keiler haben großteils überlebt – voraussichtlich schon im nächsten Jahr.“ Familie Kollitsch möchte ebenfalls Wildrettungsinseln errichten und ist gerade dabei, dies auf allen Ebenen zu prüfen.
Kleine Wildrettungsinseln als Lebensretter bei Hochwasser
Jene Wildrettungsinseln, die im Eigenjagdgebiet der Familie Mayer über die Jahrzehnte errichtet wurden, relativ klein und verfügen über ein Volumen von lediglich 200–300 m³ je Hügel. Das dafür verwendete Material – vom Hochwasser abgelagerter sandiger Schlamm – müsse, so die Besitzer, ohnehin beiseitegeräumt werden, etwa, um die Wege wieder gefahrlos befahren zu können. Mit der Errichtung von Wildrettungsinseln erhält dieses in der Regel „tote“ Material einen neuen, sinnstiftenden Wert. „Wichtig ist es, nicht eine große Insel anzulegen, sondern viele kleinere, damit keine Konkurrenz zwischen den einzelnen Wildarten entstehen kann und Wildtiere schnell das rettende Ufer erreichen können“, weiß Hermann Mayer. „Die Inseln sollten längs zur Strömungsrichtung angelegt werden, um wenig Angriffsfläche für das Wasser zu bieten“, empfiehlt er. Es sei auch nicht notwendig, dort zu kirren, um die Sauen an die Plätze zu gewöhnen. Dies sei sogar kontraproduktiv, ergänzt Mayer, da die Sauen die Vegetation auf den Hügeln zerstören würden, die im Falle eines Hochwassers wertvolle Äsung darstelle. Nach dem Hochwasser sind die von Wild aufgesuchten Inseln ohnehin gezeichnet. Er hat die im Revier vorhandenen natürlichen Stellen, welche am höchsten liegen, aufgrund der Schlamm-Marken voriger Hochwasser eruiert, gekennzeichnet und die Inseln an neuralgischen Stellen so errichtet, dass sie über den Höchstwasserstand, der je gemessen wurde, hinausragen. Das letzte Hochwasser, das die aktuelle Marke vom September noch um einen halben Meter übertraf, war übrigens im Jahr 2013– der Pfeil markiert die Stelle des damaligen Hochwassers auf etwa 3,5 m Höhe.
Richtige Entsorgung: Hochwasser-Schäden an Waffen und Munition |
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Im Zuge der jüngsten extremen Hochwasserereignisse wurden zahlreiche Gebäude, Keller sowie sonstige Räumlichkeiten überflutet, wobei in einigen Fällen auch Waffen und Munition nass, verunreinigt oder beschädigt worden sind. Dies nicht nur bei Jagdausübenden und Sportschützen, sondern auch bei Personen, die derartige Gegenstände aufgrund einer Erbschaft oder aus sonstigen Gründen erhalten und verwahrt, manchmal sogar vergessen haben. Jetzt fallen diese Waffen und die Munition im Zuge der Räumung an, und es stellt sich die Frage, wie diese ordnungsgemäß entsorgt werden können. Gegenüber dem NÖ Landesjagdverband hat der für Niederösterreich zuständige Bereichssprecher für das Waffenwesen, BH Mag. Josef Kronister, Bezirkshauptmannschaft St. Pölten, ausgeführt, dass die zu entsorgenden Waffen und vor allem die Munition bei den nach dem Fundort örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaften abgegeben und ordnungsgemäß entsorgt werden können. Der betroffene Inhaber der Waffen und Munition soll sich vorher, etwa telefonisch, bei der Bezirkshauptmannschaft im Fachgebiet Waffen melden und bekannt geben, welche Waffen bzw. wie viel Munition übergeben werden sollen. Nach Absprache werden die betroffenen Gegenstände dann übergeben, wobei der Übergeber ein Formular unterfertigen muss, dass er auf die Waffen bzw. die Munition verzichtet. Eine Entschädigung ist nicht vorgesehen. Dafür erfolgen die Übergabe und Entsorgung durch die Behörde kostenfrei. Bei Waffen bietet es sich alternativ in den meisten Fällen an, vorher mit einem Waffenfachgeschäft oder Büchsenmacher Kontakt aufzunehmen, ob die Waffen noch zu gebrauchen sind und verwertet werden können, um eine mögliche Art der Wiederverwertung zu erreichen. Keinesfalls dürfen aber Waffen und Munition
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Standortwahl für Wildrettungsinseln: Schutz durch Ruhe
Wildrettungsinseln, die sich in der Nähe von Straßen, Radwegen usw. befinden, können ihre Wirkung kaum entfalten, da das Wild diese aufgrund der Beunruhigung nicht annimmt oder wiederum von dort wegflüchtet. „Selbst bei einem Hochwasserereignis gehen manche Menschen immer noch ihrem Freizeitsport nach, während wenige Meter weiter Wildtiere qualvoll ertrinken“, ist Mayer fassungslos. Die Wahl des richtigen Standorts ist daher von entscheidender Bedeutung. Ein weiterer Punkt, der von den verantwortlichen Kommunen oftmals nicht ins Kalkül gezogen wird, ist die wildtiergerechte Errichtung von Zäunen im Bereich von Dämmen, Ufern oder Verkehrswegen. „Wir haben zum Beispiel in vielen Gesprächen erwirkt, dass Zäune vom Dammfuß ganz nach oben versetzt worden sind, da diese beim vorletzten Hochwasser als unüberwindbare Barrieren den sicheren Tod für das Wild bedeuteten.“ Mayer blickt zurück: „Vor Jahrzehnten sind wir auf Zillen durchs Hochwasser gefahren und haben vor allem Rehe aus dem Wasser gezogen. Unsere Anwesenheit hat das Wild allerdings in Stress versetzt, daher haben wir damit aufgehört. – Ein weiterer Aspekt, der für die Rettungsinseln spricht: Dort hat das Wild Ruhe.
Nach Hochwasser: Maßnahmen zum Schutz von Wildtieren
Vor allem Rehe, Wildschweine und Feldhasen, aber auch Igel oder andere am Boden lebende Tiere waren vom Hochwasser betroffen. Genaue Abschätzungen zu den Folgen sind aber erst dann möglich, wenn das Wasser in den Auen zurückgegangen ist und alle Reviere wieder begehbar sind. Die bisherigen Untersuchungen des Niederösterreichischen Jagdverbandes in Kooperation mit Tierärzten und dem Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie (FIWI) deuten etwa darauf hin, dass der abrupte Wetterumschwung mit dauerhaftem Regen in manchen Gebieten zu starker Unterkühlung und damit einhergehenden Erkrankungen (etwa Lungenentzündung) geführt hat. Die Niederwildreviere im Wein- und Industrieviertel waren vom Hochwasser insgesamt weniger betroffen und weisen gute Wildbesätze auf. „Zerstörte Wildkorridore, Grünbrücken, Schutzinseln, Äsungsflächen und Einstände müssen wiederhergestellt werden“, betont Landesjägermeister DI Josef Pröll in einer Stellungnahme, wobei aber jeder Einzelne einen Beitrag zum Schutz des Wildes leisten könne: „Wir appellieren an alle Naturnutzer, sich wildgerecht zu verhalten und sich nur auf den vorgesehenen Wegen zu bewegen. Damit müssen Wildtiere nicht flüchten und unnötig Energie aufbringen, die sie fürs Überleben brauchen. Wir bitten zudem alle Hundehalter, ihre Vierbeiner bei Wanderungen und Spaziergängen in der Natur anzuleinen.“
Hochwasser-Folgen: Fallwild-Entsorgung und Bestandsanpassung
Nach dem Rückgang des Wassers haben Jäger, Kommunen, Betriebe sowie die Land- und Forstwirtschaft an der Sammlung und Entsorgung von Fallwild und Kadavern in den betroffenen Gebieten mitgewirkt, um die Ausbreitung von Keimen und Bakterien zu verhindern. Die Fallwildzahlen werden in den Abschusslisten und -plänen vermerkt, denn das Fallwild wird auf den Abschussplan angerechnet und die Bejagung der Entwicklung der Bestände angepasst. Diese Zahlen und die Einschätzung der Jäger vor Ort werden gute Schätzungen über die Bestandsentwicklung geben 2).
Hochwasser-Schäden: Waffenlagerung und Versicherungsschutz
Dass ein Keller für die Aufbewahrung von Waffen und Munition oft nur bedingt geeignet ist, erfuhr Bezirksjägermeister Robert Wurzer (Melk) am eigenen Leib. Das Hochwasser der über die Ufer tretenden Melk ist in den Keller seines Wohnhauses eingedrungen und hat den Waffentresor beinahe zur Gänze mit Wasser und Schlamm gefüllt. „Gottseidank hat der Büchsenmacher meine Gewehre säubern und instandsetzen können. Für einige Zielfernrohre und die Munition gab es jedoch keine Rettung mehr. Nach dem Hochwasser habe ich den Tresor sicherheitshalber in den ersten Stock verbracht!“, so Wurzer. An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass schon vor einem solchen Ereignis die Deckungssummen der Haushaltsversicherung überprüft werden sollten, denn diese werden bei einem gut gefüllten Waffenschrank oft sehr rasch überschritten. „Die Versicherung durch die nö. Jagdkarte kann in solchen Fällen leider nicht herangezogen werden“, gibt der Geschäftsführer des NÖ Jagdverbandes, Leopold Obermair, MSc., zu bedenken.
Hart getroffen hat es etwa die Waffenstube Hell in Sieghartskirchen, die 2024 neu renoviert und umgebaut wurde. Ein reißender Fluss mit einer Tiefe von 1,5–2 m hat sich seinen Weg durch die Geschäfts- und Lagerräume gebahnt und große Mengen an Munition, zahlreiche Waffen, Optiken und auch die gesamte Geschäftsausstattung zerstört. Die Jungunternehmerin und gelernte Büchsenmacherin Anna-Maria Hell, die von ihrem Vater Walter Hell das Geschäft übernehmen wird, gibt allerdings nicht auf: „Trotz dieser enormen Herausforderung blicken wir hoffnungsvoll in die Zukunft, sodass die Übergabe am 1. Jänner 2025 wie geplant erfolgen kann, auch wenn aktuell nur ein eingeschränkter Notbetrieb möglich ist. Ich freue mich, bald wieder für alle Kunden da sein zu können.“
Quellen: 1) Bundesministerium Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft: info.bml.gv.at
2) NÖ Jagdverband: noejagdverband.at