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Auf den Hund gekommen

25. Mai 2022 -
Jagdhundegipfel 2022 - © photonews.at/Georges Schneider
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„Jagen ohne Hund ist Schund“ – dieses Sprichwort hat sich der Niederösterreichische Jagdverband zu Herzen genommen und Ende April den ersten Jagdhundegipfel veranstaltet. Ein höchst spannender Tag, nicht nur für Hundeführer. – 1. Teil.

Immer wieder mischt sich Hundegebell in die mehr und mehr ­anschwellende Geräuschkulisse in der Reithalle des Schlosses Hof, nur eine Schweißriemenlänge von der slowakischen Grenze entfernt. Die ­Erwartung der etwas mehr als drei­hundert Jägerinnen und Jäger vor Ort ist groß, das Programm dicht.
Experten aus dem In- und Ausland füllen den Tag mit kurzweiligen Vorträgen und spannen einen Bogen von der Schweißarbeit bis hin zur Arbeit mit Jagdhunden im Wolfsrevier. Moderiert wird dieses noch nie dagewesene Event von Mag. Ursula Riegler, die selbst Jägerin ist. In mehreren Diskussionsrunden werden zudem spannende ­Publikumsfragen beantwortet.

Landesjägermeister DI Josef Pröll  - © photonews.at/Georges Schneider

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Mit dieser Fach­tagung möchte der NÖ Jagdverband Antworten auf Fragen finden, die den Hundeführern unter den Nägeln brennen. Etwa die einer Ver­sicherung für Jagdhunde.

Landesjägermeister DI Josef Pröll stellt gleich zu Beginn klar: „Jagdhunde erfüllen in der Jagd eine ganz zentrale Aufgabe.“ Daher setze der NÖ Jagdverband im Jahr 2022 den Schwerpunkt auf den Jagdhund. Mit dieser Fachtagung wolle der Jagdverband Antworten auf Fragen finden, die den Hundeführern unter den Nägeln brennen. Die Herausforderungen seien groß, etwa, was das Versichern von Jagdhunden betreffe. Genau dort setze der Jagdverband heuer wichtige Akzente, so der Landesjägermeister.
LH-Stellv. Dr. Stephan Pernkopf ­bedankt sich – per Video zugeschaltet – bei allen Jägerinnen und Jägern, die sich der Herausforderung der Jagd­hundeführung stellen. Er bittet sie aber auch um Unterstützung bei der Sicherung der Naturräume, auf die ­gerade seit Corona immer größere Nutzungs­ansprüche wirken würden.
Dipl.-Forstwirt Karl Walch (Präsident des Deutschen Jagdgebrauchshundeverbandes) steigt mit dem lateinischen Zitat „Tempora mutantur, nos et ­mutamur in illis“ ein, was so viel heißt, wie „Die Zeiten ändern sich und wir mit ihnen“. Es ändern sich Gesellschaft und Politik und damit die Blickwinkel auf die Jagd und auf das Jagdgebrauchshundewesen. Es ändern sich die rechtlichen Vorgaben, auch hinsichtlich des Tierschutzes. „Die Stadtbevölkerung beeinflusst in großen Teilen unser ­politisches Geschehen auf dem Land“, gibt Walch in diesem Zusammenhang zu bedenken und merkt kritisch an, dass es den Jägern an handwerklichen Fähigkeiten fehle. „Der Jagd­gebrauchs­hund ist kein Kuscheltier, sondern ein Nutztier. Und die Jagdgebrauchshundezucht ist deshalb so verant­wortungsvoll, weil wir Hunde züchten müssen, die von Haus aus funktionieren“, betont Walch. Für die Zucht sei selbstverständlich die Ausbildung möglichst vieler Jagdhunde entscheidend, so Walch weiter. Er resümiert: „Der Jagdhund ist der Diensthund des Jägers, und es gibt keine verant­wortungsvolle und weidgerechte Jagd ohne den Einsatz eines Jagd­gebrauchs­hundes. Er und der Jagdgebrauchs­hundeführer bringen den Tierschutz auf die Fläche.“ Wichtig sei es, ergänzt Walch, dass die Jagdhunde, aber auch die Hundeführer, gut aus­gebildet seien – dort herrsche akuter Handlungsbedarf, gerade in den ­Gehorsamsfächern.

Expertenblock

Ob.-Fö. Ing. Christoph Hitz - © photonews.at/Georges Schneider

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Den „Expertenblock“ eröffnete Meisterführer Ob.-Fö. Ing. Christoph Hitz, der dem NÖ Jagdverband auch als Bereichs­hundeführer für die Nachsuche zur Verfügung steht.
„Grundsätzlich kann jede Jagd­hunde­rasse für Nach­suchen eingesetzt werden“, stellt Hitz fest und führt die grund­legenden Fähigkeiten, wie fährtentreue Riemenarbeit, ausdauernde, laute Hetze und lautes Stellen, an. Die Ausrüstung des Nachsuchenführers habe sich in den letzten hundert Jahren kaum verändert, lediglich die Signalbekleidung und die Verwendung von GPS-­Ortungsgeräten seien dazugekommen. Der Oberförster sprach sich für eine offene Visierung in Kombination mit starken Kalibern aus, denn er weiß: „In der Regel werden Fangschüsse auf 5–20 m abgegeben.“
Der Ablauf einer Nachsuche folge stets demselben Prinzip: Die Nach­suche beginne mit der Infor­mations­beschaffung beim Schützen; das ­Gesamtbild entstehe beim Zusammen­fügen der einzelnen Mosaik­steinchen in Gestalt von Knochensplittern, Schnitthaaren oder Schweiß, welche Rückschlüsse auf die Art der Verletzung ermöglichen würden. Interessant sei in diesem Zusammenhang auch, ob bereits mit einem Hund nachgesucht worden sei bzw. ob man schon der zweite oder dritte Hundeführer sei, der auf der Wundfährte ­arbeite. Der Hund warte bei der ­Anschussanalyse stets abseits. „Der ­Anschuss ist die halbe Miete. Danach beginnt die Riemenarbeit mit dem Hund. Schweißarbeit ist Riemenarbeit!“ Der Hundeführer habe sowohl den ­Ablauf als auch die Stehzeit (Zeit vom Schuss bis zum Beginn der Schweiß­arbeit, Anm.) zu bestimmen, so Hitz. Gefundene Birschzeichen markiere der Meisterführer mit magenta­farbenen Markierungsbändern, da diese auch im bunten Herbstwald gut zu sehen seien. Die Hatz und das Stellen seien laut, ­erklärt Hitz. „Wird das Tier gefunden, ist in der Regel ein Fangschuss anzutragen, den ausschließlich der Hundeführer abzugeben hat“, bekräftigt der Nach­suchenprofi weiter. Eine Nach­suche sei nur dann abzubrechen, wenn Hund und Führer am Ende ihrer Kräfte seien, so Hitz. Daher: Hund und ­Führer müssen topfit sein! Der Oberförster gibt augenzwinkernd zu be­denken, dass der Hund auch nur ein Mensch sei, welcher einmal einen schlechten Tag haben könne. Daher solle man nicht zu stolz sein, einen ­anderen Hund zu Rate zu ziehen, wenn das notwendig sei.

BJM Mf. Johannes Schiesser - © photonews.at/Georges Schneider

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BJM Mf. Johannes Schiesser, Vorsitzender des Fachausschusses für Hunde­wesen im Niederösterreichischen Jagdverband, gab Ein­blicke in die Hunde­arbeit bei Bewegungsjagden.
Bei Bewegungsjagden handle es sich in der Regel um Drück-, Treib- oder Stöberjagden, bei denen Hundeführer und Jagdhunde gemeinsam jagen, so Schiesser. Bei der Bewegungsjagd auf Schalenwild hätten sich Brackier-, ­Stöber-, Bau- und Vorstehhunde am besten bewährt. Da eine klassische Feldsuche aufgrund des Niederwildrückganges nur noch selten stattfinde, würden die Vorstehhunde immer mehr in die Bewegungsjagden auf Schwarzwild drängen, die in den letzten 10–15 Jahren viel häufiger geworden seien. Auf die Frage, wie viele Hunde bei einer Bewegungsjagd verwendet werden sollen, gibt Schiesser als Faustregel 3–6 Hunde pro 100 ha an, wobei immer Qualität vor Quantität gehe.
Spannend ist die Präsentation des Bewegungsmusters eines Hundes, das per GPS-Halsband im Zuge einer ­Bewegungsjagd aufgenommen worden ist. „Ein vom Stand geschnallter Stöberhund kann eine Fläche von etwa 30 ha abdecken“, weiß der Meisterführer. Weiters präsentiert er die Arbeit eines Jagdterriers bei einem Sauriegler, veranschaulicht durch ein Video, in dem man die Bewegung des Hundes auf einer Karte mitverfolgen kann. Man kann mit dem System von Tracker (Hersteller von GPS-Hundehalsbändern, Anm.) als Hundeführer sehen, ob sich der Hund bewegt, wie schnell er ist, wie weit entfernt er ist, ob er Wild folgt, stellt usw. „Ich gehe mit meinem Hund auf die Jagd und nicht er mit mir – das gilt auch für Stöberhunde“, merkt Schiesser augenzwinkernd an.
Der Bezirksjägermeister empfiehlt bei der Durchführung von Stöberjagden, die Jagdnachbarn im Vorfeld zu verständigen und die Hunde erst im Revier­inneren zu schnallen, da diese selbstverständlich keine Reviergrenze kennen. Bogenreine Hunde seien hier besonders ideal, so Schiesser. Zudem sollte auch die Behörde informiert ­werden, gerade dann, wenn das Revier von vielbefahrenen Straßen durchschnitten wird. Und da es passieren kann, dass Jagdhunde im Einsatz ­Fremden zulaufen und diese die Polizei rufen, ist eine Information der Exe­kutive ebenfalls empfehlenswert. Eine Tierarzt­bereitschaft und ein Hundeführer für die Nachsuche sollten selbstverständlich ebenfalls organisiert werden.
Zum Thema Wildschärfe führt Schiesser aus: „Der Hund soll das Wild bei einer Bewegungsjagd stark und scharf bedrängen, aber mehr Verstand als Schärfe haben. Sonst gefährdet er sich selbst.“
Bei der Bewegungsjagd auf Niederwild eignen sich alle Vorstehhunde­- und Apportierhunderassen. „Doch ein Hund, der ständig außerhalb des Schussbereichs der Flinte unterwegs ist, ist unbrauchbar“, betont der ­Meisterführer. Schiesser ermuntert die Hundeführer zudem, den Gesundheitszustand des Hundes während der Jagd permanent zu prüfen.

Dominik Buchegger - © photonews.at/Georges Schneider

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Dominik Buchegger beschäftigt sich ­bereits seit Jahren mit der Bewegungsjagd auf Schwarzwild. Die 2017 von ihm gegründete Stöberhundegruppe umfasst 15 Mitglieder mit insgesamt 35 Hunden und hat im vorigen Jagdjahr an 13 Mais- und 41 Wald­jagden teil­genommen. Insgesamt sind dabei 710 Stück Schwarzwild in freier Wildbahn zur Strecke gekommen.
Der Einsatz verschiedener Hunderassen mit unterschiedlichen Charakteren und Schärfen bilde bei Schwarzwildrieglern oft den Schlüssel zum Erfolg, erklärt Buchegger. Es befinde sich auch ein Nachsuchenführer in ­seiner Gruppe, der dem Jagdleiter im Anschluss an den Riegler zur Verfügung stehe. „Es sollte bei einer Riegeljagd jeder Anschuss kontrolliert werden“, fordert Buchegger.
Für die Einarbeitung der Hunde sei es aus seiner Sicht wichtig, dass diese frühzeitig Kontakt mit Schwarzwild, engen Kontakt mit anderen Jagdhunden und dem Hundeführer sowie ausreichend Jagdpraxis mit erfahrenen Hunden haben. Die Sozialisierung starte bereits im Welpenalter, da diese für die Arbeit in der Gruppe unumgänglich sei, so der Hundeführer. „Die beste Übung ist allerdings die Praxis“, betont Buchegger, und zum Üben fahre die Gruppe mit ihren Hunden zweimal im Jahr in ein Schwarzwildübungsgatter nach Deutschland.
Besonders wichtig bei der Schwarzwildjagd sei eine maßgefertigte Hundeschutzweste in auffälligen Farben, auch wenn diese keinen hundertprozentigen Schutz biete. Der Hundeführer solle zum einen bunt gekleidet und zum anderen mit einer Sauschutzhose aus­gestattet sein. Auch wenn man aussehe wie ein Clown – es sei die eigene Lebensversicherung, die man da am Körper trage, verdeutlicht der 29-Jährige. Er appelliert auch an die Schützen, nicht nur ein Signalhutband, sondern als Mindestanforderung eine Signalweste zu tragen.
„Das Streckemachen ist einzig und allein die Aufgabe der Standschützen“, betont Buchegger, da das Schießen im Trieb – auch von Treiberschützen, die manchmal vom Jagdleiter in den Reihen der Hundeführer postiert werden – einfach zu gefährlich sei. Noch gefährlicher werde es, wenn Flintenlauf­geschosse verwendet werden. Hier appelliert er an die Jagdleiter, diese schon im Vorfeld zu verbieten.
Ein GPS-Ortungsgerät sorgt für ein schnelles Auffinden des Hundes, sollte dieser Hilfe benötigen, und erlaubt einen guten Überblick, da man am Handy auch die anderen Hunde der Gruppe sieht. Ein Nachteil ist, dass die Hunde bei falscher Verwendung „bequem“ werden könnten, weil sie wissen, dass sie abgeholt werden.
Das Abfangen sei im Falle des Falles auch ohne Schusswaffe möglich, sollte aber erfahrenen Hundeführern überlassen werden. Buchegger richtet eine Bitte an die Jungjägerausbildung, schon frühzeitig zu vermitteln, dass Fangschüsse ausschließlich von den Hundeführern abgegeben werden.
Speziell bei Maisjagden dürfen aufgrund der geringen Sicht innerhalb der Kultur keine Schüsse abgegeben werden, zudem sollten die Schützen, welche das Feld abstellen, immer mit dem Rücken zum Feld stehen. Aufgrund der hohen Temperaturen im Mais wäre es ideal, die Jagden entweder morgens oder abends stattfinden zu lassen, um die Hunde, in dicke Hundeschutzwesten gepackt, nicht zu überhitzen. Bei starkem Hirsewuchs sollten die Augen der Hunde kontrolliert und ggf. gründlich aus­gewaschen werden.

Der 2. Teil mit weiteren Vorträgen folgt in einer der nächsten Printausgaben!