Spürnasen gegen ASP
Das Innenministerium und der NÖ Jagdverband rüsten sich mit der Ausbildung von ASP-Kadaverspürhunden für einen möglichen Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP).
Die Afrikanische Schweinepest (ASP) kommt der niederösterreichischen Grenze zunehmend näher, auch im Rest Europas verbreitet sich die Krankheit zunehmend. Daher setzt der NÖ Jagdverband in Kooperation mit verschiedenen Partnern auf gezielte Maßnahmen, um im Falle eines Ausbruchs vorbereitet zu sein.
Am 30. April 2023 durften wir im Polizeidiensthundezentrum Strebersdorf den Start einer solchen Kooperation miterleben. In einer Zusammenarbeit zwischen NÖ Jagdverband (JV) und dem Bundesministerium für Inneres (BMI) werden dort Jagdhunde zu ASP-Kadaverspürhunden ausgebildet. Bereits Mitte April gab es einen ersten Sichtungstermin, bei dem die Hunde sowie deren Hundeführer unter anderem unter den Bereichshundeführern ausgewählt und auf ihre Eignung für diese spezielle Aufgabe geprüft wurden. In weiterer Folge werden neun Mensch-Hund-Teams bis zum Herbst 2023 den Kurs für Leichenspürhunde der Polizei im Polizeidiensthundezentrum Strebersdorf absolvieren. Zeigt sich dieses Pilotprojekt erfolgreich, wird der NÖ JV Kurse zur Ausbildung zum Kadaverspürhund anbieten.
Die Ausbildung richtet sich auf das Auffinden von bereits kranken, noch lebenden bzw. bereits verendeten Wildtieren. Dabei erlernen die Jagdhunde notwendige Techniken und Kompetenzen, um Wildschweinkadaver schnell und effizient zu finden, ohne ihnen dabei zu nahe zu kommen. Im Anschluss erfolgt das weitere Training in niederösterreichischen Revieren. Abgeschlossen wird der 16-tägige Kurs mit einer Prüfung. Wer nun meint, 16 Kurstage seien nicht viel, der irrt. Denn in den 16 Tagen werden den Hundeführern lediglich die nötigen Techniken vermittelt. Geübt werden muss im Anschluss zu Hause. Die Kosten für die Ausbildung sowie den Aufwand für den Echteinsatz mitsamt technischen Hilfsmitteln trägt das Land Niederösterreich, die weiteren anfallenden Kosten übernehmen das BMI und der NÖ Jagdverband.
Gemeinsam stark
Eingeleitet wurde die Präsentation der Spürhunde mit einer Pressekonferenz, an der neben den Hundeführern von Polizei und Jägerschaft unter anderem LJM DI Josef Pröll, Generalsekretärin Mag. Sylvia Scherhaufer, Innenminister Mag. Gerhard Karner sowie Oberstleutnant Rudolf König (Leiter der Polizeidiensthundeabteilung) teilnahmen.
Zusammenarbeit
Innenminister Gerhard Karner, selbst Jäger, erklärt: „Die Kooperation ist nach der Zusammenarbeit beim Projekt ‚Gemeinsam. Sicher‘ das zweite Projekt des NÖ Jagdverbandes mit dem BMI. Beide Projekte kommen der Allgemeinheit zugute und leisten einen wichtigen Beitrag zum Tierschutz. Die ASP birgt ein enormes Risiko für die heimische Landwirtschaft. Daher ist es wichtig, dass vorbereitende Maßnahmen zur Eindämmung getroffen werden. Das Ausbildungszentrum Strebersdorf ist seit Jahrzehnten ein Garant für Expertise rund um das Diensthundewesen und somit der perfekte Partner für diese Ausbildung.“ Auch Experten des Fachausschusses für Hundewesen begleiten den Kurs. Der NÖ Jagdverband unterstützt die Exekutive überdies bei der Vermittlung von Revieren zu Ausbildungszwecken.
Zahlreiche Maßnahmen
Landesjägermeister DI Josef Pröll erklärt: „Die Suche mit Jagdhunden hat den Vorteil, dass sie ein Gebiet deutlich effizienter und schneller absuchen können als eine Menschenkette, zudem sorgen sie für weniger Beunruhigung im Wald. Das gefundene Fallwild wird dann derart aus dem Wald verbracht, dass eine weitere Ausbreitung verhindert wird. Der NÖ Jagdverband leistet somit einen wichtigen Beitrag, um die Ausbreitung der ASP zu verhindern. Das kommt vor allem den Bauern zugute, die bei einer Ausbreitung der ASP besonders betroffen wären und mit enormen Schäden zu kämpfen hätten.“
Ausgehend von einem Fachvortrag beim Jagdhundegipfel im April 2022 hat der NÖ Jagdverband mit der Planung der Ausbildung von ASP-Kadaversuchhunden begonnen. Darin, die Schwarzwildbestände zu reduzieren, liegt eine weitere Maßnahme. Denn Erfahrungsberichte aus anderen Ländern zeigen, dass damit das Ausbreitungsrisiko auch während eines Ausbruchs minimiert werden kann. Zur Abstimmung auf Bundesebene ist der NÖ Jagdverband in der ASP-Task-Force des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz vertreten, weiters unterstützt der NÖ Jagdverband die Infokampagne der AGES und nimmt an den Abstimmungsterminen mit der Veterinärbehörde des Landes Niederösterreich teil. Als vorbereitende Maßnahme wurde ein Fest- und Elektrozaun zur Abgrenzung befallener Gebiete gekauft. Im Oktober 2022 gab es zudem unter Beteiligung von Jägerschaft sowie Veterinärbehörde eine ASP-Übung in Obersiebenbrunn, Bezirk Gänserndorf.
Niederösterreich unterstützt
Christina Riedl, Leiterin der Abteilung Veterinärangelegenheiten und Lebensmittelkontrolle des Amtes der NÖ Landesregierung, erklärt: „Niederösterreich wird voraussichtlich das erste Bundesland in Österreich sein, in dem Fälle der ASP nachgewiesen werden. Daher haben wir natürlich ein großes Interesse daran, alle Maßnahmen zu setzen, die eine Eindämmung unterstützen. Die ASP-Kadaversuchhunde bieten dabei die Möglichkeit, relativ rasch Flächen auf Fallwild von Wildschweinen zu durchsuchen, Proben zu entnehmen und Kadaver zu entfernen, um eine Ausbreitung zu verhindern. Daher unterstützt das Land Niederösterreich selbstverständlich die Initiative des NÖ Jagdverbandes und die Kooperation mit dem BMI.“
Bitte melden
Die ASP, eine Virusinfektion, deren Verlauf für Haus- sowie Wildschweine meist tödlich endet, befällt Schweine aller Rassen und Altersstufen. Die Afrikanische Schweinepest breitet sich von Osten in Richtung Zentraleuropa aus. Allerdings ist die Krankheit auch schon Hunderte Kilometer von bereits befallenen Gebieten neu ausgebrochen. Daher bittet der NÖ Jagdverband die Bevölkerung um Hilfe und appelliert, jedes verendet aufgefundene Wildschwein der Veterinärbehörde zu melden. Umso früher ein Ausbruch erkannt wird, desto eher kann dieser auch eingedämmt werden. Für Menschen und Hunde stellt die ASP keine Gesundheitsgefährdung dar.
Bereichshundeführer
Wir haben den Bezirksjägermeister von St. Pölten und Experten im Fachausschuss für Hundewesen des NÖ Jagdverbandes, Mf. Johannes Schiesser, der mit seinem Kleinen-Münsterländer-Rüden „Cato“ die Ausbildung zum Kadaverspürhund absolviert, zum Interview gebeten.
WEIDWERK: Herr BJM, welche Fähigkeiten muss ein Jagdhund mitbringen, um für die Ausbildung zum ASP-Kadaverspürhund geeignet zu sein?
BJM Johannes Schiesser: Beim aktuellen Projekt nehmen grundsätzlich Jagdhunde mit bereits absolvierten Jagdhundeprüfungen teil. Es sind jedoch auch zwei einjährige Jagdhunde bei der Ausbildung dabei, die parallel die „normale“ Jagdhundeausbildung absolvieren. Es soll evaluiert werden, ob dies für zukünftige Kurse in dieser Art und Weise möglich ist.
WEIDWERK: Gibt es Rassen, die besser geeignet sind als andere? Falls ja, warum?
Schiesser: Bei der Suche nach Wildschweinkadavern soll der Jagdhund unter der Flinte das sogenannte Buschieren (Absuchen des Geländes etwa 25–30 m vor dem Schützen) zeigen. Daher ist eine gute Führerbindung notwendig, auch wenn das Suchengespann auf lebendes Wild kommt. Der Jagdhund soll sich von lebendem Wild abrufen lassen, vor allem auch von Schwarzwild. Wenn ein Jagdhund bei Schalenwildbewegungsjagden als Stöberhund zum Einsatz kommt, sind nicht die optimalen Voraussetzungen gegeben.
WEIDWERK: Wo liegen die Schwierigkeiten dieser Ausbildung, gerade in Bezug auf die „gewöhnliche“ Arbeit eines Jagdhundes?
Schiesser: Der Jagdhund wird für das Zustandebringen von frisch erlegtem Wild ausgebildet und soll bei Bewegungsjagden Wild finden und vor die Schützen bringen. Eine Nachsuche auf Schalenwild beginnt immer am Anschuss in relativ kurzer Zeit (wenige Stunden) nach der Schussabgabe. Bei der ASP-Kadaversuche soll er verendetes Wild oder Teile davon, egal, welchen Verwesungsgrad diese aufweisen, auf einer von der Veterinärbehörde festgelegten Fläche suchen. Wird etwas gefunden, so soll es der Jagdhund anzeigen, er darf es jedoch keinesfalls berühren oder apportieren. Es handelt sich bei diesen Funden um seuchenverdächtiges Material, das entsprechend den Seuchenbestimmungen entsorgt werden muss. Das Anzeigen des gefundenen Materials erfolgt durch Verbellen – wie das Totverbellen bei einer Schalenwildnachsuche.
WEIDWERK: Wie ist die Ausbildung zum ASP-Spürhund aufgebaut? (Training, Prüfung, Arbeit in den Revieren usw.)
Schiesser: Die Technik – Suchen, Finden, Verbellen mit entsprechendem Abstand – wird an einem sogenannten „Trainingsstoff“ erlernt. Erst wenn die Aufgabenstellung am Trainingsstoff gelöst wird, werden Wildschweinteile in den verschiedensten Verwesungsstadien zur Ausbildung verwendet. Diese Kadaverteile sind natürlich auf ASP und Aujeszky getestet. In Summe sind 16 reine Ausbildungstage im Zeitraum von ca. vier Monaten vorgesehen. Zwischen den einzelnen Ausbildungseinheiten, immer zwei aufeinanderfolgende Tage in einem Zwei-Wochen-Rhythmus, muss natürlich täglich zwei bis drei Mal mit dem Hund trainiert werden. Etwa 70 % der Ausbildungseinheiten finden in den verschiedensten Revieren statt. Am Ende der Ausbildung steht eine Zertifizierungsprüfung. Erst mit der erfolgreich absolvierten Prüfung ist ein Einsatz möglich. Weiters ist eine jährliche Rezertifizierung notwendig, vor allem, wenn keine Einsätze zu verzeichnen waren.
WEIDWERK: Welche Herausforderungen stellt die Ausbildung für Hund und Hundeführer?
Schiesser: Da bei der Jagdhundeausbildung immer mit ganzen Stücken bzw. frisch erlegtem Wild gearbeitet wird und hier de facto Aas gesucht und angezeigt werden soll, ist das für einen bereits ausgebildeten Jagdhund eine neue Situation. Das Suchen und Finden von kleinsten Teilen, vor allem Knochen, und das sichere Anzeigen und Nicht-Berühren sind ebenfalls Herausforderungen.
WEIDWERK: Wie viele Hunde werden insgesamt ausgebildet?
Schiesser: Die Ausbildung wurde mit neun Jagdhunden begonnen, und alle Hundeführer sind Jägerinnen und Jäger.
WEIDWERK: Lieber Herr BJM Schiesser, wir danken für das Gespräch.