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Bereit für den Ernstfall?

30. Mai 2023 -
Bereit für den Ernstfall? - © Michael Migos
© Michael Migos

Auch wenn hierzulande noch keine ASP-Fälle bekannt wurden, sind Präventionskonzepte und entsprechende Vorbereitung darauf unerlässlich – Die Situation könnte sich schon über Nacht ändern ...

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist noch ein vergleichs­weise neues Thema in Europa, hat es jedoch binnen kurzer Zeit geschafft, sich in einer Vielzahl von Ländern zu etablieren. Im September 2020 hatte das Virus von Polen aus auch Deutschland erreicht, wo es sich seither ausbreitet. Während in den ­direkt betroffenen Gebieten mit einem breiten Arsenal an Maßnahmen gegen die ASP vorgegangen wird, bleiben auch Gegenden in Deutschland nicht untätig, die bisher noch weit vom ­Ausbruchsgeschehen entfernt liegen. Ein Beispiel liefert hierfür der Landkreis Günzburg in Bayerisch-Schwaben, wo sich schon seit Herbst 2020 lokale Jäger zu Bergehelfern ausbilden lassen, um im Ernstfall die Entsorgung kontaminierter Kadaver zu über­nehmen. Selbst einer dieser Bergehelfer, möchte ich an dieser Stelle Einblicke in diese interessante Präventionsmaßnahme bieten.

Die ASP – ein „Erfolgsmodell“

Die ASP hat es in der Jägerschaft ­bereits zu einiger Bekanntheit gebracht, soll an dieser Stelle vorab jedoch noch einmal kurz vorgestellt werden.
Es handelt sich dabei um eine Virus­erkrankung mit sehr unspezifischen Symptomen, die ausschließlich Schweine befällt, Erkrankungen anderer Tiere oder des Menschen konnten bisher nicht nachgewiesen werden. Wie der Name schon sagt, stammt die Seuche aus Afrika, wo die dort heimischen Schweinearten, wie beispielsweise das Warzenschwein, an die Krankheit ­angepasst sind – ganz im Gegensatz zu unseren europäischen Wildschweinen und den von ihnen abstammenden Hausschweinen, bei denen die ASP ­zunächst in nahezu 100 % der Fälle ­tödlich endet. Die besondere Gefahr der Krankheit liegt jedoch nicht nur in ihrer hohen Letalität, sondern auch am bisherigen Fehlen von Möglichkeiten zur Therapie oder Impfung, wodurch die landwirtschaftliche Schweinehaltung durch die Seuche in massive Bedrängnis geraten kann. Ein weiterer Punkt, der die ASP so gefährlich macht, liegt in ihrem Potenzial zur Ausbreitung, ­dieses hat es ihr ohnehin erst möglich gemacht, Europa zu erreichen. Die schwer kranken und meist innerhalb einer Woche verendenden Schweine tragen hierzu zu Lebzeiten allerdings kaum bei, die Gefahr liegt in der ­Fähigkeit des Virus, nach dem Tod ­seines Wirts zu überdauern. Gülle kranker Schweine, von diesen berührte Futtermittel oder Kleidung, die in ­befallenen Ställen bzw. beim Erlegen eines erkrankten Stückes Schwarzwild getragen wurde, können bereits zur Übertragung ausreichen. Und auch das Schwein selbst ist durch seinen Tod noch nicht dekontaminiert, denn in Rohwurst oder -schinken kann das Virus über viele Monate hinweg überdauern.

Verbreitung

Fleischimporte aus Afrika waren der Weg der ASP nach Europa, wo sie ­erstmals 2007 im Kaukasus auftrat. Die Verbreitung von dort aus um das Schwarze Meer herum nach Osteuropa profitierte davon ebenfalls. Das von einem Kraftfahrer entlang der Autobahn achtlos entsorgte Salamibrot kann bereits ausreichen, um unter den Wildschweinen, die es finden und fressen, einen Seuchenherd entstehen zu lassen, der mehrere Hundert Kilometer vom nächsten bekannten ASP-Fall entfernt liegt. Anders lassen sich die Ausbrüche in Tschechien 2017, Belgien 2018 und zuletzt Italien 2022 kaum erklären. Die Absicherung von Autobahnrastplätzen vor Wildtieren ist daher eine wichtige Präventionsmaßnahme. Durch schnelles und energisches Vorgehen gelang es in den beiden erstgenannten Fällen, den Ausbruch einzudämmen und sowohl Tschechien als auch Belgien ­zunächst einmal wieder als ASP-frei zu erklären, während in Italien ins­besondere die Region Ligurien bereits seit über einem Jahr immer wieder neue Fälle vermeldet.
Die ersten Fälle in Deutschland traten in Brandenburg und Sachsen in unmittelbarer Nachbarschaft zu ­bereits langfristig infizierten Wildschwein­beständen in Polen auf und nicht isoliert, was die Eindämmung erschwert und bis heute verhindert hat. Ebenso kehrte die ASP dann 2022 auch nach fast fünf Jahren nach Tschechien ­zurück, wo sie sich diesmal ebenfalls langsam – von der polnischen Population ausgehend – über die Grenze ausgebreitet hat, was die Erfolgsaussichten, der Krankheit ein weiteres Mal zu entgehen, deutlich schlechter macht.

Bereit für den Ernstfall? - Um für den Ernstfall gerüstet zu sein, ­stellen sich freiwillige Bergehelfer im ­Landkreis Günzburg, D, laufend praktischen Übungsszenarien. - © Markus Deißler
Um für den Ernstfall gerüstet zu sein, ­stellen sich freiwillige Bergehelfer im ­Landkreis Günzburg, D, laufend praktischen Übungsszenarien. © Markus Deißler
Bereit für den Ernstfall? - Vom Aufspüren verendeter Stücke bis hin zur Desinfektion der ­Fund­stelle wird Wissen gesammelt, um Prozesse nachzuschärfen. - © Markus Deißler
Vom Aufspüren verendeter Stücke bis hin zur Desinfektion der ­Fund­stelle wird Wissen gesammelt, um Prozesse nachzuschärfen. © Markus Deißler

Blick ins Hinterland

Spätestens seit der Coronapandemie ist es bekannt, dass sich die Nachrichtenlage über eine Virusausbreitung täglich ändert, weshalb zur Information über das aktuelle Geschehen in Deutschland und Europa auf das Friedrich-Loeffler-Institut zu verweisen ist. Wo sich die Ereignisse noch nicht überschlagen, wie an der polnischen Grenze, herrscht derzeit die Ruhe vor dem Sturm. ­Nachdem die ASP für ihren Ausbruch in Belgien die Bundesrepublik bereits einmal irgendwie durchquert haben muss, wurde spätestens durch den ­Ausbruch in Deutschland auch in ­Regionen die Alarmbereitschaft geweckt, die fernab der momentanen Fälle im Hinterland liegen – so auch im Landkreis Günzburg in Bayerisch-Schwaben. Dieser liegt vom Infektionsgeschehen im Moment, in dem die dortigen ­Präventionsmaßnahmen beschlossen wurden, noch rund 500 km entfernt. Einerseits ist die Gefahr weit weg, ­andererseits kann sich die Situation im schlimmsten Fall von einem Tag auf den anderen ändern, weshalb Vorbereitungen für den Fall eines ASP-Ausbruchs getroffen werden. Gerade die Ausbreitung entlang der Autobahn stellt hier an der A8 zentral zwischen Stuttgart und München ein nicht zu unterschätzendes Risiko dar. Schwarzwild kommt recht zahlreich vor und böte dem Virus ein potenzielles Reservoir. Es werden dort Maßnahmen ergriffen, um sich gegen einen Ausbruch der ASP zu wappnen:

  • Sicherung der Autobahnrastplätze,
  • Bereitstellung von Zäunen zur ­wilddichten Abriegelung einer ­Pufferzone um einen theoretischen Ausbruch,
  • die Ausbildung von Hunden zur ­Kadaversuche, um Fallwild schnell aufzuspüren, und
  • die Ausbildung der Bergehelfer, um dieses dann möglichst ­kontaminationsfrei aus der Umwelt zu schaffen.

Die Relevanz all dieser Maßnahmen wurde seit ihrer Einführung bereits mehrfach bestätigt, da seither in drei weiteren Bundesländern ASP-Fälle auftraten. Während in Mecklenburg-­Vorpommern deutlich näher zum ­betroffenen Grenzbereich sowohl bei Haus- als auch Wildschweinen Fälle auftraten, waren in Niedersachsen und Baden-Württemberg jeweils nur einzelne Hausschweinbestände nahe der Westgrenze zu den Niederlanden bzw. Frankreich betroffen. Die ASP bricht also immer wieder einmal auch an weit entfernten Orten aus und stellt so auch für alle Nachbarländer ein ­permanentes Risiko dar. Österreich blieb bisher noch verschont, kann aber jederzeit ebenfalls von einem spontan verschleppten Ausbruch betroffen sein und muss auch damit rechnen, dass die kontinuierliche Ausbreitung durch Deutschland und Tschechien oder aber Ungarn und die Slowakei das Bundesgebiet früher oder später erreichen wird.

Ausbildung zum Bergehelfer

Da die Entfernung von verseuchtem Fallwild und die Desinfektion des Fund­orts erheblich zur ­Verringerung der Viruslast in der Natur beitragen, wurde es als wichtig angesehen, im Ernstfall bereits geübtes Personal hierfür bereitstehen zu haben. Aus der ­Jägerschaft des Landkreises wurde ein Trupp von rund fünfzehn Freiwilligen für diese Aufgabe rekrutiert. Im Herbst 2020 fanden zunächst theoretische Schulungen über die ASP und das ­geplante Vorgehen statt, bei denen auch bereits die im Einsatz zu tragende Schutzausrüstung anprobiert wurde. Seither wird laufend praktisch geübt und das Vorgehen in Kooperation mit Suchhunden und Katastrophenschutz stetig weiter optimiert.
Hierfür wird ein zur Verfügung ­gestelltes Wildschwein oder eine Schwarte in einem Waldstück versteckt und der „Fundort“ als GPS-Punkt mit der Gruppe geteilt, wie es auch bei einem echten Kadaverfund der Fall wäre. Das Finden der im Unterholz bestens getarnten Sau gestaltet sich nicht gerade einfach – hier ist eine Markierung der Fundstelle durch die Führer der Suchhunde unerlässlich. Wird der Kadaver gefunden, ist die Fundstelle abzumarken und genauestens zu dokumentieren. Der Zustand des Kadavers sowie seiner Umgebung ­erlauben es, später Rückschlüsse über den Todeszeitpunkt zu ziehen, die wichtig für die Einschätzung des Infektionsgeschehens sind. Zur ­Beprobung und Bergung des Schweins wird Schutzkleidung angelegt, was sich im Wald gar nicht so einfach gestaltet – hier ist es ebenso wie beim folgenden Abtransport der Sau hilfreich, dass die Bergehelfer immer in Zweierteams ­eingesetzt werden. An den Körper­öffnungen des Kadavers wird ein Abstrich vorgenommen und zur späteren Laboranalyse beiseitegelegt, bevor das Tier samt umgebender Laubstreu in einen Leichensack bugsiert wird. Um nach dem Handling des Kadavers keine kontaminierten Handschuhe zu haben, werden hierfür zwei Paar übereinander getragen, und das obere anschließend umgestülpt und abgestreift.
Die Fundstelle wird durch Um­graben und Desinfizieren bestmöglich dekontaminiert und anschließend verstänkert, um zu verhindern, dass sich eine weitere Sau der Stelle nähert. Es folgt der Abtransport des Kadavers im Sack. Absperrband, Leichensack und blaue Schutzanzüge erinnern dabei statt an Jagd eher an einen Krimi – nicht umsonst titelte die Lokalzeitung in ihrem Beitrag „Jäger, Spurensicherer und Tatortreiniger“.
Die bisherigen Praxistests zeigten die Schwierigkeiten des Vorgehens gut auf und machten anschaulich, woran noch zu arbeiten ist. So kann das Vorgehen stetig optimiert werden, bevor der Ernstfall eintritt. Schon ein paar Mal löste ein tot aufgefundenes Stück Schwarzwild einen „echten“ ­Einsatz aus. Die Beprobung der Sauen fiel aber glücklicherweise immer ­negativ aus, weshalb es bis auf Weiteres ­hoffentlich erst einmal bei Übungen bleibt. Das Potenzial einer solchen ­freiwilligen Eingreiftruppe kann im Seuchenfall den entscheidenden Vorteil bedeuten. Regionen, in denen die ASP noch ein Problem der Zukunft ist, täten gut daran, sich nach diesem ­Beispiel darauf vorzubereiten. Näheres berichtet hierzu der damalige Günzburger Amtstierarzt Dr. Franz Schmid:

Bereit für den Ernstfall? - Seit 1950 sind die Schwarzwild­abschüsse in Öster­reich kontinuierlich angestiegen. Waren es zu Beginn nur 294 Stück, so wurden knapp 70 Jahre später schon etwa 52.000 Sauen zur Strecke gebracht. Ein hoher Bestand birgt letzt­lich auch ein höheres Risiko einer Ansteckung mit dem ASP-Virus. - © Jakob Wallner

Seit 1950 sind die Schwarzwild­abschüsse in Öster­reich kontinuierlich angestiegen. Waren es zu Beginn nur 294 Stück, so wurden knapp 70 Jahre später schon etwa 52.000 Sauen zur Strecke gebracht. Ein hoher Bestand birgt letzt­lich auch ein höheres Risiko einer Ansteckung mit dem ASP-Virus. © Jakob Wallner

WEIDWERK: Herr Dr. Schmid, wie lässt sich dem Ausbruch einer Seuche wie der ASP erfahrungsgemäß am ­effektivsten vorbeugen, und welche Rolle spielen dabei die Bergehelfer?
Amtstierarzt Dr. Franz Schmid: Am besten lässt sich der Ausbreitung der ASP dadurch vorbeugen, dass das ASP-Virus nicht zu empfänglichen ­Tieren gelangen kann. Entsprechend einfache Verhaltensmaßregeln können hier schon zielführend sein. Dazu ­gehört, dass Wildtiere nicht gefüttert werden. Natürlich entsteht entlang der Verkehrswege ein stetig wachsendes Risiko durch weggeworfene Speisen. Einen weiteren Punkt kann der Jagdtourismus darstellen, wenn hier leichtfertig mit Fleisch von erlegten Tieren umgegangen wird. Andererseits kann die Verringerung der Schwarzwild­bestände dazu führen, dass weniger Kontakte mit Viren möglich sind. Die sehr hohen Bestandeszahlen gerade in unseren aktuellen Seuchengebieten zeigen, wie verheerend die Seuche wütet, wie sie sich in immer größer werdenden Gebieten einnistet und so noch lange eine Bedrohung für alle schweine­haltenden Bestände bleibt.
Die Bergehelfer haben eine zentrale Bedeutung bei der Seuchenbekämpfung nach einem Ausbruch. Hier möchte man durch konsequente Hygiene beim ­Bergen erreichen, dass ASP-Viren nicht flächenhaft verteilt werden und durch verwesende Kadaver beständige „Zeitbomben“ für neue Infektketten zurückbleiben. Auch spielen die Bergehelfer eine wichtige Rolle bei der ­Früherkennung. Die rasche Bergung und Untersuchung sollen uns möglichst schnell über das Krankheits­geschehen in den Wildschweinbeständen informieren.

Bereit für den Ernstfall? - Die gemäß den veröffentlichten Durch­führungsbeschlüssen der EU-Kommission eingerichteten Restriktionsgebiete können in der regelmäßig aktualisierten Karte eingesehen werden. Den Link dazu finden Sie auf der Website des Friedrich-Loeffler-Instituts (www.fli.de). - © santegis.maps.arcgis.com; Stand: 15. 5. 2023

Die gemäß den veröffentlichten Durch­führungsbeschlüssen der EU-Kommission eingerichteten Restriktionsgebiete können in der regelmäßig aktualisierten Karte eingesehen werden. Den Link dazu finden Sie auf der Website des Friedrich-Loeffler-Instituts (www.fli.de). © santegis.maps.arcgis.com; Stand: 15. 5. 2023

"Gelingt es nicht, durch intensive ­Fallwildsuche und Bergung aller toter Wildschweine die Infektionsquellen auszuschalten, bleibt die ASP in der Fläche erhalten, und weitere Seuchen­züge sind vorprogrammiert."
– Dr. Franz Schmid, Amtstierarzt Günzburg, D

WEIDWERK: Welche Maßnahmen hat der deutsche Landkreis Günzburg in Bezug auf die ASP-Prävention außer der Ausbildung der Bergehelfer noch in Planung oder bereits umgesetzt? Sind diese Konzepte einzigartig, oder werden sie flächendeckend in Deutschland umgesetzt?
Schmid: Als Präventionsmaßnahme im Landkreis Günzburg sehe ich die ­Sicherung der Rastplätze und der Abfall­behältnisse an der A8. Durch die Einzäunung, das Verschließen der ­Abfallbehälter und die Aufklärung der Reisenden sind die ersten Bausteine zur Vorbeugung gesetzt. Über die ­Prävention hinaus gilt es aber, sich ­weiter auf den Seuchenfall vorzu­bereiten. Hier sind die Möglichkeiten, die zur Seuchenbekämpfung zur Verfügung stehen, aber sehr begrenzt. Ziel wird es sein, das ASP-Virus und seine Wirte auf ein konkretes Gebiet zu ­beschränken. Mit einer Zaunanlage im Umkreis von etwa 4 km soll verhindert werden, dass Wildschweine diesen ­Bereich verlassen. Danach beginnt die erste schwierige Aufgabe: alle verendeten Wildschweine im Kerngebiet zu finden und sicher zu bergen bzw. zu entsorgen. Um unsere Schlagkraft beim Auffinden von toten Tieren zu steigern, versuchen wir, unsere Schlagkraft über die gezielte Ausbildung von Fallwildsuchhunden zu erhöhen. Aktuell werden sieben Hunde trainiert. Damit nehmen wir in Bayern eine gewisse Vorreiterstellung ein. Hilfe haben wir aus dem Bereich der Rettungshundeausbildung der Johanniter und der Jägerschaft. Dafür gibt es in Deutschland schon gute Aktivitäten. Die Suchhunde aus dem Saarland, aus Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz waren schon in Brandenburg
im Einsatz.

WEIDWERK: Schwaben ist weit weg von den aktuellen Ausbrüchen der ASP in Brandenburg und Sachsen. Wie groß schätzen Sie das Risiko ein, von der ASP erreicht zu werden? Wann glauben Sie, wird es so weit sein?
Schmid: Das Eintragsrisiko ist grundsätzlich hoch. Dabei ist die Ausbreitung durch Kontakt von Tier zu Tier nicht unser vordringlichstes Problem. Innerhalb Deutschlands werden die ­abgezäunten Autobahnabschnitte einer Ausbreitung von Tier zu Tier entgegen­wirken. Erheblich größer ist allerdings die Einschleppung über Menschen. Die Ausbrüche der ASP in Tschechien und Belgien sind durch menschliche „Mithilfe“ entstanden.
Die großen Seuchenherde sind von Russland über die Ukraine auch in der EU vorhanden, wie Griechenland, Bulgarien, Rumänien, Ungarn. Gerade in Rumänien sind Hausschweine­haltungen betroffen. Somit ist die ­Verbreitung durch Fleischerzeugnisse eine latent hohe Gefahr. Durch Kontrolle an der Autobahn wird versucht, unkontrolliert verbrachte Erzeugnisse zu finden und zu ent­sorgen.

WEIDWERK: Rechtzeitige Vorbereitung und Übung erlauben es, das System zu verbessern, noch bevor es gebraucht wird. Welche anfänglichen Mängel konnten in den ersten Monaten der ASP-Prävention bereits behoben ­werden, und wo sehen Sie noch ­Optimierungsbedarf?
Schmid: Mängel bestehen noch bei der Lokalisierung toter Tiere. Hierfür muss der Umgang mit entsprechenden Geräten zur Georeferenzierung ver­bessert werden. Wir planen, eine ­entsprechende Schulung und Ein­weisung gemeinsam mit dem Such­-team durchzuführen. Die praktischen Übungen zeigen auch, dass die Vorgabe in den QM-Dokumenten einer Korrektur dahingehend bedarf, dass die Dokumente anwenderfreundlicher gestaltet werden müssen.

WEIDWERK: Wie würden Sie die ­Bedeutung der Zusammenarbeit der Behörden mit der örtlichen Jägerschaft zur Bekämpfung von Wildkrankheiten wie der ASP einschätzen? Was lässt sich hierfür von jagdlicher Seite alles tun?
Schmid: Die Zusammenarbeit mit den Jägern gestaltet sich im Landkreis sehr gut. Dies reicht von Projekten, die die Entsorgung von Wildschweinen und deren Aufbruch kanalisieren, bis zur Unterstützung der Radiocaesiummessung bei erlegten Wildschweinen. Präventiv versuchen wir, die Wild­schwein­einstandsgebiete kartografisch zu erfassen, damit wir die Suche gegebenenfalls effektiver gestalten können.

WEIDWERK: Warum ist gerade die ASP so gefährlich, dass derart umfassende Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung und Vorbeugung ergriffen werden?
Schmid: Die ASP verläuft überaus verlust­reich. Mortalitätsraten von 98 % und höher sind Ausdruck dafür. Alle bisherigen Bemühungen, einen Impfstoff gegen die ASP zu entwickeln, sind bis dato fehlgeschlagen. China hat mit der ASP etwa 40 % des Hausschweinebestandes eingebüßt. Demnach bleiben zur Eindämmung der Seuche nur das schnelle Eingreifen und die flächenhafte Eliminierung aller Wirtstiere in einem Gebiet, wenn nicht dauerhaft die Schweinehaltung eines Landes infrage gestellt werden soll.

WEIDWERK: Welche Schlüsse und ­Prognosen lassen sich aus der bisherigen Erfahrung aus den ASP-Ausbrüchen in Deutschland und im Ausland für ­unsere Zukunft mit dieser Krankheit hier in Europa ziehen?
Schmid: Die Afrikanische Schweinepest bedroht unsere Schweinebestände in existenzieller Weise. Sowohl die Hausschweine als auch die Wildschweine. Falls es nicht gelingt, durch intensive Fallwildsuche und Bergung aller toten Wildschweine die Infektionsquellen auszuschalten, bleibt die ASP in der Fläche erhalten, und weitere Seuchenzüge sind vorprogrammiert. Der wesentliche Faktor im Seuchengeschehen ist der Mensch, der durch unvernünftiges Handeln der Virusausbreitung Vorschub leistet. Besonders bedenklich ist die Ausbreitung der Seuche entlang unserer Hauptverkehrsrouten.

WEIDWERK: Gibt es noch etwas, ­gerade aus medizinischer Sicht, auf das Sie als Veterinär beim Thema ASP besonders hinweisen möchten?
Schmid: Ja. Die Afrikanische Schweinepest ist für den Menschen ungefährlich. Mit dem ASP-Virus können sich nur Schweine und schweineartige Arten infizieren. Darüber hinaus kann es sich in bestimmten Zecken­arten vermehren, die bislang ihre Heimat in ­Afrika haben. Aufgrund der Klima­änderung ist auch hier eine weitere Ausbreitung möglich.

WEIDWERK: Herr Dr. Schmid, wir danken für das ­Gespräch!