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Birkhähne: Alles Balzer

25. April 2024 -
Birkwild: Alles Balzer! - © Horst Jegen
© Horst Jegen

Früher noch Allerweltsvogel, heute vom Aussterben bedroht. Trotz seiner großen Anpassungsfähigkeit hat es das Birkwild in der heutigen Kulturlandschaft nicht einfach.

Ein Kullern, Fauchen und Blasen dringt durchs Revier. Es handelt sich dabei um die Balzlaute des Birkhahnes, welcher sich aktuell zwischen April und Juni in der Balz befindet. Während der Paarungszeit gibt das männliche Birkwild diverse Balz­gesänge von sich, kombiniert diese mit unterschiedlichen Posen und Flattersprüngen und vollbringt auf diese Art und Weise eine wahre Tanzshow. Doch wozu dient diese Showeinlage?
Wie so oft in der Biologie handelt es ich dabei um eine Verhaltensweise, die schlussendlich dazu führen soll, dass die eigenen Gene an die nächste Generation weitergegeben werden können. Beobachten kann man diese Performance in sogenannten Balzarenen, die über Jahre hinweg aufgesucht werden. Bei der Gruppenbalz trifft das männliche Birkwild noch vor Sonnenaufgang am Balzplatz ein und umwirbt dort die Hennen mit kleinen Tanzschritten. Die rivalisierenden Spiel­hahnen fauchen und blasen einander gegenseitig an und tragen zum Teil heftige Kämpfe aus, da sie auf diese Art und Weise um die Gunst der Hennen buhlen. Die dominanten Birkhahnen weisen ihre Konkurrenten in die Schranken und halten sich in der Mitte der Arena auf. Schlussendlich entscheidet das weibliche Birkhuhn, wer in ihren Augen ein geeigneter Partner ist. Sie bevorzugt den stärksten Hahn – den sogenannten Platzhahn – und lässt sich zum Großteil nur von diesem Treten. Dementsprechend sollte bei der Jagdausübung bedacht werden, dass der dominante Hahn erst nach der Balz bejagt wird.
Obwohl die Paarungszeit etwa zehn Wochen andauert, ist das weib­liche Birkwild lediglich für 2–3 Tage paarungsbereit. Werden die Hennen in dieser Phase gestört, so kann im schlimmsten Fall der Nachwuchs für dieses Jahr ausbleiben.

Hahn oder Henne?

Dank des stark ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus können selbst Laien zwischen dem männlichen und weiblichen Birkwild unterscheiden. Der adulte Birkhahn erreicht ein Körpergewicht von 1–1,5 kg und eine Körperlänge von 50–70 cm. Er besitzt ein blauschwarzes Federkleid, und sein Stoß ist mit 18 Federn geschmückt. Im Gegensatz zu den Hennen kann der Hahn die roten Rosen über seinen Sehern aktiv vergrößern. Dies nutzt er vor allem während der Balz, um der potenziellen Partnerin zu imponieren. Neben der primären blauschwarzen Färbung besitzt der Hahn auch diverse weiße Stellen am Gefieder. So sind unter anderem der Unterstoß, die Flügelbinden sowie der Großteil der Unterflügel weiß gefärbt, was vor allem während der Balz und im Flug leicht zu erkennen ist. Als typisches Erkennungsmerkmal des männlichen Birkwildes dienen jedoch die leierartig gebogenen, schwarzen Schwanzfedern (Sicheln).

Birkwild: Alles Balzer! - © Horst Jegen

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Die adulten Hennen erreichen ein Gewicht von 0,75–1,1 kg und sind mit einer Körperlänge von 47–50 cm wesentlich kleiner als die männlichen Individuen. Wie auch beim Auerwild haben die weiblichen Vögel ein unauffälliges Federkleid, dieses ist jedoch grau- bis gelbbraun und nicht wie bei der Auerhenne rotbraun gefärbt. Aufgrund der braunen Färbung und des kryptischen Musters bietet das Federkleid eine optimale Tarnung in der Natur. Im Flug kann man die Birk­hennen dank der weißen Flügelbinden und des eingekerbten Stoßes leicht von der Auerhenne unterscheiden.
Während die Geschlechtsbestimmung selbst ohne Brille leicht von der Hand geht, ist die Altersbestimmung beim Birkhahn durchaus eine Herausforderung. In freier Wildbahn kann das Birkwild bis zu 12 Jahre alt werden. Jungvögel kann man primär anhand der neunten und zehnten Handschwinge von adulten Vögeln unterscheiden. Da diese im ersten Lebensjahr nicht gemausert werden, sind sie ein perfektes Merkmal für eine zuverlässige Altersansprache. Das Federkleid der einjährigen Hahnen, die auch als Schneider bekannt sind, ist noch matt und wirkt eher bräunlich als bläulich. Auch die Stoßfedern sind noch wesentlich kürzer als jene der Altvögel und lediglich minimal gebogen. Bei den zweijährigen Birkhahnen sind die Stoßfedern ebenfalls noch nicht vollständig ausgebildet. Da sich die Sicheln ab dem dritten Lebensjahr nicht mehr ändern, dienen sie lediglich dazu, männliche Individuen im Alter von 1–2 Jahren von adulten Vögeln zu unterscheiden. Darüber hinaus sind auch Körpergewicht und Flügellänge ungeeignet für die Altersbestimmung, obwohl Hennen die ersten 2,5 Jahre und Hahnen 4,5 Jahre lang an Gewicht zunehmen.
Bereits nach dem ersten Winter sind die Schneider geschlechtsreif, können sich in der Regel jedoch nicht gegen den Platzhahn durchsetzen und spielen somit beim Tretakt vorerst noch keine Rolle. Erst ab dem dritten Lebensjahr haben Birkhahnen eine realistische Chance, am Paarungsakt teilzunehmen. Die getretenen Hennen legen zwischen Mai und Juni in einer Erdmulde 6–8 braun gesprenkelte Eier ab und brüten diese etwa 26 Tage aus. Die Nachkommen des bodenbrütenden Birkwildes sind Nestflüchter, die bereits nach zwei Wochen flugfähig sind. In dieser Phase sind die Küken auf tierisches Eiweiß angewiesen und ernähren sich vor allem von Käfern, Ameisen, Würmern und Schnecken. Schon nach einem Monat sind die Jungtiere selbstständig, verbleiben jedoch noch bis September im Familienverband.

Birkwild: Alles Balzer! - © Willi Rolfes

© Willi Rolfes

Lebensraumansprüche

Von allen waldbewohnenden Raufußhühnerarten ist das Birkwild jenes mit der größten Anpassungsfähigkeit. Es ist sowohl im Tiefland, wo es lichtreiche Waldflächen sowie vielfältig gegliederte Heide- und Moorgebiete gibt, als auch im Hochland in Gebieten der Wald- und Baumgrenze mit strukturreicher Zwergstrauchvegetation anzutreffen. Das Birkwild ist somit ein Bewohner des Übergangsbereiches. Ausschlaggebend für einen optimalen Lebensraum für Birkhahn und -henne sind folgende drei Komponenten:

  • energiehaltige und proteinreiche Nahrung im Frühjahr
  • ein mosaikartiger Winterlebensraum – mit Bäumen und Baumgruppen, zahlreichen Latschen und Grünerlen sowie diversen Zwergsträuchern (Heidelbeeren und Preiselbeeren), die nicht nur Nahrung, sondern auch Deckung bieten –, zwischen dem offene Wiesen und Weideflächen liegen
  • Insekten- und deckungsreiche Vegetation für den Nachwuchs

Kommen diese Komponenten in einem Streifgebiet von 300–500 ha um den Balzplatz vor, so wird sich das Birkwild in diesem Lebensraum wohlfühlen und auch dauerhaft vorkommen.

Birkwild: Alles Balzer! - © Horst Jegen

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Bestandsentwicklung

Heutzutage ist es kaum vorstellbar, aber bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war das Birkwild noch ein Allerweltsvogel. Mittlerweile ist das charismatische Raufußhuhn jedoch vom Aussterben bedroht. Die Gründe für den drastischen Bestandeseinbruch sind die Trockenlegung, der industrielle Torfabbau sowie die Aufforstung von Mooren und Heidegebieten, die zum Verlust und zur Zerschneidung der Lebensräume führen. Auch intensive Weidewirtschaft und die Erschließung von Gebieten für den Wintersport sorgen dafür, dass wichtige Lebensräume verloren gehen.
Aufgrund des drastischen Rückganges geeigneter Lebensräume in Europa haben sich 90 % des europäischen Birkwildes in Russland angesiedelt. In Mitteleuropa brüten derzeit noch etwa 25.000 Birkhennen, wobei 80 % davon in der Schweiz und in Österreich anzutreffen sind. In Deutschland brüten mittlerweile weniger als 1.600 Hennen, diese sind jedoch inselartig im Land zerstreut.
Um den negativen Trend der Bestandsentwicklung nicht zu verstärken, sollte man dem Birkwild vor allem in kritischen Zeiten Ruhe gönnen. Eine dieser Phasen ist etwa zu Beginn des Jahres, wenn sich das Birkwild in seinen Schneehöhlen ausruht, um so viel Energie wie möglich zu sparen. Vor allem Wintersportler wie Skitouren­geher können dabei zu einem Problem für das Raufußhuhn werden. Die zweite kritische Phase findet Ende Frühling/Anfang Sommer statt, denn während der Paarung, der Brut und der Jungenaufzucht ist das Birkwild besonders störungsanfällig. Jegliche Beunruhigung der Raufußhühner kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass der Nachwuchs für dieses Jahr ausbleibt. In dieser Zeit ist auch die Gefahr einer Prädation durch Fuchs & Co hoch.