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Wilde Nachbarn

31. Januar 2024 -
Wilde Nachbarn: der Fischotter. - © stock.adobe.com/lightpoet
© stock.adobe.com/lightpoet

Jägerinnen und Jäger kennen die jagdbaren Wildarten gut. Doch unsere Wälder, Berge und Flüsse beherbergen viele weitere Wildtiere. Bühne frei für diese faszinierenden Bewohner – heute im Fokus: der Fischotter.

Wenn Sie mit Ihrem Jagdhund an einem fischreichen Gewässer entlangspazieren, müssen Sie sich keine Sorgen machen, dass jeden ­Augenblick das letzte Stündchen Ihres treuen Vierbeiners schlagen könnte, selbst wenn das Gewässer von einem Fischotter bewohnt wird. In der ­Vergangenheit kursierten so manch ­absurde Gerüchte über den Fisch­liebhaber, unter anderem, dass er den treuen Gefährten des Menschen unter Wasser ziehe und ihn dort ertränke. Heutzutage sollte jedem klar sein, dass solche Anschuldigungen in die Welt gesetzt wurden, um das unerwünschte Wildtier zu beseitigen. Denn der ­Eurasische Fischotter galt nicht nur lange Zeit als Schädling, der angeblich allein dafür verantwortlich war, dass reichhaltige Fischteiche komplett leergefressen wurden, sondern war darüber hinaus zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem in der Pelzindustrie äußerst beliebt. Um Gerüchte und Übertreibungen aus dem Weg zu räumen, wird es Zeit, einen genaueren Blick auf den Fischotter zu werfen.

Wasseraffin

Im Laufe der Evolution haben sich beim Fischotter zahlreiche Körpermerkmale entwickelt, anhand derer er optimal an ein Leben im und am Wasser angepasst ist. Das wohl wichtigste Kennzeichen ist die Körperbehaarung des Fisch­liebhabers. Mit einer Anzahl von etwa 80.000 Haaren pro cm² besitzt der ­Eurasische Fischotter das dichteste Fell aller bei uns heimischen Wildtiere (zum Vergleich: Der Mensch besitzt am Kopf etwa 200 Haare pro cm²). ­Umgerechnet sind das bis zu 140 ­Millionen Haare am gesamten Körper des wasserliebenden Marders, die für eine perfekte Isolation des Körpers ­sorgen. Steigt der Otter in ein ­Gewässer, so sorgt die Struktur des Fells dafür, dass Luft zwischen den Haaren eingeschlossen wird. Diese Luftpolster dienen der Thermoregulation, denn die Haut bleibt dadurch bei jedem Tauchgang trocken und warm. Da das dichte Fell als perfekter Schutz gegen Nässe und Kälte dient, ist der muskulöse Otter auf keine isolierende Fettschicht angewiesen.
Der Fischotter ist ein äußerst ­effizienter Jäger, der seine Nahrung primär im Wasser erbeutet. Die hohe Erfolgsquote beim Nahrungserwerb lässt sich vor allem auf folgende drei Körpermerkmale rückführen. Zum einen sind die Vibrissen (Tasthaare) des Fischotters äußerst stark ausgeprägt und er­möglichen dem Prädator, seine Beute auch in trübem Gewässer aus­findig zu machen . Des Weiteren sind die Zehen des Otters mit einer Schwimmhaut ­verbunden, wodurch der Marder seinen stromlinienförmigen, athletischen Körper schnell durch das Wasser ­bewegen kann . Zu guter Letzt trägt der muskulöse Schwanz des Otters, der in etwa ein Drittel der Körperlänge einnimmt, dazu bei, dass er elegant durch das nasse Element ­navigieren kann.
All diese Anpassungen sorgen dafür, dass sich der Vierbeiner beinahe lautlos im Gewässer fortbewegen kann. Während seine Beute ahnungslos im Gewässer treibt, nimmt der Prädator problemlos sämtliche olfaktorischen und akustischen Sinneseindrücke wahr. Bewegt sich der Fischliebende schwimmend fort, ist der Großteil seines ­Körpers unter Wasser. Meist kann man nur seinen Kopf vom Land aus ausmachen, wobei sich die Ohren, die Nase und die Augen nur wenige Zentimeter über der Wasseroberfläche befinden und dabei eine Linie bilden . Geht der wasseraffine Marder auf Beute­zug, so kann er bis zu sieben Minuten lang abtauchen, um seine Lecker­bissen ausfindig zu machen.

Wilde Nachbarn: der Fischotter. - Die äußerst stark ausgeprägten Vibrissen (Tasthaare) des Fischotters er­möglichen dem Prädator, seine Beute auch in trübem Gewässer aus­findig zu machen. - © Karl-Heinz Volkmar
Die äußerst stark ausgeprägten Vibrissen (Tasthaare) des Fischotters er­möglichen dem Prädator, seine Beute auch in trübem Gewässer aus­findig zu machen. © Karl-Heinz Volkmar
Wilde Nachbarn: der Fischotter. - Die Zehen des Otters sind mit einer Schwimmhaut ­verbunden, wodurch der Marder seinen stromlinienförmigen, athletischen Körper schnell durch das Wasser ­bewegen kann. - © stock.adobe.com/tatiana
Die Zehen des Otters sind mit einer Schwimmhaut ­verbunden, wodurch der Marder seinen stromlinienförmigen, athletischen Körper schnell durch das Wasser ­bewegen kann. © stock.adobe.com/tatiana
Wilde Nachbarn: der Fischotter. - Meist kann man nur seinen Kopf vom Land aus ausmachen, wobei sich die Ohren, die Nase und die Augen nur wenige Zentimeter über der Wasseroberfläche befinden und dabei eine Linie bilden. - © Karl-Heinz Volkmar
Meist kann man nur seinen Kopf vom Land aus ausmachen, wobei sich die Ohren, die Nase und die Augen nur wenige Zentimeter über der Wasseroberfläche befinden und dabei eine Linie bilden. © Karl-Heinz Volkmar

Lebensraum

Beim Eurasischen Fischotter handelt es sich um einen Einzelgänger, der ­primär dämmerungs- und nachtaktiv ist. Seine bevorzugten Lebensräume sind sämtliche Varianten an Feucht­gebieten, seien es nun Bäche, Flüsse, Seen oder Teiche. Die Streifgebiete des Otters erstrecken sich zum Teil kilo­meterlang an den Ufern der ­jeweiligen Feuchtgebiete und werden von ihm in regelmäßigen Abständen kontrolliert. Um etwaigen Konkurrenten die Reviergrenzen einzuimpfen, nutzt der wasserliebende Marder auffällige Stellen in der Landschaft und markiert diese ­mittels Losung. Tagsüber während ­seiner Ruhephase hält sich der Otter bevorzugt in Erdhöhlen auf, von denen er mehrere entlang seines Uferreviers anlegt. Jene Verstecke, die besonders sicher wirken, werden von den Muttertieren für die Jungenaufzucht herangezogen.
Trotz des drastischen Bestandesrückgangs im 20. Jahrhundert hat sich der Fischotter hier in Österreich mittlerweile wieder — bis auf die ­Bundesländer Tirol und Vorarlberg
— etabliert.

Mahlzeit

Wie der deutschsprachige Name des Otters bereits vermuten lässt, stehen unterschiedlichste Fischarten ganz oben auf seinem Speiseplan. Dennoch ist der Fischotter nicht abgeneigt, auch andere Beutetiere zu verspeisen, wobei die Nahrungsverfügbarkeit von der Jahreszeit abhängig ist. Neben Fischen werden auch Amphibien, Wasservögel, Kleinsäuger, Wirbellose und Schalentiere konsumiert. Während kleine Snacks noch beim Schwimmen gefressen ­werden, müssen größere ­Beutetiere an Land gebracht werden .
Auffällig ist der äußerst hohe Stoffwechsel dieses wasseraffinen Marders. Dieser sorgt dafür, dass er täglich 15−20 % seines Körpergewichts zu sich nehmen muss, um nicht über kurz oder lang zu verhungern. Im Falle des Otterrüden, welcher ein Körper­gewicht von bis zu 12 kg erreichen kann, wären das täglich in etwa 2,5 kg bzw. jährlich in etwa 900 kg Nahrung. Selbst­verständ­lich sorgt ein jährlicher Verlust von 900 kg Fisch pro Fischotterrüden — bei der Otterfähe wären es in etwa 500 kg — bei den heimischen Teich­wirten und Fischzüchtern für Unmut.

Wilde Nachbarn: der Fischotter. - Während kleine Snacks noch beim Schwimmen gefressen ­werden, müssen größere ­Beutetiere an Land gebracht werden. - © stock.adobe.com/chrisdorney

Während kleine Snacks noch beim Schwimmen gefressen ­werden, müssen größere ­Beutetiere an Land gebracht werden. © stock.adobe.com/chrisdorney

Familienplanung

Fischotter haben keine feste Ranzzeit und können sich somit theoretisch das ganze Jahr über fortpflanzen. Hierzulande findet die Paarungszeit jedoch in der Regel nur im Februar und März statt, wodurch sichergestellt wird, dass die Nachkommen in einer Zeit mit reichhaltigem Nahrungs­angebot geworfen werden. Während der Paarungszeit sind Rüde und Fähe zum Teil einige Tage gemeinsam anzutreffen, danach gehen sie wieder getrennte Wege. Die Jungenaufzucht wird zur Gänze vom Weibchen übernommen . Nach einer Tragzeit von zwei Monaten wirft sie in der Regel 1−3 Jungtiere in einer sicheren Erdhöhle. Die Jungotter werden zwar für ins­gesamt drei Monate gesäugt, begleiten die Otterfähe jedoch bereits im Alter von sechs Wochen ins Gewässer, um dort erste Erfahrungen zu sammeln. Da es sich vor allem beim ersten Lebensjahr um eine intensive Lernphase für die Jungtiere handelt, ­bleiben sie in diesem Zeitraum im ­Aktionsradius der Mutter, um so diverse Jagdtechniken zu lernen und zu perfektionieren. Im Alter von zwei Jahren sind die Jung­otter selbst geschlechtsreif und bereit, ihre Gene an die nächste Generation weiterzugeben.

Wilde Nachbarn: der Fischotter. - Die Jungenaufzucht wird zur Gänze vom Weibchen übernommen. - © stock.adobe.com/aggi schmid

Die Jungenaufzucht wird zur Gänze vom Weibchen übernommen. © stock.adobe.com/aggi schmid