Wilde Nachbarn
Jägerinnen und Jäger haben sich ein breites Wissen über die jagdbaren Wildarten des Landes angeeignet. Unsere Wälder, Berge und Flüsse werden jedoch von zahlreichen weiteren Wildtieren bewohnt. Bühne frei für die Wildtiere abseits des Birschsteigs. – Die Fledermäuse.
Verlassen Sie spät abends Ihre eigenen vier Wände, so können Sie Knoblauch, Holzpfahl und Kreuz mit gutem Gewissen zu Hause lassen, denn die 29 heimischen Fledermausarten präferieren weder Blutgruppe A, B, AB oder 0, sondern sind zur Gänze insektivor. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich eines dieser fliegenden Säugetiere als Graf Dracula entpuppt, ist somit relativ gering. Dennoch strahlen diese Lebewesen eine gewisse Bedrohung aus – nicht ohne Grund wählte Bruce Wayne sie als Symboltier, um als Batman das Verbrechen in Gotham City zu bekämpfen. Doch was hat es mit dieser geheimnisvollen Tierart tatsächlich auf sich?
Fliegende Säuger
Die Flughaut der Fledermäuse istwohl das eindeutigste Erkennungsmerkmal des Fledertieres. Vom Hals ausgehend, erstreckt sie sich entlang der verlängerten Fingerknochen – ausgenommen des Daumens, den die Tiere zum Festhalten benötigen – bis hinunter zu den Hinterbeinen und endet schließlich am Schwanz des Tieres. Ein weiteres Merkmal sind die spitzen, zum Teil sehr großen Ohren. Als Beispiel ist hier das in Österreich lebende „Braune Langohr“ zu nennen, dessen Ohrlänge beinahe jener des Körpers gleichkommt. Diese hochsensiblen Sinnesorgane sind ausschlaggebend, um sich nachts inder Luft zurechtzufinden: Je nach Fledermausart stoßen die Tiere über Nase oder Mund für den Menschen unhörbare Töne aus. Sobald die ausgesendeten Schallwellen auf einObjekt treffen, sei es nun Beute oder Hindernis, verändern die Schallwellen ihre Frequenz und wandern retour zum Ohr des fliegenden Säugetieres. Durch das Echo erhält das Fledertier genaue Informationen über Position und Größe des Objekts. Insbesondere auf ihrem Beutezug senden die Prädatoren bis zu 20 Töne pro Sekunde aus. Haben sie den Snack lokalisiert, so nutzen die Fledermäuse ihre Flügel als Kescher, wodurch der Jagderfolg drastisch erhöht wird.
Eine weitere Sonderstellung nehmen die Füße der Fledermäuse ein. Diese sind, im Gegensatz zu den übrigen Säugetieren, um 180 Grad gedreht.Und das aus einem einfachen Grund: Durch die nach hinten orientierten Füße fällt es den Insektenfressern leichter, sich an diverse Objekte zu hängen. Die Krallen der Individuen schließen sich dank des Eigengewichts der Tiere dabei automatisch. Aufgrund dieses Automatismus hängen nichtnur Fledermäuse im Winterschlaf kopfüber von der Decke, sondernauch tote Individuen fallen nicht zu Boden.
Bevor die Fledermäuse in den Winterschlaf übergehen, nehmen sie in der Vorbereitungszeit täglich 20–30 % ihres Körpergewichts zu sich, um lebensnotwendige Fettreserven für die kalten Wintermonate aufzubauen. Die Tiere verbleiben bis ins Frühjahr tief schlafend in Höhlen oder Spalten, in denen die 1°C-Grenze nicht unterschritten wird. Dabei läuft der Stoffwechsel der Tiere auf Sparflamme, um so viel Energie wie möglich zu sparen.
Achtung bissig
Die Paarungzeit der Fledermäuse fällt in den Zeitraum des Winterschlafs. Beim Großteil der europäischen Fledermausarten ist dies bereits im September der Fall. Die weiblichen Individuen werden durch einen Biss der Männchen geweckt, wodurch die Paarung initiiert wird. Die Eizelle wird dabei jedoch noch nicht sofort befruchtet, sondern erst im März, wenn die Tiere den Winterschlaf beendet haben und günstigere Umweltbedingungen vorherrschen. Sobald der Winterschlaf zu Ende ist, verlassen die fliegenden Säuger ihre Winterquartiere und suchen ihre Sommerlebensräume auf. Nach einer Tragzeit von 40–70 Tagen – abhängig von Nahrungsverfügbarkeit und Fledermausart – wird meist nur ein Jungtier pro Fledermaus in den sogenannten Wochenstuben geboren. Die dort versammelten Weibchen säugen für etwa 6–8 Wochen ihre Nachkommen. Im Anschluss werden die Jungtiere flügge und lernen vom Muttertier, wie sie selbstständig an Nahrung gelangen.
Goliath
Mit einer Kopf-Rumpf-Länge von6,7–7,9 cm und einer Flügelspannweite von 35–43 cm handelt es sich beim „Großen Mausohr“ um die größte heimische Fledermausart. Das Fell des bis zu 40 g schweren Fledertieres istwie bei allen Fledermausarten am Rücken dunkler als auf der Vorderseite gefärbt. Die hellgraue bis braune Rückseite bildet somit einen starken Kontrast zum weißgrauen Bauch. Bei dem sozialen Säuger handelt es sich um eine klassische Dachbodenfledermaus: Mit etwas Glück kann man die Tiere sogar im Sommer tagsüber – während der Ruhephase der Fledermäuse – in den eigenen vier Wänden an den Dachbalken hängend beobachten. Zwischen Juni und Juli bringen die Muttertiere ihren Nachwuchs zur Welt, wodurch sich in den Sommerquartieren zum Teil mehrere Hundert Weibchen gleichzeitig aufhalten können.
Zum bevorzugten Lebensraum des Großen Mausohrs zählen vor allem Wälder ohne Unterwuchs, Weideland sowie frisch gemähte Wiesen. Da vor allem bodenbewohnende Insekten ganz oben auf der Speisekarten stehen, zieht der Prädator bei seinen nächtlichen Beutezügen knapp über dem Erdboden seine Kreise.
David
Die Mückenfledermaus ist die kleinste in Österreich lebende Fledermausart. Das 4–6 g leichte Federgewicht erreicht eine Kopf-Rumpf-Länge von lediglich 3–5 cm und eine Flügelspannweite von maximal 20 cm. Äußerlich ist es von der Zwergfledermaus kaum zu unterscheiden. Bei beiden Arten ist die Körperoberseite braun und der Bauch gelb- bis graubraun gefärbt.
Bis in die 1990er-Jahre wurden daher beide als dieselbe Fledermausart angesehen. Da sich die Lautäußerungen der beiden Tiere jedoch in unterschiedlichen Frequenzbereichen befinden, lassen sich die Fledermausarten gut voneinander unterscheiden. Während die Rufe der Zwergfledermaus nicht lauter als 45 kHz sind, kann die Mückenfledermaus Töne mit bis zu 55 kHz von sich geben.
Die Mückenfledermaus ist hierzulande eher selten anzutreffen, wohingegen die Zwergfledermaus zu den häufigsten heimischen Fledermausarten zählt. Die Zwergfledermaus wird man jedoch nicht wie das „Große Mausohr“ auf Dachbalken hängend antreffen. Stattdessen präferiert der Zwergenge Spaltquartiere, in denen sowohl Körperober- als auch -unterseite Kontakt mit der Unterlage haben. Da das Fledertier aber nicht besonders ortstreu ist, werden die Quartiere regelmäßig gewechselt. Des Weiteren ist die Zwergfledermaus nicht rein nachtaktiv, sondern lässt sich auch in der Dämmerungszeit blicken. Immer wieder kann man einzelne Individuen dabei beobachten, wie sie in einem schnellen Zick-Zack-Flug Insekten rund um Bäume und Straßenlaternen hinterherjagen. Schon im Mai und Juni gebären die Muttertiere ihre Nachkommen in den Wochenstuben, wodurch diese bereits jetzt im Juli ausgewachsen und selbstständig sind.
Fledermäuse (Microchiroptera) | |
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Aussehen: | − Körperlänge: 3–14 cm |
− Spannweite: 20–60 cm | |
− Gewicht: 2–200 g | |
− Flughaut | |
− dichtes Fell: Bauch heller gefärbt als Rücken | |
− Füße nach hinten gedreht | |
− große Eckzähne | |
Verhalten: | − primär nachtaktiv |
− Echoortung zur nächtlichen Orientierung | |
− Winterschlaf | |
− heimische Arten: insektivor | |
− Paarung in geschützten Quartieren | |
Vorkommen: | − beinahe weltweit |
− etwa 40 Arten in Europa | |
Lebensraum: | − Sommer- und Winterquartiere |
− je nach Art unterschiedlich: Wald, Gewässer, Heide etc. | |
Jagdliche Bedeutung: | − Indikator für Klimakrise |