Rasseporträt: Bayerischer Gebirgsschweißhund
Die heutigen Jagdhunderassen sind das Ergebnis einer jahrzehnte- oder gar jahrhundertelangen Züchtung. In loser Folge holen wir die einzelnen Rassen vor den Vorhang und stellen sie detailliert vor. – 2. Teil: Bayerischer Gebirgsschweißhund.
Der Bayerische Gebirgsschweißhund, in Jägerkreisen auch kurz BGS genannt, ist direkt aus dem Hannover’schen Schweißhund hervorgegangen, dessen Geschichte sich sehr weit zurückverfolgen lässt: Sie findet ihren Ursprung bei den Keltenbracken, aus denen die keltischen Segusierhunde hervorgegangen sind und welche schon vor 2.500 Jahren wertvolle Jagdbegleiter waren. Er ist ein absoluter Spezialist unter den Jagdhunden und für seine hervorragende Arbeit bei der Nachsuche bekannt. Dennoch war er nicht für alle Arbeiten geeignet.
Geschichtliches
Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Großreviere zerschlagen wurden, man die ehemaligen Jagdmethoden durch Birsch- und Ansitzjagd ersetzte und gleichzeitig die Schusswaffen verbesserte, wurden immer mehr Hunde „nach dem Schuss" gebraucht. Hierbei stellte sich aber heraus, dass für die sichere Riemenarbeit im Gebirge der Hannover’sche Schweißhund zu schwer war. Im unwegsamen, bergigen Gelände stellte der kräftige am Riemen arbeitende Hund eine permanente Gefährdung für seinen Führer dar, weil das Risiko bestand, dass der Mensch durch den an der Leine ziehenden Hund abstürzen könnte. Somit war das Ziel, einen Hund zu züchten, der auch im schwierigen, bergigen Gelände die gewünschten Leistungen, wie laute Hatz, Durchhaltewillen, Schärfe und natürlich die sichere Riemenarbeit, erbringt.
Daher begann Baron Karg-Bebenburg aus Bad Reichenhall ab 1870, einen leichteren Gebirgsschweißhund zu züchten, indem er den Hannover’schen Schweißhund mit der roten Gebirgsbracke (heute bekannt als Tiroler Bracke) kreuzte. Die Fellfarbe spielte damals bei den Hunden noch keine bedeutende Rolle. Diese Herkunft ist aber auch heute noch gelegentlich bei der Rasse zu erkennen, wenn schwarze Welpen als Zeichen für die Verwandtschaft mit der Tiroler Bracke fallen. Mit diesen Hunden darf dann allerdings nicht weitergezüchtet werden.
Zucht
Im Jahr 1883 erhielt der Bayerische Gebirgsschweißhund seinen offiziellen Namen und die Stammbaumfähigkeit, wobei erstmals die Rassekennzeichen genau beschrieben wurden. Die Überprüfung der Leistungen dieser Hunde erfolgte damals nur in der Praxis. Eine zielgerichtete Leistungszucht und ein Prüfungswesen gab es noch nicht. Durch die Reinzucht konnte aber allmählich ein einheitliches Erscheinungsbild dieser Hunderasse erreicht werden. Das Ergebnis der Zucht war der leichtere Gebirgsschweißhund, der die freie Suche vor dem Führer beherrscht, das Wild spurlaut hetzt und es sicher stellt. Er hat im Laufe der Zeit immer mehr andere Rassen aus den Bergrevieren verdrängt und ist bis heute der klassische Begleiter für Förster und Berufsjäger im Gebirge bei der Nachsuche auf Rotwild, Gams und Reh. Seit den 1960er-Jahren hat der Bayerische Gebirgsschweißhund aber auch Einzug in die Mittelgebirge und den norddeutschen Raum gehalten und wird heute auch häufig außerhalb des Gebirges im Flachland eingesetzt. Hier hat er sich ebenso bestens bei der Nachsuche auf Schwarzwild bewährt.
Im Jahr 1912 wurde der „Klub für Bayerische Gebirgsschweißhunde 1912 e.V." (KBGS) mit Sitz in München gegründet und besteht bis heute. Das Zuchtziel des Klubs ist ein Zuchtaufkommen von etwa 100 Welpen im Jahr. Diese Zahl wurde mit 106 beim Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) gemeldeten Welpen im Jahr 2016 das erste Mal erreicht. In den Jahren zuvor schwankte die Welpen-zahl durchschnittlich zwischen 50 und 80 Welpen. In Österreich wird die Rasse zusammen mit dem Hannover’schen Schweißhund vom Österreichischen Schweißhundeverein (ÖSHV) betreut, der im Jahr 1901 gegründet wurde. Erst im Jahr 1921 wurde beim KBGS die erste Schweißprüfung mit 15 Hunden durchgeführt. Bis dahin waren die Tiere vor allem auf Zuchtschauen vorgestellt und nur die wenigsten damals schon auf einer Fährte geprüft worden. 1939 wurden schließlich Bestimmungen festgelegt, nach denen nur leistungsgeprüfte Hunde zur Zucht zugelassen werden durften.
Der BGS hat im Laufe der Zeit immer mehr andere Rassen aus den Bergrevieren verdrängt und ist bis heute der klassische Begleiter für Förster und Berufsjäger im Gebirge bei der Nachsuche auf Rotwild, Gams und Reh.
Jagdliche Einsatzgebiete
Heute ist der Bayerische Gebirgsschweißhund ein Spezialist auf der Wundfährte. Entsprechend dieser jagdlichen Zweckbestimmung muss er, wenn er dem Standard entsprechen soll, alle von ihm geforderten Anlagen besitzen, um auf der erschwerten Nachsuche leistungsbezogen brauchbar zu sein, was durch eine spezielle Leistungsprüfung belegt wird. Außerdem sollte dies auch mit Langlebigkeit, Vitalität und Gesundheit verbunden sein, damit diese Hunde, deren Ausbildung sehr aufwendig ist und deren Anforderungen in der heutigen Zeit immer höher werden, über einen möglichst langen Zeitraum zum Einsatz kommen können. Oberste Priorität hat die Fährtensicherheit und -treue. Eine absolute Wesensfestigkeit und Wildschärfe sollen lange Hetzen vermeiden, da die Hunde auch im Dienst für eine tierschutzgerechte Jagd stehen. Sie sollten fährtenlaut oder zumindest sichtlaut sein.
Merkmale
Der Bayerische Gebirgsschweißhund ist ein harmonischer, sehr beweglicher und muskulöser, mittelgroßer Hund. Der Körper ist etwas länger als hoch und hinten leicht überhöht. Die Brusttiefe soll bis zum Ellenbogengelenk reichen. Das dichte, glatt anliegende Fell, das an Kopf und Behängen sehr fein ist, bedarf keiner besonderen Pflege.
Der BGS besitzt einen ruhigen, ausgeglichenen Charakter und ist unerschrocken und selbstsicher. Er darf weder scheu noch aggressiv sein. Fremden gegenüber verhält er sich eher reserviert und zurückhaltend. Im Vergleich zu seinem größeren „Vetter", dem Hannover’schen Schweißhund, ist der BGS etwas temperamentvoller und agiler. Er ist anhänglich und seinen Menschen gegenüber treu sowie leichtführig und angenehm im Haus zu halten. Die Rasse wurde früher vorwiegend nach ihrer Gebrauchstüchtigkeit und weniger nach einem einheitlichen Erscheinungsbild gezüchtet. Daher gab es in der Vergangenheit auch immer wieder Vertreter, die sich in Körperbau, Größe und Farbe erheblich unterschieden. Heute wird aber wieder mehr darauf geachtet, weshalb im Jahr 2017 der Standard des Bayerischen Gebirgsschweißhundes entsprechend aktualisiert wurde.
Eine Abweichung der vorgeschriebenen Größe nach oben oder unten sowie eine nicht anerkannte Farbe gelten als disqualifizierende Fehler. Auch geschlechtsspezifische Unterschiede im äußeren Erscheinungsbild von Rüde und Hündin sollten klar zu erkennen sein. Ebenso wurden in der letzten Aktualisierung des Standards mehr verschiedene Gebissfehler als bisher bei den disqualifizierenden Fehlern mit aufgenommen. Auch auf den Körperbau wird wieder mehr Wert gelegt. Die Winkelung der Gliedmaßen sowie die Proportionen von Stockmaß und Körperlänge müssen den vorgegebenen Maßen entsprechen. Da bei den Tieren früher immer wieder Epilepsie aufgetreten ist, wurde im Jahr 2006 durch den KBGS im Rahmen des Zuchtwertschätzungsprogramms die Genotyp-Wahrscheinlichkeit dieser Erkrankung für die Rasse errechnet. Seit dieser Zeit dürfen nur noch Hunde verpaart werden, die einen Risikofaktor unter 2,5 % aufweisen.
Die Farbe des glatt anliegenden, dichten Fells reicht von Tiefrot bis Semmelfarben. Sogar das Rotgrau, wie man es vom Winterhaar des Rotwildes kennt, ist zugelassen. Das Haar darf auch geflammt oder dunkel gestichelt sein. Auf dem Rücken ist die Grundfarbe meist am intensivsten. Fang und Behang sind dunkel, die Rute ist häufig dunkel gestichelt. Ein kleiner heller Brustfleck, der sogenannte Brackenstern, ist zulässig. Als reiner Familien- und Begleithund ist der BGS weniger geeignet, daher ist er heute wie früher auch fast ausschließlich in Jägerhand zu finden und wird in der Regel auch nur an Jäger abgegeben. Als absoluter Spezialist unter den Jagdhunderassen sollte er auch immer seiner Veranlagung entsprechend eingesetzt werden, um ausgelastet und dadurch ausgeglichen zu sein.