Test

Schalldämpfer: ohne Mündungsgewinde?

10. Juni 2020 -
Moderne Büchsen  werden vielfach bereits  mit Mündungsgewinde  ausgeliefert. - © Martin Grasberger
© Martin Grasberger

Aufgrund der im Dezember des Vorjahres beschlossenen Waffengesetz­novelle können Jäger ab 1. 1. 2019 einen Schalldämpfer rechtmäßig erwerben und bei der Jagdausübung führen. – Was aber tun, wenn die eigene Büchse über kein Mündungsgewinde verfügt?

Die Vor- und Nachteile eines Schalldämpfers für Büchsen wurden bereits in unzähligen Studien ausgiebig erprobt und behandelt. Was ist aber für das Montieren eines Schalldämpfers auf eine bestehende Jagdbüchse, die noch über kein Mündungsgewinde verfügt, zu ­beachten? Muss die Büchse nach dem Schneiden eines Mündungs­gewindes zum Beschussamt? – Wir haben für Sie eine Faktenliste als Entscheidungs­hilfe für das unkomplizierte Nach­rüsten einer Jagdbüchse mit einem Schalldämpfer erstellt.

Überlegungen zur Büchse

Grundsätzlich wird die Montage eines Schalldämpfers auf einen Büchsenlauf über ein Mündungsgewinde ermöglicht. Für die herkömmliche Bauweise von Schalldämpfern kommen damit Büchsen, die mehrere Läufe aufweisen, oder Laufkombinationen – wie Doppelbüchsen oder kombinierte Büchsen – für die Nachrüstung eines Schall­dämpfers nicht mehr infrage (aus­ge­nommen spezielle Konstruktionen). Damit sind ausschließlich Büchsen, die über einen einzigen Büchsenlauf verfügen, für die Montage eines Schalldämpfers geeignet.
Für die Fertigung eines Mündungs­gewindes darf am Büchsenlauf – etwa 1,5 cm vor der Laufmündung – keine offene Visierung vorhanden sein. Sollte die Büchse dennoch mit einer offenen Visierung ausgestattet werden, sind mehrere Überlegungen möglich: Der Kornsattel wird entweder vollständig entfernt oder ein Stück nach hinten versetzt. Nachdem die Büchsenläufe für die ­Optimierung der Gesamtlänge mit einem Schalldämpfer (Führigkeit der Büchse) meist in ihrer Länge gekürzt werden, sollte bei einer Rückversetzung des Kornsattels noch eine genügend lange Visierlänge bleiben. Entscheidet man sich für die eher kostenintensive Möglichkeit der Rückversetzung am Lauf, muss der Korn­sattel hoch genug sein, sodass noch über dem aufgeschraubten Schalldämpfer (meist 45 bis 60 mm Durchmesser) visiert ­
werden kann. Es gibt zwar Schall­dämpfer, auf denen bereits das Korn oder ein Kornsattel montiert ist,
aber diese Konstruktionen sehen meist sehr plump aus und sind zudem nicht gerade günstig. Als einfachste Möglichkeit gilt, die offene Visierung zu entfernen, wenn sie für gewöhnlich nur selten oder überhaupt nicht genutzt wird.
Auch andere Visierhilfen, wie insbesondere Riegeljagdzielfernrohre oder Rotpunktvisiere, die sehr tief montiert sind, können durch einen Schatten, hervorgerufen durch den aufgesetzten Schalldämpfer, beeinträchtigt werden oder sogar einen nicht unwesentlichen Teil des Gesichtsfeldes verlieren.

Mündungsgewinde

Wie bereits angeführt, ist für die ­Befestigung des Schalldämpfers ein Mündungsgewinde erforderlich. Dieses wird in der Regel mittels einer mechanischen Drehbank oder einer CNC-gesteuerten Drehbank auf den Lauf ge­schnitten. Grundsätzlich werden Rechtsgewinde geschnitten, in Aus­nahme­fällen kommen aber auch Linksgewinde zum Einsatz. Da der Lauf an der Mündung nicht immer eine gleiche Wandstärke aufweist, ist die Zentrierung des Laufes in der Drehmaschine von größter Wichtigkeit. Damit sich der Schalldämpfer in der Flucht mit der Laufseelenachse befindet, muss das ­Gewinde äußerst exakt gefertigt sein. Ist das Gewinde der Laufseelenachse nicht fluchtend – also „schief“ – geschnitten, besteht die Gefahr, dass das Geschoss bei der Schuss­abgabe an den Blenden streift. Die Blenden befinden sich im Innen­bereich des Schalldämpfers, und im ­genannten Fall ist die Schuss­leistung der Büchse dann nahezu immer ­miserabel. Dieses Anstreifen kann sogar zu Querschlägern, also zum ­Taumeln der Geschosse führen, die dann quer im Ziel einschlagen. Dies ist zusätzlich gefährlich, da das Geschoss damit nicht mehr richtungsstabil und eine Richtungsänderung in nicht unwesent­lichem Ausmaß quasi vor­programmiert ist. Daher sollte man sich für das Schneiden eines Mündungs­gewindes nur an Büchsenmacher wenden, die auf diese Arbeiten spezialisiert sind. Es ist somit – bei unsachgemäßem ­Gewindeschnitt – keine große Über­raschung, wenn die Büchse mit auf­gesetztem Schalldämpfer auf einmal nicht mehr schießt. Ebenfalls zu ­erwähnen ist der Durchmesser des ­Gewindes, der zur Laufstärke passen muss. Es muss einerseits noch genügend Schulter zum Zentrieren des Dämpfers vorhanden sein, und andererseits darf die Laufwandstärke nicht zu dünn ­werden. Je nach Laufdurchmesser ­werden im Normalfall die Gewinde M13×1, M14×1, M15×1, M16×1 oder M18×1 in die Büchsenläufe geschnitten. Laufgewinde auf Schusswaffen, die aus den USA stammen, können mit einem zölligen Gewinde (UTS: Unified Thread Standard, quasi das Pendant europäischer ISO-Standards, Anm.) versehen sein. Sämtliche Gewinde­normen finden sich in beinahe allen im Handel befindlichen Schalldämpfermodellen. Gleichgültig, ob das Mündungsgewinde mit oder ohne Führungsteil (je nach Schall­dämpfer­modell) gefertigt ist, muss das Gewinde durch einen sauberen „Freistich“ (Abtragung an einer rotationssymmetrischen Innenkante mit einer bestimmten Form, Anm.) begrenzt werden. Durch diesen Freistich entsteht eine Planfläche, an der sich der Schalldämpfer gut zentrieren lässt. Der Freistich darf nicht deutlich dünner sein als der Kerndurchmesser des ­Gewindes, da sonst der Lauf an dieser Stelle geschwächt werden würde.

Die Pflege der Büchse und des Schalldämpfers sollte man ­keineswegs unterschätzen, denn ohne Pflege wird aus dem Plus des Schalldämpfers schnell ein Minus der ­kompletten Jagdbüchse!

Plandrehen  und Vorbereiten für  das Gewindeschneiden - © Norbert Steinhauser
© Norbert Steinhauser
Schneiden  des Gewindes in den Lauf - © Norbert Steinhauser
© Norbert Steinhauser
Vermessen  des fertigen Gewindes  auf Genauigkeit - © Norbert Steinhauser
© Norbert Steinhauser