Test

Treues Jagdgefährt

6. März 2024 -
Isuzu D-Max V-Cross - © Jakob Wallner
© Jakob Wallner

Der Auftrag lautete, einen in Thailand geborenen Japaner aus Salzburg abzuholen und ihn drei Monate lang durch ein niederösterreichisches Jagdrevier zu schleifen. Wie praktisch, dass es sich dabei um einen Pick-up handelte.

Wer auf der Suche nach einem geländegängigen Nutzfahrzeug unter 3,5 Tonnen Eigengewicht ist – etwa Jäger, Forstleute oder Hüttenwirte – sieht sich einem tendenziell schrumpfenden Angebot gegenüber. Allradbusse, wie Mitsubishi L 300 oder Hyundai Starex, deren Verwendbarkeit nahe dem Bereich ernsthafter Offroader lag, scheinen aus den Konzeptsammlungen der Entwickler verschwunden zu sein. Einigermaßen leistbare Gelände-Haudegen à la Pajero, Frontera oder Terrano wichen entweder bedingt ­robusten, in der Größe deutlich ein­gedampften SUVs oder finden ihre ­Weiterentwicklung in Luxuskarossen, wie Defender oder Grenadier, und ­bewegen sich im sechsstelligen Euro-Bereich. Kein Wunder also, dass der Pick-up eine Renaissance erfährt.

In dritter Generation

Isuzu Sales Österreich mit Sitz in ­Hallwang (Sbg.) stellte uns einen D-Max der dritten Generation für drei Monate zur Verfügung, um dessen Tauglichkeit für Jagd und Alltag unter Beweis zu stellen. Seit 2020 ist der Pick-up des ausschließlich auf Nutzfahrzeuge spezialisierten Herstellers mit einem Turbodiesel-Aggregat motorisiert, das aus 1,9 Litern Hubraum 163 PS (bei 3.600 U/Min.) und max. 360 Nm Drehmoment generiert. Der Motor ist eine Eigenentwicklung und erfüllt selbst­redend die aktuelle Euro-6-Abgasnorm.
Unser „Maxl“ präsentierte sich in der Vollausstattungsvariante „V-Cross“ mit 6-Gang-Automatik und verfügte über eine Laderaumabdeckung (EGR Rolltrac) und Dach- und Ladeflächenträger von Horntools. Das montierte Dachzelt (Horntools) mag für einen Wintertest etwas deplatziert wirken, gab aber einen Vorgeschmack auf die zusätzliche Eignung des Fahrzeuges für naturnahe Wochenendausflüge und Familienurlaube.

Von außen betrachtet

Mit gebleckten Kühlergrill-Zähnen und angriffslustigem Blick vermittelt der D-Max seine Bereitschaft, im Fall des Falles auch ans Eingemachte zu gehen. Das Karosseriedesign zeigt von der Motorhaube bis zur Heckklappe Mut zur Kante, gefällige Linienverläufe verleihen dem Fahrzeug Charakter und Dynamik. Radkastenverbreiterungen mit unverkennbaren, radial angeordneten Vertiefungen sorgen für einen stämmigen Auftritt, wirken aber nicht protzig.

Unter der Haube

Akustisch würde man den Common-Rail-Turbodiesel mit Ladeluftkühler eher im Bereich der 2,5-Liter-Klasse verorten, denn das Triebwerk gibt sich – vor allem beim Kaltstart – recht ­kernig und nagelt erst einmal hörbar vor sich hin, bevor es bei Erreichen der Betriebs­temperatur deutlich kultiviertere Töne anschlägt.
Um die Emissionsstufe Euro 6d-ISC zu erlangen und vermutlich auch noch zukünftigen Verschärfungen der EU-Gesetzgebung zu genügen, besann man sich bei Isuzu auf 1.898 ccm Hubraum, Turbolader mit verstellbarer Turbinengeometrie (VGS) und obligater Harnstoffeinspritzung. Das „Fuel-Consumption-Monitoring“-System (FCM) des D-Max zeigt den momentanen Diesel-Durst des Motors in Kilometer pro Liter an, was zu Beginn durchaus gewöhnungsbedürftig ist; je höher also die Zahl am Display, desto weiter fährt man mit einem Liter Kraftstoff.
Bisherige Erkenntnis aus der Fahrpraxis im Revier und auf befestigten Straßen: Soll das FCM einen Wert um 11 (ca. 9 Liter pro 100 km) oder gar höher anzeigen, empfehlen sich ebenes Terrain und ein ausgeglichenes Gemüt. Bei ambitionierterer Fahrweise wird die Zahl am Display realistisch zwischen 9 und 10 rangieren, also bei gut 10 ­Litern Verbrauch auf 100 km – zumindest in den kalten Wintermonaten.

Isuzu D-Max V-Cross - © Jakob Wallner

© Jakob Wallner

Auf der Straße

Die Überstellungsfahrt auf der Autobahn bot Gelegenheit, den D-Max erst einmal von seiner zivilisierten Seite kennenzulernen. Solide Leder­ausstattung, beheizbare Sitze mit gutem Seitenhalt und eine angenehme Innenraumatmosphäre mit schwarzem Dachhimmel lassen rasch Entspannung aufkommen. Mit der V-Cross-Ausstattung bietet Isuzu in Sachen Konnektivität, Sicherheitsausstattung und Komfort alles auf, was in zeitgemäßen Fahr­zeugen des Premiumsegments zu finden sein sollte.
Wer noch nicht an die Vielzahl ­moderner Fahrassistenzsysteme gewöhnt ist, mag mit Spurhalteassistent, Abstandsregler, Totwinkelwarner und allerlei akustischen und optischen Signalen anfangs eventuell eine gewisse Reizüberflutung verspüren. Stereo­kameras hinter dem Innenspiegel erfassen das Geschehen in Fahrtrichtung, diverse Sensoren rundum die restliche Um­gebung. Spurwechsel ohne Blinken, zu nahes Auffahren und derlei un­gebührliches Verhalten quittiert das System mit sofortigen Eingriffen, auch in Bremse und Lenkrad – autonomes Fahren lässt grüßen. Die elektrische Servo-Unterstützung der Lenkung ­vermittelt einerseits eine gewisse ­Schwammigkeit, ermöglicht andererseits jedoch das Steuern eines mehr als zwei Tonnen schweren Geländewagens „mit dem kleinen Finger“.
Das Fahrwerk gibt seine blatt­gefederte Hinterachse nur bei markanten Querrillen zu erkennen, lässt sich im Allgemeinen aber – für diesen Fahrzeugtypus – durchaus als komfortabel beschreiben. Bei längerer Fahrt könnte bei groß gewachsenen Menschen der Wunsch nach einer Mittelarmlehne aufkommen, denn die Ablage der Mittel­konsole liegt etwas tief. Gas­impulse setzt die 6-Gang-Automatik relativ verzögerungsfrei um, die Gangauswahl erfolgt nachvollziehbar und ökonomisch.
Die Schubkraft des Selbstzünders wirkt ausreichend und dürfte den recht hohen Werten bei Zuladung und ­Anhängelast gerecht werden. Allerdings sollten Überholmanöver ab etwa 120 km/h mit einem beherzten Kickdown eingeleitet und vorausschauend geplant werden, denn das Beschleunigen aus dem Drehzahlkeller fällt eher ­gemächlich aus. Als eindrucksvoll ist das Bremssystem zu bezeichnen, das auch bei schwerer Beladung beherzt zugreift und das Fuhrwerk jederzeit unter Kontrolle hält.

Im Gelände

Aufgrund der Jahreszeit erhielten wir unseren D-Max mit neuwertigen Winter­reifen (Hankook Winter i*cept Evo 3), deren Einsatzbereich natur­gemäß eher auf schneebedeckter Fahrbahn und ­weniger im lehmigen Morast des ­westlichen Wienerwaldes zu finden ist. Eine erste Revierrunde bei 15 cm Neuschnee und (noch) nicht gefrorenem Untergrund ließ den Pick-up mit ­seinen 2.110 kg Leergewicht auch mit derlei „zivilem“ Schuhwerk nicht straucheln.
Im 4H-Modus, der während der Fahrt bis zu einer Geschwindigkeit von 100 km/h per Drehschalter aktiviert werden kann, spurt der motorisierte Jagdhelfer über verschneite Forst­straßen und Wiesen und überwindet aus­gefahrene Traktorspuren oder liegende Baumstämme aufgrund seiner Bodenfreiheit von mindestens 25 cm mit ­Gelassenheit. Erst die matschige Steilpassage eines Rückeweges, gespickt mit Gesteinsbrocken und Fallholz, ­erfordert einen Wechsel des Antriebs auf 4L (Untersetzung mit gesperrtem Mitteldifferenzial), wofür in die Neutral-­Position der Automatik geschaltet wird. Verbissen wühlen sich die Winterreifen den Hohlweg hinauf, obwohl sie auf diesem Untergrund so unpassend scheinen wie Badeschlapfen am Großvenediger.
Als sich zur Steilheit auch noch seitliche Schräglage gesellt und ein Wurzelstock die Achsverschränkung an deren Grenzen bringt, spielt der D-Max noch ein Ass aus: Per Tastendruck ­aktiviert sich die hundertprozentige Hinterachssperre und nimmt auch dieser Passage die Schneid. Ob Heuballen zur Futterraufe, Maissäcke zur Kirrung oder Baumaterialien zum Hochstand mussten, der Isuzu lernte im Zuge des Dauertests alle Winkel des Reviers ­kennen; die Geländegängigkeit ist insgesamt als überdurchschnittlich zu ­bewerten, lediglich der bauartbedingte Hecküberhang von 1.250 mm und der Wendekreisradius von 6,5 m können ­gelegentlich – wie bei Pick-ups üblich – limitierende Faktoren darstellen. Von großem praktischem Nutzen ist die gummiartige Beschichtung der gesamten Ladefläche, die etwa Wildwannen, ­Motorsägen und Sprit­kanistern auch in Kurven und auf holprigen Wegen wenig Bewegungsfreiheit gibt.

Isuzu D-Max V-Cross - © Jakob Wallner
© Jakob Wallner
Isuzu D-Max V-Cross - © Isuzu
© Isuzu

Fazit

Wer schwere Lasten auch durch unwegsames Gelände befördern muss, dabei jedoch nicht auf zeitgemäßen Komfort und gute Manieren auf der Straße verzichten möchte, erhält mit dem Isuzu D-Max einen verlässlichen Arbeitskollegen, der bei Bedarf richtig zupacken kann, und einen Kumpel, mit dem man auch gerne einmal auf Urlaub fährt. Mit einem UVP von € 64.850,– (brutto, inkl. NOVA) für die voll ausgestattete Top-Variante V-Cross darf der Isuzu-Pick-up im Markenvergleich wohl als preiswert bezeichnet werden, die Einstiegsvariante „L“ ist mit Doppelkabine und Handschaltung bereits um € 44.662,50 zu haben.