Die Widerspenstige

Hochgelobt und verflucht: die Brom­beere. Von Niederwildjägern zur Deckung von Rebhuhn und Fasan extra angelegt, hoffen Förster, dass sie nicht auf den frisch bepflanzten Schlägen zu sehr hochkommt und die Jungbäume überwuchert. Vor allem Schwarzwildjäger und Hundeführer verzweifeln oft an diesem undurchdringbaren Einstand.
Grund dieser Hassliebe sind die mit Stacheln durchzogenen, langen Ranken, die sich an Jagdhose und Co anhaften. Im Gegensatz zu Dornen sind diese jedoch nicht mit dem Zweig verwachsen und lassen sich leicht ­abbrechen. Botanisch korrekt sind Brombeeren also kein Dornen-, sondern ein Stachelgestrüpp.
Auch die Beeren werden im Sprachgebrauch fälschlicherweise als solche bezeichnet, obwohl es sich eigent­lich um Sammelsteinfrüchte handelt. So gesehen ist jedes einzelne kleine ­Kügelchen einer „Beere“ wie zum ­Beispiel eine Kirsche zu betrachten. Zusammen ergeben sie einen Komplex kleiner Steinfrüchte, die im Gegensatz zur Himbeere fest mit dem Blüten­boden verwachsen sind und so das Ernten erschweren.
Da die Brombeere weitgehend wintergrün ist – das heißt, dass die Blätter erst kurz vor dem Blattaustrieb abgeworfen werden –, bietet sie vor allem im Winter wichtige Äsung für zum Beispiel Rehwild. Das Gute: Sie kann getrost verbissen werden.
Das Pflanzen von Brombeeren macht nicht nur als Deckung für Nieder­wild Sinn, man kann damit auch eine „versteckte Besucherlenkung“ bewirken. Flächen, die man möglichst von Freizeitnutzern des Waldes freihalten möchte, kann man mit einem scheinbar für Hund und Herrl undurch­dringbaren Gestrüpp so auf natürliche Weise „umzäunen“. Vor der Pflanzung muss natürlich der Grundeigentümer um Erlaubnis gefragt werden. Denn einmal gepflanzt, wird die Brombeere bei optimalen Bedingungen wuchern wie die Rosen um Dornröschens Schloss!