Explosives Handwerk
Erfahren Sie alles über das Wiederladen von Büchsenmunition im zweiten Teil der Serie von Norbert Steinhauser. Entdecken Sie die Risikofaktoren, wichtige Sicherheitsmaßnahmen und warum Kontrolle beim Wiederladen unerlässlich ist, um gefährliche Fehler zu vermeiden.
Viele Jäger und Schützen erzeugen oder verwenden wiedergeladene Munition aus verschiedenen Motivationsgründen. Ganz wesentlich ist es, nur Patronen zu laden, die sicher und geprüft sind. Das Revier darf nicht zum Testgelände für Probeladungen oder abgebrochene Ladungen (leistungsreduzierte Ladungen) werden. Es darf auch kein Spielplatz für überladene und damit gefährliche Laborierungen sein, sollte noch das Letzte aus dem Kaliber herausgequetscht werden. In einem Gespräch mit dem Leiter des Beschussamts haben wir erfahren, dass es wichtig sei, nicht nur Fachwissen über die maximale Pulverladung zu haben, sondern die neuen Komponenten immer prüfen zu lassen und mit dem Bereich des Wiederladens umfassend vertraut zu sein.
Nicht zu oft wiederladen
Manchmal werden Patronenhülsen viel zu oft wiedergeladen. Wenn dann noch dazu nicht auf den Verschlussabstand geachtet wird (zu großer Abstand), ist die Dehnung der Hülse im Patronenlager bei der Schussabgabe enorm groß. Zur Darstellung haben wir eine Patronenhülse im Kaliber .300 Win. Mag. aufgefräst, um zeigen zu können, wie sich eine Patronenhülse nach dreimaligem Wiederladen verändern kann, obwohl der Verschlussabstand eingehalten worden ist (siehe Seite 32). Die Schwächung des Materials, die durch die Dehnung beim Lidern der Hülse entsteht, ist deutlich zu erkennen. Als „Lidern“ bezeichnet man die Ausdehnung der Patronenhülse und gleichzeitigem Anpressen an das Patronenlager bei der Schussabgabe. Alle weiteren Ladetätigkeiten an so einer Hülse können unweigerlich zu einem Hülsenabriss führen. Die Folgen daraus könnten bei manchen Waffen fatal sein.
Treibladungspulver
Beim Nachkauf von Treibladungspulver, selbst bei gleichem Pulvertyp und Hersteller, sind in letzter Zeit Unterschiede in der Druckleistung beobachtet worden. Daher ist es notwendig, die Laborierung mit der neuen Charge ebenfalls prüfen zu lassen. Es hat sich gezeigt, dass Gasdrucksprünge im Bereich bis zu 500 bar Gasdruck auftreten können. Das bedeutet: Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser.
Zündhütchen: Sind alle gleich?
Die Anzündung der Patrone wird manchmal weit unterschätzt. Erzeugt das Zündhütchen einen zu kräftigen Zündstrahl, wird auch das Pulver mit dem Ergebnis einer Steigerung des Gasdruckes offensiver gezündet.
Gehen die Zündhütchen im eigenen „Materiallager“ zu Ende, werden oftmals andere Zündhütchen derselben Anforderungsbestimmung (etwa large- rifle-Zündhütchen) nachgekauft, obwohl die Laborierung mit einem Zündhütchen eines anderen Herstellers geprüft wurde. Es sind zwar Extremausreißer, aber es konnten bereits vom Beschussamt Gasdrucksteigerungen von bis zu 400 bar Druck rein durch den Einsatz unterschiedlicher Zündhütchen dokumentiert werden.
Zündhütchen sicher setzen
Manchmal werden die Zündhütchen nicht ganz in die Zündglocke eingepresst. Der Grund kann sein, dass die Zündglocke in der Patronenhülse nicht tief genug ausgebildet ist. Abhilfe schafft ein Nachreiben mit einem eigenen Zündglockenfräser. Es gibt aber auch Hülsen, deren Zündglocken zu kurz und nicht für normale Boxerzündhütchen vorbereitet sind. Diese Patronenhülsen sind dann für das Wiederladen mit standardisierten Zündhütchen ungeeignet und können nicht verwendet werden.
Es ist aber besonders wichtig, dass das Zündhütchen nicht über den Patronenboden hinausragt. Beim Laden der Büchse – insbesondere bei Geradezugverschlusssystemen – könnte durch einen Überstand des Zündhütchens die Patrone zünden, bevor der Verschluss verriegelt ist. Die daraus entstehenden Auswirkungen sind verheerend, denn der Verschluss verabschiedet sich in Richtung Kopf bzw. Gesicht, wenn die Büchse im Anschlag repetiert wird.
Zündglockenaufweitung
Sollte nach der Schussabgabe und nach dem Öffnen des Verschlusses das Zündhütchen aus der Hülse fallen, muss unbedingt der Grund dafür erhoben werden. Vermutlich hat sich durch einen Gasdruckanstieg bis an den Beschussgasdruck die Patrone im Bereich der Zündglocke bereits gedehnt, sodass das Zündhütchen keinen Halt mehr findet. In diesem Fall befindet sich die Büchse bereits in einer Maximalbeanspruchung, die einer Dauerbelastung nicht standhalten würde. Daher ist das Schießen mit einer solchen Laborierung sofort einzustellen.
Sollte der Grund dieser Dehnung nicht gefunden werden, muss die Büchse zum Büchsenmacher oder zum Beschussamt zur Abklärung gebracht werden. Daher ist die Kontrolle der abgeschossenen Patronenhülse nach jeder Schussabgabe bei wiedergeladener Munition essenziell.
Treibladungsmittel
Bei der Lagerung von Treibladungsmitteln gibt es kein Limit oder Ablaufdatum. Auf den Pulverbehältnissen wird nur das Erzeugerdatum angeführt. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass qualitativ hochwertige Treibladungsmittel mindestens zehn Jahre haltbar sind. Voraussetzung sind trockene Lagerungsbedingungen bei konstanten 20 °C.
Zu altes Pulver sollte man entsorgen, oder wenn noch eine größere Menge verfügbar ist, sollte die Leistungsfähigkeit (Lebhaftigkeit) des Pulvers durch eine Eingabe einer Laborierung am Beschussamt geprüft werden.
Chemische Reinigung
Läufe, die durch unzählige Schussabgaben viel Geschossabrieb ansammeln, verringern zwangsläufig den Kaliberdurchmesser. Damit muss das Geschoss diese Engstelle meist beim Übergangskonus passieren, mit dem Ergebnis eines Gasdruckanstieges. Dies betrifft natürlich nicht nur wiedergeladene Munition, sondern auch industriell gefertigte Munition. Daher ist die chemische Reinigung wichtig, um den Lauf von diesen Ablagerungen zu befreien und auch wieder für eine gute Schussleistung vorbereitet zu sein.
Fazit
Das Wiederladen von Büchsenpatronen stellt bei korrekter Umsetzung eine ungefährliche und innovative Möglichkeit dar, sein gewünschtes Geschoss auf die geforderten Zielsetzungen anpassen zu können. Es ermöglicht dem Schützen, eine manchmal unglaublich gute Schussleistung aus seiner Waffe zu erhalten. Wie wir aber auch erfahren haben, birgt das unprofessionelle Wiederladen oder nicht vorhandene Fachwissen auch die Gefahr einer Sprengung der Büchse.
Ungeprüfte wiedergeladene Munition sollte man nicht verwenden oder von anderen annehmen, denn weder der Wiederlader noch ballistische Programme können wissen, wie viel Gasdruck die Patrone wirklich produziert. Auch viel Erfahrung und eine Sichtkontrolle der abgeschossenen Patronenhülse können den Gasdruck nicht eruieren. Die einzige Stelle, die dies prüfen und messen kann, ist das Beschussamt.
Die Kosten für eine derartige Prüfung im Verhältnis zum Aufwand sind verschwindend gering. Eine Munitionsprüfung durch das Beschussamt liefert dafür genaue Daten, wie Gasdruck und Geschossgeschwindigkeit, sowie eine Anzündungs- und Gasdruckverlaufskurve. Jedenfalls kann der Wiederlader nach einer Prüfung durch das Beschussamt sicher sein, dass seine Patronen genau denselben Vorgaben von professionellen gewerblichen Munitionsherstellern entsprechen.