Jeder Schuss ein Treffer
Österreichs Schießplätze bieten eine Fülle an Möglichkeiten, um den Umgang mit dem jagdllichen Handwerkszeug zu perfektionieren. Kürzlich haben wir auf dem Schießplatz der Schützengilde Prottes Halt gemacht. – Ein Überblick.
Etwa fünfzig Autominuten von Wien entfernt liegt die Marktgemeinde Prottes. Vom Hauptplatz dieses im Bezirk Gänserndorf liegenden Weinorts fahren wir entlang des Erdöl- und Erdgaslehrpfades nach Norden zur Schießstätte der OMV Schützengilde Prottes. Gleich neben dem Parkplatz entdecken wir eine Hubertuskapelle, welche die gesamte Schießanlage überblickt und die jagdlichen Wurzeln unverhohlen preisgibt. Bereits am Vorplatz der Schießanlage werden wir von Herbert Pribitzer (Oberschützenmeister), Hubert Demmer (Schießreferent des Bezirkes Gänserndorf) und Helmut Rosskopf (Europameister/Wurfscheiben) empfangen. Nach einer kurzen Begrüßung begeben wir uns ins Herz der Schießstätte, hinein ins Vereinsgebäude. Der Blick schweift über die Wände, die mit unzähligen Schützenscheiben liebevoll dekoriert sind und Zeugnis von der 60-jährigen Vereinsgeschichte abgeben. Hier befinden sich eine kleine Kantine und ein Aufenthaltsraum, der zum geselligen Beisammensein einlädt. Wir erfahren, dass die gesamte Schießanlage, die Kantine sowie auch die Standaufsicht ehrenamtlich durch die Mitglieder der Schützengilde betreut werden. In der Kantine stünden, so der Oberschützenmeister, stets Getränke bereit, gekocht werde bei Veranstaltungen oder auf Bestellung.
Was die Schützengilde Prottes ganz besonders auszeichnet, ist die Geselligkeit. Jeder, der sich für das Schießen interessiert, wird mit offenen Armen empfangen. „Zudem ist die Schießstätte Prottes einer der drei Schießplätze im Bezirk Gänserndorf, wo die Jungjägerinnen und Jungjäger im Rahmen ihrer jagdlichen Ausbildung das Schießen lernen. Und wer das Schießen hier gelernt hat, kommt auch gerne wieder“, freut sich Hubert Demmer.
Klein- und Großkaliber
Die Schützengilde Prottes hat es sich bereits bei der Gründung im Jahr 1962 zur Aufgabe gemacht, das Training stets im „weidmännischen Sinne“ zu gestalten, und so stehen den Schützen hier 12 Kugelstände mit Scheibenzuganlagen zur Verfügung, auf denen sowohl Klein- als auch Großkaliber geschossen werden können. Drei Anlagen verfügen über Bildschirme, auf denen die Treffer betrachtet werden können, ohne die Schießscheiben zurückholen zu müssen. „Übung macht den Meister“, ist OSM Herbert Pribitzer überzeugt, und das zu Recht. Um optimal auf die Jagd vorbereitet zu sein, kann hier sitzend, stehend frei, angestrichen und liegend trainiert werden.
Wurfscheiben
Von der Büchse zur Flinte – weiter geht es zu den Wurfscheibenständen. Die Schießstätte ist mit insgesamt 14 Wurfmaschinen ausgestattet; die vollelektronische Anlage mit Trefferanzeiger und Chipkartensystem ermöglicht es den Flintenschützen, ihre Fähigkeiten in den Disziplinen Trap und Compak Sporting unter Beweis zu stellen. Bei der Disziplin Trap kann mit geraden Übungsscheiben und variablen Scheiben trainiert werden. Die Scheiben für die Disziplin Compak Sporting leuchten in insgesamt fünf unterschiedlichen Farben – einzigartig weit und breit. „60.000 Wurfscheiben bestellen wir jährlich, um für fleißige Flintenschützen immer genügend Material bereitstellen zu können.“
Auf dem Vorplatz der Schützengilde befinden sich ein paar Tische und Bänke – der Treffpunkt für Schützen, um sich auszutauschen und den Flintenschützen zuzusehen. Vom Vorplatz aus sieht man nämlich direkt zu den Wurfscheibenständen, ist aber weit genug entfernt, um sich gut unterhalten zu können.
„Laufender Keiler“
Als Reaktion auf die zunehmende Schwarzwildproblematik und natürlich auch, um sich bestmöglich auf die alljährlich winterlichen Riegeljagdsaisonen vorzubereiten, hat die Schützengilde Prottes ihr Repertoire im Jahr 2014 um einen Trainingsstand für den bewegten Schuss erweitert. Auf dem ebenfalls vollelektronischen Stand kann der dynamische Schuss auf einen Keiler, besser gesagt auf eine Keilerscheibe, geübt werden. „Der ,Laufende Keiler‘ wird umso anspruchsvoller, je mehr man die Geschwindigkeit erhöht – auch das ist hier möglich. Nach dem Schuss kann der Schütze das Trefferbild sofort auf einem Bildschirm sehen und auch ausdrucken, um seinen Trainingserfolg über einen längeren Zeitraum zu dokumentieren. Unser Laufender Keiler ist mit einer Lichtanlage ausgestattet und kann somit auch genutzt werden, wenn es nicht mehr taghell ist“, erklärt Helmut Rosskopf.
Luftgewehrhalle
Weiter geht es in die Luftgewehrhalle. Hier gibt es 18 Seilzuganlagen und 5 elektronische SIUS-Anlagen (SIUS gilt als weltweit führender Hersteller von elektronischen Trefferanzeigen für Sport und Militär) inkl. Monitor, auf denen auf eine Entfernung von gesamt 10 m mit Luftgewehr und Luftpistole trainiert werden kann. Neben erfahrenen Schützen können hier auch junge erste Schießerfahrungen sammeln.
Apropos: Auf die Jugend wird beim Luftgewehrschießen besonderes Augenmerk gelegt. Für Schulklassen wird gegen Ende des Schuljahres meist ein Schnuppertag angeboten, der auch gerne und voller Begeisterung wahrgenommen wird.
Den Umgang mit Luftgewehren an Kinder und Jugendliche weiterzugeben, ist vor allem Herbert Pribitzer ein Herzensanliegen. Die Luftgewehrhalle ist sein Terrain. Auch wir dürfen in das Luftgewehrschießen hineinschnuppern und bekommen genaue Instruktionen, wie ein Luftgewehr zu handhaben und worauf zu achten ist. Überrascht waren wir, wie schwer so ein Luftgewehr überhaupt ist. Um sicher und völlig ruhig zielen zu können, legen die Nachwuchsschützen das Luftgewehr auf einem Eisengestell auf. Interessant finden wir auch die völlig steife Lederjacke, die uns Herr Pribitzer zeigt. Durch ihre Steifigkeit kann man auch stehend frei völlig ruhig Schüsse abgeben. Vorausgesetzt, man hat ein wenig geübt. „Wir sind besonders stolz darauf, bereits einige Nachwuchstalente hervorgebracht zu haben“, freut sich Herr Pribitzer. Auch seine Tochter Marlene ist international erfolgreich im Luftgewehrschießen, erfahren wir.
Geschichte
Die OMV Schützengilde Prottes gibt es seit 1962, als der Grundstein für die Schießstätte mithilfe des Niederösterreichischen Jagdverbandes gelegt wurde. Bereits damals stand der weidmännische Gedanke im Vordergrund, wodurch die Mehrheit der trainierenden Schützen über eine Jagdkarte verfügt. Mittlerweile zählt die Schützengilde Prottes rund 200 Mitglieder, die den Verein bei zahlreichen Bewerben im In- und Ausland vertreten.
Am 16. Juli 2022 feierte sie übrigens ihr 60-jähriges Bestehen mit einem Jubiläumsschießen, einer anschließenden Feier, zahlreichen Ehrengästen und der Jagdhornbläsergruppe Hermann Löns. Zudem wurde eine Schützenscheibe feierlich beschossen. Ansprachen hielten etwa OSM Herbert Pribitzer, Bezirksjägermeister Dir. Ing. Gerhard Breuer oder auch Karl Demmer, Bürgermeister der Gemeinde Prottes. – Auch wir gratulieren herzlich zum runden Geburtstag mit einem Schützenheil!