Zerwirken eines Rehes: Was bleibt übrig?
Jeder, der sich mit dem Zerwirken von Wild beschäftigt, ist naturgemäß auch mit der Ausbeute konfrontiert. Wie viel Fleisch bleibt etwa bei einem Stück Rehwild nach dem Zerwirken übrig? Wie viel „Abfall“ entsteht? Das WEIDWERK hat Antworten auf diese Fragen! – 1. Teil: Zerwirken und Ausbeute.
Nachdem wir uns vor etwas mehr als einem Jahr angesehen haben, welche Ausbeute bei einem 94,7 kg schweren Keiler zu erreichen ist, haben wir Ende Dezember 2020 auch eine Rehgeiß fachgerecht zerwirkt und die Ausbeute penibel genau analysiert.
Es liegt uns Jägern viel daran, das maximal Mögliche aus den erbeuteten Stücken herauszuholen und diese im besten Fall vollständig zu verwerten. Daher wollten wir wissen, wie viel Wildbret bei einem durchschnittlichen Reh übrig bleibt und wie viel „Abfall“ beim Zerwirken entsteht. Also haben wir eine nicht führende Rehgeiß – erlegt in einem Waldviertler Revier – aus der Winterdecke geschlagen, fein zerwirkt (entbeint und sauber zugeputzt) und genau gewogen, um ein detailliertes Bild über die Anatomie dieses Rehes zu erhalten. Die Geiß wog aufgebrochen 16,20 kg (mit Haupt).
An dieser Stelle möchten wir zum wiederholten Mal betonen: Wildbrethygiene beginnt bereits beim Schuss! In unserem Fall drang das bleifreie Geschoss unmittelbar hinter den Vorderläufen durch den Wildkörper und ließ die Geiß im Feuer verenden. Die Treffpunktlage haben wir entgegen unserer Philosophie nicht „hart am Blatt“ gewählt, um kein Wildbret der Vorderläufe zu verlieren, denn bei einem Stück Rehwild könnte dieser Verlust – je nach Kaliber und Geschossaufbau – durchaus beträchtlich sein, was in unserem Fall eine genaue Analyse der einzelnen Fleischteile erschwert hätte.
Nach dem Absetzen des Hauptes – dieses wog 1,21 kg – wurde der Wildkörper aus der Decke geschlagen und abermals gewogen: Haupt, Decke und Schalen brachten 3,56 kg auf die Waage, das entspricht 21,98 % des gesamten Wildkörpers. Der enthäutete Wildkörper wog 12,64 kg. Nach einer gründlichen Zwischenreinigung (ist nach dem Aus-der-Decke-Schlagen obligat) ging es ans grobe Zerwirken, das mit dem Absetzen der Vorderläufe eingeleitet wurde. Danach folgten das Abschärfen der Bauchlappen, das Absägen der Rippenbögen und das Auslösen der Lungenbraten, ehe die Hinterläufe von der Wirbelsäule abgetrennt wurden. Der Rücken wurde wie üblich zwischen 4. und 5. Brustrippe vom Hals getrennt. Grob zerwirkt, lagen folgende Einzelteile auf dem Zerwirktisch:
- Hals
- Rücken
- Vorderläufe
- Rippenbögen
- Hinterläufe
- Bauchlappen
- Lungenbraten
Erst grob, dann fein
Als nächster, logischer Schritt folgte das Auslösen der Knochen. Wir begannen traditionell mit dem bedeutendsten Fleischteil – dem Rücken. Die ausgelösten Rückenstränge wogen 0,67 kg bzw. 0,70 kg, wobei durch das sorgfältige Zuputzen (Entfernen der Silberhaut) noch je 100–200 g wegfielen. Die Rückenstränge wurden in der Mitte durchtrennt und gemeinsam mit je einem Lungenbraten, der preislich auf demselben Niveau liegt, vakuumverpackt.
Nach dem Rücken folgten die Hinterläufe, die Schritt für Schritt von den Knochen – Hüftgelenk, Oberschenkel, Knie und Unterschenkel – befreit wurden. Die einzelnen Fleischteile, die sich im Hinterlauf finden:
- Schale mit Deckel
- Frikandeau (Unterschale)
- Nuss
- Falscher Lungenbraten
- Schlussbraten
- Unterschenkel
Bis auf das Fleisch des Unterschenkels, welches von Sehnen „durchwachsen“ ist, können sämtliche Teile des Hinterlaufs für Schnitzel, Braten, Steaks o. dgl. verwendet werden. Als Highlight zählt die Nuss, welche knapp oberhalb des Knies zu finden ist.
Beim Vorderlauf werden Schulterblatt, Oberarm- und Unterarmknochen entfernt, und übrig bleibt sehniges Fleisch, das in erster Linie für Gulasch, Ragout oder Faschiertes (zum Beispiel für Spaghetti) verwendbar ist. Das daraus resultierende Fleisch wog 0,72 kg bzw. 0,68 kg.
Danach wurde das fein marmorierte Fleisch der Halswirbelsäule abgesetzt – übrig blieben 0,68 kg, die sich perfekt zum Faschieren (etwa für Burgerpatties) oder zum Schmoren eignen.
Zu guter Letzt wurden auch die Rippen ausgelöst; die Ausbeute betrug insgesamt 0,67 kg, die ebenfalls zum Wursten verwendet werden kann. Dabei wurde darauf geachtet, das Schussmal großzügig zu umschärfen.
Resümee
Beim Zerwirken sind keine großen Überraschungen zutage getreten, außer, dass das Reh über viel Feist bzw. Schmer verfügte (insgesamt 0,35 kg), was bei einem „Spitzensportler“, wie dem Reh, eigentlich nicht so häufig zu finden ist. An diesem Beispiel erkennt man allerdings sehr gut, dass Rehwild im Herbst entsprechend Feist anlegt, um gut über den äsungsarmen Winter zu kommen.
Die Ausbeute ergibt insgesamt, also Edelteile und Wurstfleisch, 9,27 kg. Das Fleisch zum Faschieren/Wursten, resultierend aus den ausgelösten Rippenbögen und übrigen Abschnitten, kommt auf 2,13 kg. Der „Abfall“ – also Decke, Haupt, Schalen, Knochen, Feist und Parüren – schlägt mit 6,93 kg zu Buche, wobei Parüren und Knochen zu einem Fond bzw. Jus verarbeitet werden könnten. Die erzielte Ausbeute von 57,22 % kann sich unserer Meinung nach sehen lassen. Mit dem Wurstfleisch werden wir Käsekrainer herstellen, die wir in einer der nächsten Ausgaben präsentieren!
Plakat "WEIDWERK Hunters Cut", Größe A3, Querformat, zum Ausdrucken für den Zerwirkraum