3. Teil | Zerwirken einer Wildsau
Jeder, der sich mit dem Zerwirken von Wild beschäftigt, ist naturgemäß auch mit der Ausbeute konfrontiert. Wie viel Fleisch bleibt etwa bei einem Stück Schwarzwild nach dem Zerwirken übrig? Wie viel „Abfall“ entsteht? Wie wirkt sich ein Blattschuss aus? Das WEIDWERK hat Antworten auf diese Fragen! – 3. Teil: wirtschaftlicher Erfolg.
Dass man den wirtschaftlichen Erfolg eines Jagdbetriebes durch die Wildbret-Direktvermarktung positiv beeinflussen kann, ist zwar vielen Jägerinnen und Jägern durchwegs bewusst, dennoch möchten wir an dieser Stelle vor Augen führen, in welcher Form sich perfekt zugerichtetes Wildfleisch und Fleischerzeugnisse, die im Rahmen der 7-Tages-Frist hergestellt werden können, in der „Jagdkassa“ bemerkbar machen können. Diesen „Mehrwert“ könnte ein kluger Jagdbetriebsführer investieren, um eine „ständige Betriebsstätte“ (Wildverarbeitungsraum) einzurichten oder eine bestehende weiter auszustatten. – Der Traum eines jeden Jägers, dessen Herz für das Wildbret schlägt!
Voraussetzen muss man – noch bevor man über einen solchen Zerwirkraum verfügt – eine „Gute Hygienepraxis“, das Wissen, wie man Wild fachgerecht zerwirkt, und das küchenfertige Zurichten der einzelnen Fleischteile. „Küchenfertig“ bedeutet, wie bereits in den ersten beiden Teilen erwähnt, dass das Wildfleisch vor allem Folgendes ist:
- sauber zugeputzt
- ohne Silber- oder Bindehäute
- wenn möglich, bereits geschnitten (Gulasch, Steaks, Schnitzel usw.)
- in „anwenderfreundlichen“ Größen abgepackt bzw. vakuumiert (es lohnt sich, vorab auf die Kundenwünsche einzugehen) etikettiert und ausreichend beschriftet
Wir wollten wissen, was nach dem Zerwirken einer starken Wildsau übrig bleibt bzw. welche Fleischteile wofür verwendet bzw. verarbeitet werden können.
Wenig lohnend?
Wenn man nun die Abgabe jenes Keilers, um den es in dieser Serie geht (Wildbretgewicht 92,38 kg), an den Wildbrethändler in Erwägung zieht, kann man bei einem Wildpreis von angenommen € 0,50/kg für Schwarzwild von einem Erlös in der Höhe von gerade einmal € 46,– ausgehen. – Eine wenig lohnende Aussicht . . .
Wir haben den Keiler in seine „Einzelteile“ zerlegt und diese als Frischfleisch – Edelgulasch, Schnitzel, Braten, Rücken, Filets – sowie als Fleischerzeugnisse – Bratwürste, Käsekrainer und Burgerpatties – in Verkehr gebracht. Die Brühwürste wurden aus den Abschnitten, die beim Zuputzen angefallen sind, unter Zuhilfenahme des gesamten rechten Vorderlaufs sowie des grünen Specks vom Rücken hergestellt. Die Käsekrainer erfreuen sich übrigens speziell im Sommer – zur Grillsaison – größter Beliebtheit! Nachstehend eine umfangreiche Übersicht, in der die einzelnen Fleischteile bzw. -erzeugnisse, deren jeweilige Gewichte, die Kilopreise (Annahme) sowie die Endpreise angeführt sind. Unterm Strich steht, und das sei besonders hervorgestrichen, eine völlig andere Summe als die, die zu erzielen wäre, wenn man den Keiler an den Wildbrethandel abgegeben hätte! Der Vollständigkeit halber muss man erwähnen, dass dem Erlös auch Aufwendungen gegenüberstehen, die etwa durch die Anschaffung von Vakuumbeuteln, Etiketten, Saitlingen, Käse, Gewürzen usw. entstehen. Diese Aufwendungen bleiben
in unserer Aufstellung allerdings unberücksichtigt.
Lohnende Mehrarbeit
Apropos Mehrarbeit: Jetzt, da Sie den Blick über die unten stehende Tabelle haben schweifen lassen und somit wissen, welcher Erlös unterm Strich erzielt werden kann, möchten Sie bestimmt auch den Zeiteinsatz erfahren.
Nun gut, dieser ist in erster Linie abhängig davon, wie schnell man arbeitet, aber auch, ob man Hilfe hat oder nicht. Ich nehme mir dafür jedenfalls genügend Zeit, denn Qualität steht bei mir prioritär weit vor der Quantität. Am Ende des Tages ist es für mich entscheidend, ein hochwertiges Lebensmittel in Verkehr bringen zu können! Für die Verarbeitung eines solchen Keilers, begonnen beim Abschwarten über das grobe Zerwirken, das Auslösen, das Zuputzen, das Vakuumieren, das Etikettieren und Beschriften bis hin zum Herstellen von Bratwürsten, Burgerpatties und Käsekrainern (die heiß geräuchert werden müssen) ist es nicht verkehrt, sich einen ganzen Tag zu reservieren. Das Abschwarten ist, wie bereits erwähnt, nach dem Abhängen ungleich schwieriger als im „warmen“ Zustand, zudem nimmt das Zuputzen und Wursten ebenfalls nicht wenig Zeit in Anspruch.
Direkt vermarkten!
Sämtliche in diesem Artikel dargestellten Fleischteile und -erzeugnisse – Bratwürste, Käsekrainer und Burgerpatties – dürfen im Rahmen der Direktvermarktung in Verkehr gebracht werden, da deren Erzeugung innerhalb der 7-Tages-Frist, welche in der Lebensmittelhygiene-Direktvermarktungsverordnung klar geregelt ist, erfolgt.
Der gesamte linke Hinterlauf (ausgelöst, ohne Knochen) ging an einen Kunden, der diesen kalt geräuchert hat; die Seitenwände des Keilers sind zu Wildschweinspeck verarbeitet worden. Das Kalträuchern sprengt übrigens die 7-Tages-Frist, daher dürfen derart veredelte Fleischerzeugnisse, dazu zählen etwa auch Wildschinken oder -salamis, nur von zugelassenen Wildbearbeitungsbetrieben in Verkehr gebracht werden.
Innovativ!
Die dargestellten Beispiele sind nur die Spitze des Eisbergs; es gibt noch viele, viele weitere Möglichkeiten, das Wild perfekt „in Szene zu setzen“: zum Beispiel mit Wildschwein-Spareribs, Tomahawk-Steaks, T-Bone-Steaks u. v. m. Aber das ist eine andere Geschichte ...