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Beste Schützen statt beste Freunde

23. Oktober 2022 -
Beste Schützen statt beste Freunde - © Fritz Wolf
© Fritz Wolf

Erfahren Sie, warum bei Bewegungsjagden die besten Schützen und nicht die besten Freunde die vorderen Jagdstände besetzen sollten. Tipps für Jagdleiter und Jäger: Von der Ausrüstung über das Verhalten bis zur optimalen Platzierung für einen erfolgreichen und sicheren Jagdtag.

Wer bereits des Öfteren bei Bewegungsjagden eingeladen war, weiß um die vielen Vorarbeiten, Über­legungen und Maßnahmen, die der ­einladende Jagdleiter für den „Tag X“ zu berücksichtigen hat. Neben zahl­reichen im Vorfeld noch unbekannten Faktoren, wie Witterung, Wind oder eventuelle Störungen durch arbeitende Grundeigentümer oder andere Naturnutzer, ist vor allem der Jagdleiter mit seinem Team maßgeblich für ­Erfolg aber auch Misserfolg einer ­solchen Jagd verantwortlich. Mit einem umfassenden Maßnahmenkatalog hat er mit seinen Helfern den Jagdtag so zu organisieren, dass die Sicherheit aller Jagdteilnehmer im Vordergrund steht und dennoch auch das vorrangige Ziel nicht zu kurz kommt: den Schalen­wildbestand zu reduzieren und ggf. den Abschussplan zu erfüllen. ­Bewegungsjagden zu organisieren und diese auch durchzuführen heißt, eine Menge Arbeit in Kauf zu nehmen, und es ist ein Riesenaufwand, der sich nur dann rechnet, wenn die Jagd auch im Sinne des Veranstalters erfolgreich verläuft.
Nicht immer sind die besten Freunde des einladenden Jagdleiters auch die besten Schützen, weswegen es schade um Erfolg versprechende Stände wäre, wenn sie von unerfahrenen Jungjägern oder schlechten Schützen besetzt würden.
Jedem kann – gerade bei einer ­Bewegungsjagd – einmal ein Fehler, demzufolge auch ein Fehlschuss ­passieren, und dennoch kann man immer wieder beobachten, dass über Jahre hinweg dieselben Schützen erfolg­reich sind und gerade diese Jäger wesent­lichen Anteil am Zustande­kommen einer guten Jagdstrecke haben. Wer Riegeljagdstücke mit sauberen Schüssen gestreckt hat und sich auch sonst als verantwortungsvoller Mitjäger präsentiert, wird dem Jagdveranstalter positiv auffallen; eine entsprechende Platzierung auf weiteren Jagden ist die logische Folge. Achtung und Respekt des Jagdleiters und der Mitjagenden erhält man bereits, wenn man pünktlich am vereinbarten Treffpunkt erscheint, sich umgehend anmeldet und unaufgefordert seine gültige Jagdkarte mit dem Einzahlungsbeleg vorzeigt.

Vorkehrungen treffen

Die am Vorabend überprüfte und vorbereitete Ausrüstung für die Bewegungsjagd ist so im Rucksack verstaut, dass man sie mit wenigen Handgriffen parat hat, und auch die Jagdbekleidung muss an die Witterung des Jagdtages an­gepasst sein. Der Wetterbericht am Vortag bringt Klarheit und unterstützt wesentlich bei der Entscheidung, welche wärmenden Utensilien mitgenommen werden und welcher unnötige Ballast zu Hause bleibt. Gerade in höher ­gelegenen Revieren ist das wesentlich, wo jedes Gramm zählt. Ein erprobter Bergstock kann in vielen Situationen hilfreich sein und darf vor allem im Gebirge bei keiner Bewegungsjagd auf Schalenwild fehlen. Wichtig ist bei der Verwendung eines Berg- oder Ziel­stockes das vorherige Training damit, um das Handling nicht erst am ­Schützenstand üben zu müssen.
Bei der Ansprache des Jagdleiters hört man aufmerksam zu, anstatt sich lautstark mit Jagdfreunden zu unterhalten, dadurch andere zu verärgern und danach unnötige Fragen stellen zu müssen, à la: „Entschuldige, was ist frei, und wann ist Hahn in Ruh’?“
Es sollte nicht weiter erwähnt ­werden müssen, dass jeder geladene Jäger die vorgegebenen Sicherheits­vorschriften rigoros einhält. So ist es nur selbstverständlich, dass alle ­Gewehre auf dem Weg zum Stand und beim Verlassen desselben mit offenem Verschluss (Repetierer) bzw. gebrochen (Kipplaufbüchsen) geführt werden. Man sollte sich nicht scheuen, Mitjäger, die gegen Sicherheitsvorschriften verstoßen, anzusprechen und die Vorgaben des Jagdleiters einzufordern. Das Tragen von Signalbekleidung ist ohnehin schon längst gang und gäbe und wird uns ­bereits seit einigen Jahrzehnten von unseren skandinavischen Kollegen vorgelebt.
Hat man das Glück, seinen Stand lautlos beziehen zu können, so ist man gut beraten, diese Stille zu nutzen und möglichst leise, vielleicht unter dem mitgenommenen Wetterfleck, die Munition in das Patronenlager ein­zurepetieren. Ein umständliches und geräuschvolles Ausräumen des Rucksackes würde in dieser Situation, vielleicht herrscht sogar Windstille, das Wild in unmittelbarer Einstandsnähe auf den Jäger hinweisen.

Beste Schützen statt beste Freunde - Richtiges Verhalten: Der Verschluss einer Büchse ist nur an einem Ort ­ge­schlossen: am ­Schützenstand nach dem Anblasen. - © Fritz Wolf
Richtiges Verhalten: Der Verschluss einer Büchse ist nur an einem Ort ­ge­schlossen: am ­Schützenstand nach dem Anblasen. © Fritz Wolf
Beste Schützen statt beste Freunde - Der Jäger ­verhält sich auf dem ihm zugewiesenen Platz ruhig und behält die Umgebung im Auge. Auf Vogel­stimmen zu achten, kann ebenfalls nicht verkehrt sein. - © Fritz Wolf
Der Jäger ­verhält sich auf dem ihm zugewiesenen Platz ruhig und behält die Umgebung im Auge. Auf Vogel­stimmen zu achten, kann ebenfalls nicht verkehrt sein. © Fritz Wolf

Während der Bewegungsjagd

Man sitzt leise da und wartet ab, denn bereits durch das Anstellen wird das Wild auf die Läufe gebracht und wechselt in diesen ersten Minuten der Jagd noch vertraut und langsam, will sich wegstehlen und nicht entdeckt werden. Häufig ist es einem in dieser Situation vergönnt, frühzeitig Wild in Anblick zu bekommen, ruhig anzusprechen und mit sicherer Kugel zu erlegen.
Oftmals ist es jedoch so, dass ein Ansteller den Jagdgast auf seinen Stand bringt, ihn auf Sicherheits- und Schießbereiche sowie Nachbarstände hinweist und so zumeist ein gänzlich lautloses Anstellen schwer umsetzbar ist. In diesem Fall ist es von Vorteil, noch während dieser Zeitspanne die ­benötigten Utensilien aus dem Rucksack zu holen und Kleidungs­stücke, Wärmebildkamera, Munition, Sitzunterlage, Ersatzmagazin usw. so herzurichten, dass im Ernstfall alles griffbereit ist. Gerade auf „Dschungelständen“ und bei schlechter Sicht kann eine Wärmebildkamera in der Nähe stehendes Wild sichtbar machen – wertvolle Augenblicke, die zur Vor­bereitung genutzt werden können.
Sieht man seinen Nachbarschützen, ist es selbstverständlich, dass man sich mit einem Handzeichen in seine Richtung bemerkbar macht – auch er sollte dann mit einem laut­losen Handzeichen diesen „Sicherheitscheck“ abschließen.
Es sind zumeist jene angestellten Jäger erfolgreich, die auf dem Stand aufmerksam, achtsam und lautlos ­stehen bzw. sitzen. Auch lästige Insekten werden nicht mit einem lauten Klatschen erschlagen, sondern lautlos an der Wange, Hand oder Stirn weggewischt. Rotwild als exzellenter Bewegungs­seher würde auch die kleinste ihm fremde Bewegung im vertrauten Lebens­raum identifizieren und, noch bevor der Standschütze überhaupt eine Bewegung des Wildtieres wahrgenommen hat, abgehen. Bei Bewegungsjagden auf diese Wildart muss sich der Schütze auf seinem Stand noch disziplinierter verhalten, denn weder ein knarzender Gewehrriemen noch ein leicht wehender Wetterfleck lassen sich vor ihr ver­heimlichen.
Das Handy ist ausgeschaltet oder befindet sich zumindest im Flugmodus; je nach verursachten Vorgeräuschen beim Anbirschen zum Stand werden verräterisches Laub und Geäst am Boden leise beseitigt und alle möglichen und sicheren Erlegungsmöglichkeiten in den jeweiligen Richtungen bereits vor dem Anblasen analysiert.

Im Visier

Die Vergrößerung des Zielfernrohrs muss auf das vorhandene Schussfeld abgestimmt werden. Wer einen „Nahkampfstand“ bezogen hat, muss sein variables Absehen hinunter-, wer einen Kaiserstand auf einem Almboden mit Weitblick erhalten hat, eher hinauf­drehen. Erwähnt sei an dieser Stelle, dass man mit einem variablen Zielfernrohr mit etwa 1–6-facher Vergrößerung perfekt gerüstet ist.
Wer die geladene und gesicherte Büchse bereits in der Hand hält und ein Reservemagazin oder zumindest weitere Patronen vorbereitet hat, ist im Eifer des Gefechts klar im Vorteil. Hier kommt es sogar darauf an, in ­welcher Jackentasche man die Munition verstaut hat und wie rasch man mit der „schnelleren Vorzugshand“ das ­Magazin aus der Jacke zieht und nachladen kann.
Ob man stehen bleibt oder sich setzt, hängt überwiegend vom Gelände ab. Die Frage ist nun, ob man anstreicht oder stehend frei mitschwingt. Dies muss jeder verantwortungs­bewusste und selbstkritische Schütze selbst vor Ort entscheiden. Eines ist jedoch ­sicher: Wer bereits am Stand steht, ­erspart sich eine durchaus verräte­rische und laute Bewegung durch das Erheben vom Sitzstock. Dabei können gerade diese wertvollen Augenblicke bereits dazu führen, dass das Wild ­wieder in der Deckung verschwunden oder genau die Zeit zum sicheren ­Ansprechen mit dem Aufstehen vergeudet worden ist.
Man hat sich durch all diese ­Vorbereitungsmaßnahmen mental auf den bevorstehenden „Ernstfall“ so weit vorbereitet, dass das Unterbewusstsein den abgespeicherten Ablauf bei der Schussabgabe schnellstmöglich abrufen kann. Damit kann man auch schneller einen tödlichen Treffer anbringen als andere Jagdteilnehmer – weil man „um die Nasenspitze voraus“ ist.
Der sichere Umgang mit dem ­Jagdgewehr erfordert neben Verantwortungsbewusstsein vor allem ein Training auf dem Schießstand. Der Schuss auf Wildtiere unter Berück­sichtigung von Weidgerechtigkeit und Tierschutz hat nur dann zu erfolgen, wenn der Schütze sein Handwerk auch versteht. Um dies zu gewähr­leisten, muss ein Jäger auch regel­­-mäßig Schießtechnik und Schuss­leistung kontrollieren sowie seine Waffe auf dem Schießstand überprüfen.

„Jagdknigge“
kein Alkohol vor und während der Jagd
gültige Jagdkarte mitführen
Signalbekleidung tragen
riegeljagdtaugliches Gewehr mit ebensolcher Zieloptik führen
jagdliches Equipment (Messer, Säge, Bergeseil, Einweghandschuhe, Erste-Hilfe-Paket usw.) überprüfen und einpacken
Anweisungen des Jagdleiters ohne Wenn und Aber Folge leisten
ruhiges Verhalten am Stand
visuellen Kontakt mit Nachbarschützen aufnehmen
kein Schuss ohne Kugelfang
kein Linieren
Merken der Anschüsse
keine selbstständige Nachsuche
kein Verlassen des Standes vor Ende der Jagd
Gewehr entladen und mit offenem Verschluss bzw. gebrochen führen

Routine bringt’s

Auch wenn man auf Schießständen den dynamischen Büchsenschuss zum Beispiel auf den „Laufenden Keiler“ in der Regel ausreichend gut trainieren kann, bieten Schießkinos eine noch bessere Grundlage, weil dort realis­tische Simulationen, wie sie in der Jagdpraxis vorkommen können, zu ­bewältigen sind.
Mittlerweile gibt es Hightech-­Anlagen, die eine nahezu perfekte Nachahmung jagdlicher Abläufe mit Wildbegegnungen und Schussabgabe erlauben und die sowohl virtuell als auch mit Jagd­munition beschossen werden können. Mit Computer- und Infrarot-Technik können Treffer, aber auch Fehlschüsse genau analysiert werden; der Schütze sieht sofort, ob er das Wild tödlich ­getroffen oder nur angeschweißt bzw. gefehlt hat. Aber auch speziell für die Jagd entwickelte Schießstände bieten Trainingsmöglichkeiten für besondere Jagdsituationen.
So ist man ideal auf den Jagdtag vorbereitet und auf dem Stand nicht überfordert, sollten die Verhältnisse auch einmal schwierig sein. Ein gut trainierter Jäger bringt eher einen ­sicheren und gezielten Schuss an als ein ungeübter. Dabei spielt vor allem das Reaktionsvermögen eine wichtige Rolle, ein durch das Zielfernrohr schnelles Ansprechen nach Wildart, Geschlecht, Alter und erfolgter Freigabe durch den Jagdleiter voraus­gesetzt.
Ein geübter und routinierter Schütze wird sich nicht nur die ­sicheren Erlegungsmöglichkeiten im Bereich seines Standes einprägen, ­sondern auch auf die Vogelstimmen in seinem Umfeld achten: Eichelhäher, Ringamsel oder Zaunkönig sind Signalgeber für Mensch und Tier und ­ver­raten dem kundigen Jäger oft anwechselndes Wild. In die Richtung, aus der der Ruf des Eichelhähers kommt, muss sich der Schütze orientieren – im sicheren Bereich, wo Kugelfang gegeben ist –, mit angeschlagenem Gewehr das Wildtier erwarten, durch die Zieloptik ansprechen und eine zumeist ­sekundenschnelle Entscheidung über eine ­mögliche Erlegung treffen.

Absch(l)uss

Hochflüchtiges Wild bleibt unbe­schossen. Oft ergibt sich an Grabenkanten oder im Hell-Dunkel-Bereich, also an Bestandesgrenzen von zum ­Beispiel Altholz und Stangenholz, durch das Verhoffen eines Stückes ein weidgerechter Schuss. Dank einer sehfeldoptimierten Riegeljagdoptik kann auch sichergestellt werden, dass weder ein Nachbarjäger, Treiber oder Jagdhund gefährdet ist.
Erst nachdem die Jagd abgeblasen oder der vereinbarte Zeitpunkt erreicht ist, darf der Stand verlassen und der Anschuss verbrochen werden. Nach­gesucht wird durch ein eigenes Nachsuchengespann und nicht eigen­mächtig. Bei großen Jagden fällt auch nach dem „Hahn in Ruh’“ noch einige Arbeit an, und jeder Jagdleiter ist froh, wenn er neben seinen eingeteilten Teammitgliedern helfende Hände zur Seite bekommt, die bei der Lieferung des Wildes, beim Aufbrechen, beim Verbringen zum Streckenplatz und beim Aufladen und Liefern zur Wildkammer mithelfen. Wer hier seine Hilfe anbietet und tatkräftig mit anpackt, fällt positiv auf und empfiehlt sich dadurch für die nächsten Jahre. Denn: Gute, verlässliche und verantwortungsvolle Schützen sind immer gefragt!

Beste Schützen statt beste Freunde - Tipps & Tricks: Die verschiedenen Jagdmethoden auf Schalenwild – von der Ansitz-Riegeljagd über den Sauriegler, das Saukreisen bis hin zur Stöberjagd – werden in dieser Broschüre auf den Punkt gebracht. Mit Praxistipps, etwa zu Büchse, Optik und Munition, wird nicht gespart. - © Österreichischer Jagd- u Fischerei-Verlag

Tipps & Tricks: Die verschiedenen Jagdmethoden auf Schalenwild – von der Ansitz-Riegeljagd über den Sauriegler, das Saukreisen bis hin zur Stöberjagd – werden in dieser Broschüre auf den Punkt gebracht. Mit Praxistipps, etwa zu Büchse, Optik und Munition, wird nicht gespart. © Österreichischer Jagd- u Fischerei-Verlag

40 Seiten, zahlreiche Farb­fotos, Taschenformat. Bestellungen: Tel. 01/405 16 36-25, Internet: www.jagd.at,E-Mail: jagd@verlag.at € 7,50