Artikel

Effektiver Jagdtest: eXergy Blue-Geschoss im Feld

30. Oktober 2024 -
Langzeit-Feldtest mit Sellier & Bellot eXergy Blue - Im WEIDWERK Langzeit-Feldtest lieferten die Büchsen in den Kalibern .308 Win. und .30-06 Spr. sehr gute Streukreisdurchmesser (v. o. n. u.): Steyr SBS Hunter (29 mm), Steyr Monobloc (28 mm), Blaser R8 Ultimate (26 mm) und Strasser RS 700 (21 mm). - © Martin Grasberger
Im WEIDWERK Langzeit-Feldtest lieferten die Büchsen in den Kalibern .308 Win. und .30-06 Spr. sehr gute Streukreisdurchmesser (v. o. n. u.): Steyr SBS Hunter (29 mm), Steyr Monobloc (28 mm), Blaser R8 Ultimate (26 mm) und Strasser RS 700 (21 mm). © Martin Grasberger

Das bleifreie eXergy Blue-Geschoss von Sellier & Bellot zeigt im Langzeittest bei verschiedenen Wildarten beeindruckende Tötungswirkung und Wildbret-Qualität. Erfahren Sie mehr über seine Praxistauglichkeit und Leistungsfähigkeit auf kurzen und langen Distanzen.

Das bleifreie Deformationsgeschoss „eXergy Blue“ des tschechischen Herstellers Sellier & Bellot stellten wir bereits in der WEIDWERK-Ausgabe 8/2023 vor, um dieses anschließend einem Langzeit-Feldtest in der rauen Jagdpraxis zu unterziehen. Es wurden Rotwild, Gamswild, Rehwild und Sauen sowohl auf sehr kurze als auch weite Entfernungen erlegt. Die Daten hinsichtlich Geschoss- und Tötungswirkung wurden in Abschussprotokollen exakt dokumentiert und ausgewertet. Jetzt liegen die Resultate des „Bleifreien“ auf dem Tisch.

Effiziente Tötungswirkung: Das eXergy Blue-Deformationsgeschoss

Das eXergy Blue ist als Deformationsgeschoss konstruiert. Das heißt, wir erwarten keine Splitterbildung, hohe Ausschusstendenz, und im Wildkörper sollte sich der vordere Teil des Geschosses durch die Flüssigkeitsverdrängung in Fahnen aufrollen. Dadurch wird der Geschossquerschnitt rasch vergrößert, und es kommt zum Staudruck im Gewebe. Die damit verbundene Energieabgabe resultiert in der Zerstörung von Blutgefäßen (vorrangig von Arterien) und liefert somit die gewünschte Tötungswirkung.

Büchse Schalldämpfer Kaliber Lauflänge
Blaser R8 Ultimate Blaser Overbarrel .308 Win. 52 cm
Steyr Monobloc Steyr Breeze .30-06 Spr. 56 cm
2× Steyr SBS Hunter Recknagel SOB2 .308 Win. 51 und 52 cm
Strasser RS 700 WHED TAC44 .308 Win. 56 cm

Präzisionstest: Jagdbüchsen und das eXergy Blue-Geschoss

Für den Test haben wir fünf Jagdbüchsen (siehe Tabelle) chemisch gereinigt und mit einwandfreien Schalldämpfern bestückt.
Mit den Kalibern .308 Win. und .30-06 Spr. wurden bewusst Standardkaliber und keine Hochleistungskaliber gewählt, da diese in den meisten Revieren zum Einsatz kommen. Die chemische Reinigung im Vorfeld war in diesemZusammenhang insofern relevant, um Geschossablagerungen von zuvor verwendeten Laborierungen aus den Läufen zu entfernen und die tatsächliche Schussleistung der Büchsen genau erheben zu können. Auf dem Schießplatz wurde im Zuge des Einschießens die tatsächliche Geschossgeschwindigkeit aus der jeweiligen Büchse gemessen.
Da wir uns bezüglich Geschossgeschwindigkeit nicht auf Werks­angaben verlassen können, haben wird die neue Laborierung aus dem Hause Sellier & Bellot auf deren Anfangsgeschwindigkeit geprüft. Das Geschwindigkeitsmessgerät Magneto Speed förderte dann ein überraschendes Ergebnis zutage, nämlich dass die .30-06 Spr. aus dem 56 cm Lauf der Steyr Monobloc mit 824 m/s (Werksangabe 849 m/s – Messlauflänge vermutlich 600 mm) beinahe die gleiche Geschwindigkeit lieferte, wie die .308 Win. aus der Blaser R8 Ultimate. Auch die beiden Steyr Hunter SBS offerierten mit je 823 m/s (Werksangabe 829 m/s) und kurzen Läufen ( 51 und 52 cm) ein ähnliches Resultat. Die .308 Win. des Strasser-Repetierers (Lauflänge 56 cm) hatte eine Anfangsgeschwindigkeit von 826 m/s.
Die Laborierung selbst war sowohl im Kaliber .308 Win. als auch im Kaliber .30-06 Spr. mit demselben Geschossgewicht von 165 gr/10,7 g verladen. Der Grund der eher langsamen .30-06 Spr. bei gleich schwerem Geschoss liegt vermutlich im Brennschluss des Pulvers. Die .308 Win. wird üblicherweise mit rasanteren Pulvern verladen, die über einen kürzeren Brennschluss verfügen. Daher bedeutet offensichtlich jeder Zentimeter weniger Lauflänge bei der mit progressiven Pulvern verladenen .30-06 Spr. eine beträchtliche Reduktion der Geschossgeschwindigkeit. Für den Feldtest selbst waren dies allerdings perfekte Voraussetzungen, denn wir konnten alle Büchsen mit gleich schweren und ähnlich schnellen Geschossen gegenüberstellen.
Alle fünf Büchsen lieferten mit der eXergy Blue eine sehr gute Schussleistung zwischen 21 mm und 29 mm Streukreisdurchmesser. Mit kaltem Lauf (5er-Schussgruppe) lieferte die Strasser RS 700 einen beeindruckend guten Streukreis von 21 mm Durchmesser, dicht gefolgt von der Blaser R8 Ultimate mit 26 mm, dem Steyr Monobloc mit 28 mm und den beiden Steyr SBS Hunter mit 29 mm Streukreisdurchmesser. Weiters wurden die Ballistiktürme an den Zielfernrohren der Büchsen auch für größere Distanzen justiert.

Langzeit-Feldtest: 77 Stück Schalenwild mit dem eXergy Blue

Insgesamt wurden von fünf Jägern 77 Stück Schalenwild – vom Flachland- bis zum Hochgebirgsrevier – zur Strecke gebracht. Davon wurden 14 Stück Gamswild und 13 Stück Rotwild (vom Dreierhirsch bis zum Kalb) erlegt. Die größte Gruppe war das Rehwild mit41 Stück, die kleinste Schwarzwild mit neun Stück. Der kürzeste Schuss mit 22 m wurde auf ein Stück Rehwild abgegeben. Die größte Distanz war auf ein Rottier – auf sage und schreibe 346 m. An dieser Stelle sei erwähnt, dass für diese weite Schussabgabe perfekte Voraussetzungen (kein Wind und eine ideale Gewehrauflage unter Vorder- und Hinterschaft) vorgeherrscht haben und das Tier mit einem perfekten Blattschuss im Feuer geblieben ist.
Generell haben sich die Jäger während des Tests auf den Haltepunkt hart am Blatt, sprich genau auf der Schulterschaufel, verständigt. Dies auch vor dem Hintergrund, um die tatsächliche Tötungswirkung zu erheben und nicht das Wildbret zu schonen.
Entsprechend aufwendig gestaltete sich die Auswertung. Es wurden die Wildart, das Wildbretgewicht (aufgebrochen), die Schussdistanz, das Wildverhalten beim Treffer (vertraut oder flüchtig) sowie die Trefferlage erhoben. Unterschieden wurde zwischen einem Treffer mit Ein- und Ausschuss in der Kammer, Ein- oder Ausschuss in der Kammer und Ein- und Ausschuss außerhalb der Kammer. Weiters wurden Schusszeichen, Fluchtstrecke, Ausschusstendenz, Anschusszeichen – wie Schweiß – erhoben. Alle Stücke wurden aus der Decke geschlagen bzw. abgeschwartet und zerwirkt. Damit konnten wir, wie auch bei den letzten Feldtests, abermals die Wildbretentwertung genau feststellen.

Fluchtstrecke als Indikator für Trefferlage und Nachsuche

Eines der wichtigsten Indizien für die Trefferlage ist die Länge der Fluchtstrecke. Diese ist ausschlaggebend, ob eine Nachsuche erforderlich ist oder nicht. Ein Stück Schalenwild sollte innerhalb von 50 m verenden, vorausgesetzt, der Ein- oder Ausschuss befindet sich in der Kammer. In diesem Kontext muss aus tiermedizinischer Sicht festgehalten werden, dass es einem Wildtier auch mit einem absolut tödlichen Treffer bzw. einer absolut tödlichen Verletzung noch rund fünf Sekunden lang möglich ist, die Lebensfunktionen aufrechtzuerhalten. Wenn wir dann ein Stück Rotwild in der Fluchtbewegung analysieren, kann es daher vorkommen, dass Fluchten bis zu 50 m zustande kommen können. Die Definition von „im Feuer bleiben“ ist ebenfalls sehr schwierig. So haben wir, wie bereits in anderen Feldtests, „im Feuer“ verzeichnet, wenn das Stück maximal 15 m vom Anschuss entfernt lag.

Langzeit-Feldtest mit Sellier & Bellot eXergy Blue - Der Einschuss des eXergy Blue an einem Rehbock. - © Norbert Steinhauser
Der Einschuss des eXergy Blue an einem Rehbock. © Norbert Steinhauser
Langzeit-Feldtest mit Sellier & Bellot eXergy Blue - Der Ausschussdes eXergy Blue auf 120 m Distanz. - © Norbert Steinhauser
Der Ausschussdes eXergy Blue auf 120 m Distanz. © Norbert Steinhauser
Langzeit-Feldtest mit Sellier & Bellot eXergy Blue - Blick in die Brusthöhle eines Rehes. - © Norbert Steinhauser
Blick in die Brusthöhle eines Rehes. © Norbert Steinhauser

Effizienz des eXergy Blue-Geschosses in Bezug auf Tötungswirkung und Wildbretentwertung

Das Wildbret betreffend ergaben sich beim Rotwild 59 kg Durchschnittsgewicht, beim Gamswild 10 kg, beim Rehwild 14 kg und beim Schwarzwild 49 kg. Das schwerste Stück brachte 97 kg (Rotwild) auf die Waage und das leichteste, ein Gamskitz, 7 kg.
Die Durchschnittsentfernung betrug 122 m, was aus unserer Sicht eine relativ große Distanz darstellt. 88 % aller Stücke befanden sich bei der Schussabgabe in vertrautem Zustand. Dieser Wert ist ebenfalls nicht unerheblich, denn wenn ein Stück bereits flüchtig oder in der Flucht ist, sind erfahrungsgemäß die Fluchtentfernungen größer.
Die Trefferlage war mit einem Wert von 1,18 perfekt, lediglich drei Treffer lagen mit Ein- und Ausschuss außerhalb der Kammer. Die Schusszeichen waren durchwegs gut, sodass wir sagen können, dass jedes Stück den Treffer gut quittiert hat. Am Anschuss fanden wir fast immer genügend Schweiß für die Anschuss-Analyse, den Ausschuss betreffend wurde unsere Erwartung bestätigt: Nur viermal hatten wir keinenAusschuss. Bei diesen vier stärkeren Stücken zeigte die Waage Wildbretgewichte zwischen 59 und 94 kg und veranschaulichte die extrem hohe Auschusstendenz des eXergy Blue.
Wichtiges Kriterium war aber auch die Länge der jeweiligen Fluchtstecke. Erfreulicherweise lagen im allgemeinen Durchschnitt alle Stücke im Feuer, sprich innerhalb von 15 m Radius. Innerhalb des zweiten Radius von 15 m bis max. 50 m verendeten 98 %, unabhängig davon, wie schwer, wie weit oder wie gut (Ein- oder Ausschuss immer in der Kammer) der Treffer war und ob vertraut oder flüchtig. Lediglich 2 % konnten erst nach 50 m zustandegebracht werden. Diese Werte sagen schon sehr viel über die Performance eines Büchsengeschosses aus.
Nachdem alle Stücke aus der Decke geschlagen bzw. abgeschwartet und zerwirkt waren, wurde die Wildbretentwertung beurteilt. Ein Geschoss, das eine gute Performance aufweist, muss nämlich auch einiges an Gewebe zerstören, um die gewünschte Tötungswirkung zu erzielen. Bereits im Sinne der Weidgerechtigkeit ist der Auftrag an uns Jäger, Wild so rasch und so wirksam wie möglich zu erlegen, um Schmerzen oder Leiden hintanzuhalten. Daher ist die Tötungswirkung grundsätzlich vorrangig gegenüber dem Wildbret zu sehen, wobei wir mit dem Wildbret über ein hochwertiges und kostbares Lebensmittel verfügen.
Mit einem Wert von 1,34 (von max. 3,0) hielt sich die Wildbretentwertung allerdings in einem absolut vertretbaren Rahmen. Die Stücke wiesen interessanterweise Hämatome auf, die nicht bis in die Innenmuskulatur reichten, sondern zwischen Decke/Schwarte und im Bindegewebe auftraten. Diese konnten an der Oberfläche der Muskulatur ohne zu große Verluste abgeschärft werden. Allgemein waren nur wenige Einblutungen festzustellen, wobei ganz harte Treffer auf der Blattschaufel in manchen Fällen die Verwertung der Schulter unmöglich machten.

Praxistauglichkeit und Leistung des eXergy Blue im Feldtest

Das eXergy Blue aus dem Hause Sellier & Bellot mit einem Geschossgewicht von 165 gr/10,7 g in den Kalibern .308 Win. und .30-06 Spr. lieferte in unserem Feldtest eine mehr als zufriedenstellende Performance, was Tötungswirkung und Jagdtauglichkeit anbelangt. Selbst nach über 60–80 Schüssen pro Lauf war die Schussleistung der Büchsen immer noch die gleiche wie nach der chemischen Reinigung zu Beginn des Tests. Wir haben aufgrund der Ausschussanalyse lobenswerterweise keine Anzeichen von Splittern entdeckt. Die Stücke zeichneten gut, lagen im Regelfall nicht weit vom Anschuss, und die Wildbretentwertung blieb großteils im Toleranzbereich. Wenn durch ein Geschoss 98 % der beschossenen Stücke innerhalb von 50 m verenden, dann hat es seine Praxistauglichkeit mehr als bewiesen.

Langzeit-Feldtest mit Sellier & Bellot eXergy Blue - Im Vorfeld des Tests wurden die fünf Repetierer einer chemischen Lauf­reinigung unterzogen, um ideale Voraussetzungen zu schaffen. - © Martin Grasberger

Im Vorfeld des Tests wurden die fünf Repetierer einer chemischen Lauf­reinigung unterzogen, um ideale Voraussetzungen zu schaffen. © Martin Grasberger

Praxistauglichkeit und Leistung des eXergy Blue im Feldtest

Das eXergy Blue aus dem Hause Sellier & Bellot mit einem Geschossgewicht von 165 gr/10,7 g in den Kalibern .308 Win. und .30-06 Spr. lieferte in unserem Feldtest eine mehr als zufriedenstellende Performance, was Tötungswirkung und Jagdtauglichkeit anbelangt. Selbst nach über 60–80 Schüssen pro Lauf war die Schussleistung der Büchsen immer noch die gleiche wie nach der chemischen Reinigung zu Beginn des Tests. Wir haben aufgrund der Ausschussanalyse lobenswerterweise keine Anzeichen von Splittern entdeckt. Die Stücke zeichneten gut, lagen im Regelfall nicht weit vom Anschuss, und die Wildbretentwertung blieb großteils im Toleranzbereich. Wenn durch ein Geschoss 98 % der beschossenen Stücke innerhalb von 50 m verenden, dann hat es seine Praxistauglichkeit mehr als bewiesen.