Schwarzwild: Gefahr für Jagdhunde!
Bei Bewegungsjagden auf Schwarzwild kommt es leider immer wieder zu Unfällen. Aber wie schützen wir unsere Jagdhunde effektiv vor Gefahren, und was kann der Hundeführer dazu beitragen?
Für den Einsatz eines Jagdhundes bei der Jagd auf Schwarzwild müssen sowohl Jagdhund als auch Jagdhundeführer einige wichtige Eigenschaften mitbringen. Welche das sind, erfahren Sie hier.
Eigenschaften
Beim zum Einsatz kommenden Jagdhund sollte es sich um eine Jagdhunderasse handeln, die neben der Spurarbeit das Stöbern, also das selbstständige Suchen, Finden und Hochmachen von Schalenwild, als Zuchtziel aufweist. Der zur Stöberjagd eingesetzte Jagdhund soll eine Spur bzw. Fährte selbstständig und auch über längere Distanzen erarbeiten und dabei Laut geben. Der spurlaute Jagdhund hat den Vorteil, dass er sich durch das Lautgeben auf der Fährte dem Wildbestand ankündigt und somit ein kontrolliertes Fluchtverhalten des Wildes auslöst.
Die Arbeit eines spurlauten Jagdhundes ist vom Tempo her eher gering, da er die Fährte halten muss, Laut gibt und läuft – also er macht drei Dinge gleichzeitig. Da das Wild nicht in voller Flucht vor die Schützen kommt, sondern den in einiger Entfernung Laut gebenden Jagdhund stets kontrolliert, ist eine Schussabgabe sogar auf ein kurz verhoffendes Stück möglich.
Förderung
Grundsätzlich bringen die Jagdhunderassen sehr viel genetisches Potenzial für den Jagdeinsatz mit. Dieses muss jedoch vom Jagdhundeführer entsprechend gefördert werden. Daher ist eine Ausbildung zur Spurarbeit notwendig. Gerade die Ausbildung auf der Spur des Feldhasen fördert durch die geringe Bodenverwundung und Körperwittrung eine gute Nasenleistung, den Spurwillen und neben dem Laut die Spursicherheit zutage. Außerdem verflüchtigt sich die Spur des Feldhasen um einiges schneller als die Fährte eines Überläufers oder gar einer Rotte von Sauen und ist daher ein echter Gradmesser für die Tauglichkeit eines Jagdhundes zum Einsatz bei der Stöberjagd.
Sicht- und Standlaut
Kommen sichtlaute Jagdhunde bei einer Bewegungsjagd auf Schalenwild bzw. Schwarzwild zum Einsatz, so ist das Fluchtverhalten des Wildes um einiges rasanter, da der Jagdhund dem Wild unmittelbar folgt. Er sieht das Wild und gibt Laut, daher die Bezeichnung „Sichtlaut“. Eine Schussabgabe ist hier nicht möglich, da meist der Abstand zwischen dem Stück und dem Jagdhund zu gering und das Tempo der Flucht sehr hoch ist. Diese Jagdhunde verhalten sich auf einer warmen Fährte oder Spur stumm, sie geben nur Laut, wenn sie Wild ansichtig werden.
Im Zuge einer Bewegungsjagd können noch andere Lautäußerungen der Jagdhunde, wie der Standlaut, vernommen werden. Standlaut geben Jagdhunde dann, wenn sie Wild stellen – das wiederum kann entweder gesund oder krank sein. Gerade bei Bewegungsjagden auf Schalenwild ist diese Lautwahrnehmung für den Jagdhundeführer sehr wichtig. Er wird informiert, dass Wild gefunden und gestellt wurde. Somit weiß er, dass er so rasch als möglich zum Ort des Geschehens gelangen muss, um den Jagdhunden zu helfen. Der erfahrene Jagdhundeführer erkennt am Standlaut sogar, um welche Wildart es sich handelt, und kann sich so beim Anbirschen mental auf die bevorstehende Situation einstellen.
Bogenrein?
Eine weitere Voraussetzung bei zur Stöberjagd eingesetzten Jagdhunden ist die Bogenreinheit. Als bogenreiner Jagdhund wird jener bezeichnet, der gesundes Schalenwild nicht allzu weit über die abgestellten Schützen hinausjagt. Es ist zum Gutteil eine Erfahrung des Jagdhundes, dass er nach einigen Kilometern der Verfolgung ablässt und selbstständig zu seinem Jagdhundeführer zurückkehrt. Auch ein jagdlicher Erfolg des jungen Jagdhundes direkt im Treiben fördert diese Eigenschaft. Trotz der zur Verfügung stehenden Technik der Ortungsgeräte soll dem Jagdhund diese Eigenschaft innewohnen. Der eigene Orientierungssinn der Jagdhunde ist nach wie vor notwendig.
Passion & Härte
Passion und Härte des Jagdhundes sind bei dieser Jagdart auch unbedingt notwendig. Passion steht hier für das Findenwollen, also für die Ausdauer, die der Jagdhund zeigen muss. Auch wenn er eine halbe Stunde oder mehr kein Schwarzwild antrifft, soll er nicht aufgeben. Als Härte bezeichnen wir jenes Verhalten des Jagdhundes, dass er Unannehmlichkeiten während seines Einsatzes, wie Schnee, Nässe, Schilf, Wasser, Schlamm, Dornen usw., in Kauf nimmt und sich davon nicht abhalten lässt, nach Wild zu suchen und es zu verfolgen.
Dass wir generell nur Jagdhunde zum Einsatz bringen können, die vor Wild keine Scheu zeigen, versteht sich für jeden Jäger von selbst. Da Schwarzwild jedoch eine wehrhafte Wildart ist, sollte der Jagdhund vor dem jagdlichen Einsatz dahingehend überprüft werden, ob er Schwarzwild generell meidet und daher nicht zum Einsatz kommen kann. Oder ob er Schwarzwild mit Verstand findet und jagt. Wir benötigen Jagdhunde, die mehr Verstand als Schärfe aufzeigen, oder wie Prof. Wunderlich es formuliert: „Blinde Schärfe ist ein aggressionsmotivierter kompromissloser Angriff und somit unkontrollierbare Schärfe, die sich im Niederreißen des Schwarzwildes äußern kann. Sie ist für den Hund selbstgefährdend und nicht erwünscht!“ Daher soll der Jagdhund sein Verhalten am lebenden Stück so gestalten, dass er genügend Abstand hält, um einer Attacke durch den Schwarzkittel rechtzeitig ausweichen zu können. Er soll anhaltend Standlaut geben, Attacken setzen und genügend Abstand halten, damit der Jagdhundeführer den Fangschuss anbringen kann. Sollte dies nicht möglich sein, sollte der Jagdhundeführer auch das Können besitzen, das Stück mit der kalten Waffe abzufangen.
Zur Minimierung der Gefahren bei der Jagd auf Schwarzwild ist neben der entsprechenden Ausrüstung, wie Sauenschutzweste und GPS-Halsband, auch eine gute Ausbildung des Jagdhundes unabdingbar.
Gesundheit
Bei erlegten Stücken soll der Jagdhund keinen Griff setzen bzw. nicht genossen gemacht werden, da bei Schwarzwild die Ansteckungsgefahr mit der Aujeszky’schen Krankheit gegeben ist. Gegen diese Krankheit gibt es keinen medizinischen Schutz – nur jenen, den Jagdhund nicht auf den Griff auf das Stück zu konditionieren.
Dass generell nur gesunde Jagdhunde mit den diversen Impfungen gegen Staupe, Tollwut, Leptospirose usw. zum jagdlichen Einsatz kommen sollten, ist selbstverständlich. Ebenso wichtig wie die medizinische Vorsorge ist die körperliche Vorsorge für den Jagdhund. Ausreichend Kondition ist für jeden jagdlichen Einsatz, nicht nur bei einer Bewegungsjagd auf Schalenwild, unabdingbar. Denn nur ein gesunder Jagdhund kann eine gute Nasenleistung erbringen.
Ausbildung
Im Rahmen der Ausbildung haben sich die „Schwarzwildgewöhnungsgatter“ als eine perfekte Übungsmöglichkeit für Jagdhunde etabliert. Leider ist es uns in Österreich noch nicht gelungen, ein solches Ausbildungsgatter zu errichten, daher muss man mit seinem vierbeinigen Jagdgefährten den Weg nach Deutschland antreten. υ
In einem Schwarzwildausbildungsgatter lernt nicht nur der Jagdhund, sondern auch der Hundeführer in einer kontrollierten Umgebung und ohne Gefahren, weder für das Schwarzwild noch für den Hund, wie sich der Jagdhund in unmittelbarer Nähe zum Schwarzkittel verhält.
In Österreich kann die Schwarzwildtauglichkeit eines Jagdhundes während der Jagdausübung selbst mit dem Nachweis der jagdlichen Eignung auf Schwarzwild festgestellt werden. Jagdhunde, die im Zuge einer Bewegungsjagd auf Schwarzwild selbstständig, also allein Schwarzwild finden und es in Bewegung bringen, kann dieser Nachweis von einem anwesenden Leistungsrichter des Österreichischen Jagdgebrauchshunde-Verbandes (ÖJGV) ausgestellt werden.
Die Lautfeststellung, ob der Jagdhund spurlaut, sichtlaut, stumm oder gar weidlaut ist, erfolgt im Rahmen der diversen Jagdhundeprüfungen der jeweiligen Hunderasse.
Jagdhundeführer
Wie eingangs erwähnt, muss auch der Jagdhundeführer einige „Skills“ mitbringen, damit die Jagd auf Schwarzwild für seinen vierbeinigen Jagdgefährten nicht tatsächlich zur „Gefahr“ gerät. Neben der richtigen Bekleidung ist die Beherrschung der mitgeführten Waffen eine unbedingte Notwendigkeit. Es hat keinen Sinn, eine Faustfeuerwaffe zu führen, wenn der Umgang und vor allem die Treffsicherheit damit nicht gegeben sind. Training, also einige Tausend Schuss mit der Faustfeuerwaffe auf dem Schießstand während des Jahres, ist eine Selbstverständlichkeit. Ebenso der Umgang mit der Langwaffe oder der blanken Waffe. Im Ernstfall muss jeder Schuss und jeder Griff sofort sitzen. Für Versuche ist da keine Zeit mehr, da man damit nicht nur sich selbst, sondern auch seinen Jagdhund und letztlich auch andere Jagdhundeführer gefährdet.
Auch für das „Hilfeholen“ in einer Extremsituation sollte man sich nicht zu schade sein! Um richtig zu reagieren, ist ein ruhiges, konzentriertes Herangehen an die Situation seitens der Hundeführer unbedingt notwendig. Jedwede Hektik ist zu vermeiden. Rechtzeitige Abstimmung und Einschätzung des Geschehens sind vor dem Setzen der ersten Aktion (lebens-)wichtig. Hier ist eine Lernphase für jeden Jagdhundeführer notwendig, der sich für diese Jagdart interessiert. Dass die körperlichen Voraussetzungen des Jagdhundeführers, wie Kondition und Gesundheit, gegeben sein müssen, versteht sich von selbst.
Im Zuge mehrerer jagdlicher Einsätze lernt neben dem Jagdhund auch der Jagdhundeführer dazu: Wie verhält sich mein Jagdhund in welcher Umgebung, bei welchen Stücken (jung oder alt, stark oder schwach)? Wie zeigt mir mein Jagdhund, dass er Wild schon im Wind hat, obwohl wir noch einige Hundert Meter entfernt sind? Der Erfahrungsaustausch und die Rekapitulation der Jagdszenen des abgelaufenen Tages unter den Jagdhundeführern nach solchen jagdlichen Einsätzen sind zusätzliche Erfahrungsquellen.
Die passende Ausrüstung ist für den Jagdhund ebenso wichtig wie für den Jagdhundeführer (siehe Seite 21). Zumindest eine Signaljacke mit Telefonnummer und ein Ortungsgerät sollte der Jagdhund tragen. Die Handhabung des Ortungsgeräts muss bereits zu Hause und nicht erst im Einsatz geübt werden. Wenn eine Schutzweste aus stichfestem Material zum Einsatz kommen soll, dann nur ein „Maßanzug“. Diesen muss der Jagdhund vor dem ersten Einsatz kennenlernen, um sich daran zu gewöhnen. Es ist jedoch zu bedenken, dass auch eine Sauenschutzweste keinen 100%igen Schutz bieten kann.
Kein Risiko eingehen!
Zur Gefahrenminimierung bei der Jagd auf Schwarzwild ist eine gute Ausbildung des Jagdhundes, speziell mit Schwerpunkt auf Bewegungsjagden und Nachsuchen auf Schwarzwild, unabdingbar. Aber auch ein wesensfester Jagdhundeführer und der gezielte und effiziente Einsatz der vorhandenen Technik zur Gefahrenminimierung können wesentlich zur Sicherheit bei der Jagd auf Schwarzwild beitragen!