Läufigkeit bei Jagdhündinnen – Was Jäger über Hitze, Verhalten und Pflege wissen müssen

Hündin steht aufmerksam im Gras während ihrer Läufigkeit.
Hündin zeigt sich aufmerksam und vital trotz Läufigkeit. © Annette Schmitt

Von der ersten Läufigkeit bis zur Scheinmutterschaft: Alles Wichtige über den Sexualzyklus der Jagdhündin, Verhalten im Revier und Tipps zum richtigen Umgang während der Hitze.

Abhängig von der Größe und Rasse des Jagdhundes wird eine Hündin in der Regel erstmals zwischen dem 6. und 14. Lebensmonat läufig. Ein Ausbleiben der Läufigkeit bis zum 18. Lebensmonat ist bei großen Hunden unbedenklich, danach sollte jedoch vorsichtshalber der Tierarzt konsultiert werden. Die erste Läufigkeit fällt häufig noch schwächer aus als die darauffolgenden. Insgesamt dauert die Hitze, die in der Regel alle sechs bis neun Monate auftritt, etwa 21 Tage. In dieser Zeit ist es ratsam, auf den Einsatz der Hündin in Bewegungsjagden zu verzichten, zu leicht könnten teilnehmende Rüden verwirrt werden und nicht mehr dem Wild, sondern nur noch der Hündin folgen. Auch das Verwahren einer läufigen Hündin im Auto ist bei Jagden mit Hundemeuten nicht empfehlenswert, da sich Rüden hierbei schnell am verführerisch duftenden Auto verlieren. Das eigentlich aufzuspürende Wild wird somit schnell uninteressant. Der Einsatz einer heißen Hündin bei Nachsuchen sollte auf kurze, sichere Todsuchen begrenzt werden, da bei einer notwendigen Hetze die Gefahr einer außerplanmäßigen Affäre mit einem Rüden unterwegs besteht. Läufige Hündinnen sind normalerweise von jagdlichen Prüfungen ausgeschlossen. Je nach Prüfungsordnung kann es jedoch auch Ausnahmen geben. In solchen Fällen starten sie in der Regel ganz am Schluss.

Proöstrus und Östrus bei der Hündin – Phasen der Läufigkeit richtig erkennen

Die Läufigkeit unterteilt sich in mehrere Phasen. Die ersten neun Tage der Läufigkeit fallen in das Ende der bereits vorausgegangenen Vorbrunst (Proöstrus). In dieser Phase kommt es zu einem Anstieg des Östrogenspiegels. Außerdem reifen die Eizellen in den sogenannten Follikeln, die sich in den Eierstöcken befinden, heran. Äußerlich sind diese ersten Tage am Anschwellen der Schnalle zu erkennen. Meist zeigt die Hündin ein verändertes Verhalten. Sie wird eventuell ruhiger, vielleicht etwas launisch und unausgeglichener und markiert anfangs häufig. Manchmal entpuppt sich die Hündin nun als heikle Fresserin. Während des Proöstrus lässt die Hündin zwar noch keinen Rüden an sich heran, ihr Interesse am anderen Geschlecht wächst jedoch zunehmend. Anfangs tritt relativ viel Blut aus der Scheide aus, das sich dann zunehmend mit Schleim vermischt. Manche Hündinnen bluten jedoch auch die gesamten drei Wochen durch. Um Flecken im Haus zu vermeiden, gibt es im Fachhandel Hundehöschen mit speziellen Einlagen. Das Tragen dieser Schutzhöschen ist unter Hündinnen Geschmacksache, denn eigentlich wollen sie sich hundetypisch stets selbst sauber lecken. So gibt es immer wieder Vertreterinnen, die sich gar nicht damit arrangieren und alles versuchen, die Hose wieder loszuwerden. Waschbare Teppiche auf den Fußböden haben sich in dieser Zeit aus hygienischen Gründen als sehr praktisch erwiesen. Bereits während des Proöstrus muss mit hartnäckigen Verehrern am Gartenzaun gerechnet werden, die ihren Liebeskummer kundtun.
Die zweite Phase ist die sogenannte Hochbrunst oder Eisprungphase (Östrus). Der Östrogenspiegel ist nun sehr hoch. Zu diesem Zeitpunkt wandern die Eizellen vom Eierstock in den Eileiter; dort können sie befruchtet werden. Anschließend bewegen sich die Eizellen weiter in Richtung Gebär­mutter, in der sie sich dann einnisten und, bei erfolgreicher Befruchtung, zum geburtsreifen Fötus heranreifen. Der Östrus dauert etwa 8–10 Tage und ist am weiteren Anschwellen sowie einer noch stärkeren Durch­blutung und somit Rötung der Schnalle zu erkennen. Zu Beginn dieser zweiten Phase verstärken sich die schleimig-blutigen Ausscheidungen weiter, ehe sie in einen hellen Ausfluss übergehen.

Standhitze bei Hündinnen – Verhalten, Risiken und Tipps für den Jagdeinsatz

Ab dem neunten Tag der Läufigkeit „steht“ die Hündin. Nun kann sie 3–5 Tage lang aufnehmen (befruchtet werden). Ihre Paarungsbereitschaft zeigt sie Rüden ganz klar durch eine vermehrte, fast schon aufdring­liche Annäherung und das seit­liche Wegknicken ihrer Rute. Dieser sogenannte „Duldungs­reflex“ lässt sich auch auslösen, wenn man die Kruppe der Hündin berührt. In dieser Phase neigt die Hündin zum Streunen. Dann sollte sie bei Spaziergängen und im Revier sicherheitshalber angeleint werden. Sie ist jetzt durchaus auf der Suche nach einem Kopulationspartner und daher im Jagdeinsatz häufig nicht wirklich bei der Sache. Hier sind jedoch individuelle Unterschiede zu verzeichnen. Ein ausbruchsicherer Gartenzaun ist ebenfalls wichtig, soll es nicht zu ungeplantem Nachwuchs kommen.
Nach dem Östrus folgt schließlich der Metöstrus. In dieser dritten Phase klingt die Läufigkeit langsam ab, die Schwellung der Schnalle geht zurück, der Ausfluss wird immer weniger.
Einige Jagdhündinnen zeigen un­mittelbar nach der Läufigkeit weniger Passion, während sie kurz vor Beginn der Hitze noch extrem leistungs­fähig, voller Energie und Arbeitseifer gewesen sind. Im Anschluss an den Eisprung der Standhitze beginnt die canidentypische Scheinträchtigkeit, denn die Gelbkörper im Eierstock bleiben so lange aktiv, wie auch eine echte Trächtigkeit dauern würde (etwa 63 Tage). Das nun abgegebene Schwangerschaftshormon Progesteron führt nicht nur zu einer Modifikation der Stoffwechsel­aktivität, sondern auch zu einer Verhaltens­änderung der Hündin in Richtung Bindungsförderung, wie etwa vermehrter Anhänglichkeit und Häuslichkeit. Zudem sind häufig auch erhöhte Ängstlichkeit und Stressanfälligkeit erkennbar. Dies kann die Arbeit im Revier ebenfalls beeinträchtigen. Je nach Ausprägung dieser Symptome ist es eventuell sinnvoll, in dieser Phase ein homöopathisches Präparat zu verabreichen. Ein homöopathie­erfahrener Tierarzt oder ein kompetenter Tierheilpraktiker berät Sie gerne.

Zyklusanomalien

  • Manchmal verläuft die erste Läufigkeit äußerlich ganz unbemerkt. Man nennt dies „stille, weiße oder trockene Läufigkeit/Hitze“. In seltenen Fällen ist auch nach der ersten Läufigkeit eine stille Hitze möglich. Es gibt nur wenige wissenschaft­liche Studien zu diesem Phänomen, da es wirklich sehr selten noch nach der ersten Läufigkeit auftritt. Als Ursache könnten eine rangniedere Stellung in einem Rudel infrage kommen oder schlechte Haltungsbedingungen, Mangelernährung, klimatische Einflüsse oder auch Krankheiten (zum Beispiel der Schilddrüse). Zumindest trat in diesen Fällen eine stille Läufigkeit gehäuft auf, wenn man hier überhaupt von „gehäuft“ sprechen kann.
  • Auch ein „Split-Östrus“, eine sogenannte „geteilte Läufigkeit“, kommt immer wieder einmal vor. Hier treten zunächst typische Läufigkeitssymptome auf, die nach ein paar Tagen jedoch wieder abklingen, ehe sie sich dann etwas später wieder einstellen. Vor allem die erste Hitze kann auf diese Weise verlaufen, aber auch bei nachfolgenden Läufigkeiten ist dies möglich, wenn die Hündin beispielsweise durch Unfall, Krankheit oder andere Stresssituationen „gestört“ wird.
  • Von einer verlängerten Läufigkeit ist die Rede, wenn die Blutung deutlich länger als 21–28 Tage dauert – bei gleichzeitiger Attraktivität der Hündin für Rüden. Bei einer verkürzten Läufigkeit liegen die Symptome hingegen bei nur etwa 14 Tagen oder
  • darunter. In beiden Fällen kann ein hormonelles Ungleichgewicht, etwa infolge von Zysten oder Tumoren, die Ursache sein. Auch Veränderungen im Bereich der Leber oder der Nebenniere können Gründe sein.
  • Ebenfalls möglich sind ein verkürzter Zyklus (Zeitspanne von einer zur nächsten Läufigkeit etwa 4–5 Monate), ein verlängerter Zyklus und ein gänzliches Ausbleiben der Läufigkeit (Anöstrie). Die Ursachen hierfür können sehr vielfältig sein und reichen von rassespezifischer Disposition, witterungs- oder jahreszeitlich bedingten Schwankungen über hormonelle Störungen bis hin zu Chromosomenanomalien oder systemischen Grunderkrankungen, etwa die Schilddrüse oder die Nebenniere betreffend. Auf sie alle im Einzelnen einzugehen, würde den Rahmen dieses Artikels jedoch bei Weitem sprengen.

Scheinmutterschaft bei Hündinnen – Ursachen, Symptome und Tipps im Jagdeinsatz

Etwa zwei Monate nach der Standhitze, also zum Zeitpunkt der eigentlichen Geburt der Welpen, kommt es zur Scheinmutterschaft, die durch das nun aktive Elternhormon Prolaktin gesteuert wird. Bei einigen Hündinnen schwellen nun die Zitzen an, möglicherweise schießt Milch ein, manche Hündinnen bauen ein Nest und zeigen mütterliche Verhaltensweisen, wie das Behüten es Spielzeuges. Räumen Sie dann am besten alle Spielsachen weg und lenken Sie die Hundedame mit Spaziergängen sowie anderweitiger Beschäftigung ab. Auch in dieser Phase sind Hündinnen bei jagdlichen Ein­sätzen oft nicht wirklich konzentriert. Häufig wollen sie nur ungern ihre vermeintliche Wurfkiste, sprich Körbchen oder Hütte, verlassen. Zudem birgt es im Praxiseinsatz ein nicht unerheb­liches Verletzungsrisiko, wenn das Gesäuge der Hündin nun stark angeschwollen ist. Geht die Schein­mutter­schaft, die fälschlicherweise immer wieder als Scheinträchtigkeit bezeichnet wird, mit sehr ausgeprägten Symptomen, wie beispielsweise übertriebener Bemutterung, Aggressivität, starker Apathie und übermäßiger Milchbildung, einher, sollten Sie einen Tierarzt zurate ­ziehen. In schlimmen Fällen ständig wiederkehrender hormoneller Schieflage nach der Läufigkeit kann eventuell eine Kastration angebracht sein. Diese sollte jedoch immer zusammen mit Ihrem Tierarzt gründlich überlegt und alle Vor- und Nachteile ganz individuell auf jede einzelne Hündin bezogen abgewogen werden.
Nach der Scheinmutterschaft kehrt für mehrere Wochen oder Monate Ruhe im Bereich der Sexualhormone (Anöstrus) ein, wobei die Östrogen­produktion auch in dieser Phase durchaus aktiv ist. Sollte eine Hündin unbedingt kastriert werden müssen, ist die Zeit des Anöstrus die beste dafür. Ansonsten kann die zu einem anderen Zeitpunkt kastrierte Hündin ihr Leben lang unter einem hormonellen Ungleichgewicht leiden mit unter Umständen schwerwiegenden Folgen für Leib und Seele.

Beagle-Hündin steht wachsam auf einem Baumstamm im Wald.
Hündin zeigt Aufmerksamkeit und Fitness bei einem Waldspaziergang. © Annette Schmitt

Gut zu wissen

  • Die angegebenen Zahlen sind Richtwerte, die durchaus von Hund zu Hund variieren können. Bei manchen Vierläufern setzt die Läufigkeit auch einmal aus, sodass sie nur einmal im Jahr heiß werden. Äußere Umstände, wie Stress oder klimatische Einflüsse (z. B. starke Kälte) sowie Krankheiten, können die Läufigkeit beeinflussen. So werden viele Jagdhündinnen in der anspruchsvollen Bewegungsjagdsaison nicht läufig. Es ist zudem möglich, dass sich die Abstände der Läufigkeit mit fortschreitendem Alter der Hündin vergrößern. Auch die Symptome der Hitze sind bei älteren Hündinnen oft nicht mehr so stark ausgeprägt. Eine Läufigkeit tritt jedoch bis ins hohe Alter auf, denn Hündinnen durchleben keine Wechseljahre.
  • Verfügt man über mehrere unkastrierte Hündinnen, kommt es häufig zu einer Läufigkeitssynchronisation, das heißt, sie werden alle zur selben Zeit läufig. Ein Wolfserbe, denn würde in freier Wildbahn eine Hündin während der Läufig- oder Trächtigkeit ums Leben kommen, wäre der Fortbestand des Rudels dennoch gesichert, weil dann die anderen Hündinnen noch gebären oder eventuell verwaisten Nachwuchs mitaufziehen könnten.
  • Zu Beginn der Hitze ist es sicherer, die Hündin nicht zur Wasserarbeit einzusetzen. Da der Muttermund geöffnet ist, können eher Krankheitserreger eindringen.
  • Während der Läufigkeit sollte man die Hündin nicht impfen lassen, da das Immunsystem ausreichend beschäftigt ist und falsch reagieren kann.
  • Manchmal stellt sich im Anschluss an die Läufigkeit eine eitrige Gebär­mutterentzündung (Pyometra) ein. Daher ist es wichtig, die Hündin in den ersten acht Wochen nach der Hitze ganz genau zu beobachten, denn häufig wird diese Erkrankung viel zu spät erkannt. Bei den ersten Anzeichen von gestörtem Allgemeinbefinden, bei vermehrtem Schöpfen, häufigem Urinieren, Temperaturanstieg, Appetitlosigkeit und Abmagerung, aber trotzdem stetiger Umfangsvermehrung des Bauches oder bei Scheidenausfluss sollte die Hündin sofort dem Tierarzt vorgestellt werden. Mithilfe von Laboruntersuchungen und Ultraschall ist eine Frühdiagnostik und somit im Fall der Fälle ein Erfolg versprechendes Handeln möglich. Oft bleibt auch nur die Kastration. Wird eine Gebärmutterentzündung nicht rechtzeitig erkannt, kann sie sich zu einem lebensbedrohlichen Zustand entwickeln.
  • Da läufige Hündinnen in der Regel von Ausstellungen, aber auch Gebrauchsprüfungen ausgeschlossen sind, sind etliche Hundehalter versucht, die Läufigkeit Ihrer Hündin mit einer Hormon-Spritze zu unterdrücken bzw. zu verschieben. Schon eine Injektion kann allerdings massive Probleme nach sich ziehen, wie etwa ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entstehung von Gesäugetumoren, Gebärmuttervereiterung und Diabetes mellitus.

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