Große Kunst vom Säckler Klein
Das WEIDWERK wagt einen Blick hinter die Kulissen des Handwerks Jagd in seinen unterschiedlichen Facetten. Wir wollten wissen: Wie entsteht eigentlich eine Lederhose?
Tracht ist Tradition, und jede Tracht hat auch ihre Geschichte, so viel ist klar. Das geschulte Auge erkennt anhand der Tracht sofort, woher ihr Träger kommt. Zu einer anständigen Ausstattung gehört eine Lederhose, am besten aus Hirschleder, auch da sind sich die meisten einig. Aber nur die wenigsten wissen, wie eine Lederhose entsteht und worauf man beim Kauf achten muss. Um Licht ins Dunkel dieses Handwerks zu bringen, hat sich das WEIDWERK-Team in die Ortschaft Pruggern in der Obersteiermark begeben und einem der letzten Säckler – es gibt in Österreich noch 37 – bei der Herstellung einer Lederhose über die Schulter geschaut.
Schicksal
Bereits seit 34 Jahren ist Josef Klein selbstständig. Geplant war die Karriere als Säckler jedoch nie. Mit 15 Jahren sollte er eine Lehrstelle als Koch/Kellner antreten, soweit kam es aber nicht. Klein wurde schwer krank und konnte nicht mehr in der Gastronomie arbeiten. Sein Vater, ein Mann, der jeden Tag eine Lederhose anhatte, besorgte ihm eine Lehrstelle bei der Firma Hirschmann im Nachbarort Gröbming, seinem bevorzugten Säckler.
„Anfangs war ich wenig begeistert, jetzt sollte ich hier anfangen zu nähen.“ Auch wenn es sich der Jungspund damals nur schlecht vorstellen konnte, wurde ihm schnell klar, dass er gerade seinen Traumberuf gefunden hatte. „Ich habe sofort bemerkt, dass dieser Beruf genau das Richtige für mich ist. Bereits im ersten Lehrjahr wusste ich, dass ich mich gleich nach der Lehre selbstständig machen möchte“, so Klein. So kam es auch. Josef Klein absolvierte seine Lehre, besuchte das Bundesheer, und nach seiner Meisterprüfung machte er sich im Jänner 1986, mit nur 20 Jahren, selbstständig.
Familienbetrieb
Seither wird Leder Klein als Familienbetrieb geführt. „Hier arbeiten nur meine Frau und ich. Früher haben wir auch Lehrlinge ausgebildet, die sind dann auch nach der Lehre mehrere Jahre im Betrieb geblieben, aber jetzt sind wir nur noch zu zweit“, berichtet Klein.
Die Aufgaben sind klar verteilt: Während der Chef Maß nimmt, die verschiedenen Teile zuschneidet und sich letztlich um die Fertigstellung der Lederhosen kümmert, bestickt seine Gattin die Hosen in akkurater Handarbeit. „Das Einzigartige ist ganz klar unsere perfekte Handarbeit. Der feine Stich unserer Stickerei, aber auch die Ausführung. Bei uns wird jeder Knopf von Hand angenäht. Bei anderen Lederhosen werden Ösen verwendet, so etwas kommt für uns nicht infrage. Wir produzieren alles selbst in der Werkstatt, hier wird kein einziges Teil im Ausland gefertigt“, sagt Klein.
Lehrlinge zu finden, sei heute nicht mehr einfach, so Klein. Auch die Ausbildung habe sich stark verändert. „Durch das duale Ausbildungssystem gibt es keine Berufsschulen mehr. Somit muss der Lehrling alles in der Werkstatt lernen bzw. bestimmte Fachgegenstände, wie zum Beispiel das Wirtschaftsrechnen, bei benachbarten Schneiderberufen belegen.“
Die richtige Decke
Auch bei der Auswahl des Leders legt Josef Klein selbst Hand an. Besonders wichtig ist ihm, dass das verwendete Leder von heimischen Berghirschen stammt. „Wir verwenden ausschließlich Leder von heimischen Wildtieren. Im Nachbarort haben wir eine Sämischgerberei. Ich kaufe das Leder für unsere Lederhosen ausschließlich dort. Dort kann ich das Leder aussuchen und auch die Farbe selbst bestimmen, das passt perfekt!“
Am häufigsten verwendet er Hirschleder, aber auch das Leder vom Hirschtier oder in seltenen Fällen vom Gams kommt bei der Produktion seiner Lederhosen zum Einsatz.
Bei der Auswahl des Leders sei es besonders wichtig, darauf zu achten, dass nicht viele Narben in der Decke seien, sonst könne man es nicht mehr von Hand besticken. Hier sei zum Beispiel die Decke vom Damhirsch absolut ungeeignet, erfahren wir, da diese viel zu zäh sei. „Da kommt man mit der Nadel beim Besticken nicht mehr durch, da bräuchte man für jeden Stich eine Zange“, lacht Klein.
Die Decke vom Reh ist für eine Lederhose ebenso ungeeignet, da sie viel zu dünn ist und reißen würde. Für eine Lederhose kann man prinzipiell verschiedenste Lederarten verwenden, allerdings wäre das Besticken per Hand dann nicht mehr möglich. Für die Unikate aus dem Hause Klein braucht es eben auch besonders gutes Leder!
Die Qual der Wahl
Wenn man sich für eine Lederhose von Josef Klein entscheidet, gilt es, erst einmal Geduld zu haben. Im Moment beträgt die Wartezeit rund drei Jahre. In dieser Zeit kann sich
der Kunde überlegen, welche Lederhose er haben möchte. Hier gibt es verschiedenste Varianten: von langen Hosen über Knickerbocker bis zur Ausseer Hose. Letztere ist derzeit auch die begehrteste Lederhose im Hause Klein. Aber auch Lederröcke werden hier produziert.
Danach muss sich der Kunde für die passende Stickerei entscheiden. Die Kunden können hier aus über hundert verschiedenen Vorlagen wählen. Teilweise sind die Muster mehr als ein Jahrhundert alt. Josef Klein hatte das Glück, eine große Sammlung alter Stickmuster von seinem Lehrherrn vererbt zu bekommen. Darunter sind auch einige ganz besondere Jagdmotive.
Auch eigene Ideen oder Zeichnungen können für eine Stickerei verwendet werden, vorausgesetzt, sie lassen sich auch als Stickerei umsetzen. „Wir hatten gerade erst einen Kunden aus Niederösterreich, der spezielle Wald- bzw. Naturmotive haben wollte und diese auch selbst gezeichnet hat. Aber auch Motive, wie Familienwappen, haben wir bereits angefertigt“, erzählt Josef Klein. In Bezug auf die Stickerei kann der Kunde zwischen 3-, 5-, 7- und 9-nahtiger Lederhose wählen. Das bedeutet, der Käufer entscheidet sich dafür, wie viel oder wenig Stickerei er auf seiner Hose haben möchte.
Je mehr Stickerei, desto mehr Arbeitszeit – und das schlägt sich freilich auch im Preis nieder. Auch, was das Garn betrifft, hat der Kunde freie Wahl: Bei der Stickerei kann er seine Wünsche bezüglich der Farbe des Garns äußern. Hier gibt es Variationen von unterschiedlichen Grüntönen, aber auch Beige, wie sie zum Beispiel für die Salzburger Trachten verwendet werden.
Auf die Frage, ob er eine Lederhose auch mit rosa oder buntem Garn besticken würde, meint Klein: „Nein, das sieht einfach nicht schön aus. Außerdem hat das dann nichts mehr mit Tracht zu tun, das wäre Kitsch!“
Perfektion!
Etwa fünf Monate, bevor Josef Klein mit der Produktion der Lederhose beginnt, kommt der Kunde zum Maßnehmen ins Geschäft. Nach dem Zuschnitt werden die Muster für die Stickerei mit Kreidestaub auf das Leder gepaust. Damit der Kreidestaub während des Bestickens nicht verwischt, zeichnet Frau Klein nun die Muster mit Gummi arabicum nach. Anschließend wird die Hose in mühevoller Handarbeit mit Steppstickerei bestickt. Je nach Muster kann dies zwischen dreißig und hundert Arbeitsstunden in Anspruch nehmen.
„Während meine Gattin die Hose bestickt, mache ich bereits den Zuschnitt für die nächste Hose. Wenn die Hose fertig bestickt ist, werden die rund fünfzig Einzelteile, wie Taschen, Bund, Latz usw., zusammengenäht. Die Ränder der Hose werden paspeliert, also umgeklappt und mit einer Roggenmehl-Wasser-Mischung verklebt. „Das hält wesentlich besser als chemische Klebstoffe“, so Klein.
Erst kurz vor der Fertigstellung werden die Einzelteile mit einer Kreuznaht vernäht. Als letzter Arbeitsschritt wird die sogenannte „Steirische Außennaht“ beschnitten. Das Endprodukt kann sich sehen lassen!
Generationen!
Eine derart gefertigte Lederhose istein wahres Unikat aus hochwertigen Materialien und hält in der Regel ein Leben lang. Oftmals werden die Hosen sogar vererbt, neu angepasst und können somit auch noch von der nächsten Generation getragen werden. Sollte dennoch einmal eine Reparatur fällig werden, übernimmt der Säckler diese Arbeit natürlich gerne.
„Ich habe von den alten Hosen, die mir Kunden zum Reparieren gebracht haben, sehr viel gelernt. Mich interessiert es sehr, wie Säckler früher gearbeitet haben. Da konnte ich mir teilweise noch etwas abschauen“, berichtet Klein.
Eine Ausseer Lederhose kostet zwischen € 3.500,– und € 4.000,–. Der Preis der Lederhose richtet sich nach der Stickerei. Generell lässt sich der Preis einer Lederhose aus der Hand von Josef Klein mit € 1.500,– bis € 5.000,– beziffern.
Das aufwendigste Stück bisher war eine Lederhose mit einer über hundert Jahre alten Jagdstickerei. Das wareine 9-nahtige Lederhose. Bei dieser Hose waren die Motive sehr groß, die Produktion dieser Hose hat rund hundertfünfzig (!) Arbeitsstunden in Anspruch genommen.
Immer geschmeidig bleiben!
Doch wie pflegt man nun eine Lederhose? – „Überhaupt nicht. Durch die Körperwärme bleibt das Leder ohnehin weich und geschmeidig“, schmunzelt Josef Klein. Lässt man das Stück lange liegen, ohne es zu tragen, wird das Material spröde und trocknet aus.
Der Profitipp gegen Fettflecken: „Zermahlene Kreide auftragen, die saugt das Fett auf. Das funktioniert aber nur, wenn man schnell ist!“,so Klein. Alkoholflecken kann man hingegen mit kaltem Wasser herauswaschen. Aber Josef Klein weiß: „Eine Lederhose gehört getragen, das ist die einzig wirklich notwendige Pflege!“
Leder Klein: Inhaber Josef Klein, www.lederklein.at