Serie

Rasseporträt: Rauhaar-Trio (2)

2. August 2021 -
Rauhaar-Trio

Die heutigen Jagdhunderassen sind das Ergebnis einer jahrzehnte- oder gar jahrhundertelangen Züchtung. Entstanden sind Jagdhunde, die für die unter­schiedlichsten Jagdmethoden prädestiniert sind. – 15. Teil: Der Pudelpointer.

Zwei Rassen des Rauhaar-Trios wurden im letzten Teil dieser Serie vorgestellt. Mit dem Pudel­pointer, den wir Ihnen in diesem Artikel vorstellen, machen wir das Trio vollständig. Diese Rasse entstand völlig isoliert von den anderen Vorstehhunderassen und geht genetisch gesehen tatsächlich, wie der Name vermuten lässt, auf die beiden Ursprungsrassen Pudel und Pointer zurück.

Zunächst waren es nur durch ­Zufall entstandene, später auch ge­-zielt geplante Kreuzungen von Jagd­gebrauchs­hunden mit Pudeln, die ausgezeichnete Jagdhunde hervorbrachten. Schon in einem 1817 erschienenen Buch hieß es: „Die besten Jagdhunde sind die Blendlinge von dem großen Pudel.“ Somit kam es auch später zu gezielten Kreuzungen von Pudel und Pointer, die aber zunächst nicht zu einer bestimmten Rasse weiterent­wickelt wurden.

Geschichte

Die Idee, aus Pudel und Pointer einen Jagdgebrauchshund zu erschaffen, entstand schließlich in den 1870er-­Jahren. Der Vorschlag hierfür stammte damals von Sigismund von Zedlitz und Neukirch, besser bekannt als „Hegewald“. Der Name ist allen, die sich mit der Jagd und mit Jagdhunden beschäftigen, ein Begriff. Hegewald war nicht nur an der Neuzüchtung des Pudelpointers beteiligt, sondern unter anderem auch Mitbegründer des „Vereins für Prüfung von Gebrauchshunden zur Jagd“ und sorgte außerdem für die Einführung der Grundlagenzucht des Deutsch Drahthaar. Hegewald war damals voll des Lobes für diese Mischlinge aus Pudel und Pointer. Besonders angetan hatten es ihm eine braune Hündin und ein schwarzer Rüde, die als Zufallsprodukte durch Kreuzungen dieser beiden Rassen entstanden waren. Er war ­besessen von dem Gedanken, daraus einen rauhaarigen Vorstehhund zu entwickeln. Zusammen mit seinem Freund Carl Johann Rehfus, Kynologe und Jagdschriftsteller, der als der „Oberländer“ bezeichnet wurde, ­begann er 1881 schließlich mit der ­gezielten Zucht. Im selben Jahr kamen in Wolfsdorf in Oberschlesien beim Förster Walter die ersten geplanten Welpen zur Welt, hervorgegangen aus der schwarzen Pudelhündin „Molly“ und dem braun-­weißen Pointerrüden „Tell“, der zu dem schweren Schlag des eng­lischen Pointers gehörte.

Pudelpointer © Christoph Burgstaller

Zucht

Zunächst wurden die Hunde der ersten Generation (F1) nicht miteinander verpaart, sondern es wurden weiterhin Pointer mit eingekreuzt, damit es nicht zu einer Aufspaltung nach den Mendelschen Regeln kommen würde, sondern die gewünschten Anlagen sich im Erbgut verfestigen konnten. So wurden neun Ausgangsstämme erschaffen. Erst allmählich begann man dann mit der Verpaarung von Pudelpointer mit Pudelpointer. 1897 wurde in Deutschland der erste Verein zur Betreuung dieser Rasse gegründet. Er ist bis heute unter dem Namen „Verein Pudelpointer e. V.“ erhalten.

Von 1924 bis 1945 wurde beim ­Pudelpointer bereits Reinzucht be­trieben. Wie bei anderen Rassen auch, ging durch die Kriegswirren aber viel von der Zuchtbasis verloren. Somit musste nach dem Krieg erst wieder Pointerblut mit eingekreuzt werden, um eine Inzuchtdepression zu verhindern.

Bis zum Zweiten Weltkrieg war die Hochburg der Pudelpointer-Zucht im Osten Deutschlands. Die Teilung Deutschlands wurde zu einem weiteren Problem, da es keine züchterischen Kontakte mehr zwischen Ost und West gab, sodass die Züchter der DDR zur Erweiterung der Zuchtbasis auf den Austausch mit der damaligen Tschechoslowakei angewiesen waren, aber auch immer wieder Pointer mit einkreuzten. In der Not wurden manchmal sogar Pudelpointer-Hündinnen mit Deutsch Drahthaar-Rüden verpaart, sodass bei der Wende so mancher Pudelpointer auch Deutsch-Drahthaar-Blut in sich hatte. Seit 1990 wird aber wieder auf die Reinzucht geachtet. Nennenswerte Zuchten in Österreich und in Kanada basieren alle auf deutschen Pudel­pointer-­Stämmen.

Von 1990 bis 2011 lief auch noch einmal ein erneuter Versuch, aus Pudeln und Pointern die gewünschte Rasse zu kreuzen, um die Zuchtbasis wieder zu vergrößern. Diese Art von Experiment lief unter strenger Kontrolle des Vereins Pudelpointer e. V. Die daraus hervorgegangenen Hunde unterschieden sich kaum von den ­Urstämmen des Pudelpointers.

Wesen

Im Pudelpointer sollten die Gelehrigkeit, die Apportier- und Wasserfreudigkeit sowie die Folgsamkeit und auch eine gewisse Schärfe des Pudels mit der guten Nase, der unermüdlichen Ausdauer und dem Temperament des Pointers vereint werden. Und tatsächlich hat sich die Rasse genau nach ­diesen Vorstellungen entwickelt. Obwohl schon seit so langer Zeit keine Pudel mehr mit eingekreuzt wurden, hat sich deren Erbe sehr gut erhalten. Besonders die Wasserfreudigkeit des Pudelpointers ist sehr ausgeprägt.

In Österreich wird die Rasse vom „Österreichischen Pudelpointer Klub“ betreut. Hier ist nur eine HD-Unter­suchung mit entsprechendem Befund Voraussetzung für die Zucht – in Deutschland werden noch weitere Unter­suchungen gefordert. Weiterhin müssen die jagdliche Eignung nach­gewiesen und ebenso wie in Deutschland verschiedene Prüfungen abgelegt werden. Für weitere Auskünfte ist der Österreichische Pudelpointer Klub Ansprechpartner.

Der Pudelpointer ist gelehrig, folgsam und weist eine unermüdliche Ausdauer auf. © C. Burgstaller

Beim VDH in Deutschland wurden in den letzten Jahren durchschnittlich zwischen 100 und 140 Welpen pro Jahr gemeldet. Früher war die Anzahl höher und lag bei etwa 200 Welpen pro Jahr.Beim Österreichischen Pudelpointer Klub werden pro Jahr hingegen nur etwa fünf bis acht Welpen gemeldet.

Heute stellen diese Hunde, vom Gebäude betrachtet, den Typ eines schweren, fast quadratischen Pointers dar, mit einem nicht zu langen, aber kräftigen Rauhaar und dichter Unterwolle, das den ganzen Körper schützt. Somit ist der Pudelpointer für jedes Revier und in allen Wetterlagen einsetzbar. Typisch für diese Rasse sind der Bart, die Stirnlocke – der klare Hinweis auf sein Pudelerbe – und die ausgeprägte Behaarung der Augenbrauen. Gelegentlich fallen auch kurzhaarige Welpen, was dem Erbe des Pointers ­zuzuschreiben ist. Daher werden sie auch als „Pointerlinge“ bezeichnet. Diese werden in der Regel nicht zur Zucht verwendet. Sollte es doch der Fall sein, dürfen sie nur mit Reinzucht-Pudelpointern verpaart werden, sodass sich das Rauhaar bei den Nachkommen auf alle Fälle wieder durchsetzt.

Irrglaube

Da in der heutigen Zeit in Mode gekommen ist, Pudel mit anderen Rassen zu kreuzen, um Hunde zu erhalten, die zwar nicht mehr wie Pudel aussehen, aber dennoch nicht haaren sollen (was häufig aber nicht der Fall ist!), könnte mancher vielleicht auf die Idee kommen, beim Pudelpointer sei es ähnlich. Dies ist aber definitiv nicht so. Das gewünschte Rauhaar des Pudelpointers mit seiner dichten Unterwolle bedarf zwar keiner speziellen Pflege, dennoch unterliegt das Haarkleid dem normalen jahreszeitlichen Fellwechsel. Die Hunde müssen also nicht wie reinrassige Pudel regelmäßig geschoren werden. Vom Pudel hat der Pudelpointer jedoch die schnelle Auffassungsgabe und Lernfreudigkeit geerbt. Somit gehört er zu den eher leichtführigen Hunden und ist auch für Jägerinnen und Jäger, die noch keine Jagdhundeerfahrung haben, durchaus geeignet. Und in Kombination mit der nicht übertriebenen Schärfe, der Wasser- und Apportierfreude sowie der feinen Nase und Feldmanier des Pointers kann man ihn tatsächlich als einen echten Allrounder unter den Vorstehhunden bezeichnen.

Übersicht – Rauhaartrio

Bei all diesen drei rauhaarigen Vorsteh­hunden wird heute noch häufig die Rute kupiert. In Ländern mit Ruten­kupierverbot wie Österreich sollten die Hunde allerdings mit einer langen Rute zu sehen sein.

Das harte, borstige Fell schützt die Rauhaar-Rassen vor Witterungs­einflüssen. Die Unterwolle ist im Winter stark ausgebildet, im Sommer dagegen nur schwach oder verschwindet bei manchen Hunden sogar vollständig. Typisch für alle drei Rassen sind der mehr oder weniger ausgeprägte Bart und die buschigen Augenbrauen, was diesen Hunden so einen besonderen, manchmal auch grimmigen, für Liebhaber aber durchaus sympathischen Gesichtsausdruck verleiht.

Wie bereits erwähnt, waren die drei hier beschriebenen Rassen die Grundlage für die Erschaffung des Deutsch Drahthaar. Um die Jahrhundertwende begann man aus Pudelpointer, Griffon Korthals und Deutsch Stichelhaar – unter Einkreuzung von Deutsch Kurzhaar zur Verbesserung der Vorsteh­qualitäten – einen Jagdhund zu züchten, der in allen Bereichen der jagdlichen Praxis einsetzbar ist. Wichtig war auch das harsche, wetterfeste Fell, das den Hund vor Nässe, Kälte und Verletzungen schützen sollte.

Die Erzüchtung des Deutsch Drahthaar führte in der früheren DDR aber zum Untergang der Zucht des Griffon Korthals, da alle vorhandenen Hunde dieser Rasse bei der Zucht des Deutsch Drahthaar mit einflossen. Erst nach der Wende wurde die erste Griffon-­Zucht im Osten Deutschlands wieder ein­getragen.

Im Gegensatz zum Deutsch Drahthaar, der eine enorme Härte, manchmal auch Sturheit aufweist, eine gewisse Mannschärfe zeigt, äußerst vielseitig einsetzbar und zudem sehr widerstandsfähig ist und einem nicht so schnell etwas übel nimmt, sind die drei ­vorgestellten Rassen, aus denen er ­hervorgegangen ist, wesentlich ruhiger und ausgeglichener. Sie gelten als sehr freundlich, fast schon sensibel und leichtführig, sodass sie sich auch als ideale ­Familienhunde eignen. Eine gewisse Wachsamkeit und ein Beschützer­instinkt stecken zwar auch in ihnen, dennoch zeigen sie keine Aggression oder Mannschärfe.

Alle drei Rassen sind im Revier aber ebenso vielseitig verwendbar wie der Deutsch Drahthaar – sowohl vor als auch nach dem Schuss. Sie zeichnen sich durch Unempfindlichkeit, Härte und Wesensfestigkeit aus. Kenner ­dieser Rassen schätzen die Ruhe und Souveränität, mit der sie ihre Arbeit verrichten. Sie sind sowohl im Wald und Feld als auch im Wasser einsetzbar. Besonders der Pudelpointer und der Griffon Korthals sind wegen ihrer Wasserfreudigkeit geradezu für die Wasser­arbeit prädestiniert. Und beim Pudelpointer wurde schon früher bei der Zucht besonderer Wert auf Spur- und Sichtlaut gelegt, daher ist er zum lauten Stöbern geeignet. Er ist auf der Fährte zuverlässig spurlaut.

Alle drei der betreuenden Vereine bieten – häufig auch in Kooperation miteinander – ihren Mitgliedern jährlich im Frühjahr die Verbandsjugendprüfung (VJP) und im Herbst die Herbstzucht- und Verbandsgebrauchsprüfung (HRP und VGP) an. Ebenso steht die Verbandsschweißprüfung (VSwP) auf dem Programm. Häufig werden auch verschiedene Treffen und Übungstage angeboten, um die Hunde auf die jeweiligen Prüfungen, deren gutes Bestehen ja auch Voraussetzung für die Zuchtzulassung ist, vorzu­bereiten. Teilweise werden diese Prüfungen auch unter der Feder­führung des „Rauhaar-Reinzucht-­Ver­bandes“ organisiert.

Hierzu sei erklärt, dass es bereits im Jahr 1924 zu einem Zusammenschluss der Vereine, welche diese drei Rassen vertreten, kam. Der damals als „Reinzuchtverband Deutsch Rauhaar“ bezeichnete Verband erhoffte sich ­dadurch, die gemeinsamen Interessen besser umsetzen zu können. Dazu ­gehörten unter anderem die Durch­führung der jährlichen Zuchtprüfung, die Herausgabe der Informationsschriften „Rauhaarblätter“ und das ­Erstellen einer gemeinsamen Zuchtordnung.

2005 haben die drei Vereine den „Rauhaar-Reinzucht-Verband“, wie er genannt wird, erneut aufleben lassen, um sich gemeinsam für den ­Erhalt dieser urtümlichen Rassen ­einzusetzen und diese Hunde auch bei den Jägern wieder etwas populärer zu machen.

Steckbrief Pudelpointer

  • Ursprung: Deutschland
  • Gebrauchsgruppe: Vorstehhunde
  • Wesen: weder scheu noch aggressiv; ­ruhiges, beherrschtes, ­aus­geglichenes Wesen mit aus­geprägtem Jagdtrieb ohne ­Wildscheue; nicht schuss­empfindlich
  • Haarkleid: geschlossenes, anliegendes, hartes mittellanges Rauhaar mit dichter ­Unterwolle
  • Fellfarben: einfarbig Braun, Dürrlaubfarben oder Schwarz; kleine weiße ­Abzeichen sind zulässig
  • Größe: Rüden 60 bis 68 cm, Hündinnen 55 bis 63 cm

Titelbild: v. l. n. r.: Pudelpointer, Deutsch Stichelhaar und Griffon Korthals

Fotos: Weidwerk/Christoph Burgstaller

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