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Rasseporträts: Hannover'scher Schweißhund

1. Januar 2018 -
Sein Ursprung ist beim keltischen Sgusierhund zu finden. - © WEIDWERK
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Die heutigen Jagdhunderassen sind das Ergebnis einer jahrzehnte- oder gar jahrhundertelangen Züchtung. In loser Folge holen wir die einzelnen Rassen vor den Vorhang und stellen sie detailliert vor. – 1. Teil: Hannover’scher Schweißhund.

Der Hannover’sche Schweißhund – in Fachkreisen auch kurz HS genannt – zählt neben dem Bayerischen Gebirgsschweißhund und der Alpen­ländischen Dachsbracke zur Gruppe der Schweißhunde, die bis heute als echte Spezialisten beinahe ausschließlich für die Nachsuche eingesetzt werden. Der Hannover’sche Schweißhund ist der größte Vertreter dieser drei Schweißhunderassen. Laut Rasse­standard liegt seine jagdliche Zweck­bestimmung in der Nachsuche auf Hochwild. Hierfür muss er alle ge­forderten Anlagen, Leistungspotenziale und Leistungsprüfungen FCI-anerkann­ter Zuchtvereine besitzen und auch für erschwerte Nachsuchen brauchbar sein.

Geschichtliches

Die Geschichte des Hannover’schen Schweißhundes lässt sich sehr weit zurückverfolgen. Sein Ursprung ist beim keltischen Segusierhund zu finden, der wiederum aus der Keltenbracke hervorgegangen ist. Diese Hunde waren schon vor etwa 2.500 Jahren wertvolle Jagd­begleiter. Aus ihnen entwickelten sich dann die soge­nannten Leithunde, die im Mittelalter in der Meute als die ruhigsten Hunde mit der besten Nase galten. Die Leithunde unter­schieden sich von den anderen Bracken außerdem durch den stumpfen Fang, die breite Nase und den kräftigen Körperbau. Ihr Haar konnte grau, schwarz oder rot sein. Sie nahmen bei der Jagd eine außerordentliche Stellung ein, und die Führungs­methode dieser Leithunde wurde weiter ausgebaut. Sie wurden vor allem für die Ausarbeitung der Fährten starker Hirsche und Keiler verwendet. Die Führer solcher Leithunde waren die wichtigsten Jäger bei Hofe. Von ihnen und ihren Hunden hing der Jagderfolg maßgeblich ab. Die Art ihrer Arbeit wurde als „Besuch" bezeichnet, daher entstand der Begriff „Besuchsjäger".

Die Ausbildung zum Besuchsjäger dauerte drei sogenannte „Behänge-Jahre". Als Behänge wurde das Nachhängen am Hängeseil des Leithundes auf der Fährte bezeichnet. Die Arbeit begann im Frühjahr nach dem Ver­färben des Wildes, wobei der Hund sich nicht durch abgestreifte, höher im Gestrüpp hängen gebliebene Haare ablenken lassen durfte. Zeigte der Hund dann die Fährte an, wurde bis zum Einstand gearbeitet. Danach wurde der Hund abgetragen, und der Jäger informierte den Jagdherrn über Standort und Stärke des Hirsches. Der Jagdherr bestimmte dann den weiteren Verlauf der Jagd. Mit dem Aufkommen der Feuerwaffen änderte sich nicht nur die Art der Jagd, sondern auch die Arbeit der Hunde. Man benötigte nun Hunde zur Nachsuche auf angeschweißtes Wild. Der Leithund hatte hierfür die besten Voraussetzungen, und so entwickelte sich aus dem Deutschen Leithund der Deutsche Schweißhund. Der Hannover’sche Schweißhund ist dann beinahe unverändert aus diesem hervorge­gangen. Die heutige Rassebezeichnung wurde allerdings erst gewählt, als sich die Hofjagdverwaltung des Königsreichs Hannover der Rasse annahm.

Der Hannover’sche Jägerhof ent­wickelte diese Hunderasse zudem weiter. Die Hunde wurden sowohl für das Bestätigen als auch für die Nachsuche von krankgeschossenem Wild ver­wendet. Dabei entstand eine bestimmte Führungsmethode, die sich bei der Nachsuche bewährte und teilweise bis heute so verwendet wird. Man bezeichnet sie auch als die „Jägerhof­methode". Als im Jahr 1866 Hannover an Preußen überging, wurde der Jägerhof auf­gelöst. Die preußische Forst­verwaltung übernahm dann die Förderung des Schweißhundewesens. Im Jahr 1884 erhielt die Rasse den Namen „Hannover’scher Schweißhund" bzw. „Deutscher Schweißhund".

Der HS verfügt über ein ruhiges, sicheres Wesen und baut eine sehr enge Bindung zu seinem Führer auf.  - © WEIDWERK

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Zucht & Merkmale

Seit 1894 betreut der Verein Hirschmann e.V. als Zuchtverein die Rasse der Hannover’schen Schweißhunde und hat in seiner Satzung festgelegt, sich der Erhaltung dieses „alten jagd­lichen Kulturguts" zu widmen. Seitdem werden die Hunde nach strenger Leistungszucht weitergezüchtet und ausschließlich an Hundeführer abge­geben, die diese auch in Hochwild­revieren für die Nachsuche auf Schalenwild führen. Der Zuchtleiter des Vereins Hirschmann ist auch für den Hannover’schen Schweißhund im Internationalen Schweißhundeverband (ISHV) federführend. In Österreich wird der Hannover’sche Schweißhund vom Österreichischen Schweißhundeverein (ÖSHV) betreut.

Als mittelgroßer, kraftvoller, gut gestellter und bemuskelter Hund ist der Hannover’sche Schweißhund zu einer ausdauernden Arbeit befähigt. Die Läufe dürfen nicht zu hoch sein, damit die Arbeit mit tiefer Nase nicht eingeschränkt wird. Die leicht faltige Stirn und die klaren, dunklen Augen verleihen dieser Rasse den typischen ernsten Gesichtsausdruck. Der Hannover’sche Schweißhund verfügt über ein ruhiges, sicheres Wesen und baut eine sehr enge Bindung zu seinem Führer auf. Fremden gegenüber ist er zunächst zurück­haltend und wählerisch, nie aber aggressiv. Er ist robust und wenig krankheits­anfällig. Sein kurzes Fell bedarf keiner besonderen Pflege. Vererbbare Krankheiten treten kaum auf, und seine durchschnittliche Lebens­erwartung liegt bei etwa zwölf Jahren.

Der Hannover’sche Schweißhund verfügt über ein ruhiges, sicheres Wesen und baut eine sehr enge Bindung zu seinem Führer auf. Fremden gegenüber ist er zunächst zurück­haltend und wählerisch, nie aber aggressiv.

Jagdliche Einsatzgebiete

Der Hannover’sche Schweißhund ist ein absoluter Spezialist unter den Jagdhunden. Sein Hauptaufgabenbereich liegt heute in der Nachsuche auf krankgeschossenes oder im Straßen­verkehr verletztes Hochwild. In den ersten beiden Lebensjahren steht die Einarbeitung auf der kalten, gesunden Einzelfährte im Vordergrund. Somit lernen die Hunde, sich am Individualgeruch zu orientieren, und sind später nicht nur in der Lage, sehr alte Wundfährten auszuarbeiten, sondern können auch noch vor dem Schuss für die Vorsuche am Riemen eingesetzt werden. Mit zunehmendem Alter werden dem Hund dann immer schwerere Nachsuchen geboten. Ziel ist eine sichere Riemenarbeit auf Wundfährten mit langer Stehzeit. Auch soll sich der Hund nicht aufgrund starker Verleitfährten von gesundem Wild ablenken lassen. Falls es erforderlich ist, soll das kranke Stück ausdauernd mit gutem Laut gehetzt und gestellt werden, bis der Fangschuss möglich ist.

Alle diese Eigenschaften müssen bei der Auswahl der Zuchthunde genau berücksichtigt werden, damit zum Beispiel das Durchhalte­vermögen, der Spurlaut und die Konzentrationsfähigkeit nicht verloren gehen. Dank einer verantwortungsvollen Zucht und einer relativ geringen Anzahl von Würfen (in Deutschland fallen im Durchschnitt etwa 50 Welpen im Jahr), die in der Regel auf den Bedarf in der Jägerschaft abgestimmt und genauestens geplant werden, ist die Erhaltung von gesunden und typischen Vertretern dieser Rasse gegeben.

Der HS wird bis heute beinahe ausschließlich für die Nachsuche eingesetzt. - © WEIDWERK

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Damit die herausragende Leistung des Hannover’schen Schweißhundes nicht verkümmert, sollten die Hunde regelmäßig Gelegenheit erhalten, ihrer Arbeit nachzugehen. Nur wenige Einsätze im Jahr reichen dafür aber nicht aus. Daher sind sie nur etwas für Jäger und Förster, die auch wirklich über genügend Einsatzmöglichkeiten für diese Hunde verfügen. Weiters sollten die Hunde nicht nur von ihren Führern im eigenen Revier verwendet werden, sondern möglichst auch im größeren Umfeld von anderen Weidmännern angefordert werden, etwa wenn eine Nachsuche erforderlich ist. Verfügen die Hunde über lang­jährige Erfahrung in der Nachsuche, dürfen sie auf einer Hauptprüfung geführt werden. Diese erfolgt aber nicht auf einer künstlichen Schweißfährte, sondern auf einer natürlichen, welche im praktischen Jagdbetrieb anfällt. Das Üben und Prüfen auf Wundfährten von absichtlich krank­geschossenem Wild wird allerdings strikt abgelehnt. Die Einsätze der Hannover’schen Schweißhunde werden in Leistungsnachweisen erfasst und an die Zuchtleitung weitergeleitet. Sie sind später ein wichtiges Kriterium für die Auswahl der Hunde, die für die Zucht zugelassen werden.

Der Hannover'sche Schweißhund - © WEIDWERK

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