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Das Schweinderl und der Tod

7. Januar 2021 -
Glückliches Schwein - © Fritz Wolf
© Fritz Wolf

Immer wieder hört man, dass jagdliche Öffentlichkeits­arbeit mit Kindern eminent wichtig sei. Aber: Wo beginnt sie? Mit welchen Argumenten kann man (einem Kind) die Jagd und das Töten von Wildtieren erklären?

Das „Schweinderl“ und der Bauer: Wer kennt nicht die Werbung, in der ein süßes Ferkel dem Zuseher eine realitätsferne Naturidylle suggeriert und die Konsumgesellschaft unter­bewusst zum Kauf von „Bioprodukten“ animiert? Es werden Nutztiere vermenschlicht, was speziell bei den Kindern ohne ­bäuerliche Sozialisierung im schlimmsten Fall zu einer Verzerrung ihrer ­Realität führt. Dass das Fleisch in den Kaufhäusern von Nutztieren stammt, die wie auch das Schweinderl irgendwann einmal „niedlich“ oder „süß“ waren, wird aber auch von vielen ­Erwachsenen komplett ausgeblendet. Warum wird der Tod von Nutz- und Wildtieren für die Fleischgewinnung derart tabuisiert?
Obwohl sich in unserer heutigen „modernen Wohlstandsgesellschaft“ kaum jemand mit der Fleischproduktion auseinandersetzt, ist der Fleischkonsum in den letzten Jahren stabil geblieben. Zu bemerken ist allerdings insbesondere seit Beginn der Corona-Pandemie, dass Menschen immer mehr hinterfragen, woher das Fleisch stammt, das sie ­verzehren, wie die Tiere gehalten und womit sie gefüttert werden bzw. wie es um die ökologische Bilanz der daraus erzeugten Produkte steht. Und hier ist die große Chance für die Jagd, ihr regionales, in der Natur gewachsenes, stressfrei erlegtes Wildfleisch in Stellung zu bringen.
Ein Mensch, der Fleisch konsumiert, ist indirekt für den Tod eines Tieres verantwortlich – das leuchtet ein. Tatsache ist aber auch, dass in der Natur jeden Tag „getötet“ wird – der Beutegreifer schlägt seine Beute, um sich und seine Nachkommen zu ernähren und zu überleben. Der Kreislauf schließt sich: Der Tod eines Lebewesens sorgt für das Überleben eines anderen.

Kreisläufe der Natur

Leben und Sterben sind ein Teil der ­natürlichen Abläufe. Leider vergisst der Mensch heute allzu gern, dass es in der Natur schlicht und ergreifend ums Über­leben geht. Wir zeigen unseren Kindern den Walt-Disney-Film „Bambi“ und sind danach verwundert, wenn unser Nachwuchs der Meinung ist, dass der Jäger böse sei.
Ein Lebewesen stirbt, damit ein ­anderes (über-)leben kann. Der Regenwurm stirbt, damit die Waldschnepfe leben kann. Die Maus stirbt, damit der Fuchs leben kann. Das Hirschkalb stirbt, damit der Wolf leben kann. Der Tötungsakt selbst erscheint für menschliches Empfinden oftmals grauenvoll und ist in der Tierwelt dennoch gängige Praxis. Zum Beispiel hackt eine Krähe die Augen des lebenden Junghasen aus, fressen Wildschweine lebende Rehkitze oder dergleichen mehr. Niemand nimmt auch nur die ­geringste Notiz davon, auch wenn ­sowohl Leben als auch ­Sterben all­gegenwärtig sind! Es scheint, als sei die Natur grausam. Aber sie ist es nicht; es ist lediglich der verklärte Blick des Menschen, der ihn dies nicht erkennen lässt.
Wenn wir uns mit offenen Augen in der Natur bewegen, erkennen wir überall Kreisläufe: Der Tag erwacht am Morgen und erstirbt mit Einbruch der Dunkelheit. Oder die Jahreszeiten: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Oder das Wasser, das einer Quelle entspringt und erst in einen Bach, dann in einen Fluss und dann wiederum ins Meer fließt. Die Sonne lässt das Wasser dieser Wasserflächen verdunsten, es steigt mit der warmen Luft auf, kühlt sich in der Atmosphäre ab und fällt in Form von Regen, Schnee oder Hagel auf die Erde. Dort angekommen, dringt das Wasser wieder ins Erdreich ein und wird aufgesogen – der Kreislauf schließt sich und beginnt von Neuem. Es gibt noch viele, viele weitere Beispiele. Eines davon sind Leben und Tod: Lebewesen werden geboren und sterben. Der Tod bedingt das Leben, und das Leben ­bedingt den Tod. Ein Kreislauf, über den wir uns heute nur allzu wenige ­Gedanken machen. Ein Kreislauf, dem kein Geschöpf auf dieser Erde ent­rinnen kann!
Der Tod scheint etwas Abstraktes zu sein, und der Mensch hat es verlernt, sich mit ihm auseinander­zu­setzen. Wir leben in einer bemerkenswerten Wohlstandsgesellschaft, in der es uns an nichts fehlt. Die Regale der Supermärkte sind zum Bersten voll, und durch die Globalisierung ist der Tisch zu jeder Zeit reich gedeckt; mit Waren, die nicht selten quer über den Globus transportiert werden – den ökologischen Fußabdruck möchte jedoch niemand sehen!
Jene Menschen, die nicht zu ­Vegetariern, Veganern, Frutariern & Co zählen, greifen zu Fleischprodukten, die – fein säuberlich abgepackt – nicht einmal im Ansatz erkennen lassen, dass es sich hierbei einmal um lebende Individuen gehandelt hat. Um Tiere, die zum Zweck der Fleischproduktion möglicherweise ein erbärmliches Dasein gefristet haben. Zum Beispiel Zig­tausende Masthühner, die in der Massentierhaltung bereits nach etwa dreißig Tagen geschlachtet werden.
An dieser Stelle kann die Jagd ­ansetzen: Jäger töten Wildtiere – nicht, weil sie unbedingt Wildschäden ver­hindern, sondern weil sie sie selbst gerne essen oder deren Fleisch in ­Verkehr bringen möchten. Keinesfalls erlegen Jäger nur alte und kranke ­Stücke, wie man sich früher für sein Tun immer wieder „entschuldigt“ hat. Im Gegenteil: Junges Wild schmeckt eindeutig besser, weil dessen Fleisch zarter ist! Hören wir also auf, unsere Kinder zu belügen! Wir müssen keine Realität vorheucheln, die es nicht gibt!