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Ist „Das Lied von der Forelle“ bald Geschichte?

6. März 2024 -
Kormoran - © Dieter Hopf
© Dieter Hopf

Der unter diesem Titel verfasste Beitrag des Leibniz-Instituts für Gewässer­ökologie und Binnenfischerei, welcher in vielen Medien veröffentlicht wurde, hat manchen Fischer nachdenklich gestimmt. Vermutlich wird nicht dieses Lied bald Geschichte sein, sondern die Bachforellenbestände.

Interessant ist, dass fischfressende Prädatoren als Gefährdungsursache der Fischbestände in medialen Abhandlungen von den Autoren oft nicht ­angesprochen werden. Möglicherweise ist dies damit begründet, nicht mit manchen NGOs beziehungsweise Teilen der Bevölkerung in Konflikt zu geraten. All die zitierten Gefährdungs­maßnahmen (Lebensraumverlust, Querbauwerke, Kraftwerke, Wellenschlag, Gewässer­regulierungen usw.) sind viele Jahrzehnte bekannt und kaum oder nur schwer veränderbar. Ein wirklich großes Problem, nämlich das der fischfressenden Prädatoren, findet in dem anfangs zitierten Beitrag aber leider keine Erwähnung.

Bedrohungslage

Bei der letzten Kormoranzählung wurden allein im Raum Greifenstein (NÖ) an einem Schlafplatz 348 Kormorane und vier Graureiher gezählt. In 90 Tagen fressen nur die gezählten Kormorane auch bei einer schlechten Fischbestandslage in diesem Raum mindestens 10 Tonnen Fische. Der Ausfraß trifft in hohem Maße Klein- und Jungfische, klarerweise steigt dadurch der Entnahmeanteil in einen sehr hohen Prozent­anteil des gesamten Jung­fischbestandes – eine große Menge kleinerer Grund- und Raubfische, die im beschriebenen Habitat aus den natürlichen Beständen kaum reproduziert werden kann. Es sind heute an der Donau kaum noch Laubenschwärme zu beobachten. Auch kleine Grundfische – Brachsen, Güstern, Barben usw. – sind beim Stippen und Feedern nur sehr selten zu fangen.
Aufgrund unserer Beobachtungen beziehen Kormorane den Hauptteil ihrer Nahrung im niederösterreichischen Donauraum aus dem Hauptstrom und den Augebieten. Es ist plausibel, dass speziell die gut strukturierten, teils natur­nahen Abschnitte von fisch­fressenden Prädatoren als aussichts­reiche Jagdgebiete auserkoren werden. Gerade an den Buhnen­köpfen und ­tieferen Stellen der Donauausstände konzentrieren sich im Winter die Fischbestände. Natürliche Einstände gibt es in diesen Bereichen kaum, wodurch die Fische zur leichten Beute der Fischräuber werden. – Speziell auch deshalb, weil unsere heimischen Gewässer im Winter kaum noch zufrieren.
Gerade von den typischen Stromfischen sind nahezu alle Arten – aus diesen und anderen Gründen – massiv gefährdet. Auf jeden Fall wird durch den Kormoran und andere fisch­fressende Prädatoren die Alters­pyramide der heimischen Fischbestände unnachgiebig und nachhaltig ge­schädigt. Einige Studien der 1990er-Jahre wiesen schon damals anhand von Erhebungen der Altersstruktur darauf hin, dass die Fischbestandspyramiden einbrechen bzw. heute am Zerbrechen sein würden.

Dramatische Schäden

Die verursachten Schäden durch fischfressende Prädatoren sind als dramatisch zu bezeichnen und stellen eine öko­logische Gefahr dar. Verursachte Schäden an Wildgewässern und Aquakulturen erreichen siebenstellige Eurobeträge. Der volkswirtschaftliche Schaden ist enorm und geht zu Lasten der ­Fischereiausübungsberechtigten, der Angelvereine und Verbände, der Lizenznehmer und der Betreiber von Fischzuchtanlagen. In Ungarn wird der ­Ausfraß durch den Kormoran jährlich mit 5.500 Tonnen Fisch beurteilt – der dadurch entstandene Schaden soll rund 3,3 Mrd. Forint (das sind rund 8,6 Mio. Euro) betragen. In Österreich konnten dazu leider keine konkreten Vergleichszahlen ermittelt werden.
Beginnend mit den 1970er-Jahren wurden fischfressende Prädatoren über alle Maßen „gehegt“ und glorifiziert. Jetzt ist es an der Zeit, es klar aus­zusprechen, was viele denken: Fischfresser, wie Kormoran, Fischotter, Reiher und Gänsesäger, sind längst keine ­gefährdeten Arten mehr.
Speziell im Nationalpark Donau-Auen und in Natura-2000-Gebieten westlich von Wien richten diese ­Prädatoren massive Schäden an den Fischbeständen an. Des Öfteren werden sogar Kormorane aufgefunden, die an größeren Grundfischen verenden, welche sie nicht hinunterwürgen konnten.

Maßnahmen

Dieses Gefährdungspotenzial für die heimischen Fischbestände ist aber durchaus entschärfbar, nämlich durch einen – europaweiten – Wandel in der Gesetzgebung, sodass eine entsprechende Bestandesregulierung der fischfressenden Prädatoren ermöglicht wird. Den zahlreichen Studien über Speiballen und Losungen sowie auch Bestandeserhebungen müssten Ergebnisse zum Schutz der Fische folgen, auch wenn diese bei manchen NGOs oder einer leider oft nur dürftig informierten Öffentlichkeit nicht als schützenswet angesehen ­werden. Es ist unsere Pflicht als Angler und Heger, unsere Stimme für die stummen Fische zu erheben.
In Niederösterreich ist es zum ­Beispiel durch die geltende NÖ ­Kormoran- und Graureiherverordnung zur Abwendung erheblicher Schäden am Fischbestand und zum Schutz der wild lebenden heimischen Tierwelt möglich, in festgelegten Gebieten Abschüsse ­dieser beiden Fischräuber vorzunehmen (vorrangig ist eine Vergrämung mit ­optischen und akustischen Hilfsmitteln vorgesehen, nachrangig eine Bejagung). Getätigte Abschüsse sind unter Angabe des Erlegungsorts (Jagdgebiet, Gewässerabschnitt oder fischereiwirtschaftliche Anlage, allenfalls auch Fischereirevier), des Erlegungszeitpunkts (Datum, Uhrzeit), der Art und der näheren Umstände der Erlegung und einer allfälligen ­Markierung (zum Beispiel Ring) zu ­melden. Weitere Informationen zur Verordnung sowie ein Abschuss-Meldeblatt finden Sie auf der Website des NÖ Jagdverbandes noejagdverband.at (Service­bereich).

Resümee

Wenn Kormoran, Fischotter & Co die letzten Rotgetupften oder auch sonstigen natürlichen Fischbestände vertilgt haben, werden diese Arten mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls vom Aussterben betroffen sein, sofern diese Spezies ihr Nahrungs­spektrum nicht entsprechend anpassen können ...

Hier gelangen Sie zu einem spannenden Video zum Thema „Kormoran vs. Fischbestand“.