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Nur keine Panik!

29. März 2023 -
Nur keine Panik! - © Manuela Rötzer
© Manuela Rötzer

Angst vor der Jagdprüfung, das „Mucken“ während der Schussabgabe oder der ­Zweifel, ­einen nicht weidgerechten Schuss anzutragen – beinahe jeder Jäger wird damit ­konfrontiert. Claudia Breit, Psychologin, weiß, wie man dagegen vorgehen kann.

Claudia Breit, Psychologin und Jägerin, bietet mentale Trainings für Ängste in der Jagd an. Wir baten sie um ein Interview.

WEIDWERK: Liebe Claudia, du bietest mentale Trainings für Jäger an. Was kann man sich darunter vorstellen?
Claudia Breit: Das Themengebiet ist ziemlich neu und wirft oftmals Fragen auf, da diese Angebotspalette noch recht selten im deutschsprachigen Raum ist. Ich arbeite mit Jagdinteressierten, Jungjägern und Jägern zusammen, um verschiedene Fragestellungen zu klären. Es geht los mit der Entscheidung, überhaupt die Jagdprüfung zu machen, dann weiter mit Themenfeldern, wie Prüfungsvorbereitung und -angst, die Schuss­überwindung auf verschiedene Wildarten bis hin zur Prävention und Verarbeitung von Fehlschüssen. Das bedeutet, ich arbeite auf individueller Ebene oder in Seminaren für mehrere Personen verschiedenste jagdliche und schießtechnische Themengebiete auf. Meine Klienten und ich haben dabei immer dasselbe Ziel, bestmöglich weidgerecht zu jagen, und das mache ich eben nicht nur von Ausrüstung und praktischer Übung abhängig, sondern auch vom richtigen Nutzen des Kopfes. Jagd ist ein enorm hoher Anspruch an ­Körper und Geist, deswegen ist meine Philosophie, mit mentaler Unterstützung und Begleitung das Beste aus den Weidleuten herauszukitzeln.

WEIDWERK: Wie kamst du auf die Idee, hunting-tales.de zu gründen? Welche Vision steckt dahinter?
Claudia: Auf persönlicher Ebene war ich unglücklich in meinem Beruf und dachte, ich starte einfach etwas Eigenes. Nach Sondieren, was ich kann und was ich gerne mache, habe ich die Psychologie mit der Jagd ­verknüpft. Natürlich steckt dahinter auch eine ­persönliche Jagdgeschichte. Ich selbst habe hohe ­Ansprüche an mich als Jägerin, und das Letzte, was ich möchte, ist Tierleid zu verursachen. Ich bin zum Jagdschein gekommen, weil ich Tiere und die Natur liebe. Deswegen gab es bei meiner Entscheidung zum Jagdschein Gewissensbisse, die ich auch mit auf die Kanzel genommen habe. Die Lösung für mich war, dass ich ganzheitlich immer dafür sorgen muss, mir zu 100 % sicher zu sein. Das beinhaltet eben auch die Psyche. Am Anfang habe ich mich recht allein gefühlt mit diesen Gedanken, deswegen habe ich auch den Mut gefasst, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Es ist wunderbar für mich zu sehen, dass es vielen Jägern genauso geht. Meine Vision ist es, die Jagdausübung ein wenig zu ­revolutionieren. Ich wünsche mir weniger Tierleid, mehr Achtsamkeit und dass wir uns alle bewusst sind, welches Privileg wir ausüben und welche Verantwortung auf unseren Schultern ruht. Ich freue mich wirklich über jeden, den ich auf diesem Weg begleiten darf. Ich denke, wir befinden uns alle in einem großen Wandel, in dem die psychische Gesundheit, Selbstverwirklichung und der Naturgedanke immer wichtiger werden.

WEIDWERK: Was sind die gängigsten Ängste oder Zweifel von Jägern, die du trainierst?
Claudia: Das Häufigste sind Menschen, die unzufrieden mit ihrer Schussleistung sind und Schießfehler wie zum Beispiel das „Mucken“ haben. Oder auch (junge) Jäger, die eine enorme Überwindung benötigen, ihren ersten scharfen Schuss abzugeben und sich da wirklich zu 100 % sicher sein möchten. Ein weiteres großes ­Themenfeld sind Jäger, die einen Fehlschuss erlebt und daraus resultierende Selbstzweifel und Ängste haben. Ein Klassiker sind aber auch Jagdschüler mit erhöhter Aufregung und Prüfungsangst.

WEIDWERK: Welche Ausbildung im psychischen ­Bereich bzw. im Schießwesen hast du?
Claudia: In erster Linie bin ich Psychologin mit ­Schwerpunkt klinische Psychologie und Psychotherapie. Ich arbeite mit Techniken der kognitiven Verhaltenstherapie, habe aber auch eine Weiterbildung zur ­systemischen Therapie absolviert. Hinter meiner Arbeit steht neben meinem Faible zur Selbstoptimierung auch ein wissenschaftlicher Grad und eben nicht nur ein Wochenendseminar. Darüber hinaus gehört noch ein Persönlichkeitsanteil zu mir, der durch das Militär ­geprägt wurde. Durch meine aktive Zeit in der Bundeswehr habe ich das Schießen und Treffen unter anderen Gesichtspunkten erlernt und auch weitergegeben. ­Daraus ziehe ich vor allem Techniken, die auf Resilienz und Stressresistenz abzielen. Denn eine Entscheidung über Leben und Tod verlangt uns Menschen etwas ab. Vor allem in einer Zeit, in der dieses Handwerk immer mehr an Ansehen und Gewöhnung verliert.

WEIDWERK: Hattest du in deiner Jagdausübung auch Ängste oder Zweifel, an denen du arbeiten musstest?
Claudia: Das kann ich mit einem kräftigen Ja beantworten! Wenn man nicht unbedingt von Anfang an den Bezug zur Jagd hat, dann kann diese durchaus etwas befremdlich und bedrohlich wirken. Aber als ich dann endlich selbst rausgehen konnte und den Wind auf der Nase spürte, brach in mir das totale Jagdfieber los, sobald sich Anblick anbahnte. Ich hatte extreme Angst, etwas falsch zu machen und musste mich zu meinem ersten Stück wirklich durchringen. Da begann für mich die mentale Arbeit an mir selbst. Glücklicherweise hatte ich da schon einen ordentlichen Baukasten an Dingen, die ich nutzen konnte. Heute ist es besser. Ich möchte auch niemals die Demut und die Emotionen vor der Kreatur verlieren, das ist mir auch bei meinen Klienten ein riesiges Anliegen. So habe ich auch schon Erfahrungen mit Fehlschüssen gemacht, allerdings bin ich immer mit einem blauen Auge davongekommen. Trotzdem habe ich immer sehr daran zu knabbern, wenn etwas nicht so läuft, wie ich es mir wünsche. Mittlerweile kann ich aber gut sagen, dass ich in meiner jagdlichen Mitte angekommen bin. Manchmal wünsche ich mir, nicht so zögerlich zu sein, aber ich weiß auch, was ich kann und dass es gut ist, wie ich jage.

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WEIDWERK-Bühne Hohe Jagd & Fischerei 2023: Claudia Breit von Huntingtales