Mit Axt und Notebook
Wer heute einen Forstbetrieb erfolgreich, zukunftsorientiert und profitabel führen will, braucht mehr als Muskeln, Motorsäge und Messkluppe. Spannungsgeladenen Themengebieten, wie Klimawandel oder Jagd, begegnet man im oberösterreichischen Traunkirchen mit moderner Ausbildung in Theorie und Praxis.
Der Gipfel des Traunsteins ist noch wolkenverhangen, als wir an diesem milden Frühlingsmorgen das Areal des Waldcampus betreten. Das Gebäude, in dem die FFS Traunkirchen untergebracht ist, präsentiert sich als architektonisch gelungene Verbindung aus der 1866 erbauten, ehemaligen Jagdvilla und einem hochmodernen Zubau aus Glas, Sichtbeton und Holz. Die Kombination aus Tradition und Moderne ist an dieser Schule für Forstwarte keineswegs nur äußerliche Symbolik – wie wir bald erfahren sollten.
Akteure im Wald
Waldbesitz stellt eine ausgesprochen stabile und werthaltige Form von Kapital dar, die sich in wirtschaftlich bewegten Zeiten stets zunehmenden Interesses erfreut. Um den Wert einer Waldfläche jedoch zu erhalten oder zu erhöhen, bedarf es fundierten Wissens und langfristiger Planung. Je nach Betriebsgröße sieht das Forstgesetz die Bestellung ausgebildeter Forstorgane vor, deren unterschiedliche Qualifikationen die Grundlage für eine nachhaltige Bewirtschaftung unserer Wälder bilden. Zeichnet der akademische Forstwirt für das Management von bestockten Flächen ab 3.600 ha verantwortlich, ist der Arbeitsbereich des Försters mit 1.000 bis 3.600 ha umrissen. Der Dritte im Bunde der Waldexperten ist der Forstwart, dessen Wirkungsbereich vom Kleinwald bis zum 1.000 ha-Betrieb reicht. Seine Laufbahn beginnt in jedem Falle hier – in Traunkirchen.
"Künftige Forstwarte sollten körperliche und geistige Fitness sowie Freude an der Bewegung in der Natur mitbringen." – DI (FH) Clemens Weichbold, Direktor der Forstfachschule Traunkirchen
Berufsbild Forstwart
Befragt man Internet-Suchmaschinen nach dem Begriff „Forstwart“, so stößt man auf Kurzbeschreibungen wie diese: „Forstwart*innen führen alle Arbeiten im Rahmen der Waldbewirtschaftung durch. Sie forsten Wälder auf, fällen Bäume, transportieren das Holz und legen Forstwege an.“ Wer sich für diesen Beruf entscheidet, sollte demnach „körperliche und geistige Fitness sowie Freude an der Bewegung in der Natur mitbringen“, wie Direktor DI (FH) Clemens Weichbold betont.
Während Forstwirte und Förster eher als Planer und Kontrollorgane zu sehen sind, so erstreckt sich das Aufgabengebiet der Forstwarte auch auf den Bereich manueller Forstarbeit. Wer, etwa in kleineren Forstbetrieben oder Wäldern in Familienbesitz, nicht immer auf entsprechendes Personal zurückgreifen kann, muss bei Aufforstungen und Schlägerungsarbeiten selbst Hand anlegen.
Dementsprechend reicht der Lehrplan der zweijährigen Forstfachschule von naturwissenschaftlichen Grundlagen über Betriebswirtschaft und Rechnungswesen bis zum forstlichen Praktikum.
„So viel Theorie wie nötig, so viel Praxis wie möglich“ lautet das Motto, wie uns DI Stefan Heuberger, stellvertretender Direktor und Lehrer für Waldökologie und Waldbau, beim Rundgang durch die Schule erklärt. Als Forstwart in einem kleineren bis mittleren Betrieb ist man letztlich für alles verantwortlich, vom Waldbau über die Buchhaltung bis zur Wartung der Motorsäge.
„Das Verhältnis von Theorie und Praxis ist optimal“, bestätigt auch Schülerin Martina F., die aus Tirol stammt und gelernte Köchin ist. „Seit meiner Kindheit bin ich jede freie Minute draußen, da mein Vater Waldaufseher ist. Jetzt geht er in Pension, weshalb ich seine Arbeit nach Möglichkeit gerne fortführen möchte“, verrät die 31-Jährige, die seit sechs Jahren die Jagdkarte besitzt. Ob die körperliche Belastung für eine Frau sehr fordernd sei, fragen wir. „Kein Problem für mich, das bin ich als Köchin gewöhnt!“
So sieht der Schultag der derzeit etwa 60 Schülerinnen und Schüler vormittags zumeist Theorieunterricht vor, der nachmittags in den Werkstätten, am Schulareal oder im Lehrforst praktisch umgesetzt wird. Die eindrucksvoll bestückten Werkzeuglager, in denen forstliches Gerät von einfachen Hacken bis zu schweren Motorsägen und Seilkrananlagen für die Ausbildung bereitsteht, lassen den mitunter auch körperlich fordernden Berufsalltag der Forstwarte erahnen; umso erfreulicher sieht es auch das Lehrpersonal, dass der derzeitige Anteil an Schülerinnen von etwa zehn Prozent im Steigen begriffen ist. Die Anmeldungen für nächstes Jahr deuten hier bereits auf die 25 %-Marke.
"So viel Theorie wie nötig, so viel Praxis wie möglich." – DI Stefan Heuberger, stellv. Direktor, Lehrer für Waldökologie und Waldbau
Die Rolle der Jagd
Wenn sich in dieser Fachschule alles um den Wald dreht, muss folgerichtig auch die Jagd von zentraler Bedeutung sein. Wie eng diese Verbindung im professionellen Bereich ist, zeigt der Umstand, dass in einigen Bundesländern ein erfolgreicher Abschluss der Forstfachschule die Grundvoraussetzung für die Zulassung als Berufsjägeranwärter darstellt.
Somit verwundert es auch nicht, dass die Erlangung der ersten Jagdkarte integraler Bestandteil des Lehrplans ist und einer soliden jagdlichen Ausbildung sehr große Bedeutung beigemessen wird. Bereits das erste Jahr beenden die Schüler als Jungjäger, wobei die Intensität der Ausbildung deutlich über dem Niveau „normaler“ Jagdkurse liegt. „Im zweiten Schuljahr geht es um die Professionalisierung des jagdlichen Zuganges, da insbesondere zukünftige Berufsjäger auch Jagdgäste führen müssen und daher neben solidem Fachwissen noch weitere Fähigkeiten benötigen“, wie Helmut Neubacher erklärt. Er ist als Lehrbeauftragter für Jagd- und Naturraummanagement darauf bedacht, dass Absolventen dieser Fachschule fundiertes Fachwissen und überdurchschnittliche Schießfertigkeiten besitzen, die am hauseigenen Schießstand bzw. im Schießkino intensiv trainiert werden.
Neubacher, der langjähriger Obmann der oberösterreichischen Berufsjägervereinigung war, unterstreicht aber auch die Wichtigkeit kommunikativer Fähigkeiten, da sowohl Forstwarte als auch Berufsjäger in ständigem Kontakt mit anderen Waldnutzern stehen und immer wieder sensible Situationen professionell zu lösen haben. So finden sich im Lehrplan auch Pflicht- und Freigegenstände, die berufsbezogene Kommunikation, Konfliktmanagement und Pädagogik beinhalten.
Im Schulrevier
Um die jagdliche Theorie mit praktischen Erfahrungen zu untermauern, pachtet die Schule von den Österreichischen Bundesforsten ein etwa 440 ha großes Jagdrevier, in dem Reh-, Rot- und Gamswild bejagt werden. Hier ist es den Schülern möglich, das Zusammenspiel von Jagd- und Forstwirtschaft unmittelbar zu erfahren – denn die Vereinbarkeit von waldbaulichen Zielsetzungen und weidgerechter Bejagung stellt sich in der Realität bisweilen als knifflige Herausforderung dar.
Das erlegte Wild wird teils dem Wildbrethandel zugeführt, teils aber auch selbst verwertet. Die perfekt ausgestatteten Zerwirk- und Verarbeitungsräumlichkeiten ermöglichen den Schülern, die Jagd auch bis in die Bereiche der Lebensmittelproduktion und -vermarktung zu betreiben. Die Früchte dieser Arbeit landen, wie uns Direktor Clemens Weichbold versichert, regelmäßig bei Schulveranstaltungen am Grill und erfreuen sich bei Schülern und Besuchern größter Beliebtheit. Wer sein Berufsleben in freier Natur verbringen und etwas tiefer in die Ausbildung der Forstwarte und Berufsjäger eintauchen möchte, kann jederzeit mit dem Sekretariat in Kontakt treten und einen Schnuppertag vereinbaren. Denn unser Wald braucht die Profis aus Traunkirchen.