Auf geht's! Allgemeines zum Einschießen
Noch bevor die Jagdsaison aufgeht, sollten Zielauge und Büchse wieder zueinanderfinden. In einer dreiteiligen Serie verraten wir Tipps und Tricks für eine perfekte Vorbereitung von Mensch und Gerät. – 1. Teil: Allgemeines zum Einschießen.
Die Jagdsaison steht unmittelbar vor der Tür, daher sollten wir uns um unser Handwerkszeug – die Jagdbüchse – kümmern. Aber nicht nur das Gewehr selbst, sondern auch die Schützenleistung gilt es zu überprüfen.
Wir haben uns eine ethische und weidgerechte Jagd auf die Fahnen geschrieben. Das bedeutet aber auch, immer voll funktionsfähige und präzise eingeschossene Jagdgewehre zu führen. Um eine gute Schützenleistung im wahrsten Sinne des Wortes zu erzielen, ist eines unverzichtbar: das jagdliche Schießtraining. Es ist wie beim Sport. Wenn man zum Beispiel Golf spielen will und nicht trainiert, wird man den Ball nicht treffen oder ihn in die Prärie jagen.
Vielleicht wähnen sich Jäger in dem guten Gefühl, ausreichend trainiert zu haben, wenn der eine oder andere Kontrollschuss sein Ziel gefunden hat. Allerdings kann die Durchführung eines Kontrollschusses keinesfalls als Schießtraining bezeichnet werden. – Daher bieten wir in dieser Serie Fakten zum Ein- und Kontrollschießen sowie Ideen für ein Schießtraining, das auf allen Schießplätzen oder sogar im Revier durchgeführt werden kann.
Auf dem Schießplatz
Kontrollschüsse dienen der Überprüfung der Treffpunktlage (TPL) einer Büchse. Grundsätzlich sollten solche Schüsse auf behördlich genehmigten Schießständen abgegeben werden. Nur dort findet man in der Regel eine stabile Schießauflage und beste Voraussetzungen vor. Die Schussleistung der Büchse sowie die Schützenleistung ergeben dort in Summe eine höhere Präzision, um die Treffpunktlage ermitteln zu können. Weiters ist die Windeinwirkung auf Schießständen im Regelfall eine geringere als im Revier.
Die Schussdistanz für einen Kontrollschuss sollte mit 100 m gewählt werden. Diese Entfernung hat sich als probat erwiesen, denn außenballistisch ist sie ideal für die Justierung der GEE („Günstigste Einschussentfernung“).
Im Revier
Die Pandemie hat uns gezeigt, dass es oft nicht so einfach ist, solche Kontrollschüsse durchzuführen, wenn die Schießplätze geschlossen sind. Ein Kontrollschuss mit einer Büchse ist (wie wir wissen) im eigenen Revier erlaubt, natürlich unter anderem mit der Vorgabe eines sicheren Kugelfanges und einer gefahrlosen Schussabgabe. Daher macht es Sinn, einen Hochstand oder Bodensitz im Revier zu wählen, der auf einer Entfernung von 100 m einen sicheren Kugelfang bietet und niemanden durch die Schussabgabe stört. Weiters sollte dort eine gute und stabile Schießunter- oder -auflage vorhanden sein. Der Kontrollschuss über die Motorhaube eines Kfz ist keine gute Idee, denn dort hat man in der Regel die schlechtesten Voraussetzungen, um einen sicheren und präzisen Schuss abzugeben. Es hilft nicht, einigermaßen zu wissen, wo die Büchse „hingeht“, sondern man muss es ganz exakt feststellen können.
Ein- oder Kontrollschießen
Zunächst stellt sich die Frage, was für das Ein- oder Kontrollschießen einer Büchse benötigt wird. Für die Schießauf- oder Gewehrunterlage werden häufig sogenannte „Schießböcke“ verwendet. Diese sind auf den Schießplätzen meist in sehr einfacher Form vorhanden. Leider bieten diese „Schießgestelle“ für gewöhnlich keine gute Büchsenunterlage.
Wenn wir uns den technischen Ablauf einer Schussabgabe vor Augen führen, dann ist das Geschoss noch immer großteils im Lauf (etwa zu einem Drittel), während sich das Gewehr aufgrund des Rückstoßes zu bewegen beginnt. In dieser Phase, in der die Büchse in Richtung Schulter wandert und das Geschoss noch immer im Lauf beschleunigt wird, müssen gleiche Voraussetzungen herrschen wie beim Schuss im Revier. Daher sollte die Büchse nur von der Schulter geschossen werden und nicht in einem Schießgestell eingespannt sein. Es ist eben wichtig, bei jeder Schussabgabe der Büchse einen gleichmäßigen Schulterdruck (Schaftkappe der Büchse) entgegenzusetzen. Wenn sich einmal mehr oder weniger Schulterdruck beim Schießen vom Schützen (oder durch einen Schießbock) entwickelt, kommt es zu Differenzen in der Vertikalen. Wenig Schulterdruck bewirkt im Regelfall einen Hochschuss, viel Schulterdruck hingegen einen Tiefschuss. Wenn nun ein Schießbock verwendet wird, dann beeinflusst dies die Rückstoßeigenschaften der Büchse, mit dem Resultat, dass man auf dem Schießplatz eine andere Treffpunktlage erreicht als im Revier. Auch eine Büchse, die zum Beispiel ein Büchsenmacher eingeschossen hat, sollte unbedingt vom Jäger selbst kontrollgeschossen werden. Denn auch in diesem Fall weiß man nicht, unter welchen Voraussetzungen die Büchse eingeschossen worden ist.
Als optimale Unterlage eignen sich „Sandsäcke“, die mit rieselfähigem Material gefüllt sind. Benchrest-Gewehrunterlagen oder „Bulls Bags“ (manchmal auch Bench Bulls Bags) gelten als optimale Schießauflagen, die jede Vibration absorbieren und dem Schützen ein perfektes Ruhevermögen bieten. Für das Füllen dieser sackähnlichen Unterlagen eignet sich Kunststoffgranulat, da es keine Feuchtigkeit aufnimmt.
Für einen präzisen Kontrollschuss ist ein Maximum an Ruhevermögen erforderlich, daher sollte sowohl unter dem Vorder- als auch unter dem Hinterschaft eine gute Gewehrunterlage platziert werden. Die Position der Unterlage am Vorderschaft wäre bei einer Repetierbüchse idealerweise etwa kurz nach der vorderen Verbindungsschraube und bei Kipplaufbüchsen kurz nach dem Scharnierbolzen oder Baskülende. Je weiter vorne am Vorderschaft aufgelegt wird, desto mehr Vibrationen werden in das System übertragen. Wir wollen bei diesem Prozedere das Maximum an Schussleistung herauskristallisieren.
Gewehrauflage nicht zu tief
Wenn ich für die WEIDWERK-Praxistests die Schussleistung eines Gewehrs anhand von Fünfer-Schussgruppen bestimmen möchte, achte ich penibel genau auf das Gesagte – und zwar bei jedem Schuss (Neueinrichtung nach jedem Schuss). Sonst ist eine Schussgruppe von manchmal sogar nur 10 mm im Durchmesser nicht erreichbar.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Höhe der Gewehrauflage. Diese sollte jedenfalls nicht zu tief gewählt werden, sodass der Oberkörper möglichst aufrecht und vor allem entspannt ist. Schießauflagen werden häufig zu tief gewählt, sodass der Schütze subjektiv ein besseres Ruhevermögen fühlt. Der Knackpunkt ist aber der Schulterdruck, der in dieser sehr flachen Position nicht gleichmäßig sein kann. Zu weiche Materialien (zum Beispiel Decken oder Ähnliches) eignen sich nicht als Gewehrunterlage, werden im Revier aber gern für einen Kontrollschuss genutzt! Eine solche Unterlage kann im Schuss nicht kontrolliert werden, was wiederum zu Treffpunktverlagerungen führen kann.
Zum Kontrollschießen selbst sollten grundsätzlich zunächst drei Schüsse abgegeben werden. Dabei wird gleich die Schussleistung der Büchse (inklusive der Schützenleistung) überprüft. Die Streukreismitte bildet demnach den Treffpunkt. Bei nur einem Schuss erhält man aufgrund der Büchsenstreuung keinen Hinweis auf die genaue Treffpunktlage. Passt die TPL nicht, dann dürfen es nur ein paar Klicks sein, die man nachjustieren muss. Liegt die TPL aber weit weg vom Haltepunkt, obwohl die Büchse eingeschossen sein sollte, ist mit ihr etwas nicht in Ordnung. Denn bei einer Treffpunktlageveränderung von 15 cm könnte zum Beispiel die Zielfernrohrmontage locker sein. In einem solchen Fall muss die Büchse unbedingt zu einem Fachmann.
Zum Thema Schalldämpfer (SD) wäre noch zu erwähnen, dass der Schalldämpfer – genauso wie der Lauf selbst – nicht auf der Gewehrunterlage anliegen darf, sonst stimmt die TPL nicht. Nach Schüssen auf dem Schießplatz oder im Revier sollte der SD abgenommen und getrocknet werden. Nach einem Schuss ziehen die Verbrennungsrückstände Feuchtigkeit an, und wenn dann der SD am Lauf verbleibt, sind dies die besten Voraussetzungen für Rostbildung im Lauf oder am Mündungsgewinde. Noch etwas: Meist stimmt die TPL mit aufgesetztem oder abgenommenem SD nicht überein. Daher sollten immer gleiche Bedingungen vorherrschen. Auch das Thema „chemische Reinigung“ darf nicht unterschätzt werden. Daher wäre eine chemische Reinigung vor dem Kontrollschießen empfehlenswert, denn dann ist der Lauf vom Kupfer befreit, und die Kontrollschüsse liefern Sicherheit – bei passender Treffpunktlage.
Kontrollschießen mit Nachtzielhilfen
Für die Kontrolle einer Nachtzielhilfe mit Wärmebildtechnik benötigt man eine Wärmequelle – bestens geeignet ist etwa ein „Wärmepad“ für Handschuhe oder Schuhsohlen (es gibt sogar selbstklebende Thermopads). Sollte das Wärmepad nicht kleben, heftet man es am besten mit einem Tacker auf einen Karton. Dieses Wärmepad hält die Wärme über Stunden, daher gibt es auch keine Eile beim Kontrollschießen. Bei Röhrengeräten und digitalen Nachtsicht-Zielfernrohren ist eine „gewöhnliche“ Zielscheibe ausreichend. Dabei ist lediglich auf die Größe des Zentrums zu achten, auf das gezielt wird. Es sollte genügend groß sein, um auch mit kleiner Vergrößerung sauber am Ziel abkommen zu können.
Kaltschuss, neues Munitionslos
Für die Überprüfung der Treffpunktlage sollte der Lauf einigermaßen kalt sein. Bei Repetierbüchsen ist dies zwar nicht so wichtig, obwohl auch hier manchmal Probleme mit warmen Läufen auftreten. Besonders bei kombinierten Jagdbüchsen, die über zwei oder mehr Läufe und ein verlötetes Laufbündel verfügen, muss von Schuss zu Schuss so lange gewartet werden, bis alles wieder kalt ist. Ansonsten gibt es Treffpunktverlagerungen, allein verursacht durch das warme Laufbündel.
Beim nächsten Schießstandbesuch sollte beim ersten Kontrollschuss besonders auf die Schießtechnik und die Gewehrauflage geachtet werden. Es gibt Büchsen, die über eine gewisse „Kaltschusstendenz“ verfügen. Das heißt, der erste Schuss sitzt ein paar Zentimeter weg von der „normalen“ TPL, die dann ab dem zweiten Schuss wieder passt. Daher sollte genau dieser erste Schuss immer im Fokus der Betrachtung liegen. Bei der Jagd ist es so gut wie immer ein Kaltschuss mit entsprechender Treffpunktlage.
Gehen die Patronen zur Neige, muss der Munitionsvorrat aufgefüllt werden. Dieser hat dann vermutlich ein anderes Munitionslos. Ein neues Munitionslos kann gegenüber einem alten Los (Geschoss und Laborierung ident) eine Treffpunktverlagerung bewirken. Der Grund findet sich im Herstellungsprozess, denn es könnten ein neues Pulver, andere Zündhütchen oder Geschosse zu einem anderen Produktionszeitpunkt vom Hersteller verwendet worden sein. Daher muss bei einem neuen Munitionslos immer ein Kontrollschuss durchgeführt werden. Das Frühjahr wäre der ideale Zeitpunkt, sein Munitionskontingent zu erneuern und gleich die neue Munition beim Kontrollschießen auf dessen TPL zu überprüfen. Der Munitionsrest kann gleich beim Schießtraining, welches wir in dieser Serie präsentieren, verfeuert werden.
Resümee
Gut gerüstet und seine Büchsen perfekt kontroll- oder eingeschossen zu haben, erzeugt ein gutes Gefühl und vor allem eines: Selbstvertrauen.
Im zweiten Teil geht es um die Technik beim Schießtraining, wobeiwir uns dem Abzugsvorgang, der Atemtechnik und dem Schießen unter Belastung widmen. Haben Sie Lust bekommen, zu schießen? Dann nichts wie hin zum nächsten Schießstand!
GEE steht für „Günstigste Einschussentfernung“; als GEE wird jener Punkt bezeichnet, an dem die Geschossflugbahn zum zweiten Mal die Visierlinie kreuzt, wenn die Büchse mit einem Hochschuss von 4 cm auf 100 m eingeschossen wird. Ein großer Vorteil von auf GEE eingeschossenen Büchsen ist, dass der Haltepunkt dann auch auf größere Entfernungen nicht verändert werden muss. Beispiel: Die GEE des bleifreien Geschosses Sax KJG-SR im Kal. 9,3×62 (10,0 g/154,3 gr) beträgt 194 m. |
Munitionslos: Kennzeichnung für eine Charge, die unter exakt gleichen Bedingungen geladen wurde. |
Die Jagdsaison steht unmittelbar vor der Tür, daher sollten wir uns um unser Handwerkszeug – die Jagdbüchse – kümmern. Aber nicht nur das Gewehr selbst, sondern auch die Schützenleistung gilt es zu überprüfen.
Wir haben uns eine ethische und weidgerechte Jagd auf die Fahnen geschrieben. Das bedeutet aber auch, immer voll funktionsfähige und präzise eingeschossene Jagdgewehre zu führen. Um eine gute Schützenleistung im wahrsten Sinne des Wortes zu erzielen, ist eines unverzichtbar: das jagdliche Schießtraining. Es ist wie beim Sport. Wenn man zum Beispiel Golf spielen will und nicht trainiert, wird man den Ball nicht treffen oder ihn in die Prärie jagen.
Vielleicht wähnen sich Jäger in dem guten Gefühl, ausreichend trainiert zu haben, wenn der eine oder andere Kontrollschuss sein Ziel gefunden hat. Allerdings kann die Durchführung eines Kontrollschusses keinesfalls als Schießtraining bezeichnet werden. – Daher bieten wir in dieser Serie Fakten zum Ein- und Kontrollschießen sowie Ideen für ein Schießtraining, das auf allen Schießplätzen oder sogar im Revier durchgeführt werden kann.
Auf dem Schießplatz
Kontrollschüsse dienen der Überprüfung der Treffpunktlage (TPL) einer Büchse. Grundsätzlich sollten solche Schüsse auf behördlich genehmigten Schießständen abgegeben werden. Nur dort findet man in der Regel eine stabile Schießauflage und beste Voraussetzungen vor. Die Schussleistung der Büchse sowie die Schützenleistung ergeben dort in Summe eine höhere Präzision, um die Treffpunktlage ermitteln zu können. Weiters ist die Windeinwirkung auf Schießständen im Regelfall eine geringere als im Revier.
Die Schussdistanz für einen Kontrollschuss sollte mit 100 m gewählt werden. Diese Entfernung hat sich als probat erwiesen, denn außenballistisch ist sie ideal für die Justierung der GEE („Günstigste Einschussentfernung“).
Im Revier
Die Pandemie hat uns gezeigt, dass es oft nicht so einfach ist, solche Kontrollschüsse durchzuführen, wenn die Schießplätze geschlossen sind. Ein Kontrollschuss mit einer Büchse ist (wie wir wissen) im eigenen Revier erlaubt, natürlich unter anderem mit der Vorgabe eines sicheren Kugelfanges und einer gefahrlosen Schussabgabe. Daher macht es Sinn, einen Hochstand oder Bodensitz im Revier zu wählen, der auf einer Entfernung von 100 m einen sicheren Kugelfang bietet und niemanden durch die Schussabgabe stört. Weiters sollte dort eine gute und stabile Schießunter- oder -auflage vorhanden sein. Der Kontrollschuss über die Motorhaube eines Kfz ist keine gute Idee, denn dort hat man in der Regel die schlechtesten Voraussetzungen, um einen sicheren und präzisen Schuss abzugeben. Es hilft nicht, einigermaßen zu wissen, wo die Büchse „hingeht“, sondern man muss es ganz exakt feststellen können.
Ein- oder Kontrollschießen
Zunächst stellt sich die Frage, was für das Ein- oder Kontrollschießen einer Büchse benötigt wird. Für die Schießauf- oder Gewehrunterlage werden häufig sogenannte „Schießböcke“ verwendet. Diese sind auf den Schießplätzen meist in sehr einfacher Form vorhanden. Leider bieten diese „Schießgestelle“ für gewöhnlich keine gute Büchsenunterlage.
Wenn wir uns den technischen Ablauf einer Schussabgabe vor Augen führen, dann ist das Geschoss noch immer großteils im Lauf (etwa zu einem Drittel), während sich das Gewehr aufgrund des Rückstoßes zu bewegen beginnt. In dieser Phase, in der die Büchse in Richtung Schulter wandert und das Geschoss noch immer im Lauf beschleunigt wird, müssen gleiche Voraussetzungen herrschen wie beim Schuss im Revier. Daher sollte die Büchse nur von der Schulter geschossen werden und nicht in einem Schießgestell eingespannt sein. Es ist eben wichtig, bei jeder Schussabgabe der Büchse einen gleichmäßigen Schulterdruck (Schaftkappe der Büchse) entgegenzusetzen. Wenn sich einmal mehr oder weniger Schulterdruck beim Schießen vom Schützen (oder durch einen Schießbock) entwickelt, kommt es zu Differenzen in der Vertikalen. Wenig Schulterdruck bewirkt im Regelfall einen Hochschuss, viel Schulterdruck hingegen einen Tiefschuss. Wenn nun ein Schießbock verwendet wird, dann beeinflusst dies die Rückstoßeigenschaften der Büchse, mit dem Resultat, dass man auf dem Schießplatz eine andere Treffpunktlage erreicht als im Revier. Auch eine Büchse, die zum Beispiel ein Büchsenmacher eingeschossen hat, sollte unbedingt vom Jäger selbst kontrollgeschossen werden. Denn auch in diesem Fall weiß man nicht, unter welchen Voraussetzungen die Büchse eingeschossen worden ist.
Als optimale Unterlage eignen sich „Sandsäcke“, die mit rieselfähigem Material gefüllt sind. Benchrest-Gewehrunterlagen oder „Bulls Bags“ (manchmal auch Bench Bulls Bags) gelten als optimale Schießauflagen, die jede Vibration absorbieren und dem Schützen ein perfektes Ruhevermögen bieten. Für das Füllen dieser sackähnlichen Unterlagen eignet sich Kunststoffgranulat, da es keine Feuchtigkeit aufnimmt.
Für einen präzisen Kontrollschuss ist ein Maximum an Ruhevermögen erforderlich, daher sollte sowohl unter dem Vorder- als auch unter dem Hinterschaft eine gute Gewehrunterlage platziert werden. Die Position der Unterlage am Vorderschaft wäre bei einer Repetierbüchse idealerweise etwa kurz nach der vorderen Verbindungsschraube und bei Kipplaufbüchsen kurz nach dem Scharnierbolzen oder Baskülende. Je weiter vorne am Vorderschaft aufgelegt wird, desto mehr Vibrationen werden in das System übertragen. Wir wollen bei diesem Prozedere das Maximum an Schussleistung herauskristallisieren.
Gewehrauflage nicht zu tief
Wenn ich für die WEIDWERK-Praxistests die Schussleistung eines Gewehrs anhand von Fünfer-Schussgruppen bestimmen möchte, achte ich penibel genau auf das Gesagte – und zwar bei jedem Schuss (Neueinrichtung nach jedem Schuss). Sonst ist eine Schussgruppe von manchmal sogar nur 10 mm im Durchmesser nicht erreichbar.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Höhe der Gewehrauflage. Diese sollte jedenfalls nicht zu tief gewählt werden, sodass der Oberkörper möglichst aufrecht und vor allem entspannt ist. Schießauflagen werden häufig zu tief gewählt, sodass der Schütze subjektiv ein besseres Ruhevermögen fühlt. Der Knackpunkt ist aber der Schulterdruck, der in dieser sehr flachen Position nicht gleichmäßig sein kann. Zu weiche Materialien (zum Beispiel Decken oder Ähnliches) eignen sich nicht als Gewehrunterlage, werden im Revier aber gern für einen Kontrollschuss genutzt! Eine solche Unterlage kann im Schuss nicht kontrolliert werden, was wiederum zu Treffpunktverlagerungen führen kann.
Zum Kontrollschießen selbst sollten grundsätzlich zunächst drei Schüsse abgegeben werden. Dabei wird gleich die Schussleistung der Büchse (inklusive der Schützenleistung) überprüft. Die Streukreismitte bildet demnach den Treffpunkt. Bei nur einem Schuss erhält man aufgrund der Büchsenstreuung keinen Hinweis auf die genaue Treffpunktlage. Passt die TPL nicht, dann dürfen es nur ein paar Klicks sein, die man nachjustieren muss. Liegt die TPL aber weit weg vom Haltepunkt, obwohl die Büchse eingeschossen sein sollte, ist mit ihr etwas nicht in Ordnung. Denn bei einer Treffpunktlageveränderung von 15 cm könnte zum Beispiel die Zielfernrohrmontage locker sein. In einem solchen Fall muss die Büchse unbedingt zu einem Fachmann.
Zum Thema Schalldämpfer (SD) wäre noch zu erwähnen, dass der Schalldämpfer – genauso wie der Lauf selbst – nicht auf der Gewehrunterlage anliegen darf, sonst stimmt die TPL nicht. Nach Schüssen auf dem Schießplatz oder im Revier sollte der SD abgenommen und getrocknet werden. Nach einem Schuss ziehen die Verbrennungsrückstände Feuchtigkeit an, und wenn dann der SD am Lauf verbleibt, sind dies die besten Voraussetzungen für Rostbildung im Lauf oder am Mündungsgewinde. Noch etwas: Meist stimmt die TPL mit aufgesetztem oder abgenommenem SD nicht überein. Daher sollten immer gleiche Bedingungen vorherrschen. Auch das Thema „chemische Reinigung“ darf nicht unterschätzt werden. Daher wäre eine chemische Reinigung vor dem Kontrollschießen empfehlenswert, denn dann ist der Lauf vom Kupfer befreit, und die Kontrollschüsse liefern Sicherheit – bei passender Treffpunktlage.
Kontrollschießen mit Nachtzielhilfen
Für die Kontrolle einer Nachtzielhilfe mit Wärmebildtechnik benötigt man eine Wärmequelle – bestens geeignet ist etwa ein „Wärmepad“ für Handschuhe oder Schuhsohlen (es gibt sogar selbstklebende Thermopads). Sollte das Wärmepad nicht kleben, heftet man es am besten mit einem Tacker auf einen Karton. Dieses Wärmepad hält die Wärme über Stunden, daher gibt es auch keine Eile beim Kontrollschießen. Bei Röhrengeräten und digitalen Nachtsicht-Zielfernrohren ist eine „gewöhnliche“ Zielscheibe ausreichend. Dabei ist lediglich auf die Größe des Zentrums zu achten, auf das gezielt wird. Es sollte genügend groß sein, um auch mit kleiner Vergrößerung sauber am Ziel abkommen zu können.
Kaltschuss, neues Munitionslos
Für die Überprüfung der Treffpunktlage sollte der Lauf einigermaßen kalt sein. Bei Repetierbüchsen ist dies zwar nicht so wichtig, obwohl auch hier manchmal Probleme mit warmen Läufen auftreten. Besonders bei kombinierten Jagdbüchsen, die über zwei oder mehr Läufe und ein verlötetes Laufbündel verfügen, muss von Schuss zu Schuss so lange gewartet werden, bis alles wieder kalt ist. Ansonsten gibt es Treffpunktverlagerungen, allein verursacht durch das warme Laufbündel.
Beim nächsten Schießstandbesuch sollte beim ersten Kontrollschuss besonders auf die Schießtechnik und die Gewehrauflage geachtet werden. Es gibt Büchsen, die über eine gewisse „Kaltschusstendenz“ verfügen. Das heißt, der erste Schuss sitzt ein paar Zentimeter weg von der „normalen“ TPL, die dann ab dem zweiten Schuss wieder passt. Daher sollte genau dieser erste Schuss immer im Fokus der Betrachtung liegen. Bei der Jagd ist es so gut wie immer ein Kaltschuss mit entsprechender Treffpunktlage.
Gehen die Patronen zur Neige, muss der Munitionsvorrat aufgefüllt werden. Dieser hat dann vermutlich ein anderes Munitionslos. Ein neues Munitionslos kann gegenüber einem alten Los (Geschoss und Laborierung ident) eine Treffpunktverlagerung bewirken. Der Grund findet sich im Herstellungsprozess, denn es könnten ein neues Pulver, andere Zündhütchen oder Geschosse zu einem anderen Produktionszeitpunkt vom Hersteller verwendet worden sein. Daher muss bei einem neuen Munitionslos immer ein Kontrollschuss durchgeführt werden. Das Frühjahr wäre der ideale Zeitpunkt, sein Munitionskontingent zu erneuern und gleich die neue Munition beim Kontrollschießen auf dessen TPL zu überprüfen. Der Munitionsrest kann gleich beim Schießtraining, welches wir in dieser Serie präsentieren, verfeuert werden.
Resümee
Gut gerüstet und seine Büchsen perfekt kontroll- oder eingeschossen zu haben, erzeugt ein gutes Gefühl und vor allem eines: Selbstvertrauen.
Im zweiten Teil geht es um die Technik beim Schießtraining, wobeiwir uns dem Abzugsvorgang, der Atemtechnik und dem Schießen unter Belastung widmen. Haben Sie Lust bekommen, zu schießen? Dann nichts wie hin zum nächsten Schießstand!
GEE steht für „Günstigste Einschussentfernung“; als GEE wird jener Punkt bezeichnet, an dem die Geschossflugbahn zum zweiten Mal die Visierlinie kreuzt, wenn die Büchse mit einem Hochschuss von 4 cm auf 100 m eingeschossen wird. Ein großer Vorteil von auf GEE eingeschossenen Büchsen ist, dass der Haltepunkt dann auch auf größere Entfernungen nicht verändert werden muss. Beispiel: Die GEE des bleifreien Geschosses Sax KJG-SR im Kal. 9,3×62 (10,0 g/154,3 gr) beträgt 194 m. |
Munitionslos: Kennzeichnung für eine Charge, die unter exakt gleichen Bedingungen geladen wurde. |