Auf geht's! Trockentraining & alternative Schießtechnik
Die Jagdsaison ist aufgegangen, und spätestens jetzt sollten Zielauge und Büchse wieder zueinandergefunden haben. In einer dreiteiligen Serie verraten wir Tipps und Tricks für eine perfekte Vorbereitung von Mensch und Büchse. – 3. und letzter Teil: Trockentraining & alternative Schießtechniken.
Wir haben in den letzten beiden Artikeln Anregungen und Details für das Ein- und Kontrollschießen sowie für ein Schießtraining auf dem Schießplatz präsentiert, sodass einer guten Vorbereitung auf die Jagdsaison nichts im Wege steht. Natürlich sind solche Schießübungen in erster Linie auf genehmigten Schießplätzen durchzuführen, da dort die besten Voraussetzungen gegeben sind. Doch es gibt bei der Jagd auch Schießpraktiken, die man nur schwer auf Schießständen üben kann. Wer ein profunder Schütze sein möchte, muss die komplette Klaviatur der Schießtechnik beherrschen. Daher bieten das Trockentraining mit einer Puffer- oder Simulationspatrone und gelegentliche Kontrollschüsse eine nahezu perfekte Vorbereitung auf den jagdlichen Schuss.
Kontrollschuss im Revier
Wie wir wissen, sind Kontrollschüsse im Revier unter gewissen Voraussetzungen möglich. Für eine solche Schussabgabe darf unter anderem kein ungebührlicherweise erzeugter Lärm entstehen, und ein geeigneter Kugelfang muss ebenfalls vorhanden sein (siehe WEIDWERK 3/2022, Seite 28). Wenn wir eine solche Stelle im Revier gefunden haben, wäre es gut, wenn dort ein Bodensitz oder ein Hochstand installiert wird. Bodensitze haben den Vorteil, dass man das Equipment (Gewehrauflage, Beobachtungsspektiv usw.) nicht hinauftragen muss. Eine solche Einrichtung im Revier ist unserer Ansicht nach wichtig, denn es kommt oft vor, dass die Trefferlage an einem Stück Zweifel aufkommen lässt. Dann ist es sehr praktisch, von so einem Bodensitz oder Hochstand aus das Gewehr auf dessen Treffpunktlage überprüfen zu können. Auch ein Gastjäger sollte einen Kontrollschuss durchführen, bevor es hinaus ins Revier zur Jagd geht. Jedem muss bewusst sein, dass Kontrollschüsse im Revier nur wenige Schuss umfassen sollten. Ein Bezirksschießen gehört auf den Schießstand und nicht ins Revier, auch wenn die Voraussetzungen noch so gut sein mögen.
Für den Kontrollschuss im Revier sollten beste Bedingungen geschaffen werden, mit einer besonders geeigneten Schießauflage samt guter Abstützung der Ellbogen (Mehrpunktauflage). Auf eine Entfernung von 100 m kann an einem Holzpflock eine Wildscheibe aus Karton oder eine Anschussscheibe montiert werden. Wie schon im ersten Teil erwähnt, sollte die Gewehrunterlage nicht zu weich beschaffen sein. Sie sollte nach unten hin nicht nachgeben (keine Decken oder gerollte Hubertusmäntel), daher gelten Sandsäcke oder Ähnliches als erste Wahl.
Es spricht nichts dagegen, auch einen einsatzmäßigen Schuss zu versuchen, letztlich wollen wir ja wissen, ob das Projektil auch vom Hochstand aus sein Ziel findet.
Wie wir sehen können, haben wir diese Schießtechnik auch schon auf dem Schießplatz trainiert, und hier im Revier können wir mit dieser Technik auch einmal einen Kontrollschuss durchführen.
Trainingsintensität
Die Frage ist, wie oft und in welchem Umfang Schießtechniken trainiert werden sollen. Es macht keinen Sinn, bei einem Schießstandbesuch hundert oder mehr Patronen zu verschießen und dafür die nächsten zwei Jahre nichts mehr zu tun. Die Idee ist, öfters zu trainieren und den Umfang der Schüsse gar nicht so hoch ausfallen zu lassen. Beim Kontrollschießen im Revier geht es nicht darum, zwanzig oder mehr Schüsse abzufeuern, um sich den Schießstandbesuch zu ersparen. Im Revier sollten nur ein paar wenige Kontrollschüsse abgegeben werden.
Trockentraining
Wenn wir alternative Schießtechniken betrachten, dann sind diese im Revier gut zu trainieren. Letztlich auch, weil uns auf einem Schießstand die notwendige Einrichtung dafür fehlt. Ich empfehle, mit einer Puffer- oder Simulationspatrone die eine oder andere Situation bzw. Schießtechnik auszuprobieren. Eine solche Patrone ermöglicht ein gutes Schießtraining ohne scharfe Schussabgabe, und mit einiger Erfahrung wird der Schütze erkennen, wo er im Zuge der Abzugstechnik auf der Scheibe abgekommen ist. In diesem Training kann man genau sehen bzw. trainieren, wo die Unruhe bei alternativen Schießpositionen liegt und wie man diese verbessern kann. Man erlangt auch eventuell die Erkenntnis, mit der jeweiligen Technik kein Stück erlegen zu können. In Wirklichkeit muss man nicht immer einen scharfen Schuss abgeben, eine Puffer- oder Simulationspatrone liefert denselben Effekt. Man muss lediglich darauf achten, wo das Abkommen beim Abziehen zuletzt positioniert war. Dort hätte auch der Treffer gelegen.
Ein Trockentraining ohne Puffer- oder Simulationspatrone, also einfach nur leer abziehen, sollte man unterlassen, da die Büchse bzw. der Schlagbolzen Schaden nehmen könnten. Nun stellen wir ein paar alternative Schießtechniken vor, bei denen es Sinn macht, diese im Revier im Trockentraining zu üben und gegebenenfalls auch mit einem Kontrollschuss zu überprüfen.
- Schuss linksseitig am Baum angestrichen mit Bergstock und rechter Ellbogenkontrolle (Rechtsschütze): Wenn ein stärkerer Baum zur Verfügung steht und der Jäger mit einem Monobergstock (möglich ist auch ein Zwei- oder Dreibein in zusammengeklapptem Zustand) unterwegs ist, sollte der Bergstock am Baum angestrichen werden. Die Büchse wird dann am Bergstock festgehalten und der rechte Ellbogen am Baum abgestützt. Wenn es möglich ist, sollten auch andere Körperteile abgestützt werden, in unserem Fall ist das rechte Knie am Baum. Das Ergebnis ist eine extrem ruhige Schießtechnik, die einen sauberen Schuss auch auf etwas weitere Entfernungen ermöglicht.
- Schuss rechtsseitig am Baum angestrichen mit Bergstock und linker Ellbogenkontrolle (Rechtsschütze): Schon etwas instabiler ist die nächste Technik, bei der rechtsseitig mit dem Bergstock am Baum angestrichen und der linke Ellbogen gut abgestützt wird. Auch hier ist zusätzlich das linke Knie am Baum abgestützt. Auch diese Technik verspricht gutes Ruhevermögen und saubere Treffer auf mittlere Schussdistanzen.
- Schuss linksseitig an einem Zwillingsbaum oder zwei knapp hintereinander positionierten Bäumen angestrichen mit Bergstock (Rechtsschütze): Gibt uns die Natur die Chance, zwei hintereinander positionierte oder (wie in unserem Fall) einen Zwillingsbaum zur Schussabgabe zu nutzen, liegt es auf der Hand, den Bergstock am vorderen Baum und den rechten Ellbogen am hinteren Baum abzustützen. Ergebnis: Eine sehr stabile Schießtechnik, die einen sicheren Treffer auch bis mittlere Schussentfernungen gewährleistet.
- Schuss kniend über den Bergstock, an einem Baum angestrichen, und rechte Ellbogenkontrolle (Rechtsschütze): Wenn es die Vegetationshöhe erlaubt, ist die Kniend-Technik eine äußerst stabile und ruhige Schießtechnik für die Jagd. Sie kann rasch eingenommen werden, wobei der Bergstock an einem Baum angelehnt wird. Mit dem aufgestellten Knie wird der rechte Ellbogen kontrolliert und abgestützt.
- Schuss über ein Dreibein: Birschstöcke in Dreibeinform werden immer beliebter. Egal, welches Modell, es sollte die Büchse etwa in der Mitte des Vorderschafts aufgelegt werden. Knapp vor dem Punkt, an dem die Büchse aufgelegt wird, sollte die linke Hand die Kontrolle der Büchse übernehmen. Jetzt ist gute Körperspannung gefragt. Der Nabel zieht zur Wirbelsäule, und damit sind die Bauchmuskeln bis über dem Gesäß und den Oberschenkelmuskeln unter Spannung. So erhält man mit einigen Übungseinheiten die Möglichkeit, ein Stück Schalenwild auch bis 100 m sauber zu treffen.
Mit Trockentraining und einigen Kontrollschüssen haben wir die Möglichkeit, uns gut auf verschiedene jagdliche Schießpositionen vorzubereiten. Die Kunst ist, schon beim Erkennen der jeweiligen Situation zu wissen, wie die alternative Schießtechnik aussehen wird. Ein Ausprobieren geht bei der Jagd nicht mehr. Die Kontrollschüsse im Revier sind wichtig, dabei gilt „weniger ist mehr“. Beim Trockentraining ist es umgekehrt, da kann man gar nicht genug trainieren!