1. Teil | Hochstände: Erhebung des Status quo
Nicht nur bei der Neuübernahme eines Reviers, sondern auch bei gravierenden Landschaftsveränderungen sollte die Sinnhaftigkeit von Hochständen in Bezug auf deren Positionierung untersucht werden. Wie die Effizienz bestehender Hochstände geprüft werden kann und worauf bei der Suche nach einem neuen Aufstellungsort geachtet werden soll, hat sich das WEIDWERK angesehen.
Der Borkenkäfer ist vielerorts für ein Massensterben der Fichtenwälder verantwortlich und zugleich die Ursache für Holzschlägerungsarbeiten im großen Stil. Nur die verbleibenden Baumstöcke und gestapelten Rundhölzer (Blochholz) am Wegesrand erinnern an Hochwälder, die noch vor Kurzem Lebensraum für Wildtiere gewesen sind. Aufgrund dieser gravierenden Veränderungen der Lebensräume fragt man sich, ob so mancher Hochstand immer noch Erfolg versprechend positioniert ist. Und wo sollte man nun optimalerweise eine neue Reviereinrichtung aufstellen? Was gilt es dabei zu beachten? Welche Rolle spielt der Wind? Derartige Fragen stellen sich aktuell auch viele neue Jagdpächter, wenn sie sich mit ihren bestehenden Reviereinrichtungen auseinandersetzen.
Status quo
Im neuen Revier gilt es, innerhalb der ersten Wochen und Monate neben der Revierbeschaffenheit auch die jagdlichen Einrichtungen zu beurteilen. Dabei verspüren neue Jagdpächter oftmals den Drang, Hochstände unbedingt verändern zu wollen, um dem Revier den eigenen Stempel aufzudrücken. Doch wer hier voreilig handelt, verschlechtert oftmals die Situation und damit die Chance auf Jagderfolg. Man ist gut beraten, vorab eine Zeit lang zu beobachten und die vorherrschenden Bedingungen, wie Kugelfang, Wind, Wildwechsel und Umgebungsbedingungen, zu analysieren.
Bevor übernommene Reviereinrichtungen vom vorherigen Pächter aus der letzten Jagdperiode ohne Bedenken in den Jagdbetrieb integriert werden können, ist eine Sicherheitsüberprüfung unumgänglich. Für diese regelmäßige – mindestens jährlich stattfindende – Überprüfung von Hochständen hat das WEIDWERK bereits einen Leitfaden vorgestellt (WEIDWERK 6/2019, Seite 42), der kostenfrei zum Download auf der WEIDWERK-Website zur Verfügung steht. Damit können Reviereinrichtungen hinsichtlich ihrer konstruktiven Sicherheit bewertet und zugleich dokumentiert werden. Erkannte Schäden müssen schnellstmöglich repariert werden. Liegen sicherheitsbedenkliche Mängel vor, ist eine weitere Nutzung des Hochstandes sofort zu unterbinden (zum Beispiel mit einem Absperrband) und dieser baldmöglichst in den ordnungsgemäßen Zustand zu bringen. Identifizierte desolate Hochstände (sog. „Hochstandleichen“) sind ebenfalls sofort zu sperren und möglichst rasch abzutragen. Unfälle im Umgang mit Hochständen können weitreichende Folgen nach sich ziehen. Deshalb muss die Sicherheit immer an erster Stelle stehen!
Sicherheit durch Kugelfang
Der optimale Ort für einen Hochstand ist immer ein Kompromiss in Anlehnung an die Umgebungsbedingungen. In puncto Sicherheit in Form eines Kugelfangs (gewachsener Boden) dürfen allerdings keine Abstriche gemacht werden! Sie muss immer an erster Stelle stehen, ganz gleich, ob deshalb ein vielversprechender Platz im Revier nicht genutzt werden kann, weil die Hauptschießrichtung zum Beispiel in Richtung einer stark befahrenen Straße weist.
Hochstände bieten aufgrund ihrer Höhe nicht nur eine gute Einsicht in das zu bejagende Gelände, sondern gewährleisten dadurch auch einen entsprechenden Kugelfang, um die aus dem Wildkörper austretenden Geschossfragmente oder eventuelle Fehlschüsse sicher im Erdreich aufzunehmen und zu „entsorgen“. Je steiler der Einschusswinkel dabei ist, desto sicherer ist die Position des Hochstandes. Dies kann mit hoher Sitzposition, geeigneten Gegenhängen oder Geländekupierungen erreicht werden.
Der Einschusswinkel sollte zumindest 10° betragen, um der Gefahr eines Abprallers (Gellers) weitgehend zu entgehen. Abpraller können das Hinterland noch auf große Distanz gefährden. Somit ist ein Hochsitz nur dort jagdlich denkbar, wo auch genügend Kugelfang vorhanden ist. Topografisch bedingt können aus kugelfangtechnischer Sicht jedoch nicht immer alle Jagdflächen von einer Hochstandposition sicher bejagt werden. Dies hat zur Folge, dass an manchen Flächen nur beobachtet und nicht geschossen werden darf. Vor allem bei schlechten Lichtverhältnissen (Dämmerung oder Nacht) ist dies oftmals nicht so einfach, weshalb der Bestimmung des Aufstellungsorts der Reviereinrichtung eine essenzielle Bedeutung zukommt. Im Zweifelsfall hat die Kugel im Lauf zu bleiben!
Wo sollte man nun optimalerweise eine neue Reviereinrichtung aufstellen? Was gilt es dabei zu beachten? Welche Rolle spielt der Wind? Derartige Fragen stellen sich aktuell auch viele neue Jagdpächter, wenn sie sich mit ihren bestehenden Reviereinrichtungen auseinandersetzen.
Umgebungsanalyse
Damit der Aufstellungsort eines Hochstandes möglichst optimal gewählt werden kann, sollte man sich mit den Umgebungsbedingungen vorab vertraut machen. Dabei ist der jagdliche Verwendungszweck (Ansitz- oder Bewegungsjagd) mitbestimmend. Für uns Jäger spielen Aspekte, wie Zugänglichkeit (Birschsteige), Bergemöglichkeit (Zufahrt mit Pkw), Antransport bzw. Aufbaumöglichkeit der Reviereinrichtung mit schwerem Gerät oder die Anbindung an öffentliche Wege (Beunruhigung durch Spaziergänger, Radfahrer, Reiter usw.), eine wesentliche Rolle.
Außerdem sind Äsungsangebote, Wildwechsel, Einstände, Ruhezonen oder Zugrichtungen des Wildes für die Suche nach der geeigneten Positionierung von Hochständen sehr interessant und entsprechend zu berücksichtigen. Wild nutzt seine Räume über den Tag verteilt sehr unterschiedlich, und somit kann mancher Hochstand morgens aufgrund des bereits ausgetretenen Wildes nur schwer unentdeckt erreicht werden.
Wie bereits erwähnt, ist die Platzierung von Hochständen stets ein Kompromiss und kann nur selten alle Parameter vollends abdecken. Somit muss ein vielversprechender Hochstand für den Abendansitz nicht zwingend auch für den Morgenansitz prädestiniert sein. Je besser man das Verhalten des Wildes kennt, desto besser können Jagdstrategie und zugehörige Reviereinrichtungen ausgewählt werden.
Wind
So mancher ungünstig wechselnder Wind hat die eine oder andere Schussmöglichkeit schon vereitelt. Auf der Suche nach einem geeigneten Aufstellort für Reviereinrichtungen sind die Windverhältnisse jedenfalls zu berücksichtigen. Zumeist ist im Revier eine Hauptwindrichtung festzustellen, die jedoch örtlich durch Turbulenzen, wie beispielsweise Waldkanten, kesselartige Gebiete, Waldzungen oder gebirgige Revierteile, beeinträchtigt werden kann.
Neue Jagdpächter sind gut beraten, die Windrichtungen an vielen Positionen im Revier über einen gewissen Zeitraum hinweg zu prüfen, um einen guten Überblick zu erhalten und auf dieser Basis vielversprechende Hochstandpositionen zu erheben. Eine einfache Möglichkeit hierfür sind Seifenblasen. Ebenso kann die Windrichtung und der Windverlauf auch mit „Windprüfern“ (zum Beispiel mit Federweiß gefüllt) über einige Meter analysiert werden. Platziert man Windrichtungsmesspfeile an bestimmten Stellen im Revier, kann die Windrichtung auch aus größerer Entfernung mit dem Fernglas eruiert werden. Regelmäßige Revierfahrten und der Eintrag der Windrichtung in eine Revierkarte helfen, rasch einen Überblick über die Windsituation im Revier zu erhalten.
Die vorherrschenden Windverhältnisse sind nicht nur bei der Standortwahl mit ausschlaggebend, sondern auch bei der Ausgestaltung der Zugangsmöglichkeit zur Reviereinrichtung zu berücksichtigen. Bereits ausgetretenes Wild soll idealerweise beim Zugehen zum Hochstand möglichst keine Wittrung des Jägers bekommen, um nicht vergrämt zu werden.
Auch wenn eine bestimmte Hauptwindrichtung im Revier vorherrscht, ist man gut beraten, nicht alle Hochstände ausschließlich darauf auszurichten. Einerseits ist dies landschaftlich oft gar nicht möglich, andererseits braucht es auch jagdliche Ausweichoptionen, wenn die Windbedingungen einmal unüblich sind. Bei Gruppenansitzen ist besondere Vorsicht geboten, damit sich Jäger auf den besetzten Hochständen nicht gegenseitig im Wind sitzen.
Es ist übrigens ein Mythos, dass man auf hohen Hochständen nicht im Wind sitzen kann, weil dieser hoch oben über das Wild hinwegzieht und dieses deshalb keine Wittrung des Jägers aufnehmen kann. Dies mag eventuell auf sehr kurze Distanzen stimmen, taugt jedoch nicht als allgemeingültige Regel.
Wer jagdliche Einrichtungen möglichst lang Erfolg versprechend nutzen möchte, sollte diese an gut durchdachten Plätzen im Revier aufstellen. Der Jagderfolg wird umso länger andauern, je weniger wir Jäger vom Wild als potenzielle Gefahr mit den Jagdeinrichtungen in Verbindung gebracht werden und je weniger uns jagdstrategische Fehler passieren. Deshalb sind wesentliche Faktoren, wie beispielsweise Wind, Einstände, Wechsel und Ruhezonen, im Rahmen einer Umgebungsanalyse vorab zu erheben. Sicherheit steht dabei in Form von Kugelfang stets an erster Stelle!
Download-Tipp: Leitfaden zur Sicherheitsüberprüfung von Hochständen
Foto Dominik Steinhauser