Absturzsicherung mit Brust-, Mittel- und Fußwehr - Rings um das Podest ­verläuft die Absturzsicherung aus Brust-, Mittel- und Fußwehr. - © Dominik Steinhauser
Rings um das Podest ­verläuft die Absturzsicherung aus Brust-, Mittel- und Fußwehr. © Dominik Steinhauser
Serie

Nicht nur bei der Neuübernahme eines Reviers, sondern auch bei gravierenden Landschaftsveränderungen sollte die Sinnhaftigkeit von Hochständen in Bezug auf deren Positionierung untersucht werden. Wie die Effizienz bestehender Hochstände geprüft werden kann und worauf bei der Suche nach einem neuen Aufstellungsort geachtet werden soll, hat sich das WEIDWERK angesehen.

Ist der ideale Standort für den neuen Hochstand gefunden, er­geben sich beim Bau immer ­wieder Fragen nach der optimalen Bemaßung der einzelnen Bauteile, etwa der Sitzbrett-, der Gewehrauflagen- oder der Dachhöhe.
Auf manchen Hochständen fühlen wir uns rundherum wohl, auf anderen wiederum kommt eher kein so gutes Gefühl auf, wenn es um eine präzise Schussabgabe geht. Das WEIDWERK hat sich mit jenen „Standardabmessungen“ von Hochstandkanzeln befasst, die hohen Schießkomfort versprechen. – Damit der Treffer sitzt!
Bestimmte Hochstände erfüllen sämtliche Kriterien; man kann sich gut „einspannen“ und findet auch eine ­optimale Auflagemöglichkeit für Vorderschaft und Ellbogen vor. Das ­Ab­sehen des Zielfernrohrs „klebt“ förmlich in der Trefferzone des Wild­körpers, und man hat ein sicheres ­Gefühl für den bevorstehenden Schuss. Aufgrund dieser günstigen Bedingungen sitzt man zumeist auf genau diesen Hochständen. Auf anderen Revier­einrichtungen hat man hingegen ein weniger ­sicheres Gefühl, denn dort muss man sich unter Umständen ­verkrampfen, um in eine halbwegs ­akzeptable Schießposition zu gelangen. Wenn das Ruhevermögen nicht entsprechend hoch ist, können daraus schlechte Schüsse resultieren. – Gibt es nun gewisse Standardmaße für Hochstände, um einen optimalen Schießkomfort konstruktiv erreichen zu ­können? Die Antwort lautet: ja!

Optimale Schießauflage

Wenn man von optimalem Schieß­komfort spricht, sind zunächst die Voraus­setzungen dafür zu klären. Damit die Jagdgeschosse möglichst treffsicher im Wildkörper landen, braucht es ein gutes Ruhevermögen des Schützen. In der Praxis hat sich die Dreipunktauflage als ideale Schießtechnik für den sitzenden Jagdanschlag herauskristallisiert. Dabei ist die Schaftkappe in der Schulter­tasche angelegt, der Vorderschaft liegt auf der Gewehrauflage auf, und die beiden Ellbogen des Schützen stützen sich auf die dafür vorgesehenen Armauflagen ab. Damit ist der Schütze sozusagen „eingespannt“ und kann das Gewehr möglichst ruhig halten, da er sich mit den umliegenden fixen Bauteilen möglichst gut verbindet. Beim Bau von Hochständen gilt es, genau diese Bedingungen für eine optimale Dreipunktauflage zu schaffen.

Sitzbrett

An so manchem Ansitz verbringen wir einige Stunden in sitzendem Zustand. Ist hierbei das Sitzbrett zu hoch oder zu tief positioniert, kann dies auf Dauer unangenehm bis schmerzhaft werden. Die optimale Höhe der Sitzbrettoberkante liegt bei 47–50 cm. ­Dieses Maß passt im Normalfall für jede durchschnittlich gewachsene Person. Besonders große oder etwas kleinere Menschen können diesen Höhenbereich etwas nach oben oder unten erweitern. Wird ein Sitzbrett bepolstert, ist dies für die endgültige Sitzhöhe ebenfalls zu berücksichtigen.
Nachdem beim Schießen eine entsprechende Oberkörpervorlage und ein guter Schulterdruck erforderlich sind, ergibt sich die Frage, wie weit das Sitzbrett von der Brüstung entfernt sein soll. Für ergonomisch entspanntes Schießen ergibt sich für gewöhnlich ein Abstand von 65 cm zwischen der Vorderkante des Sitzbretts und der Brüstung (Gewehrauflage). Dieses Maß gilt für durchschnittliche Körper­größen. Für besonders Großwüchsige sind ­entsprechend mehr Zentimeter zu ­berechnen. Nicht zuletzt deshalb ist es empfehlenswert, das Sitzbrett auf zwei Führungsleisten verschiebbar auszuführen und nicht fix zu montieren. Wird die Unterseite des Sitzbretts mit Filz bezogen, kann es beinahe ­lautlos entlang der Führungsleisten verschoben werden. Damit es nicht zu vermeidbaren Geräuschen kommt, ist es ideal, die Sitzbrettbreite nicht zu genau einzupassen, sondern links und rechts zu den Seitenwänden etwas Spiel zu belassen. Das Sitzbrett selbst sollte – für einen durchschnittlich ­großen bzw. schweren Jäger passend – etwa 35–40 cm tief und mindestens 30 mm stark sein; wenn die vordere Oberkante zudem noch abgerundet wird, sorgt dies für noch bequemeres Sitzen.
In Ergänzung zum Sitzbrett können auch Rückenlehnen gebaut werden. Sie schränken zwar die Bewegungsfreiheit innerhalb der Kanzel ein bisschen ein, tragen aber zu einem entspannteren Sitzen bei. In geschlossenen Kanzeln können Drehsessel für ­Flexibilität sorgen.
Sie bieten die Möglichkeit, lautlos, rasch und bequem alle Himmels­richtungen unter Kontrolle zu haben, ohne sich viel bewegen oder verrenken zu müssen. Der gepolsterte Sessel mit komfort­abler Rückenlehne bietet einen entsprechenden Wohlfühlfaktor, sodass auch stundenlange Ansitze kein Problem darstellen. Nachteilig ist dabei, dass Begleitpersonen kaum Platz haben und Kanzelgrundflächen größer ausfallen müssen.

Auf manchen Hochständen fühlen wir uns rundherum wohl, auf anderen wiederum kommt eher kein so gutes Gefühl auf, wenn es um eine präzise Schussabgabe geht.

Gewehrauflage

Eine gute Auflage ist die halbe Miete für einen erfolgreichen Treffer! Für Schüsse im flachen Gelände sollte die Gewehrauflage für den Vorderschaft optimalerweise auf eine Brüstungshöhe von 105–110 cm über Kanzel­bodenniveau ausgelegt sein. Bei steilem Gelände (bergauf oder bergab) ist die Brüstungshöhe entsprechend zu adaptieren, damit optimaler Schießkomfort gegeben ist.
Bei geschlossenen Kanzeln wird aus den Fenstern geschossen, wodurch die Fensterbreite eine wesentliche Rolle spielt: Sie begrenzt die möglichen Schusswinkel. Größere Fenster bieten somit größere Aktionsradien und somit auch entsprechend mehr Flexibilität. Fakt ist aber auch, dass dann Bewe­gungen des Jägers vom Wild leichter wahrgenommen werden können. Dieses äugt aber von Natur aus kaum nach oben, weswegen größere Fenster jedenfalls vorteilhaft sind. Ist die Fensterhöhe zu gering dimensioniert, kann so mancher Ansitz für große Personen schnell zur unangenehmen Angelegenheit werden, möglicherweise mit Nacken­schmerzen einher­gehend. Eine Fensterhöhe von etwa 40–50 cm hat sich in der Praxis bewährt.
Auf manchen Hochständen sind Sandsäcke bzw. Schießauflagen mit feuchtigkeitsunempfindlichem Granulat als unterstützende Gewehrauflage zu finden. Manche Brüstungen sind auch mit Isolationsmaterial überzogen, um eine leise und schonende Gewehr­auflage für den Vorderschaft zur ­Verfügung zu haben. Es eignen sich jedoch auch Leder- oder Neopren­gewehrriemen, die zwischen Vorderschaft und Holzbrüstung untergelegt werden, um das Gewehr optimal zu betten.

Armauflage

Für einen sauberen Schuss ist bei Rechtsschützen neben der Gewehr­auflage für den Vorderschaft zu­mindest die Armauflage für den ­rechten Ellbogen unumgänglich. Das Ruhevermögen und gleichbedeutend die Schussdistanz können zusätzlich gesteigert werden, wenn auch der
linke Ellbogen abgestützt werden kann (Stichwort: Dreipunktauflage). Für eine angenehme Schießposition sollte die Armauflage 5–10 cm unterhalb der Gewehr­auflage positioniert sein. Dies kann durch ein (Schieß-)Brett erreicht werden, das in entsprechendem Abstand unterhalb der Auflagenbrüstung bzw. des Fensters angebracht ist. Auf dieser umlaufenden Armauflage kann eine verschiebbare Schießleiste zur zusätzlichen Unterstützung des linken Ell­bogens aufgelegt werden. Auch hier gilt: Nicht zu genau einpassen, damit beim Einrichten keine unnötigen ­Geräusche ent­stehen. Somit sind für einen optimalen Schuss im Sinne der Dreipunktauflage beste Voraus­setzungen geschaffen! Ist die Arm­auflage um ein Stück erhöht montiert, muss der Ellbogen unnatürlich hoch aufgelegt werden, was dem Schieß­komfort nicht gerade dienlich ist.
Ergibt sich eine jagdliche Situation oder ein Schusswinkel, in der beziehungsweise in dem für den Ellbogen keine Armauflage vorhanden ist, kann das abgewinkelte Knie als Auflage aus­helfen. Dabei wird der Fuß am besten direkt auf der Führungsleiste des Sitzbretts aufgestellt. Sind keine Führungs­leisten für ein Sitzbrett vorhanden, weil ein Drehsessel verwendet wird, ist die Montage von Leisten für eine Knieauflage auf einer Höhe von 30–40 cm über dem Kanzelboden zu empfehlen. Testen Sie die Knieauflage beim nächsten Schießplatzbesuch oder im Revier aus: Das Ruhevermögen ist damit erstaunlich gut!

Kanzeldimensionen

Die Frage nach der optimalen Kanzelgröße kann nicht wirklich mit einem Satz beantwortet werden, denn es gibt verschiedene Kanzeltypen. „Schlafkanzeln“ verfügen, wie der Name schon sagt, über eine Schlaf­möglichkeit, „Familien­kanzeln“ sind für mehrere Personen ausgelegt. Die Grundrissgröße ist somit stets an den Zweck ­anzupassen. Für die Kanzelhöhe hingegen können 190–200 cm empfohlen werden, da ein zu hohes Maß die Wind­angriffs­fläche unnötig erhöhen würde. Mit dieser Höhe sind ein aufrechtes Stehen und in weiterer Folge ein ­sicheres Ein- und Aussteigen gewährleistet. Größere Kanzeln kommen dem Jäger bei der Hand­habung – vor allem bei Büchsen mit Schalldämpfern – entgegen, weil man im Dunkeln weniger oft an einem Bauteil anschlägt und so das nah stehende Wild auch nicht unnötig vergrämt.
Wer eine neue Kanzel plant, kann die Öffnungsrichtung der Tür so auslegen, dass die offene Tür den Zugang zur Leiter blockiert. Vor allem in der Dunkel­heit können durch derartige konstruktive Maßnahmen Unfälle in Form von Abstürzen vermieden werden. An dieser Stelle sei noch auf die ­Montage der Absturzsicherung bei Hochstandpodesten hingewiesen, die aus Brustwehr (100 cm), Mittelwehr (50 cm) und Fußwehr (direkt auf der Podestfläche) besteht.

Bemaßung einer "idealen" Kanzel

Technische Daten

Welche Maße?

Armauflage (verschiebbare) Leiste zum Abstützen des Ellbogens
Brustwehr Oberkante auf 100 cm über Podestfläche
Fenster 40–50 cm ­Fensterhöhe
Fußwehr direkt auf Podest­fläche aufstehend
Führungsleisten des Sitzbretts 47–50 cm (für finale ­Sitzhöhe Polster- bzw. Sitzbrettstärke beachten!)
Gewehrauflage 105–110 cm über dem Kanzelboden
Kanzelhöhe 190–200 cm für ­aufrechtes Stehen ausreichend
Mittelwehr Oberkante auf 50 cm über Podestfläche
Schießbrett 5–10 cm unterhalb der Gewehrauflage (= seit­liche Arm­auflage)
Sitzbrett etwa 65 cm Abstand zur Brüstung; ­verschiebbar; 35–40 cm tief, mind. 30 mm stark
Tür bzw. Einstieg 180–185 cm hoch, 60–65 cm breit

Jägerinnen und Jäger verbringen zahlreiche Stunden auf Hochständen. Damit sie während dieser Zeit ihrer Passion mit allen Sinnen nachgehen können und für den Moment des Schusses bestens gerüstet sind, ist es wichtig, dass das „jagdliche Wohn­zimmer“ auch entsprechend ausgestattet ist. Es bedarf der Einhaltung einiger weniger Abmessungen, um konstruktiv für optimalen Schießkomfort zu sorgen. Sofern die sicherheitsrelevanten Aspekte – zum Beispiel ausreichend starke Bauteildimensionen – eingehalten werden, sind der Kreativität beim Hochstandbau kaum Grenzen gesetzt!

Darstellung einer "idealen" Kanzel - © Dominik Steinhauser

Darstellung einer "idealen" Kanzel © Dominik Steinhauser

Foto Dominik Steinhauser