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Nettis Naturkinder

27. August 2024 -
Nettis Naturkinder_Titelbild

Annette von Karp hat es sich mit „Nettis Naturkinder“, einem Projekt der Stiftung „Wald und Wild in Mecklenburg Vorpommern“ zum Ziel gesetzt, Kindern spielerisch im Zuge von Naturpädagogiktagen die Flora und Fauna ihrer Heimat näherzubringen. Ein Interview.

WEIDWERK: Sie sind selbst Jägerin. Wie lange haben Sie den Jagdschein bereits? Haben Sie jagdlichen Hintergrund bzw. wie sind Sie auf diese breitgestreute Thematik gekommen?

Annette von Karp: Ich stamme aus einem Jägerhaushalt und habe als älteste von drei Kindern meinen Vater auf den Ansitz begleitet. Ich war als Kind schon passioniert und habe, als meine Kinder aus dem Gröbsten heraus waren, im Jahr 2012 die Jägerprüfung abgelegt. Im Elternhaus wurde auch die Tradition der Hausschlachtung gepflegt und selbstverständlich das erlegte Wild zubereitet und verspeist.

WEIDWERK: Sie haben eine Ausbildung zur Fremdsprachenassistentin gemacht und waren im Einzelhandel tätig. Wie kam es dazu, dass die Stiftung Wald und Wild in Mecklenburg-Vorpommern das Projekt „Nettis Naturkinder“ ins Leben gerufen hat? Wie lange gibt es „Netti’s Naturkinder“ nun schon?

Annette von Karp: Mein Vater wollte seine Töchter „unter der Haube“ sehen. Er hatte eher das klassische Rollenbild vor Augen und verweigerte mir und meiner Schwester eine Ausbildung an einer Universität. Als Kapitän auf großer Fahrt und später als Justiziar einer großen Versicherung war er natürlich auf ein funktionierendes „Backoffice“ im Haus mit drei Kindern angewiesen. Ich mache meinen Eltern aber keine Vorwürfe, denn ich hatte eine sehr behütete und glückliche Kindheit. Immerhin haben sie den Grundstein für das gelegt, was ich heute beruflich lebe und dafür bin ich ihnen sehr dankbar. So machte ich dann eine Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin und ging anschließend in den Einzelhandel. Eines Tages wollte die Stiftung „Wald und Wild in Mecklenburg – Vorpommern“ ein Naturpädagogikprojekt ins Leben rufen und ich wollte nach einer privaten Trennung auch Neues wagen. So setzten wir uns zusammen, entwickelten die Idee zu „Nettis Naturkinder“ und gingen damit am 1.1.2018 an den Start.

WEIDWERK: Wie kam es zu der Idee, Kindern Wissen um die Natur und ihre Bewohner weiterzugeben? Warum ist es Ihnen ein Anliegen, dies zu tun?

Annette von Karp: Die Kenntnisse um die heimische Natur, Pflanzen und Tiere nehmen immer mehr ab bzw. werden in den Bildungseinrichtungen vernachlässigt. Ich liege nicht falsch, wenn ich behaupte, dass diejenigen, die unseren Kindern Wissen vermitteln sollen, oft eine Fichte nicht von einer Tanne unterscheiden können, geschweige denn ein Getreide erkennen. Auch die Unterscheidung zwischen Hase und Kaninchen fällt oftmals schwer. Das ist einfach schade, wenn unsere nachfolgenden Generationen die Natur vor ihrer Haustür nicht mehr kennen. Hier wollen wir entgegenwirken. Denn aus der Kenntnis erwacht das Interesse und bestenfalls das Bedürfnis, die Natur zu schützen.

Nettis Naturkinder_Malen mit wilden Heidelbeeren und Heidelbeeren-Marmelade - Malen mit wilden Heidelbeeren
Malen mit wilden Heidelbeeren
Nettis Naturkinder_Malen mit wilden Heidelbeeren und Heidelbeeren-Marmelade - Malen mit wilden Heidelbeeren
Malen mit wilden Heidelbeeren
Nettis Naturkinder_Malen mit wilden Heidelbeeren und Heidelbeeren-Marmelade - Malen mit wilden Heidelbeeren
Malen mit wilden Heidelbeeren
Nettis Naturkinder_Malen mit wilden Heidelbeeren und Heidelbeeren-Marmelade - Malen mit wilden Heidelbeeren
Malen mit wilden Heidelbeeren
Nettis Naturkinder_Malen mit wilden Heidelbeeren und Heidelbeeren-Marmelade - Malen mit wilden Heidelbeeren
Malen mit wilden Heidelbeeren
Nettis Naturkinder_Malen mit wilden Heidelbeeren und Heidelbeeren-Marmelade - Heidelbeer-Marmelade
Heidelbeer-Marmelade

WEIDWERK: Sie kochen auch mit den Kindern. Welche „wilden“ Speisen lassen sich mit Kindern gut zubereiten und was kommt bei den Kleinen besonders gut an?

Annette von Karp: „Wilde Schnitzel“. In der Panade findet sich immer ein Wildkraut der jeweiligen Jahreszeit. Im Grunde lässt sich jeder Küchenklassiker mit Wildfleisch nachkochen. Rouladen aus Wildfleisch, gefüllt mit zuvor gesammelten Pilzen, die im Eisentopf auf dem offenen Feuer vor sich hin brodeln. Sowas finden alle großartig. Wir backen Waffeln über dem Feuer, kochen Marmelade aus gesammelten Waldbeeren oder machen Limonade. Da fällt mir immer wieder etwas Neues ein.

WEIDWERK: Welches prägende Erlebnis mit Kindern kommt Ihnen in den Sinn?

Annette von Karp: Ganz zu Beginn des Projektes betreute ich einen Kindergarten in einem Hamburger Problemstadtteil mit sehr hoher Migrationsquote. Ich holte die Kinder morgens mit unserem Stiftungsbus zu einem Ausflug ab und musste ein kleines Stück über die Autobahn. Nach kurzer Zeit fragte mich ein Mädchen: „Netti, sind wir noch in Deutschland?“ und kurze Zeit später sagte sie: „Netti, heute bin zum ersten Mal im Urlaub“. Das Mädchen hatte ihren Stadtteil noch nie zuvor verlassen.

WEIDWERK: Was ist Ihnen besonders wichtig, den kleinen Teilnehmerinnen und Teilnehmern von einem Tag im Wald mitzugeben?

Annette von Karp: Die Kinder sollen lernen, wie kostbar und wunderschön unsere Natur ist. Ich möchte ihre Neugier wecken und sie begeistern. Gleichzeitig lehre ich sie, sich rücksichtsvoll zu verhalten. Dazu erkläre ich Ihnen auch Regeln, wie den Sinn und Zweck offizieller Waldwege, damit wir unser Wild nicht stören, dass wir keinen Müll im Wald zurücklassen, insbesondere keine brennbaren Dinge. Ich möchte den Kindern die Augen öffnen, welche Kostbarkeiten die Natur uns schenkt und was wir alles mit Genuss essen können. Ich versuche ihnen das Thema der Nachhaltigkeit zu erklären, z. B., dass man durchaus auch einen „Handstrauß“ pflücken darf und wir nur soviel aus der Natur entnehmen sollten, wie wir essen oder brauchen.

Die Kinder begreifen ganz schnell, dass ich mir nicht auf der Nase herumtanzen lasse und Wert auf Umgangsformen und Tischmanieren legen. Auch wenn wir in der Natur sind, sagen wir „Bitte“ und „Danke“ zueinander, hören aufmerksam zu, lassen uns ausreden und essen manierlich. Das klappt bei mir relativ schnell.

Nettis Naturkinder_Hagebutten Chutney, Schmuck und Tee
Nettis Naturkinder_Hagebutten Chutney, Schmuck und Tee
Nettis Naturkinder_Hagebutten Chutney, Schmuck und Tee
Nettis Naturkinder_Hagebutten Chutney, Schmuck und Tee
Nettis Naturkinder_Hagebutten Chutney, Schmuck und Tee
Nettis Naturkinder_Hagebutten Chutney, Schmuck und Tee

WEIDWERK: Wie kam es zu dem Buch „Spielen. Basteln. Kochen. Im Karussell der Jahreszeiten“?

Annette von Karp: Durch Corona war unser Projekt auf Eis gelegt. Ich habe dann angefangen kleine YOUTUBE Filmchen hochzuladen, um Familien Anregungen zum Spielen, Basteln oder Kochen in der Natur zu geben, damit sie mit ihren Kindern etwas unternehmen können. Und so ist das Buch entstanden. Zwölf Kapitel, für jeden Monat entsprechend der Jahreszeit eine Idee zum Spielen, zum Basteln und zum Kochen in der Natur.

WEIDWERK: Sie sind Besitzerin des Labradors „Jeff“, der laut Website stets mit dabei ist. Was hat Sie zu dieser Rasse geführt und wie reagieren die Kinder auf ihn?

Annette von Karp: Vor „Jeff“ hatte ich auch schon eine Labradorhündin „Mimi“, die aber mittlerweile verstorben ist. Diese Rasse ist sehr lieb und gutmütig. Jeff ist ein Türöffner für viele Kinder. Die erste Angst oder Scheu weicht meist sehr schnell und am Ende des Ausfluges ist auch das ängstliche Kind ein Freund von Jeff.

WEIDWERK: Was ist noch für die Zukunft geplant?

Annette von Karp: Viel! Aktuell durchlaufe ich eine Zusatzausbildung zur Kräuterfachwirtin. Wenn das vollbracht ist, widme ich mich noch mehr dem Thema Pilze. Mein Angebot an Erwachsenen- und Berufsträgerfortbildung möchte ich erweitern. Mir fallen ständig neue Dinge ein, wie Gesellschaftsspiele mit Naturbezug oder vielleicht wieder ein Buch?

Aktuell hat die Stiftung einen Resthof nahe unserer Stiftungsjagd gekauft. Dort möchten wir ein Stiftungszentrum errichten, wo wir nicht nur Wissen vermitteln wollen, sondern auch einen Treffpunkt für Gleichgesinnte schaffen möchten. Wir haben uns die Naturwelten Steiermark angeschaut und waren sehr begeistert. So etwas Ähnliches würden wir gern in Mecklenburg aufbauen. Es gibt also viel zu tun. Wir freuen uns darauf.

Nettis Naturkinder_Breitwegerich Smoothie - Breitwegerich Smoothie
Breitwegerich Smoothie
Nettis Naturkinder_Breitwegerich Smoothie - Breitwegerich Smoothie
Breitwegerich Smoothie
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Breitwegerich Smoothie
Nettis Naturkinder_Breitwegerich Smoothie - Breitwegerich Smoothie
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Nettis Naturkinder_Hagebutten Chutney, Schmuck und Tee - Breitwegerich Smoothie
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Nettis Naturkinder_Breitwegerich Smoothie - Breitwegerich Smoothie
Breitwegerich Smoothie

Im September-WEIDWERK finden Sie einen Artikel über Annette von Karp und das Projekt Nettis Naturkinder unter der Rubrik „Diana“.

Das Buch rund um die Aktivitäten von Nettis Naturkinder„Spielen, Basteln, Kochen. Im Karussellder Jahreszeiten“, Neumann-Neudamm-Verlag, finden Sie auf www.jagd.at

Hier geht es zur Website von Nettis Naturkinder: www.naturkinder-hamburg.de

Fotos: Annette von Karp