Das A und O des Flintenschießens - © Martin Grasberger
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Serie

Ob bereits vor der Jagdprüfung oder erst danach – die Anschaffung einer Flinte steht irgendwann an. Bevor man jedoch ins Waffengeschäft seines Vertrauens geht oder am Gebrauchtmarkt stöbert, gibt es im letzten Teil der Serie einiges zu bedenken.

Die Grundsatzentscheidung zwischen Doppelflinte mit nebeneinanderliegenden Läufen oder Bockflinte fällt bei der überwiegenden Mehrzahl der Schützen zugunsten Letzterer aus; wenn nicht ästhetische Vorlieben oder historische Interessen im Vordergrund stehen, bietet eine Bockflinte zumeist ergonomische und technische Vorteile, die bei Doppelflinten zumindest als Stilbruch gelten müssten.
So begünstigt allein das Vorhandensein eines Pistolengriffs – den die ­„englische“ Schäftung einer klassischen Doppelflinte nicht aufweist – eine ergonomisch günstige Haltung der Abzugshand und erleichtert den kontrollierten Schulterdruck. Generell sollte überlegt werden, ob die Flinte häufig zum Wurfscheibenschießen eingesetzt oder haupt­sächlich jagdlich geführt werden soll. Denn sportliche Merkmale, wie breite Laufschiene, steiler und voluminöser Pistolengriff, massivere Schäftung (eventuell mit Verstellmöglichkeiten) und längere, ventilierte Läufe, stehen den klassisch jagdlichen Ansprüchen hinsichtlich geringen Gewichts und zierlicher Bauweise entgegen.
Die meisten Hersteller bieten jedoch auch Modelle an, die einen Kompromiss aus beiden Welten darstellen sollen. Wechselchokes, (selektiver) Einabzug und vor allem Stahlschrotbeschuss zählen bei aktuellen Schrotflinten ­jedoch zur Standardausstattung, auf die nicht verzichtet werden sollte.

Der passende Schaft

Um die in unserer Serie beschriebenen Techniken und Bewegungen optimal ausführen zu können, sollte die Flinte zumindest die wichtigsten Voraus­setzungen erfüllen.
Im Unterschied zur Jagdbüchse, an die sich der Schütze im Regelfall während des Anschlagens ein wenig ­anpassen kann (abgesehen von dynamischen Anschlägen, etwa bei Riegel­jagden), muss die Flinte rasch und ohne Störungen des Bewegungsablaufs unter das Jochbein des Schützen finden. Das ungehinderte Hochführen der Waffe aus dem Jagdanschlag in den End­anschlag wird beispielsweise auch von der richtigen Schaftlänge be­günstigt, unter der man den Abstand zwischen dem Krümmungsmittelpunkt des Abzugszüngels und der Mitte der Schaftkappe versteht. Bei Flinten „out of the box“ beträgt dieser für ­gewöhnlich etwa 37 cm, da sich dieses Maß für den Großteil aller Schützen als praktikabel erwiesen hat.

Anpassungen durchführen

Individuelle Unterschiede im Körperbau erfordern jedoch häufig Anpassungen des Hinterschaftes in der Länge, welche im einfachsten Fall durch Anbringen einer dickeren Schaftkappe bzw. von Einlageplatten oder andernfalls durch Verkürzen (Abschneiden einiger Millimeter bis Zentimeter) des Schaftes erfolgen kann.
Um herauszufinden, ob die Schaftlänge einer Flinte (in etwa) zur Physiognomie des Schützen passt, stellt man die Waffe bei waagrecht gehaltenem Oberarm in die Ellenbeuge und legt die Abzugshand locker mit ausgestrecktem Zeigefinger an den Pistolengriff (soweit vorhanden). Das Handgelenk sollte dabei gerade (nicht abgewinkelt) sein und das vorderste Gelenk des Zeigefingers/­Abzugsfingers ein paar Millimeter oberhalb des Abzugszüngels zu liegen kommen. Liegt der Abzug im Bereich der Zeigefingerkuppe oder gar darüber, muss um das entsprechende Maß verkürzt werden. Liegt er (weit) darunter, empfiehlt sich eine Verlängerung.
Es sei jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich hierbei lediglich um eine grobe, sehr rudimentäre Überprüfungsmethode handelt, weshalb von voreiligen Eingriffen in die Schaftmaße abzuraten ist. Denn auch der ­individuelle Körperbau bestimmt die Geometrie des Hinterschaftes mit; der Winkel zwischen Schaftkappe und ­gedachter Verlängerung der Laufschiene, der sogenannte „Pitch“, kann etwa bei sehr ausgeprägter Brust­muskulatur oder gewisser Korpulenz ebenfalls einer Anpassung bedürfen und muss in die Bemaßung mitein­bezogen werden.

Handwerk gefragt

So simpel sich übrigens „Schaft kürzen“ für den Laien anhören mag, so auf­wendig stellt sich diese Arbeit – sauber ausgeführt – in der Praxis dar. Denn einen exakt geraden Schnitt im ­richtigen Winkel ohne Ausfransungen und Absplitterungen durch geöltes oder gar lackiertes Holz zu führen, die Schnittfläche zu ebnen und daraufhin eine überstehende Schaftkappe verlaufend mit dem Schaft zu verschleifen, bedarf einiger Übung und Erfahrung.
Bastelübungen in der Heimwerkstätte bringen hier im Regelfall eher Schaden als Nutzen. Entsprechen Schaftlänge und Pitch den Erfordernissen, kommt ein weiteres Element der Schaft­geometrie ins Spiel: Die sogenannte „Senkung“. Diese bezeichnet den abfallenden Verlauf des Schaftrückens (gemessen bei der Schaftnase und am Schaftende) im Verhältnis zur gedachten Verlängerung der Laufschiene.
Geht der Flintenschütze in den ­Anschlag, soll der Blick des Führungs­auges leicht von oben auf die Schiene erfolgen, um den gewünschten „Hochschuss“ der Flinte zu gewährleisten. Blickt der Schütze stattdessen beispiels­weise auf den Verschlusshebel (Schlüssel) der Waffe, ist die Senkung zu stark und muss durch eine Schaftrückenerhöhung korrigiert werden. Auch hier bieten sich unterschiedliche Möglichkeiten, vom selbstklebenden Silicon-Pad bis zum nachträglichen Einbau eines verstellbaren Schaftrückens. Schaut der Schütze von zu weit oben auf die Schiene, entfernt der kundige Schäfter Material im Bereich des Schaftrückens, was einen vollständigen Neuschliff des gesamten Schaftes erfordert und dementsprechende Kosten verursachen kann.

Aus der Mitte

Der Hinterschaft einer Flinte verfügt im Regelfall auch über eine sogenannte „Schränkung“, die für Rechtshänder eine Abweichung der Längsachse des Hinterschaftes nach rechts in Bezug auf die Laufachse bezeichnet, um die Positionierung des Führungsauges über der Laufschiene bei aufrechter Kopf­haltung zu ermöglichen.
Linkshändige Schützen benötigen daher grundsätzlich eine entgegen­gesetzte, also nach links weisende Schaftschränkung. Gewöhnlich ist es nur in Ausnahmefällen oder bei der Anfertigung eines Maßschaftes notwendig, hier von den werkseitigen Standardausführungen abzuweichen. Generell ist es beim Erwerb einer Flinte unbedingt empfehlenswert, die Überprüfung und Anpassung des Schaftes von einem hierin erfahrenen Profi vornehmen zu lassen, denn eine gewisse Spezialisierung auf diese Thematik und persönliche Erfahrung sind dafür unabdingbar.
Oft ist es ratsam, vor einer handwerklich aufwendigen – und damit kosten­intensiven – Schaftänderung, diese vorerst als einfaches Provisorium auszuführen. So können Schaftlänge und Pitch durch aufsteckbare Gummi- oder Lederkappen und die Höhe des Schaftrückens durch provisorisch angebrachte Elemente, etwa aus Kork oder Moosgummi, an die Bedürfnisse des Schützen angepasst werden. Stellen sich diese Maßnahmen bei der Er­probung auf dem Schießplatz als zielführend heraus, werden sie anschließend dauerhaft ausgeführt.

Üben statt Tunen

Die wichtigsten Parameter für einen passenden Flintenschaft stellen dessen Länge und Senkung dar. Darüber hinaus­gehendes „Feintuning“ sollte aber erst angedacht werden, wenn sich beim Schützen ein gleichmäßiger und technisch richtiger Schießstil etabliert hat, Anschlag und Bewegungsabläufe somit „eingeschliffen“ sind.
„Wer nicht schon ein paar Tausend Schuss in den Schultern hat, investiert oft besser in Munition und Training statt in den Umbau des Werkzeuges“, konstatiert Nicky Szápáry. Frei nach diesem Motto: Viel Erfolg beim Trainieren und bis bald auf dem Schießplatz.