4. Teil | Nightvision: Wenn die Nacht zum Tag wird
In Nieder- und Oberösterreich dürfen nach einer Änderung des jeweiligen Jagdgesetzes im Rahmen der nächtlichen Wildschweinjagd auch künstliche Nachtzielhilfen verwendet werden. – 4. Teil einer umfassenden WEIDWERK-Serie, die den interessierten Jäger im wahrsten Sinne des Wortes „erleuchten“ wird: Zielgeräte mit Wärmebildtechnik.
Im Rahmen unserer Artikelserie über künstliche Nachtzielhilfen behandeln und testen wir diesmal drei elektronische Zielgeräte mit Wärmebildtechnik:
- Night Pearl Oracle 35
- ATN Mars 4 4,5–18×50
- Pulsar Thermion XP50
- Elektronische Zielgeräte mit Wärmebild
Elektronische Zielgeräte mit Wärmebildtechnik haben gegenüber Wärmebildvorsatzgeräten den Vorteil, dass alles an Technik in nur einem Gerät verbaut ist – bei Vorsatzgeräten müssen bekanntlich zwei Geräte (Zielfernrohr und Vorsatzgerät) miteinander gekoppelt werden. Wenn nun ein Zielfernrohr über ein sehr grobes Abkommen (Fadenkreuz) verfügt, das mehr vom Ziel überdeckt als ein feines, ist ein genaues Visieren speziell auf kleine Ziele in der Praxis oftmals schwierig. Dies potenziert sich beim Einsatz eines Vorsatzgeräts, weil derartige elektronische Nachtzielhilfen grundsätzlich mit eher kleinerer Vergrößerungseinstellung verwendet werden (müssen). Warum? Die Bildqualität ist bei kleiner Vergrößerung am besten. Wenn aber nun das Ziel aufgrund der geringen Vergrößerung naturgemäß klein dargestellt wird, ist auch ein feines Abkommen im Zielfernrohr erforderlich, um einen weidgerechten Schuss abgeben zu können.
In elektronischen Zielgeräten ist das Abkommen im Gerät fix integriert und in den meisten Geräten auf die Vergrößerungsverhältnisse tendenziell gut abgestimmt. Wie wir bei allen drei Geräten im Test gesehen haben, war das Abkommen fein genug, um auf jagdrelevante Entfernungen (100–150 m) auch auf kleinere Ziele genau abkommen zu können. Die Vergrößerungswahl ist bei elektronischen Zielgeräten mit Wärmebild meist fix vorgegeben. Größere Vergrößerungen (zum Beispiel 18-fach) bringen unserer Meinung nach keinen Vorteil, da das Bild dann aufgrund der digitalen Vergrößerung zu „rauschen“ beginnt. Die Bedienung der Vergrößerungseinstellung am Zielgerät ist manchmal einfach, manchmal aber auch etwas schwieriger, zumal die Handgriffe in der Dunkelheit beherrscht werden müssen. In unserem Test war es deshalb auch ein Beurteilungskriterium, wie einfach oder schwierig es ist, das Gerät in der Dunkelheit zu bedienen. Bei Vorsatzgeräten wird eine Veränderung der Vergrößerung beim variablen Zielfernrohr stufenlos vorgenommen, was die Bedienung wesentlich vereinfacht.
Elektronische Zielgeräte mit Wärmebild werden in der Regel auf Gewehre montiert, die ausschließlich bei der nächtlichen Schwarzwildjagd eingesetzt werden. Will mit der Büchse aber auch bei Tageslicht gejagt werden, muss man ein herkömmliches Zielfernrohr mit Wechselmontage mitführen. Bei der Auswahl der Montage für ein elektronisches Zielgerät mit Wärmebildtechnik sollte auf eine korrekte Montagehöhe geachtet werden, die der des herkömmlichen Zielfernrohrs entspricht. Dies ist in vielen Fällen gar nicht so einfach, denn oftmals hält der Markt nur wenige Montagemöglichkeiten bereit. Leider werden derlei Zielgeräte in der Praxis vielfach sehr hoch montiert, was wiederum die Anschlags- bzw. Schaftgeometrie verändert und damit den Schießkomfort bzw. die Schützenleistung teilweise empfindlich mindert. Ebenfalls ein großes Thema ist der Augenabstand (Abstand vom Auge zum Okular), der durch das Rückstrahlen des Bildschirms von den Herstellern möglichst gering gehalten wird. Abhängig vom Kaliber kann dies zum Problem werden, denn nicht umsonst haben die renommierten Zielfernrohrhersteller einen Augenabstand von 90 mm und mehr gewählt. So kann ein gutes Zielgerät mit kurzem Augenabstand, montiert etwa auf einer leichten .300 Win. Mag., schnell zum „Angstgerät“ avancieren.
Elektronische Zielgeräte mit Wärmebildtechnik verfügen nicht selten über einen internen Akku. Wir haben in unserem Test gemerkt, dass dies problematisch werden kann, wenn der Akku nicht voll aufgeladen ist. Die Batterieanzeige im Display spiegelt nicht immer den tatsächlichen Batteriestatus wider, und damit kann der Bildschirm rasch dunkel werden, wenn der Akku leer ist. Insbesondere bei tiefen Temperaturen wird dies oftmals unterschätzt! Obwohl gewöhnliche, nicht aufladbare Batterien hinsichtlich Nachhaltigkeit sicherlich alles andere als optimal sind, haben sie den Vorteil, dass sie jederzeit getauscht werden können. Manche Hersteller haben darauf reagiert und bieten aufladbare bzw. tauschbare Akkus an, die in Größe und Form den Batterien ähneln. So können aufladbare Akkus verwendet werden, bis die Stromversorgung zur Neige geht. Dann können herkömmliche Batterien eingesetzt werden.
Fazit
Elektronische Zielgeräte mit Wärmebildtechnik haben den Vorteil, dass die gesamte Technik, wie bereits erwähnt, in nur einem Gerät verbaut ist und somit auch das Fadenkreuz entsprechend abgestimmt ist. Weiters verfügen moderne Geräte oft über zusätzliche Features, wie etwa WLAN-, Foto- und Videofunktion. Nachteilig wäre aus unserer Sicht, dass Zielgeräte mit internem Akku bei Kälte rasch ihre Kapazität einbüßen und dann – im entscheidenden Moment – eventuell nicht einsetzbar sind, weil der Akku leer ist. Manche Hersteller – zum Beispiel Pulsar – haben hierfür eine ideale Lösung gefunden, und zwar tauschbare Akkus, kombiniert mit fix verbauten Akkus. Ist also der Tauschakku leer, bleibt immer noch der interne ...
Elektronische Zielgeräte mit Wärmebildtechnik haben gegenüber Wärmebildvorsatzgeräten den Vorteil, dass alles an Technik in nur einem Gerät verbaut ist.
Night Pearl Oracle 35
Technische Daten
Night Pearl Oracle 35
Das Night Pearl Oracle 35 kann – wie die anderen Zielgeräte auch – anstelle der Tagesoptik auf das Gewehr montiert werden. Dieses Wärmebildzielgerät verfügt über eine 1-, 2- bzw. 4-fache Vergrößerung und eine Picture-in-Picture-Funktion (während der Bildschirm grundsätzlich eine einfache Vergrößerung zeigt, ist im oberen Bereich ein Fenster mit 4-facher Vergrößerung des Bildes eingeblendet). Der Jäger kann die Bilddarstellung in der Farbpalette aus zehn verschiedenen Modi wählen, das Menü wird mit einem roten „Joystick“ auf der linken Seite angesteuert. Im Menü, in dem man sich im Übrigen leicht zurechtfindet, kann auch das Fadenkreuz aus fünf verschiedenen Varianten und vier verschiedenen Farben (Grün, Rot, Weiß, Schwarz) gewählt werden, und auch ein stadiametrischer Entfernungsmesser steht zur Verfügung. Damit kann man die Entfernung zum Wild einigermaßen gut „messen“, indem man es in die zwei horizontalen Balken bringt und den oberen so weit nach unten schiebt, bis er am Ziemer des Stückes aufliegt. Je nach anvisierter Wildart – etwa Hirsch, Wildschwein und Hase – wird die Entfernung unter dem jeweiligen Icon angezeigt. Das Erkennen von Wildtieren soll laut Hersteller übrigens bis auf 1.350 m möglich sein.
Gefallen haben uns die sehr kompakte Bauweise dieses Zielgeräts, die einfache Ein-Knopf-Bedienung, der Energiesparmodus und die Möglichkeit, das Zielgerät auf mehreren Büchsen verwenden zu können, ohne es jedes Mal neu einschießen zu müssen (5 Profile können gespeichert werden). Montiert war das Testgerät mit einer Weaver Klemm-Montage.
ATN Mars 4 4,5–18×50
Technische Daten
ATN Mars 4 4,5–18×50
Charakterisiert wird das Mars 4 von ATN, ein Zielgerät mit Wärmebildtechnik, durch ein eckiges Gehäuse zwischen Okular und Objektiv, das an der Oberseite mit fünf Tasten und linksseitig mit einem Drehrad, mit welchem man von 4,5- bis 18-fach digital zoomen kann, versehen ist. Beim Blick durchs Zielgerät fallen links und rechts Anzeigen auf, die sowohl den Neigungs- als auch den Kippwinkel in Grad angeben, weiters auch der Kompass und die Vergrößerungseinstellung. Im Menü findet man eine Fülle an Einstellungsmöglichkeiten, etwa kann das Absehen in sieben verschiedenen Ausführungen und ebensovielen Farben eingestellt werden. Auch die Bilddarstellung kann aus einer Farbpalette gewählt werden – neun verschiedene Möglichkeiten stehen hierbei zur Wahl.
Das Mars 4 bietet die Möglichkeit, Videos mit einer Auflösung von 1.280 px aufzunehmen, und auch eine rückstoßanimierte Videoaufnahme kann auf einer Micro-SD-Karte, die nicht im Lieferumfang enthalten ist, gespeichert werden; WLAN und Bluetooth sind ebenfalls vorhanden, womit die Bilder via App live auf mobile Endgeräte übertragen werden können. Weiters können Profile für sechs verschiedene Büchsen angelegt werden. Der integrierte Akku soll laut Hersteller mit einer Laufzeit von 18 Stunden der leistungsstärkste am Markt sein.
Gefallen haben uns das seitliche Zoomrad, die zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten und die für optische Zielfernrohre übliche Montage mit 30 mm-Ringen. Das Menü ist äußerst umfangreich, und obwohl die Menüführung plausibel ist, kann man sich im Dschungel der unzähligen Einstellungsmöglichkeiten schon einmal verirren. Aufpassen muss man in der Praxis, dass man das Gerät nicht unbeabsichtigt einschaltet.
Pulsar Thermion XP50
Technische Daten
Pulsar Thermion XP50
Das Thermion XP50 von Pulsar verwendet einen Sensor mit 640×480 px, der ein großes Sehfeld auf kurze Distanzen gewährleistet. Das Bild wirkt scharf und detailreich mit nur geringem Bildrauschen. Im Display des Okulars werden Informationen, wie Uhrzeit, der gewählte Betriebsmodus usw., angezeigt. In einer Bibliothek können verschiedene Absehentypen und -farben gewählt werden, wobei auch die Helligkeit des Absehens individuell variiert werden kann. Mit drei Tasten an der Oberseite des Okulars können die wichtigsten Features des Zielgeräts schnell angesteuert werden. Jagdszenen können mittels eingebauter Videokamera gefilmt bzw. fotografiert und im 16 GB großen internen Speicher abgespeichert werden. Via WLAN ist aber auch ein direktes Streamen auf mobile Endgeräte möglich. In der dafür benötigten App kann zudem die Firmware aktualisiert werden.
Die digitale Vergrößerung kann von 2- bis 16-fach stufenlos gewählt werden, weiters gibt es eine nützliche Bild-in-Bild-Funktion, einen Speicher für verschiedene Treffpunktlagen, eine Stand-by-Funktion, eine Farbtonpalette mit acht verschiedenen Bildmodi u. v. m. Es stehen zudem drei Betriebsmodi, die von einer vordefinierten Helligkeits- und Kontrasteinstellung charakterisiert sind, zur Wahl.
Die Energiezufuhr erfolgt sowohl durch einen internen als auch einen tauschbaren Akku, was einen Vorteil bringt: Sollte der externe Akku leer sein, schaltet das Gerät automatisch auf den internen um. Das Erkennen von Wildtieren soll laut Hersteller bis 1.800 m möglich sein, ein stadiametrischer Entfernungsmesser ist integriert.
Gefallen haben uns die gewohnte Zielfernrohrhandhabung mit Okular- und Objektiv-Scharfstellung, die Vergrößerung bis 16-fach und das Vollmetallgehäuse mit 30 mm-Mittelrohrdurchmesser, wodurch herkömmliche Zielfernrohrmontagen verwendet werden können.
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