Nightvision - Für welches Gerät soll man sich ent­scheiden? Letztlich ist die Kaufentscheidung von mehreren Faktoren abhängig ... - © Martin Grasberger
Für welches Gerät soll man sich ent­scheiden? Letztlich ist die Kaufentscheidung von mehreren Faktoren abhängig ... © Martin Grasberger
Test

In Nieder- und Oberösterreich dürfen nach einer Änderung des jeweiligen Jagdgesetzes im Rahmen der nächtlichen Wildschweinjagd auch künstliche Nachtzielhilfen verwendet werden. – 6. und letzter Teil einer umfassenden WEIDWERK­-­Serie, die den interessierten Jäger im wahrsten Sinne des Wortes „erleuchten“ wird: Wer unüberlegt und billig kauft, könnte teuer bezahlen!

Wir haben in den letzten fünf Ausgaben ver­schiedene Techniken von Nacht­zielhilfen – Vorsatzgeräte mit Bildverstärkerröhre und Wärmebildtechnik, Zielgeräte mit Wärmebild- und digitaler Nachtsichttechnik sowie ein Nachsatzgerät mit digitaler Nachtsichttechnik – beleuchtet und ihre Vor- und Nachteile aufgezeigt. Diese Mosaiksteinchen sollen nun, im letzten Teil, zu einem Ganzen, also zu einer Hilfe für eine eventuelle ­Kaufentscheidung zusammengefügt werden.

Eine derartige Entscheidung ist in erster Linie selbstverständlich an das finanzielle Budget des Käufers ge­bunden. An dieser Stelle möchten wir Sie sensibilisieren, denn wer billig kauft, kauft am Ende teuer. Wenn ein vermeintlich günstiges Gerät in der Praxis nicht die erwartete Leistung erbringt, ist es sicherlich hinaus­geworfenes Geld, und Unzufriedenheit und Frustration sind vorprogrammiert. Eines sollte man nie aus den Augen verlieren: Derartige elektronische Nacht­zielhilfen haben nicht den Werterhalt eines herkömmlichen optischen Zielfernrohrs. Im Klartext heißt das, dass man für eine gebrauchte Nachtzielhilfe, falls sie überhaupt noch zu ­verkaufen ist, kaum noch Geld bekommt. Es ist ähnlich wie bei Computern: Ein PC ist gebraucht kaum noch verkäuflich. Dazu kommt noch die immer bessere Qualität folgender Generationen – was heute „State of the Art“ ist, ist morgen bereits veraltet! In unserer heutigen „digitalen Welt“ muss man sich damit abfinden. Ein weiteres, noch nicht angesprochenes Detail ist die Lebensdauer. Als die ersten Zielfernrohre mit beleuchtetem Absehen (elektronisch gesteuert) auf den Markt gekommen sind, hat man gerätselt, wie lange diese Geräte halten und wie viel Schuss­belastung sie aushalten würden. Heute kann man sich ein herkömm­liches Zielfernrohr ohne beleuchtetes Ab­sehen kaum noch vorstellen!

Bei elektronischen Nachtzielhilfen, die für Schuss­abgaben konzipiert sind, ist das allerdings viel komplexer. Da und dort hört man schon von dem einen oder anderen Modell, dass die Stromversorgung nach dem Schuss ausfällt oder die Schussfestigkeit nicht den ­Anforderungen einer gleich bleibenden Treffpunktlage entspricht.

Im Moment werden zahlreiche Nachtzielhilfen in China gefertigt. Nach einigen Jahren der Verwendung wird das Gerät bei einem Defekt allerdings kaum noch zu ­reparieren sein, wenn es zunächst zur Reparatur nach China und dann wieder zum ­Käufer zurückgesandt werden muss. Hier sind die Hersteller in Europa – oder noch besser: in der Nähe von Öster­reich – im Vorteil, und eine ­Reparatur wird hier schon eher machbar sein. Auch die Garantiezeit eines Geräts ist für die Kaufentscheidung wesentlich, denn wenn drei oder wie schon gesehen sogar fünf Jahre ­Garantie (von einem namhaften Hersteller) angeboten werden, hat man ein besseres Gefühl als bei herkömmlicher gesetzlicher Gewährleistung.

Was brauche ich?

Wenn wir auf das Thema der immer besser werdenden Qualität von Nachtzielhilfen zurückkommen, dann ist es relativ einfach zu entscheiden, welches Gerät für den jeweiligen Jäger oder die jeweilige Jägerin passt. Ist das Gerät, das die jagdlichen Anforderungen bestmöglich abdeckt, schließlich gefunden, ist es vollkommen egal, ob es in Kürze ein besseres Gerät geben wird. Es ändern sich zwar die Geräte, deren Auflösung usw., aber es ändern sich nicht die jagdlichen Anforderungen. Eine jagdliche Schussentfernung ist eben nur bis zu einer bestimmten Grenze realisierbar oder auch vom Jagdgebiet abhängig – vor allem nachts. Es ist im jahres­zeitlichen Ablauf in der Nacht stets gleich hell oder gleich dunkel. Man wird im Zuge der Jagd auch immer mit Nebel oder Dunst zu kämpfen haben, was naturgemäß gebietsweise unterschiedlich ist. Daher ist zunächst die persönliche jagdliche Anforderung zu definieren, die sich auf die Revier­bedingungen auszurichten hat. Ein ­wesentlicher Parameter dafür ist die Schussdistanz. Wenn die Distanz zur Kirrung bis 70 m beträgt, wird ein Gerät für den „kleinen Geldbeutel“ ausreichen. Je weiter die Schussdistanz aber reichen soll, desto besser müssen die Bildauflösung und auch das Gerät sein. Letztlich geht es beim Schuss in der Nacht nicht nur um das Stück Wild, sondern auch um das Einschätzen des Kugelfanges, der unbedingt vorhanden sein muss! In unserem Test haben wir gesehen, dass es die wirklich guten ­Geräte nicht zum Schnäppchenpreis gibt.

Ein wichtiger Aspekt ist auch, ob mit einem Beobachtungsgerät und einer separaten Nachtzielhilfe (auch Vorsatz­gerät) getrennt gearbeitet wird. Des Weiteren ist abzuklären, ob das ­jeweilige Gerät sowohl für die Beob­achtung als auch für das Schießen genutzt werden kann/soll. Am Gewehr fix ­montierte Nachtzielhilfen eignen sich für eine um­fassende Beobachtung nur auf Kirrungsdistanz, nicht jedoch für eine Feld- oder Raumbeobachtung. In diesem Fall müsste in kurzen Zeit­abständen ein großer Teil abgeschwenkt werden, und dies ist einerseits mühsam und wird das Wild andererseits ver­mutlich bemerken.

Eine weitere jagdpraktische An­forderung ist die Stromversorgung, die jedes Gerät benötigt. Aufladbare Batterien sind sicherlich nachhaltiger, liefern aber in der Praxis nicht so lange Energie wie „Wegwerfbatterien“. Hier punkten jene Geräte, die über ­eigene aufladbare und vor allem austauschbare Akkus verfügen. Diese können – je nach Hersteller – alter­nativ mit einem Akku oder einer „Wegwerf­batterie“ bestückt werden.

Die Frage nach der Nebeltauglichkeit wurde in den vorangegangenen Artikeln umfassend behandelt. Hier punkten jedenfalls die Wärmebild­geräte, obwohl auch diese eine Beeinträchtigung von Reichweite und Leistung hinnehmen müssen; und dennoch: Wärmebildgeräte sind bis zu einer gewissen Einsatz­distanz – abhängig vom Modell – gegen Nebel oder Dunst beinahe immun. Übertragen auf Restlichtverstärker würde das bedeuten, dass Röhrengeräte, die über eine gute Auflösung verfügen, viel später Licht zum Aufhellen benötigen; diese IR-Spotter oder IR-Strahler sind es, die die Reflexion bei Nebel oder Dunst verursachen. Auch, ob man durch das geschlossene Kanzelfenster beobachten will und kann (Röhren­geräte) oder das Fenster offen sein muss, wie bei Wärmebildgeräten, wird bei der Kaufentscheidung eine Rolle spielen. Der Anschlag bzw. die Schaftgeometrie sollte nach Montage eines Nachtsichtzielfernrohrs oder viel­leicht sogar eines Nachsatzgeräts gegen­-über dem herkömm­lichen Zielfern­-rohr nicht ­wesentlich anders sein. Die Schützenleistung kann nämlich in ­solchen ­Fällen extrem absinken und sogar bis hin zu einem fast auto­matisierten ­Abzugsfehler („Mucken“) führen, weil das Gerät an die Augenbraue klopft.

Ein- und Kontrollschießen

Für den jagdlichen Einsatz ist es wichtig, dass die Geräte eine reproduzierbare und wiederholungsgenaue Treffpunktlage liefern. Hier dürfen keine Abstriche gemacht werden, denn dies geht zu Lasten des Wildes und darf niemals wissentlich, vorsätzlich oder auch nur fahrlässig geschehen!

Bei Röhrengeräten (Restlichtverstärkern) kann bei nahezu allen Geräten die Treffpunktlage nicht zum Haltepunkt justiert werden. Daher ist nur ein Kontrollschuss möglich, der aber unbedingt durchgeführt werden sollte. Immerhin wirkt auf den Tubus des Zielfernrohrs (Objektiv) ein nicht ­unwesentliches Gewicht (Vorsatzgeräte wiegen bis zu 1.000 g). Dieses Gewicht kann das Zielfernrohr minimalst ­„verbiegen“ und die Treffpunktlage ­ver­ändern. Unserer Erfahrung nach sind Zielfernrohre mit Profilschiene, die für die Montage des Zielfernrohrs vorgesehen ist, stabiler und steifer und verursachen weniger Treffpunktverlagerungen. Bei Tageslicht kann mit diesen Geräten nur mit abgedecktem Objektiv (Blende) gearbeitet bzw. ­kontrollgeschossen werden. Durch das Echtbild kann mit Restlichtverstärkern (Röhrengeräten) direkt auf den erkennbaren Zielpunkt visiert werden.

Bei Wärmebildgeräten geht dies nicht so einfach, da keine Wärme­abstrahlung vorhanden ist, und das Gerät das Target (Ziel) somit nicht ­erkennen kann. Daher benötigt man eine Wärmequelle, die als Ziel fungiert. Als Wärmequelle haben wir im Test „Wärme­pads“ verwendet, die für die ­Erwärmung von Händen oder Fuß­sohlen (in Handschuhen oder Schuhen) eingesetzt werden. Diese haben wir auf einem Karton festgetackert. Es gibt auch selbstklebende Pads, die noch einfacher zu montieren sind. Diese Pads liefern Wärme für längere Zeit, mindestens jedoch für zwei Stunden (auch bei tiefen Temperaturen), womit das Einschießen nicht zur Hektik gerät. Für das Einschießen sind Pads mit einer Größe von 5×6 cm oder 5×8 cm ideal. Zunächst muss die Fehlsichtigkeit des Auges am Zielgerät oder am eigenen Zielfernrohr (bei Vorsatzgeräten) korrigiert werden. Danach wird das Wärmebildzielgerät oder -vorsatzgerät auf das Wärmepad (Ziel) auf die ­je­weilige Entfernung scharfgestellt. Als Einschussdistanz würden wir wie gewohnt 100 m empfehlen, bei Geräten mit geringerer Auflösung 50 m.

Im Zuge unseres Praxistests haben wir das Wärmebildvorsatzgerät Pulsar Core FXQ50 BW eingeschossen bzw. dessen Treffpunktlageveränderung überprüft. Die verwendete Steyr-Büchse im Kal. .308 Win. ist mit dem Zielfernrohr Swarovski Z8i 2–16×50 P BT auf 100 m mit rund +4 cm Hochschuss, also auf GEE, eingeschossen. Nach dem Montieren des Vorsatzgeräts wurden zwei Schüsse mit dem Wärmebild­vorsatzgerät abgegeben. Wie auf der Scheibe (siehe Bild) zu erkennen ist, lagen die Treffer rund 4 cm rechts und 1,5 cm tief, allerdings eng beieinander. Da wir wie beim herkömmlichen Zielfernrohr einen leichten Hochschuss anstreben, haben wir die Treffpunktlage (TPL) beim Wärmebildvorsatzgerät einen Klick nach links und einen Klick nach oben (Pulsar Core FXQ50 BW: 1 Klick = 2,8 cm) verändert. Ein anschließender Kontrollschuss saß genau leicht hoch im Wärmepad.

Um solche Schussleistungen ab­rufen zu können, muss das Wärmebildgerät über eine gute Auflösung ver­fügen, um auch genau am Wärmepad abkommen zu können. Je schlechter die Auflösung, desto mehr Ungenauigkeit muss einkalkuliert werden.

Gedanken zur Nachtjagd

Wie wir im Verlauf unserer Artikelserie bemerkt haben, sind das Interesse und der Wissensdurst in diesem Bereich enorm. Dagegen treten aber auch ­Kritiker auf, die sich eindeutig gegen diesen Technikeinsatz aussprechen. Auch diese Kritik ist zur Kenntnis zu nehmen, läuft aber ins Leere, wenn die Jäge­rinnen und Jäger in jeder Situation – zum Beispiel beim Entstehen von Wildschäden – in der Nacht auf die Jagd gehen (müssen). Denn dann ist es ohne solche Hilfsmittel äußerst schwierig bis gänzlich unmöglich, den Kugelfang richtig einzuschätzen, Frischlinge zu erkennen oder im Sinne des Tier­schutzes und der Weidgerechtigkeit die Trefferquoten oder Trefferlagen ­wesentlich zum Positiven zu verändern. Natürlich gibt es auch Situationen im Zuge der Nachtjagd, die einen Schuss über das herkömmliche Zielfernrohr ermöglichen. Dazu bedarf es aber ­Disziplin und besonders ­Zurückhaltung (Mondlicht).

In Zeiten, in denen das Schwarzwild in seiner Population teils enorm zunimmt oder zugenommen hat und damit auch teilweise enormen Schaden in landwirtschaftlichen Kulturen verursacht, hat eine professionelle Reduktion des Schwarzwildes oberste Priorität. Jene Jägerinnen und Jäger, die von Schwarzwild und damit Wildschadenszahlungen nicht betroffen sind, werden dies kaum verstehen können, aber ­spätestens dann, wenn die Afrikanische Schweinepest bei uns eintrifft und auch die Hausschweinproduktion gefährdet, wird die Sachlage kaum noch zu kontrollieren sein. Daher ist eine konsequente Schwarzwildreduktion un­abdingbar, und genau dafür sind Nachtzielgeräte in Ober- und Niederösterreich für die Jagd freigegeben worden!

Es liegt aber natürlich an jedem Jäger und jeder Jägerin selbst, diese Technik mit Herz, Hirn und Verstand bei der Jagd einzusetzen, um die vorhin erwähnten Ziele weidgerecht erreichen zu können.

Checklist

Zu guter Letzt wollen wir dem Jäger bzw. der Jägerin vor dem Kauf einer Nachtzielhilfe eine Checklist in die Hand geben, anhand derer sie ihre ­Entscheidung treffen können:

  • Wie ist das Revier beschaffen, in dem ich auf Sauen jage? Muss ich auf Feldern jagen und oft weit (bis 150 m oder mehr) schießen?
  • Wie oft habe ich mit Nebel bzw. Dunst zu kämpfen?
  • Möchte ich die am Gewehr montierte Tageszieloptik (Zielfernrohr) ebenfalls nutzen? – Zum Beispiel dann, wenn ich in der Dämmerung jage und auf Sauen sitzen bleibe.
  • Möchte ich nur ein Gerät für das Beobachten und das Schießen benutzen?
  • Konfiguriere ich ein eigenes Gewehr für die nächtliche Schwarzwildjagd?
  • Wie viel möchte ich ausgeben?

Gute Kombination

In unserem Test haben wir eine Reihe von Erfahrungen gemacht; etwa die, dass man stets Reserveakkus bzw. -batterien mithaben sollte! Besonders bitter ist ein Zurneigegehen der Energie, wenn man ein Zielgerät mit Wärmebild- oder Nachtsichttechnik nutzt – geht in einem solchen Gerät der Saft aus, endet die Jagd für diese Nacht. Bei Vorsatz­geräten hat man den Vorteil, dass man immer noch die Tageslichtoptik verwenden kann, wenn die Akkus bzw. Batterien des Vorsatzgeräts leer sein sollten. Hat man auf dem Gewehr zum Beispiel auch den Schweinwerfer „WEIDWERK Edition“ montiert, kann man im Falle des Falles auf diese ­Beleuchtungstechnik zurückgreifen (Achtung, Gewehrscheinwerfer sind nicht in jedem Bundesland erlaubt)!

Das Beobachten und das Zielen/Schießen mit ein und demselben Gerät – mit einigen Modellen ist beides ­möglich – haben wir ebenfalls versucht, doch können diese Erfahrung nicht als erstrebenswert bezeichnen. In der Praxis hat sich ein Beobachten mit Wärmebild- und ein Zielen/Schießen mit Nachtsichttechnik – jeweils mit einem separaten Gerät – als optimal herauskristallisiert; eine Methode, die von zahlreichen Jägerinnen und Jägern bereits mit Erfolg angewandt wird. Nicht zuletzt hat man hier sowohl ein Wärmebild als auch ein Echtbild (Restlichtverstärker) zur Verfügung, die das Ansprechen des Wildes und die Einschätzung des Kugelfanges bestmöglich unterstützen.

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