Die Kitzrettung zählt im Frühjahr zu den wichtigsten Aufgaben der Jäger, die damit einen aktiven Beitrag zum Tierschutz leisten. Drohnen spielen dabei eine immer wichtigere Rolle und haben technisch schon einiges drauf.
Ein unbekanntes, bedrohliches Geräusch nähert sich. Das kleine, zarte Geschöpf presst sich instinktiv gegen den Boden. Erst vor wenigen Tagen zur Welt gekommen, ist es ganz allein im dichten Halmengewirr.
Nach den tristen Wintermonaten, in denen die Natur zum Stillstand gekommen ist, erwacht sie im aufkeimenden Frühling zu neuem Leben. Der ewige Kreislauf der Jahreszeiten beginnt von Neuem, und alles sprießt, wächst und gedeiht. Ja, es scheint geradezu, als ob sich die Pflanzen in einem Wettkampf befänden, in dem es darum geht, die prächtigste unter ihnen zu küren. Während die Blumen für das menschliche Auge an Schönheit kaum zu übertreffen sind, verfolgt Mutter Natur dabei raffinierte Strategien. Strategien, die das Weiterbestehen der Arten sichern.
Eine solche stellt zum Beispiel der „Drückreflex“ jenes Geschöpfes dar, um das es hier geht: Ein Rehkitz drückt sich zu Boden und will die Gefahr – auf seine perfekte Tarnung vertrauend – vorüberziehen lassen. Während diese Strategie bei einer hungrigen Fuchsfähe, die auf der Suche nach Nahrung die Wiesen durchstreift, aufgehen kann, unterzeichnet sie bei einem Kreiselmähwerk das Todesurteil. Leben und Tod liegen selten weit auseinander.
Kitzrettung per Drohne: So werden Rehkitze vor dem Mähtod bewahrt
Plötzlich nähert sich das anfangs beschriebene, sonderbare Geräusch, ähnlich dem eines Bienenschwarms – droht Gefahr aus der Luft? Das Rehkitz versucht, noch mehr mit dem Untergrund zu verschmelzen, zieht alle von Mutter Natur gegebenen Register. Doch dem Menschen und seinen hochentwickelten Maschinen hat dieses kaum einen Kilogramm schwere Geschöpf wenig entgegenzusetzen.
Aufgeregte Stimmen dringen an seine kleinen Lauscher, gefolgt von eiligen Schritten, die näherkommen. Das leise Surren in der Luft ist immer noch zu hören. Das winzige Reh ist noch zu schwach auf den Beinen, um rasch fliehen zu können, also ergibt es sich angsterfüllt seinem Schicksal. Zum Glück mündet dieses nicht im Tod, sondern im Weiterleben! Zwei junge Männer in Gummistiefeln kommen beim Kitz an, stecken es vorsichtig in eine Schachtel mit Luftlöchern und waten durchs hohe Gras davon. „Ich hab’ es!“, keucht der eine freudig ins Funkgerät. „Sehr gut, bring es raus!“, ertönt die knappe Antwort, begleitet von einem kurzen Rauschen.

“Kitzrettung, ob mit Drohne oder ohne, ist angewandter Tierschutz und ein wichtiges Signal nach außen.” | Alexander Wipplinger, „spektakulAIR“
Die beiden Lebensretter, zwei Helfer, ein Drohnenpilot und eine Beobachterin, sind frühmorgens ausgerückt, um Jungwild vor einem grausamen Mähtod zu bewahren. Das erste Rehkitz haben die engagierten Jäger bereits nach wenigen Minuten in der knapp zehn Hektar großen Wiese, die an diesem Morgen gemäht werden soll, entdeckt. Sie lassen das Kitz für diese kurze Zeitspanne in der Schachtel, um es nach der Mahd – wenn die Gefahr vorüber ist – wieder freizulassen. In der Regel wartet die Muttergeiß ganz in der Nähe.
„Es ist ein kaum zu beschreibendes Gefühl, ein Leben gerettet zu haben“, versucht Peter, einer der beiden Helfer, die Kitzrettungsaktion in Worte zu fassen. „Dieses Glücksgefühl begleitet mich den ganzen Tag!“, freut er sich und hofft, vielleicht noch das eine oder andere Jungtier zu finden. Die Drohne, die das Feld in einer zuvor programmierten Route automatisch absucht und kurzzeitig in der Luft gestanden hat, fliegt weiter, als das Kitz in Sicherheit gebracht worden ist. In einer Höhe von achtzig Metern entgeht ihr – ausgestattet mit einer hochauflösenden Wärmebildkamera – so gut wie nichts. Selbst ein „Lager“, also ein erst kürzlich verlassenes Bett eines Rehes, welches noch warm ist, wird von der Kamera erfasst und am Bildschirm als „Wärmesignatur“ sichtbar gemacht.
Die Suche geht weiter, und im Laufe der nächsten Stunde finden die Lebensretter zwei weitere Kitze, die allesamt in Sicherheit gebracht werden können. Bei den letzten Quadratmetern schwindet aufgrund des aufkommenden Windes der Akku des Quadrocopters (so nennt man eine Drohne mit vier Rotoren), doch die abzusuchende Fläche kann fertig beflogen werden – der Pilot landet routiniert. Während das UAS („Unmanned Aircraft System“) gecheckt und wieder in den Koffer gepackt wird, sitzt Bauer Heinrich schon auf dem Traktor, an dem vorne und hinten je ein Mähwerk montiert ist. Auch er hat nun ein gutes Gefühl, denn er weiß, wie es ist, wenn man ein Rehkitz mit dem Mähwerk erwischt. Er will dieses unsägliche Tierleid nicht noch einmal erleben und auch seine Kühe nicht gefährden, die an kontaminierter Silage erkranken können, denn: Wenn Rinder durch Aas – etwa Kadaver getöteter Rehkitze – kontaminiertes Futter aufnehmen, können sie an Botulismus sterben.
Sichere Rückkehr: Wie gerettete Rehkitze zu ihren Müttern finden
In der mit Luftlöchern versehenen Schachtel ist es dunkel, und dumpf dringen vereinzelt Geräusche ins Innere. Das Kitz hat sich beruhigt, die anfängliche Todesangst ist gewichen. Auf einmal ein Ruck, ein leichtes Schwanken, abermals begleitet von gedämpften Stimmen. Nach ein paar Minuten wird es hell, gleißendes Sonnenlicht blendet die braunen Rehaugen. Die Schachtel ist offen! Ferdinand, der zweite Helfer, kippt den Karton, „leert“ das Kitz heraus und entfernt sich wiegenden Schrittes. Er wird in wenigen
Augenblicken Zeuge, wie die Muttergeiß ihr Kitz „abholt“ und in ein neues Versteck bringt. „Hoffentlich nicht wieder eine zu mähende Wiese“, denkt er laut.
Jungwildrettung per Drohne: Wie Jäger und Landwirte gemeinsam Tierleben schützen
Die Jungwildrettung ist etwas, das den Jägerinnen und Jägern sehr am Herzen liegt. Sie kümmern sich ehrenamtlich darum, dass Wiesen, welche gemäht werden sollen, nach Jungwild abgesucht werden. Um dies auch entsprechend tun zu können, ist ein gutes Verhältnis zu den Grundeigentümern, sprich Landwirten, unabdingbar.
In den letzten Jahren hat sich die Kitz- und Jungwildrettung mit der Drohne (die darauf montierte Thermalkamera erkennt die Wärmesignatur des Wildes, die sich in den kühlen Morgenstunden deutlich von der Umgebung abhebt) als die effizienteste Methode herauskristallisiert und findet immer mehr Anhänger. Selbstverständlich ist das wiederum mit einer großen Verantwortung verbunden, da das Fliegen mit einem UAS nur innerhalb rechtlicher Rahmenbedingungen erfolgen kann. Es kann dadurch Tierleid vermieden werden – sowohl durch die Bewahrung des Jungwildes vor dem Mähtod als auch die des Erkrankens von Weidevieh.

Drohnenführerschein in Österreich: Alles, was Drohnenpiloten für die Registrierung wissen müssen
Der Kauf eines UAS („Unmanned Aircraft System“), sprich Drohne, zieht in der Regel einen Rattenschwanz nach sich: Registrierung bei der Austro Control, Drohnenführerschein, Versicherung, um nur ein paar Dinge zu nennen.
„Der Drohnenführerschein ist für alle Drohnenpilotinnen und Drohnenpiloten verpflichtend, die mit Drohnen in der ,Open‘-Kategorie mit einem Gewicht über 249 g fliegen wollen (A1, A2 und A3)“, ist auf der Website dronespace.at der Austro Control zu lesen. Was zunächst kompliziert klingt, stellt bei näherem Hinsehen keine allzu große Hürde dar, denn: Es handelt sich beim Drohnenführerschein um einen Onlinekurs, der kostenlos von der Austro Control, der österreichischen Luftfahrtbehörde, zur Verfügung gestellt wird. Nach Absolvierung des Kurses und einiger Übungsfragen ist – ebenfalls online und kostenlos – ein Multiple-Choice-Test abzulegen. Wird dieser bestanden, erhält der Drohnenpilot in spe einen Link übermittelt, der zum „Nachweis über den Abschluss des Online-Lehrgangs“ der Kategorie A1/A3 führt. Dieser Nachweis ist bei jedem Flug entweder elektronisch (etwa am Smartphone) oder in ausgedruckter Form mitzuführen.
EU-Drohnenverordnung: Drohnenklassen und -kategorien erklärt – Was Drohnenpiloten wissen müssen
Seit fünf Jahren ist die neue EU-Drohnenverordnung in Kraft. Sie teilt die UAS aufgrund ihres Gewichts in Klassen ein, die wiederum in Unterkategorien und Kategorien eingebettet sind. Die für die meisten Nutzer interessante Kategorie „Open“ (offen) teilt sich also in die Unterkategorie A1, A2 und A3. Das Abfluggewicht der Drohne ist, wie eingangs erwähnt, maßgeblich für die Klasse – und in weiterer Folge auch für die Unterkategorie. Folgende Klassen werden unterschieden (Geräte mit CIL-Kennzeichnung *)):
- C0: Gewicht <250 g, Fluggeschwindigkeit max. 19 m/s
- C1: Gewicht <900 g, Fluggeschwindigkeit max. 19 m/s
- C2: Gewicht <4,0 kg
- C3 und C4: Gewicht <25 kg
Unterkategorie | Drohnenklasse | Abfluggewicht | max. Geschwindigkeit | max. Flughöhe | Flüge in der Nähe von Personen |
A1 | C0 | <250 g | <19 m/s | 120 m (VLOS*) | über unbeteiligte Personen erlaubt; kein Flug über Menschenansammlungen |
C1 | <900 g | <19 m/s | 120 m (VLOS*) | Flüge über unbeteiligte Personen sind so kurz wie möglich zu halten; kein Flug über Menschenansammlungen | |
A2 | C2 | <4 kg | keine Begrenzung | 120 m (VLOS*) | Mindestabstand 30 m bzw. 5 m im Langsamflugmodus; kein Flug über Menschenansammlungen |
A3 | C3 | <25 kg | keine Begrenzung | 120 m (VLOS*) | keine unbeteiligten Personen im Fluggebiet; 150 m zu Wohn-, Gewerbe-, Industrie- und Erholungsgebieten; kein Flug über Menschenansammlungen |
C4 |
Aber nicht nur das Gewicht der Drohne entscheidet über die Zuordnung in die jeweilige Unterkategorie, sondern auch, wie nah die Drohne an Menschen heranfliegen darf. Während man etwa mit einer sehr leichten Drohne der Klasse C0 über einzelne unbeteiligte Personen hinwegfliegen darf, darf man sich Personen mit einer etwas schwereren Drohne der Klasse C2 nur bis auf 30 m (im Langsamflugmodus bis auf 5 m) nähern. Voraussetzung dafür ist allerdings ein A2-Kompetenznachweis, der mit zusätzlicher Flugpraxis und einer schriftlichen Prüfung in den Räumlichkeiten der Austro Control erlangt werden kann. Das Fliegen einer schweren Drohne der Unterkategorie A3 ist wiederum nur weit weg von Personen möglich (zumindest 150 m von Wohn-, Gewerbe-, Industrie- und Erholungsgebieten entfernt). Zusammengefasst kann festgehalten werden: Je näher zum Menschen geflogen wird, desto kleiner die Drohne und desto höher der Ausbildungsgrad des Piloten.
Drohnenbetrieb in Österreich: Gesetzliche Anforderungen, Registrierung und Drohnenführerschein
Wer also mit einer Drohne in die Luft gehen will, um die Landschaft zu filmen, Wärmesignaturen an Häusern oder in Wiesen („Jungwildrettung“) zu finden oder einfach nur, um sich selbst beim Sport zu filmen, tut gut daran, im Vorfeld die gesetzlichen Rahmenbedingungen auszuloten. Es geht, wie bereits erwähnt, um folgende wichtige Dinge:
- Registrierung des Betreibers bei der Austro Control (ist drei Jahre lang gültig)
- Drohnenführerschein (A1/A3 sowie A2)
- Versicherung (Deckungssumme mindestens €750.000,–)
Fakt ist, dass beim Betrieb von Drohnen mit einem Abfluggewicht von 250 g und darüber eine Registrierung bei der Austro Control sowie ein Drohnenführerschein verpflichtend sind. Prinzipiell fallen in die Registrierungspflicht auch Drohnen mit weniger als 250 g Abfluggewicht hinein, wenn sie mit einem Sensor, der personenbezogene Daten erfassen kann, ausgerüstet sind (sprich: wenn sie über eine Kamera verfügen) oder bei einem Aufprall auf einen Menschen eine kinetische Energie von über 80 Joule übertragen können (sogenannte „High-Speed-Drohnen“). Das bedeutet, dass vor dem Betrieb von Drohnen, die mit einer Kamera ausgestattet sind, immer eine Registrierung des Betreibers erfolgen muss (ausgenommen sind lediglich Geräte, die unter die „Spielzeug-Richtlinie“ der EU fallen). Der Betreiber – eine natürliche oder juristische Person, das heißt Privatperson oder Unternehmen – erhält sodann eine Nummer, mit der er sein(e) UAS sichtbar kennzeichnen muss. Jeder Betreiber erhält nur eine Nummer, auch wenn er mehrere Drohnen in Verwendung hat. Als wäre das Ganze nicht kompliziert genug, gibt es für Drohnenbetreiber auch noch die CIL-Kennzeichnung zu berücksichtigen, die alle Geräte seit 2024 erfüllen müssen. – Eine gute Hilfestellung bietet die Plattform der Austro Control „dronespace.at“ – nicht nur hierbei, sondern in sämtlichen Drohnenfragen.
Kitzrettung mit der Drohne: Lohnt sich der Kauf oder lieber Profis engagieren?
Für Jägerinnen und Jäger, die das Thema „Kitzrettung mit der Drohne“ interessant finden, stellen sich am Ende des Tages folgende Fragen:
- Wie sinnvoll (wie teuer) ist die Anschaffung einer eigenen Drohne?
- Wer fliegt die Drohne bzw. wartet sie künftig (Akkus aufladen, Software aktualisieren usw.)?
- Wer führt die Kitzrettungsaktionen künftig durch?
- Ist es sinnvoller, für die Kitzrettung Profis zu engagieren, die mit eigenem Equipment anrücken?
Zur Beantwortung dieser Fragen haben wir uns mit dem Drohnenspezialisten Alexander Wipplinger (spektakulAIR) unterhalten: „Als Jäger und Drohnenpilot weiß ich über diese Problematik bestens Bescheid. Bei einer Investitionssumme in der Höhe von etwa € 8.500,– (Ausbildung, Drohne mit Wärmebildkamera und Akkus, Versicherung usw.) will die Anschaffung einer eigenen Drohne gut überlegt sein. Zudem braucht es in der Jagdgesellschaft bzw. im Hegering mehrere Personen, die ausgebildet sind und mit der Drohne umgehen können. Fakt ist: Es muss immer zumindest ein Pilot verfügbar sein. Aber nicht nur Piloten, auch Helfer sind bei der Kitzrettung unabdingbar – im schlechtesten Fall zwei, besser drei oder noch mehr. Um für diese Zwecke nicht zu tief in die Jagdkassa greifen zu müssen, hat es sich bewährt, die Kitzrettung Profis zu überlassen. Deswegen haben wir die Plattform rettet-kitze.at ins Leben
gerufen, mit der wir ein Netz von Drohnenpiloten über das ganze Land spannen, um die Nachfrage nach Kitzrettungen entsprechend befriedigen zu können. Zum Mähzeitpunkt wollen meist alle gleichzeitig mähen, und daher müssen hier genug Drohnen, Piloten und Helfer zur Verfügung stehen.“