Angebirscht: Stein-, Raufuß-, Sperlingskauz
Jeder Monat bietet besondere Highlights. Neben spektakulären Ereignissen wie Brunft und Balz gibt es viele unbemerkte Details. Im Fokus: Steinkauz, Raufußkauz und Sperlingskauz. Entdecken Sie die faszinierenden Geheimnisse dieser Eulenarten.
Im zweiten Teil der Eulenserie (WEIDWERK 6/2020, Seite 22) wurde bereits erwähnt, dass sich Eulen eher in (halb-)offenen, Käuze hingegen in waldreichen Lebensräumen aufhalten. Wissen Sie noch, mit welcher Ausnahme? – Richtig, dem Steinkauz! Mit diesem leiten wir nun den dritten und letzten Teil der Eulenserie ein, in dem wir uns den Kleinkäuzen widmen.
Steinkauz – der Wärmeliebende
Ein wahrlich symbolträchtiger Vertreter der Eulen war der Steinkauz bereits in der Antike. Als häufiger Brutvogel in der Akropolis, dem Tempel der Göttin der Weisheit – Athene –, stand er schon im alten Griechenland unter Schutz. Sein wissenschaftlicher Name Noctua athene erinnert noch heute daran. Auch in der griechischen Heraldik war der Steinkauz ein wichtiges Symboltier. Flog dieser vor einer Schlacht über das eigene Heer, wurde dies als gutes Omen gedeutet.
Dieser amselgroße Vogel war so wichtig, dass man ihn quasi in Gold aufwiegen konnte. Denn damals wie heute schmückt dieser kleine Kauz die griechischen Münzen – heute auf der Ein-Euro-Münze. In der Antike wurden diese Münzen daher „Eulen“ genannt. Da Athen als sehr wohlhabend galt, entstand das Sprichwort „Eulen nach Athen tragen“ für etwas Unnötiges.
Da der Steinkauz als Kulturfolger gilt, wurde ihm nicht nur im antiken Griechenland eine besondere Bedeutung zugesprochen. Auch in anderen Kulturen spielte er eine teils wichtige Rolle. So auch im Römischen Reich, in Skandinavien und sogar bei den Azteken in Mexiko, wo ihm die Botenfunktion des Totengottes Mictlantecuhtli zugesprochen wurde.
Der Steinkauz ist zutraulich und tagsüber auf Sitzwarten zu beobachten. Durch die Intensivierung der Landwirtschaft haben seine Bestände in Österreich in den letzten Jahren jedoch stark abgenommen. Im Alpenraum ist er inzwischen sogar ausgestorben. Er kommt in wärmebegünstigten, eher offenen Habitaten entlang der Donau sowie im pannonischen Einflussbereich im Südosten Niederösterreichs sowie des Burgenlandes vor. Sein Hauptvorkommen außerhalb Österreichs liegt im Mittelmeerraum.
Der Steinkauz zeichnet sich durch einen gedrungenen Körper und einen flachen Kopf aus. Er hat gelbe Augen mit deutlichen, weißen Augenbrauen. Bei längeren Flugstrecken erkennt man ihn an seinem wellenartigen Flugbild, das dem eines Spechts ähnelt.
Im Februar beginnt die territoriale Balzphase des Männchens. Steinkäuze sind sehr standorttreu und verteidigen ihr Revier das ganze Jahr über. Etwa im April werden die 3–5 Eier oft in Ställen, Dachböden oder Mauerlöchern gelegt und vom Weibchen 3–4 Wochen lang bebrütet. Die Käuzin wird dabei vom Männchen versorgt. Nach 2–3 Monaten der Jungenaufzucht verlässt der Nachwuchs das elterliche Revier. Damit einher geht eine zweite territoriale Phase der Eltern, die in der Herbstbalz im Oktober und November ihren Höhepunkt findet.
Sperlingskauz – der Kleinste
Die kleinste heimische Eulenart, der Sperlingskauz, ist gerade einmal 70g schwer. Er ist ein typischer Vogel der nördlichen Nadelwaldzone Eurasiens und lebt in Mitteleuropa in Koniferenwäldern der (Mittel-)Gebirge. In Österreich hat er, neben dem Wald- und dem Mühlviertel, in den Alpen einen Verbreitungsschwerpunkt. Er kommt dort in den Bergwäldern bis zur Waldgrenze vor. Bei uns ist er ganzjährig anzutreffen. In Nordeuropa weicht er der unerbittlichen Kälte im Winter etwas nach Süden aus.
Der faustgroße, braun-weiße Kauz hat einen kleinen, breit wirkenden Kopf mit einer flachen Stirn. Die hellen Federpartien über den Augen verleihen ihm einen strengen Gesichtsausdruck. Dieser Vogel hat seine Augen wortwörtlich überall. Auf der Hinterseite seines Kopfes hat er helle Nackenflecken, die eine gesichtsartige Zeichnung darstellen („Occipitalgesicht“) und Prädatoren verwirren sollen. Doch auch vier „Augen“ ändern nichts daran, dass der Sperlingskauz nachts nicht besonders gut sieht und seine Aktivität daher eher in die Tag- und Dämmerungsstunden verlagert. Daher kann man ihn mit etwas Glück auch tagsüber auf seinen Sitzwarten in den Spitzen von Nadelbäumen sehen.
Seine Beute besteht aus Mäusen, Eidechsen, Kleinvögeln und Insekten. Vor allem für den Winter legt dieser findige Kleinkauz Nahrungsdepots an, in denen teils mehrere Dutzend Mäuse eng zusammengedrückt werden. Im Winter frieren diese dann wie in einem Gefrierfach zusammen. Um sie wieder aufzutauen, setzt sich der Sperlingskauz einfach darauf. – Was bliebe ihm auch anderes übrig?
Raufußkauz – der Erstaunte
Der Raufußkauz sieht dem Steinkauz auf den ersten Blick recht ähnlich. Er hat jedoch einen markanten Gesichtsschleier und besiedelt, wie der Sperlingskauz, alpine beziehungsweise boreale Lebensräume.
Der Kopf dieses taubengroßen Kauzes ist rundlich, der dunkle Gesichtsschleier rahmt das helle Gesicht ein. In Kombination mit den großen, gelben Augen wirkt der Raufußkauz daher „erstaunt“. Der Schnabel wird beidseitig von einem dunklen Fleck eingerahmt. Namensgebend sind, wie auch beim Raufußbussard, die befiederten Ständer. Beim Raufußkauz sind sogar die Zehen dicht mit haarähnlichen Federn besetzt.
Obwohl er im selben Lebensraum wie der Sperlingskauz lebt und beide Arten ein sehr ähnliches Beutespektrum haben, kommen sie sich nicht in die Quere, da der Raufußkauz streng nachtaktiv lebt. Der ausgeprägte Gesichtsschleier hilft ihm dabei, die Beute auch bei Dunkelheit zu vernehmen und ohne Sichtkontakt zielgerichtet anzufliegen.
Wie auch der Steinkauz ist beim Sperlings- und beim Raufußkauz die Herbstbalz ausgeprägt und dient unter anderem dazu, den flüggen Jungvögeln zu zeigen, welche Reviere bereits besetzt sind. Dass der Raufußkauz als äußerst selten gilt, liegt nicht zuletzt daran, dass er extrem heimlich lebt und, anders als der Sperlingskauz, nicht von Baumwipfeln auf Beute anwartet. Er ist streng nachtaktiv und lebt in dichten Wäldern. Viele Bruten sind aus diesen Gründen gar nicht bekannt. Dieser Vogel fliegt quasi „unter dem Radar“. Hinzu kommt, dass die Jungvögel im ersten Jahr mit einer Sterblichkeits-rate von 75% konfrontiert werden. Nur einer von vier Jungkäuzen erlebt sein zweites Lebensjahr.
Zwergohreule – die Reisende
Nicht unerwähnt bleiben soll eine Randerscheinung: Die Zwergohreule ist eine Seltenheit und nur als Sommergast in Kärnten zu beobachten beziehungsweise zu hören. Sie ist der einzig echte Zugvogel unter den heimischen Eulen und überwintert südlich der Sahara. Mit ihren kleinen Federöhrchen sieht sie aus wie die Miniaturform eines Uhus. Sie ist ein ausgesprochener Insektenjäger.
Apropos Insekten: Auf Friedhöfen, auf denen nachts ohnehin eine eigene Stimmung herrscht, werden Insekten von den Grabkerzen angelockt. Da sind dann auch die Insektenjäger nicht mehr weit. – Und welche Vögel jagen nachts ...?
Steinkauz: Höhepunkte im Überblick
- Jänner: Überwintern.
- Februar/März: territoriale Balzphase (vermehrte Rufe).
- April: territoriale Balzphase (vermehrte Rufe); Eiablage; Männchen versorgt Weibchen im Nest; Brut.
- Mai: Brut; Schlupf der Jungen; Männchen versorgt Weibchen und Nachwuchs; Jungenaufzucht.
- Juni: Jungkäuze verlassen Nisthöhle („Ästling“); Jungenaufzucht.
- Juli: Auflösen der Familienverbände; Jungkäuze werden selbstständig und verlassen Revier der Eltern; Beginn der Mauser.
- August: Auflösen der Familienverbände; Jungkäuze werden selbstständig und verlassen Revier der Eltern; Altvögel rufen (Territorialität); Mauser.
- September: Mauser.
- Oktober: Mauser; territoriale Balzphase („Herbstbalz“).
- November: territoriale Balzphase („Herbstbalz“).
- Dezember: Überwintern.