7. Teil | Lebensraum-Serie: Murmeltier
Abschussdichten verschiedener Wildarten in den österreichischen Bezirken seit 1955. – 7. Teil: Murmeltier.
Das Alpenmurmeltier ist nach dem Biber und dem Stachelschwein das drittgrößte Nagetier Europas. Sein natürliches Verbreitungsgebiet umfasst die Alpen und die Hohe Tatra in den Karpaten. Als typische Vertreter der eiszeitlichen Tierwelt sind Murmeltiere an harte Winterbedingungen gut angepasst, sind jedoch empfindlich gegen Hitzestress. Als Lebensraum bevorzugen sie waldfreie, nahrungsreiche alpine Rasen mit gut zu bearbeitendem Boden zur Anlage ihrer Baue. Die alpinen Matten werden bis an den Rand der Gletscher besiedelt. In den weniger tiefen Sommerbauen finden die tagaktiven Tiere in heißen Stunden Schutz gegen Hitze und Zuflucht vor Feinden. In den Winterbauen, die meist an früh ausapernden, sonnseitigen Berghängen angelegt und oft mehrere Meter tief sind, halten die Murmelfamilien ab Oktober sechs bis sieben Monate Winterschlaf.
Hitzeempfindlich
Das Anlegen großer Fettvorräte im Herbst und ihre Fähigkeit zum Herabsetzen der Körpertemperatur sowie zur starken Drosselung des Energieverbrauchs ermöglichen ihnen den langen Winterschlaf. Dadurch können sie die kalten und langen Winter des Hochgebirges in den frostgeschützten Bauen überleben. In tieferen Lagen, wo es im Sommer zu warm wird, können Murmeltiere nicht leben. Sie müssen sich dort zu oft in die kühlenden Sommerbaue zurückziehen, wodurch zu wenig Zeit zur Nahrungsaufnahme und Anlage von Fettreserven bliebe. Beginn und Ende des Winterschlafes werden nicht durch das Nahrungsangebot, sondern endogen durch eine „innere Jahreszeituhr“ gesteuert.
Eingebürgert
Das Auflassen ehemaliger Almflächen unterhalb der natürlichen Waldgrenze und deren Wiederbewaldung führte in den letzten 60 Jahren zu einem Verlust möglicher Lebensräume. Auch die Verlagerung der Waldgrenze in immer höhere Lagen durch die Klimaveränderung ist für Murmeltiere nachteilig. Andererseits wurde das Murmeltier in vielen Gebieten von Jägern eingebürgert, in denen es lange verschwunden war oder wo es vorher nie vorkam. Murmeltiere wurden ehemals stark bejagt, vor allem wegen ihrer medizinisch wirksamen Fette. In landwirtschaftlich genutzten Almgebieten wurden sie wegen ihrer intensiven Grabtätigkeit kurz gehalten. Ihre natürlichen Feinde sind neben extremen Wintern vor allem Steinadler und Fuchs.
Streckendichte
Murmeltiere haben ihr Vorkommensgebiet im Alpenraum von der ersten Untersuchungsperiode (1955–1964) bis zuletzt deutlich ausgeweitet, wobei zahlreiche Einbürgerungen eine wesentliche Rolle gespielt haben. Sie kommen nun nahezu über den gesamten Alpenraum verstreut in zahlreichen Kolonien vor. Hauptlebensraum ist in Österreich der westliche Alpenhauptkamm vom Montafon in Vorarlberg bis in den Salzburger Lungau.
Abschussdichten über 0,1 Stück je 100 ha Bezirksfläche wurden in der ersten Periode (1955–1964) in vier Bezirken erreicht, in der zweiten Periode in fünf, in der dritten bereits in 10 und in der vorletzten Periode (2005–2014) in 14 Bezirken (letzte Periode 13 Bezirke). Seit der vierten Periode (1985–1994) sind in den zwei Tiroler Bezirken Landeck und Lienz sogar Abschussdichten von über 0,5 Stück je 100 ha Bezirksfläche erreicht worden (siehe Abbildung 1). In den Bezirksflächen sind alle von Murmeltieren unbesiedelten Flächen, deren genaues Ausmaß unbekannt ist, inkludiert. Es ist also davon auszugehen, dass die tatsächlich von den Murmeltieren bewohnte Fläche deutlich kleiner als die Bezirksfläche ist, wodurch Abschussdichten, bezogen auf die besiedelte Fläche, höher ausfallen würden.
Dies stört aber nicht den Vergleich der Abschussentwicklung auf identen Bezirksflächen über die Zeit. Lokale, revierweise Abschussdichten können von diesem durchschnittlichen Bezirkswert deutlich abweichen. Die unterste Stufe der Abschussdichte (0,001–0,01) wird bereits erreicht, sobald im Bezirk ein Stück in 10 Jahren erlegt wurde.
Der 8. Teil dieser höchst spannenden Serie folgt in einer der nächsten Ausgaben!