8. Teil | Lebensraum-Serie: Rotwild
Wie haben sich die Abschussdichten der heimischen Wildarten in den letzten Jahrzehnten entwickelt? Wir geben Antworten in dieser aufschlussreichen Serie! – 8. Teil: Rotwild.
Rotwild erreichte die höchsten Abschussdichten in jenen Bezirken, in denen der Lebensraum zwar gebirgig, aber nicht zu extrem ist. Dies sind neben Hochgebirgslagen auch ausgedehnte Vorlagen, Täler, Beckenlagen sowie Mittelgebirge. In der ersten Periode (1955–1964) wurden höchste Abschussdichten (mehr als 1 Stück je 100 ha Bezirksfläche) in vier Bezirken erreicht (Spitzenreiter war der Bezirk Leoben mit 1,52 Stück/100 ha, jetzt 0,97 Stück/100 ha). In der zweiten Periode (1965–1974) wurden Abschussdichten über ein Stück je 100 ha in 7 Bezirken, in der dritten in 10, in der vierten in 7, in der fünften Periode ebenfalls in 7, in der sechsten in 13 und in der letzten Periode (2015–2018) in 15 Bezirken erreicht (Abb. 1; Höchstwert: Lilienfeld mit 2,21 Stück/100 ha). In der Obersteiermark (Bezirke Leoben, Knittelfeld, Bruck an der Mur) und im Tiroler Lechtal (Bezirk Reutte) ergaben sich seit den 1950er-Jahren nachhaltig hohe Abschussdichten. In angrenzenden Gebieten Niederösterreichs, Vorarlbergs und Kärntens wurden etwas später ähnlich hohe Durchschnittsabschüsse getätigt (Abb. 1).
In den Bezirksflächen sind alle von Rotwild unbesiedelten Flächen, deren genaues Ausmaß unbekannt ist, inkludiert. Es ist also davon auszugehen, dass die tatsächlich vom Rotwild bewohnte Fläche kleiner als die Bezirksfläche ist, wodurch Abschussdichten, bezogen auf die besiedelte Fläche, höher ausfallen würden. Dies stört aber nicht den Vergleich der Abschussentwicklung auf identen Bezirksflächen über die Zeit. Lokale, revierweise Abschussdichten können von diesem durchschnittlichen Bezirkswert deutlich abweichen. Die unterste Stufe der Abschussdichte (0,001–0,01) wird bereits erreicht, sobald im Bezirk ein Stück in 10 Jahren erlegt wurde.
Wiederbesiedelung
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Rotwild wegen der Wildschäden, vor allem in der Landwirtschaft, in vielen Gebieten Europas und Österreichs ausgerottet. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es in Österreich zu einem starken Bestandesanstieg und zu einer Zunahme des vormals stark geschrumpften Verbreitungsgebiets. Heute ist wieder rund die Hälfte der Landesfläche von Rotwild besiedelt.
In Europa lebt Rotwild nur auf etwa einem bis zwei Zehnteln seines ursprünglichen Verbreitungsgebiets in weitgehend isolierten Populationen. Aufgrund der gebirgigen Lage Österreichs sind zwar die Lebensraumverluste (bisher) nicht so groß wie in anderen Ländern. Jedoch werden durch die hohe Attraktivität der Alpen für Freizeitaktivitäten und die dadurch entstehende Beunruhigung große Flächen vom störungsempfindlichen Rotwild zumindest tagsüber kaum noch genutzt. Dies führt zu starken Konzentrationseffekten in den relativ ruhigeren Gebieten mit erhöhter Gefahr von Wildschäden, insbesondere auch in steilen, für den Menschen schwer zugänglichen Schutzwäldern. Es ergibt sich eine zunehmend ungünstige Wildverteilung. Die Erhaltung geeigneter Rotwild-Lebensräume von ausreichender Größe ist deshalb besonders wichtig. Der seit etwa 20 Jahren kontinuierlich zunehmende Abschusstrend (Abb. 2, Seite 14) ist vor allem eine Folge erhöhter Rotwildbestände. Gleichzeitig haben sich der Jagddruck sowie Beunruhigungen durch Freizeitaktivitäten erhöht. Das Wild ist scheuer, Bejagung und Abschusserfüllung sind schwieriger geworden. Für immer mehr Jäger ist eine erforderliche Bestandesregulierung nicht mehr realisierbar gewesen, wodurch Bestände weiter angestiegen sind.